20 – Markt, Meer & More

Irgendwie auch ganz schön, mal ein paar Tage nicht ständig packen und umziehen zu müssen. Die Tage gemächlich angehen und trotzdem immer wieder Neues zu erleben.

Ein letztes Mal den Bleigurt umschnallen und den Regulator in den Mund… Danke, Indischer Ozean, für deine Gastfreundschaft, Danke Yemanjá, Göttin des Meeres, für deinen Schutz.

Eigentlich wollte ich bei einem Freund von Tauchbasis-Chef Mike aus Koh Kood tauchen. Aber wie sich herausstellt, ist der auf Heimatbesuch in Spanien. Und sonst sehe ich keinen zwingenden Grund, mit dem Benthos Dive Center zu tauchen. Es ist teuer und das nicht lebenswichtige Equipment wie Anzug, Booties etc sind derart alt und zerschlissen, dass mir die Lust vergeht.

Also – give locals a chance! Ich suche mir ein ganz kleines Unternehmen – genaugenommen ein Ein-Mann-plus-Familie-Unternehmen, das mir auf Anhieb gefällt. Der Chef heißt tatsächlich Gusti – nein kein Bayer, echter Balinese! Ich werde hier nicht weiter mit Unterwasser-Weitschweifigkeit langweilen, eher dem Drumherum. Die Blue Lagoon ist mein letztes Tauchziel: Stachelrochen, Hai, große Tintenfische und eine riesige Schildkröte sind meine besonderen Abschiedsgeschenke, inmitten der wimmelnden Vielfalt.

Aber viel spannender für alle Nicht-Taucher sind die tollen Gespräche, die wir mit Gusti in den Pausen und beim anschlieeßenden Lunch – der immer inklusive ist – führen. Wir reden über die Unterschiede von Religionen und meine Symphatie für den Buddhismus und Hinduismus. Gusti strahlt mich an und merkt an, ja , sie freuen sich über Interesse an ihrer Religion, aber sie hätten es nicht nötig, andere davon zu überzeugen, sich ihnen anzuschließen. Das sei Privatsache. Gesunde Ansicht!

Ich frage ihm Löcher in den Bauch, unter anderem auch noch mal zum Thema offerings, diese kleinen farbenfrohen, gabengefüllten Bananenblattkörbchen, die den Göttern überall offeriert werden. Jetzt weiß ich mehr: Sie enthalten Früchte, Kräuter, Gemüse, Blüten, Reis, manchmal Fleisch und werden mit Wasser besprüht- Symbol für alles, was die Natur den Menschen zum Leben schenkt. Einen Teil davon wird den Göttern zurückgegeben, als Dank und Bitte, dass der Kreislauf weitergeht.

Auch über die Zeiten von Covid haben wir gesprochen -eine schlimme Zeit für die meisten hier, die vom Tourismus leben. Die Zahl der Toten hier ist vergleichsweise gering gewesen. Es besteht Impfpflicht und die Massnahmen waren ziemlich strikt. Für Kinder bis 6 Jahre gab es gute Finanz-Hilfen vom Staat, das war für viele eine Rettung. Und die Zeiten, in denen die Schulen immer mal geöffnet waren, waren wichtig, da bekamen die Kinder Essen.

Ansonsten war es für viele extrem. Gusti hatte 11 Jahre für eine Tauchschule in russischer Hand gearbeitet, und sie haben ihn mit einem einzigen Monatsgehalt in die Wüste geschickt. Er hat drei Kinder. Aber er hat alles auf eine Karte gesetzt, sich seine Pensionsansprüche auszahlen lassen und damit in Zeiten des Nichtstuns die Dive-Instructor-Prüfung gemacht. Damit konnte er dann sein eigenes kleines Unternehmen gründen. Bali Dive Shop. Die Familie macht die Arbeit im Hintergrund, er taucht und macht Kurse und sein Schwager fährt das Boot. Super Typ – super Laden. Nette family.

Wir hatten noch jede Menge andere Themen – vom Umgang mit Teenagern bis zu den Alten oder Feiertage. Wir hätten sicher noch Gesprächsstoff für etliche Tauchtage gehabt, aber es war nun mal mein letzter.

Am nächsten Tag haben wir einen Ausflug geplant. Mite dem Bike fahren wir Richtung Norden in das Städtchen Amlapura. Dort gibt es den großen Markt dieser Gegend. Auf dem Weg dorthin passieren wir auf einem Berg Pura Lempujang – eins der bekanntesten Fotomotive Balis, das Tor zum Himmel. Die offenen aufstrebenden Bauteile rechts und links scheinen tatsächlich in den Himmel zu führen – zumindest für das Foto. Dennoch sparen wir uns den Eintritt – man sieht das schöne Bauwerk auch so . Und an Affen jeden Alters mangelt es rund um den Tempel auch nicht. Ein Wunder, dass nicht mehr davon überfahren werden, so frech wie die an der vielbefahrenen Straße herumspringen. Die Aussicht von hier oben über die Dschungelbewachsenen Berge auf das Meer ist toll.

