16 – Nach den Bergen kommt das Meer

Noch einmal verträumter Ausblick aus dem Infinity Pool über die Berge, dann heißt es Abschiednehmen von Munduk. Aber kein Grund zur Melancholie, denn es geht ans Meer!

Unser Ziel ist der Nationalpark im Norden Balis – Bali Barat. Je nördlicher wir kommen, desto öfter tragen Frauen draußen auf der Straße einen Hidjab, das muslimische Kopftuch. Allerdings flattern die Tücher auch bei sehr selbstbewusst schnellfahrenden Motorradfahrerinnen – so streng sind die Sitten hier dann doch nicht. Die Bevölkerung an der nordwestlichen Küste ist gemischt, denn das angrenzende Java ist muslimisch und viele sind nach Bali gekommen, weil es hier eher etwas zu verdienen gibt als auf der überbevölkerten, deutlich ärmeren Nachbarinsel. Und es ist wirklich gut zu sehen, wie selbstverständlich und locker das Zusammenleben der Hindus, Muslims und Christen, hierzumindest, funktioniert.

Gefühlte 10 000 Kurven und 1001 waghalsige balinesischen Überholmanöver später sind wir am Ziel, in Banyuwedang . Unsere neue Bleibe, das Odiyana Bali Retreat, liegt ein bisschen abseits versteckt, aber dafür ist es herrlich ruhig. Zumindest, wenn der nahe Muezzin die Rechtgläubigen nicht gerade zum Gebet ruft und die Sonne noch nicht untergeht… denn dann ist Froschkonzert bis die Hähne krähen. Aber hallo…!!!

Ein großer goldener Buddha im grünen Garten wacht über uns. Außer einem Pool gibt es auch eine natürliche heiße Quelle in einem extra Becken, ich habe schon Schweißausbrüche bekommen, als ich bei diesen Temperaturen nur meinen Fuss reingesteckt habe… alles ist sehr ruhig, es ist eben rainseason und es gibt nur wenige Gäste. Sehr angenehm. Ich muss nach meinem bisherigen Bali-Erlebnis sagen: Ich würde nie in der Hauptsaison herfahren…viel zu viel Leute, es ist so schon genug.

Wir mieten uns ein Motorrad – das bietet hier fast jede Unterkunft an – für 6 Euro pro Tag, damit wir ein wenig die Gegend erkunden können. Wir suchen den einzigen feinsandigen, weißen Strand hier – laut lonely planet: Gerokdak White Sand Beach. Wir finden ihn auch…aber meine Nerven und körpereigenen Stoßdämpfer sind ausgereizt, so übel ist die Piste hierher.

Der Strand selbst liegt an einer sehr schönen türkisen Bucht, allerdings ist er weder besonders breit, noch besonders lang. Dafür gibts ein paar schattenspendende Bäume und am Ende die feine Strandbar eines oberhalb liegenden Edelressorts. Egal, nach der Tortur muss was Gutes her: Ein edles nicht-Bali-Sandwich und talienische Bruschetta. Auch mal lecker – denn Brot gibt´s hier sonst in Form von ekligem Toastbrot, was immer pappig serviert wird. Laune wiederhergestellt. Noch ein schönes Bad – das erste im Meer seit Thailand. Yeah!

Nun gilt es, ein gutes Tauchzentrum zu finden, denn im Nationalpark soll es spektakuläre Tauchspots geben. Ich halte nicht viel von Internetsuche, ich muss die Leute sehen und sprechen, da vertraue ich auf meinen Radar. Also brausen wir auf der zweispurigen Straße (ich habe hier noch keine mehrspurige gesehen bisher) in all dem Verkehrswahnsinn in den Nachbarort Permuteran, hier gibts mehr Touristen und jede Menge Tauchcenter.

Mein Radar geleitet uns ins Abyss Ocean World Dive Center. Und nach 10 Minuten ist meine Wahl auch schon gefallen: Super-Eindruck, super Leute, super Equipment. Umgekehrt funktioniert auch mein Nein-Danke-Radar ziemlich gut – dann bin ich ganz schnell weg. Tauchen ist Vertrauenssache. Morgen früh gehts los: Tauchen für mich, schnorcheln für Miki -in einem der besten Tauchgründe der Welt!!

Pulau Menjangan, eine kleine Insel vor der Küste, ist umgeben von Korallenriffen, die dank Naturschutz im Nationalpark 100 Prozent gesund und – so der Ruf- spektakulär sind. Zum 1947 erklärten Nationalpark Bali Barat gehören neben Regenwald und dichten Mangroven, Sümpfen, trockenen Savannen, Bergwäldern und Vulkanen auch Sandstrände und kleine Inseln . Die bekannteste davon ist Menjangan, auf der auch die namengebenden Menjangan-Hirsche leben und etliche seltene Vogelarten.

Abendessen im Guesthouse – nicht aufregend, aber sättigend, ein bisschen faulenzen in meiner Hängematte am Pool und ein bisschen mehr Kakophonie aus Koranversen und den nimmermüden Fröschen…. Buddha nimmt alles mit goldenem Lächeln…Gute Nacht!

An dieser Stelle würde das Kapitel enden… wenn nicht das Folgende für uns ein besonders schönes, für die Leser aber ein recht schnell erschöpftes Themaa wäre: Ein Tag im Unterwasserparadies! So schließe ich denn diese Zeilen noch hier an.

Was soll ich sagen: es war ein Tag, den ich bestimmt nicht vergessen werde! Wir sind nur drei Taucher(innen), eine davon erst im Fortgeschrittenen-Kurs mit eigener Tauchlehrerin (übrigens die kanadische Mitbesitzerin des Dive Centers). Bessere Bedingungen kann man sich nicht wünschen:: Zu zweit mit Ary, einem supernetten und entspannten, aber sehr aufmerksamen, jungen indonesischem Guide.

Wir divebuddies sind beide erfahrene Advanced Taucher, können also die volle Rifftiefe von 30 Metern ausnutzen. Gleich zu Beginn begrüßen uns am oberen Riffende zwei Meeresschildkröten und wünschen Gute Reise.

Was nun kommt – geht einfach nicht wirklich zu beschreiben: Die Sicht ist klar und es ist eine Orgie von Farben, Formen und Bewegungen! Es ist das schönste Korallenriff, was ich je gesehen habe, nicht mal Südafrika reicht da ran! Natürlich gibt es auch viele Fische, bunte Schnecken (Nudy Branches), Anemonen und Muscheln in jeder Größe bis zu fast einem Meter Durchmesser – aber die Viielfalt der Korallen und Schwämme hier ist einfach unfassbar! Dazwischen in den Spalten finden wir noch ein paar rot flimmernde electric clams, Skorpionfische und jede Menge anderer Flossen- und Schuppenträger.

Sorry, mir fehlen die Worte, um das zu beschreiben, was ich gaesehen habe. Ich würde die trockenschwimmenden Leser nur langweilen. Also belasse ich es dabei: Es war eines der großartigsten Taucherlebnisse, das ich hatte. Und das zu meinem 80. und 81. Tauchgang! Hallelujah!