Thailand 16: Nachtzug nach Bangkok

Es ist schon lustig – da reist man allein und dann macht man, nach zehn Tagen Aufenthalt an einem Ort am anderen Ende der Welt, eine Abschiedsrunde, um all denen Auf Wiedersehen zu sagen, die einen in einem winzigen Abschnitt des Lebens ein wenig Gesellschaft geleistet haben: die Leute von der Tauchschule, andere Reisende, nette Kellner und Restaurantbesitzer. Es ist mir ein Bedürfnis alle noch mal zu sehen, denn es war eine gute Zeit: allein, aber eben nicht immer allein in der kleinen Welt der Tanote Bay.

Meine taffe Hotelbesitzerin, die nichts anderes tut als rund um die Uhr von ihrem Stammplatz auf der Terrasse aus ihre Leute zu kontrollieren sowie Taxi-, Ausflugs- und Reisewünsche der Gäste zu organisieren, hat auch mir meine Reise nach Bangkok perfekt organisiert – auch nicht teurer als wenn ich es selbst getan hätte. Taxi zum Pier, Fähre nach Chumphong auf dem Festland, Zubringer-Bus in die Stadt und Nachtzug nach Bangkok. Genauso geschieht es dann auch – sogar planmäßig, was bei der thailändischen Eisenbahn eher selten der Fall ist. Dafür ist sie aber auch unschlagbar billig.

Die Fahrt im Nachtzug, die immerhin neun Stunden dauert, ist für mich nochmal ein kleines Abenteuer. Ich fahre 2. Klasse Nachtzug. Schon beim Einsteigen in den endlos langen lila Zug mit goldenen Wappen un dem unvermeidlichen strahlenden König drauf, kommt mir alles ganz unwirklich vor. Ich befinde in einem endlos langen Waggon, alles scheint in grünes Licht getaucht, was davon kommt, dass ich inmitten grüner, glänzender Vorhänge stehe.

Diese Züge sind so gebaut, dass sich an jedem Fenster tagsüber je zwei Menschen gegenübersitzen – auf jeder Seite des Gangs. Abends verwandeln dann die Schaffner hokuspokus alles in einen Großraumschlafwagen mit Privatsphäre. Sie zaubern oben Liegen aus Kästen an der Decke, und die unteren gegenüberliegenden Sitze werden ausgeklappt, so dass jeweils zwei übereinanderliegende Betten in Fahrtrichtung entstehen. Jedes Bett bekommt dann noch rundherum Gardinchen. Die unteren Betten sind teurer, da höher, hier kann man auch sitzen. Irgendwie skurril, aber echt gemütlich. Wenn man mal davon absieht, dass die Züge alt und die Gleise noch älter sind und es ununterbrochen ruckelt und rattert. Übrigens wird hier noch auf jedem Bahnhof mindestens zu zweit oder zu dritt abgefertigt: einer macht die Ansage, auf dem Bahnsteig wird eine große, tolle glänzende Glocke per Hand geläutet und dann wedelt da noch ein Kerl mit einer grünen Fahne zum Abschied dem ausfahrenden Zug hinterher.

Ich komme wohlbehalten zu Sonnenaufgang in Bangkok an und lasse mich von einem Tuktuk in die Nähe meines Hotels in der Fussgängerzone des Viertels Banglamphu absetzen. Die Fahrt durch die erwachende Stadt ist sehr schön. Die Restaurants bekommen ihre bunten Gemüselieferungen und die Köche beginnen draussen zu schnippeln und zu brutzeln. Unzählige orange Mönche sind mit ihren großen runden Metalltöpfen unterwegs auf der Suche nach gespendetem Essen. Denn sie leben von Gespendetem, da sie nichts verdienen. Geld dürfen sie nicht anfassen. Aber sie haben im Allgemeinen kein Problem genug Essen aufzutreiben, denn hier gehört das Spenden zum Leben dazu. Da die meisten Buddhisten an Wiedergeburt und Karma glauben, ist es besonders wichtig, demütig zu sein und Gutes zu tun. Oft geben die Besitzer der Restaurants oder Suppenküchen selbst den Mönchen Essen, manchmal kaufen Passanten Essensportionen oder Früchte.