Dann müssen wir zweimal eine Zwangspause einlegen: Der Himmel schüttet Wassermassen über uns aus. Schließlich schaffen wir es mit ein bisschen Nieselregen in das Provinzstädtchen Amlapula. Den Blick auf die Google Wegbeschreibung kann man sich sparen – da, wo hunderte Bikes und ein paar Autos jeden Zentimeter zuparken, ist das Ziel nicht weit: der Pasar Amlapura Timur – der zentrale Markt, untergebracht in riesigen, ziemlich baufälligen Hallen, die aus alles Nähten platzen, sodass etliche Stände noch aussen herum angesiedelt sind.

Jede Nacht um Eins öffnet der Markt und schließt am Mittag. Hier versorgen sich die Restaurants und Hotels, aber auch viele Einzelkunden. Das Gewimmel ist riesig, die Farben, Gerüche und Geräusche überwältigend. Hier gibt es auf zwei Etagen alles: Unten die Lebensmittel, Gewürze und Blumen, oben billige Kleidung, Elektronik und Haushaltwaren. Es erinnert mich sehr an den Markt in Bangkoks Chinatown. An den Seiten quillt der Markt unter dem seitlich offenen Dach hinaus, verbogene Bleche und Schirme haben den Regen nicht abgehalten. So kann man nur – meist eher erfolglos – versuchen, die schmutzigen Pfützen zu umgehen. Meine Füße sind schwarz und schmierig, ich rutsche ständig aus den Flipflops. Der Markt ist ein Erlebnis, aber allzulange halten wir den Wahnsinn nicht aus. Schnell noch ein paar Früchte gekauft und raus!

Unser nächstes Ziel ist ein berühmter Wassertempel, rund 8 Kilometer entfernt von Amlapura: Tirta Gannga, am Ostzipfel Balis. Busse und Autos karren die Touristen von überall hierher, Gott sei Dank ist noch keine Hauptsaison. Der auf einem Hügel gelegenen Tempelhalle sind vier Wasserbecken vorgelagert, in denen viele steinerne Figuren Wasser sprudeln und man spaziert über ein paar sehr schöne kleine Brücken . Auf Trittsteinen kann man eins der Becken in Zickzack zwischen all den Figuren aus Stein überqueren – sozusagen auf dem Wasser gehen. Das allerdings hat zur Folge, dass Schilder aufgestellt werden mussten, dass man sich beim Fotografieren(lassen) nur 3 Minuten an einem Fleck aufhalten darf, damit auch die nächsten mal eine Chance haben…Touristen ohne Ende.

Ist mir alles ein bisschen zu viel. Und irgendwie kommen mir die Zementfiguren auch recht neuzeitlich vor – was sich bestätigt, als ich höre, dass der Originaltempel vor einigen Jahrzehnten durch ein Erdbeben zerstört worden war. Trotzdem eine hübsche Anlage, die ich trotzdem nicht in die Liste meiner Favoriten aufnehmen kann.

Zu guter Letzt treibt es uns ans Meer – ein bisschen entspannen. Eine gute halbe Stunde auf dem Motorrad und einen schönen Sonnenbrand auf den Armen mehr, wartet das das große kühle Blau. Auf dem Weg dorthin passieren wir zum ersten Mal eine bessere Wohngegend. Schöne Häuser, Mauern, Gärten, verschlossene Tore und sogar einige Security Guards auf einigen Grundstücken. Schilder verraten, dass hier etliche Anwälte und Notare ihr bescheidenes Lager aufgeschlagen haben… Aber idyllisch ist es wirklich!

Virgin Beach ist unser Ziel. Über eine etwas beängstigende Piste kommen wir schließlich auf einem Bergrücken an, hier ist Schluss mit fahren. Irgendwie muss man hier fast überall Eintritt zahlen auch in der Natur – sei es in Form von donations, Spenden, die nicht freiwillig sind, Parkgebüren oder Eintritt, selbst wenn es um Quellen oder Strandabschnitte geht. Aber klar – irgendwas müssen die Einheimischen hier verdienen und wenigstens den schlimmsten Müll einsammeln. Und wirklich teuer ist es selten.

Die Bucht von Virgin Beach liegt an Dschungelbewachsenen Hängen und ist ein paar hundert Meter lang, mit feinem Sand sogar. Allerdigs kann von jungfräulich nicht wirklich reden, denn zumindest an zwei Dritteln steht eine Restauranthütte neben der anderen. Hier gibts auch Strandliegen zum Drink oder Imbiss. Am hinteren Ende liegen unzählige Sampans auf dem Strand, die traditionellen balinesischen Boote. Sie sind lang, sehr schmal, tiefer als ein normales Motorboot und haben links und rechts breite Ausleger, die sie wie eine Mischung aus Heuschrecke und Wasserflugzeug aussehen lassen. Wir sind zweimal damit gefahren – sie können erstaunlich gut auf dem aufgewühlten Meer manövrieren.

Leider haben wir nicht so viel vom Strand, denn erstens ist die Brandung so hoch, dass es etwas beängstigent ist und außerdem fängt es kurz darauf an zu regnen. Egal, schön war es trotzdem! Ein langer Tag, der nach Relaxen am Pool und Abendessen an eben jenem schreit… Die Seerosen warten!