Das Wetter ist umgeschlagen, über Nacht. Gestern noch war es brütend heiß und auf einmal weht ein eisiger Wind und es sind noch gerade 14°C. Nicht zu fassen. So eine Gemeinheit! Beim letzten Frühstück am Riverwalk zittern wir in Sweatshirt, Strickjacke und Lederjacke gehüllt …
Der Abschied von Texas fällt mir nicht so richtig schwer. Es war spannend und schön, aber ich habe mich doch etwas alienmäßig gefühlt in diesem superamerikanischen Umfeld. Jedenfalls bin ich nicht gerade wehmütig, als wir uns aufmachen und Stunde um Stunde durch eine ziemlich öde, flache, fast baumlose Landschaft gen Osten rollen.Gelegentlich tauchen Ortsschilder –wieder vorallem mit deutschen und spanischen Namen – auf, ohne dass Orte in unserem altmodischen, europäischen Sinne zu erkennen wären. Eher ein paar willkürlich in die Landschaft gewürfelte Gebäude, Tankstellen, Baufirmen und so weiter. Irgendwo, weit voneinander entfernt, auch ein paar Wohnhäuser, meist diese mobilen, die sich auf einem Tieflader transportieren lassen. Keine Zäune, keine Gärten. Da! Plötzlich eine Erscheinung: „New Berlin!!“ Tja, Berliner gibt´s eben überall!
Am scheußlichsten sind die nicht enden wollenden Vorstädte von San Antonio und später von Houston. Riesige, meist phantasielose Gewerbebauten auf noch riesigeren verödeten Grundstücken, gebaut ohne jede erkennbare Stadtplanung, hässlich, abstoßend, zerstörte Landschaft. Aber dafür jede Menge Sternenbanner.Am scheußlichsten sind die nicht enden wollenden Vorstädte von San Antonio und später von Houston. Riesige, meist phantasielose Gewerbebauten auf noch riesigeren verödeten Grundstücken, gebaut ohne jede erkennbare Stadtplanung, hässlich, abstoßend, zerstörte Landschaft. Aber dafür jede Menge Sternenbanner.Wir rauschen an der Skyline von Houston vorbei, lassen sie links liegen. Immer wieder Öl-Raffinerien, die nachts durch tausende Lichter beleuchtet wie Märchenburgen wirken, flimmernde Inseln in der Dunkelheit – Trugbilder. Nur der Gestank, der gelegentlich durch die Lüftung ins Auto zieht, spricht eine andere Sprache. Westlich von Houston ist die Landschaft zwar immer noch platt und öde, aber immerhin sieht man jetzt schon etwas mehr grün und schließlich auch die ersten Sumpflandschaften. Die ersten französischen Namen tauchen auf, vorzugsweise enden sie auf -eaux: Cajunland und Louisiana in Sicht!Wir sind hungrig und entdecken zu unserer Freude ein Cajun-Food-Lokal. Ich bin begeistert als wir in einen saloonähnlichen, holzgetäfelten Raum kommen, der mit päparierten Catfisch-Köpfen, Alligatoren-Häuten und sonstigen echten und unechten Getier dekoriert ist. Das sieht nach gutem, bodenständigen Essen aus, sagt mir die Erfahrung. Dazu ein paar lustige gemalte Gator und Crawfische (=Flußkrebse, das Nationalessen hier), die gehören immer dazu, und Werbung für Gerichte, die es wirklich nur in der„Cajun Cuisine“ gibt: Gumbo, Jambalaya, Boudain, Crawfisch. Lecker, endlich! Wir stärken uns begeistert schmatzend und setzen uns wieder ins Auto: Unser Ziel ist Lake Charles, die erste größere Stadt in Louisiana, dort wollen wir übernachten.
Kurz vor der Dunkelheit überqueren wir endlich die Staatsgrenze zu Louisiana. Wir steigen beim Welcome-Center aus in der Hoffnung auf Hotelcoupons, die einem gelegentlich viel Geld sparen können – geschlossen, immerhin hat ein schlaues Köpfchen eine Kiste mit den gesuchten Heftchen vor der Tür abgestellt – wie aufmerksam! Bei einem Blick hinter das Gebäude macht mein Herz plötzlich einen Sprung: Vor mir liegt ein großer See. Im letzten Tageslicht spiegeln sich die mit spanischen Moos behangenen Zypressen imWasser – das ist das Bild, das für Louisiana steht wie kaum ein anderes. Ein Schild warnt vor dem Baden: Es gibt Alligatoren und Schlangen. Jaaa! Das ist es! Es fühlt sich absurderweise ein bisschen an wie „Nach Hause kommen“! Endlich bin ich, nach sieben langen Jahren, wieder da. Ich rupfe eine Portion Moos vom Baum und hänge es Miki um den Hals wie die Hulamädchen den Touristen auf Hawai die Blumenketten. Jetzt beginnt der schönste Teil des Urlaubs!