Die allgegenwärtigen kleinen und großen Altäre werden mit frischen Blumen, Räucherstäbchen, Früchten und Süssigkeiten versorgt, und Menschen beten und verbeugen sich davor. Die Katzen und Hunde schlafen noch überall dazwischen. Tiere gehören hier überall zum Leben dazu. Die Sonne glitzert auf den unzähligen Tempeln, die hier im Norden Thailands vorallem in Gold erstrahlen, im Gegensatz zum Süden des Landes, wo die meisten Tempel und Altäre eher bunt sind. Aus den Ritzen kriecht langsam die Hitze des Tages.

Als das Tuktuk mich an der Straße Phra Artit am Rande des Viertels Banglaphu absetzt, kenne ich mich schon genau aus und weiss. Wohin ich gehen muss- gar nicht mehr fremd Für meine letzte Nacht habe ich mir ein Hotel mit Pool auf dem Dach gegönnt, das Rambuttri Village Plaza. Nach anderthalb Stunden Wartezeit kann ich schon weit vor der Zeit einchecken. Ich mache noch ein Nickerchen und beginne dann die letzte Phase der Reise: Bummeln und Geschenke kaufen in Bangkok.

Einen Tempel will ich allerdings noch anschauen,Wat Pho mit dem größten liegenden Buddha, den ich schon vom Fluß aus lächeln gesehen habe. Ich nehme ein Motorradtaxi. Ich finde es großartig, auf diese etwas halsbrecherische Art mit dem Fahrtwind um die Ohren durch diese verrückte Stadt zu düsen. Leider kommen wir nicht sehr weit. Es wird plötzlich dunkel und ein Unwetter bricht los. Der Fahrer findet erst nach einigen Minuten eine Möglichkeit, von der Straße unter die Treppe einer schmalen Fußgängerbrücke zu flüchten.

Weltuntergang. Solche Wassermassen kommen einfach nur in tropischen Ländern vom Himmel. Plötzlich stürmt es auch noch, so dass kaum noch ein trockener Platz in unserer schmalen Schutzzone unter der Treppe ist, in der wir dicht gedrängt mit anderen Motorradfahrern stehen. Über uns lassen gewaltige Gewitter den Himmel explodieren– fünf sollen es werden in den nächsten unendlich langen siebzig Minuten. Man kann einfach nirgendwo hin und es ist nicht mal ein Restaurant oder ähnliches in der Nähe, wo man Unterschlupf fände. So stehen wir alle schicksalsergeben und triefend eng beieinander und starren in den nicht nachlassenden Wolkenbruch und das Verkehrschaos neben uns.

Plötzlich scheint bei einem jungen Kerl neben mir Veitstanz auszubrechen. Er hüpft und springt und schlägt um sich. Ehe wir wirklich verstehen was passiert, fangen die nächsten an und – auch an meinen Beinen krabbeln plötzlich irgendwelche Wanzen und Schaben hoch, die zu Hunderten aus der überschwemmten Kanalisation hochkommen. I Gitt! Aber ich mit meinen nackten Füßen und Beinen habe bei dieser Attacke sogar die besseren Karten, denn ich spüer die Viecher sofort, wenn sie den Aufstieg beginnen und kann umgehend schütteln, während die Männer mit langen Hosen die Biester oft erst bemerken, wenn sie ihnen in den Nacken krabbeln…

Ja, man kann zwar Pläne machen, aber nicht immer funktionieren sie. Nach langer Zeit steigen wir bei abnehmendem Regen wieder auf das Motorrad. Aber es ist bereits ein bisschen spät geworden und außerdem kann ich so triefend mit am Körper klebenden Kleidern nicht in den Tempel. Ich lasse mich stattdessen in ein großes Shoppingcenter bringen, da ist es wenigstens trocken. Die Straßen sind teilweise total überschwemmt, die Kreuzungen sind tiefe Seen, manchmal rauschen meine Füße auf den Fußrasten knöcheltief durch´s Wasser. Zum Glück ist der Spuk nach ein paar Stunden wieder vergessen.

Nach meiner längeren Shopping – und Trockenrunde im MBK Center, habe ich aber immerhin wieder soviel Unternehmungslust, mich in Bangkoks Berufsverkehr zu stürzen und per Skytrain und Boot zurückzufahren. Ganz schön verwirrend, immer wieder erschwert es die Situation, dass nur sehr selten etwas in lateinischen Buchstaben zu lesen ist und man sich nicht orientieren kann. Sehr lustig, wenn man versucht herauszufinden, wie man zur richtigen Fahrkarte kommt. Schlange Infostand- Ansage des Preises, Kleingeldwechsel. Aber Ticket kaufen? Nein, da muss man zum Automaten, der nur Thai spricht. Viele kleine Verwirrspiele, aber ich bin stolz auf mich, denn ich schaffe es, fehlerfrei den Weg durch die Stadt „nach Hause“ zu finden.

Am Abend bummle ich noch lange herum und sauge alles in mich auf. Die quirligen Straßen am Rande des Viertels mit ihren schmalen Bürgersteige, in denen vor allem Bangkoker unterwegs sind, die zu allem genutzt zu werden scheinen, außer zum Laufen. Dafür ist da kaum Platz. Die unzähligen Suppenküchen verbreiten verführerische Düfte, die Restaurants und Bars für jüngeres Publikum dröhnen ohrenbetäubend, denn die jungen Thais lieben es laut – möglichst noch mit live-Musik.

Ich spaziere auch noch einmal durch die unsägliche Khao San – die Bangkoker Variante von Ballermann und Bourbon Street in New Orleans. Hier tobt der völlig außer Rand und Band geratene Backpacker mit dem Pauschaltouri Seite an Seite saufend durch die Nacht. Straßenverkäufer können hier so ziemlich alles an den Mann bringen: Gegrillte Skorpione am Spieß als Mutprobe liegen im Ranking ganz weit vorn. Mir reicht eine Portion süßer Kürbis in Kokosmilch als Dessert nach einigen gegrillten Fleisch-Spießenmit scharfer Soße und ein Absacker-Bier in meiner auch touristischen, aber nicht so durchgeknallten Rambuttri Road. Mir flirrt der Kopf nach ein paar Stunden uns tausenden von Eindrücken auch an diesem letzten Tag, aber mir geht es –richtig gut. Last Night in Bangkok.

Meinen nun wirklich unwiderruflich letzten darauffolgenden Tag (bis zum Abflug am späten Abend) verbringe ich mit einem letzten Reis-Frühstück auf der Straße, einem ausgedehnten Spaziergang, einer Massage, Blog schreiben am Hotelpool und einer letzten leckeren Suppe in einem Einheimischen-Lokal.

Es fällt mir richtig schwer, dieses freundliche Land zu verlassen, in dem man sich voreinander verbeugt, ehe man seine Suppe bestellt oder jemanden nach dem Weg fragt. Ich gehe dieselben Wege wie am ersten Abend, aber mit einem sehr anderen Empfinden. Nicht nur, dass mir die Straßenzüge jetzt vertraut sind, ich nehme nach diesem Monat alles doch anders wahr, denn ich konnte inzwischen zumindest ein Gefühl für diesen Teil der Welt entwickeln – mehr sicher nicht. Alles andere wäre vermessen, so fremd wie dieser Teil der Welt ist – vor allem im Denken. Es war eine aufregende und gute Zeit, in der ich viel über das Land, das Leben und auch mich selbst gelernt habe – ich empfehle es ausdrücklich zur Nachahmung!

Bilder…Bilder…Tauchen in Tanote Bay

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Das copyright für die Unterwasseraufnahmen gehört dem

Calypso Diving Centre Koh Tao ,

www.diving-calypso.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Thailand 15: The Deep Blue

Tauchen! Den Virus habe ich mir im vergangenen Jahr in Vietnam gefangen, als ich ein besonders tolles Grburtstagsgeschenk eingelöst und meinen Tauchscheiun gemacht habe – Follower meines Blogs werden sich erinnern… Nun also, als End- und auch ein wenig Höhepunkt dieser Thailandreise Tauchen auf Koh Tao. Ich wollte es ja langsam angehen und erst nochmal ganz viel wiederholen aus meinem Lehrbuch…aber dann ging alles ganz schnell.

Die Auswahl an Tauchbasen auf Koh Tao ist schwindelerregend…und angesichts von Konkurrenz und Dumpingpreisen auch teilweise besorgniserregend, denn der Druck wirkt sich eindeutig nicht gut auf die Qualität aus: Riesengruppen, Kurse im Turbo-Tempo, wenig qualifizierte Ausbilder etc pp.. Aber Tauchen ist nun mal gefährlich.

Zum Glück habe ich eine prima Empfehlung von meinem vieltauchenden Kollegen Christian, dem an dieser Stelle gedankt sei. Ich weiss, wohin ich gehen muss: Calypso Divers in Tanote Bay. Eine deutsche Tauchschule, die sich dem Wahnsinn entzieht und klein, fein und auf Sicherkeit bedacht, ihrer eigenen Philosophie treu bleibt. Die vielen Kunden, die immer wieder dahin zurückkehren, sprechen für diese symphatische, relaxte Truppe. Ich habe selbst erlebt, dass es Sicherheit hier mehr als Gerede ist. Z.B. als potentielleTauchschüler wegen eines möglichen, wenn auch sehr geringen Gesundheitsrisikos ohne ordentliches ärztliches Attest abgelehnt wurden. Gut so. Hat mich überzeugt.

Warum erst lange warten, statt gleich in die Vollen?! Es braucht nicht viel Überredung, um mich noch am ersten Tag zum Auffrischungskurs zu animieren. Ein bißchen essentielle Theorie, ein paar praktische Übungen im Wasser und ein erster Tauchgang und schon bin ich wieder dabei in der Gemeinschaft der Taucher.

Ich gestehe, ich war bei den ersten beiden Tauchgängen anfangs noch ein bisschen nervös, aber so entspannt wie hier getaucht wird, weicht die gesunde Nervosität am Anfang schnell einer fröhlichen Gelassenheit und wachsender Begeisterung. Und jetzt weiss ich auch wieder, dass es nicht nur die wunderbare Unterwasserwelt allein ist, die mich so süchtig macht, sondern auch die neue Dimension von Bewegung, das ganz andere Körpergefühl, was ich auf diese Weise entdeckt habe. Es ist unglaublich … anders, sich nicht mit den Beinen und Muskelkraft fortzubewegen, sondern gleitend, nur mit dem Atem navigierend und ein paar Flossenschlägen. Ich glaube, das kann man nicht erklären, nur Taucher werden verstehen, wovon ich spreche.

Ich habe zehn Tauchgänge mitgemacht, acht davon vom Boot aus an verschiedenen dive sites der Insel, und als krönenden Abschluss einen Nachttauchgang am Hausriff. Das war wirklich ein Abenteuer! In die totale Dunkelheit eintauchen. Man sieht nichts als das, was man eben gerade mit seiner Lampe anstrahlt. Aber das dafür wunderbar wie in einer Zauberwelt.

Ich habe unglaublich viel gelernt in diesen Tagen und fühle mich jetzt viel sicherer und entspannter. Danke Calypso! Und weil es für meine nicht tauchenden Leser gar nicht so spannend ist, über die Befindlichkeiten unter Wasser zu sprechen, mache ich es kurz und füge gleich als nächstes eine Bildergalerie ein, die ganz sicher ohne Worte funktioniert. Die Menschen auf den Fotos sind Caplypso-Chef Dennis, unser thailändischer Dive Master an Bord, unsere tollen Guides Heik; Balu und Michel, die beiden letzteren haben auch die phantastischen Fotos während der Tauchgänge gemacht. Vielen Dank dafür!

Thailand 14: Mikrokosmos Tanote Bay

Ein Pickup voller Gemüse ist mein Taxi in die Tanote Bay. Nachdem wir den Ort verlassen haben, geht es mitten über die Berge im Inneren der Insel. Trockener, immergrüner Wald  bedeckt die Berge und Felsen. Die Straße wird immer abenteuerlicher, ich muss mich heftig festhalten, um nicht über die niedrige Reling zu fallen, Felsbrocken ragen aus dem ausgewaschenen Sandweg, der sich teilweise beängstigend steil auf- und abwindet. Wo eben noch Touristenrummel war, ist hier nur Hitze und Wildnis. Dann der erste kurze Blick auf Tanote Bay: Ja! Das ist so, wie ich es mir vorgestellt habe: Eine knapp vierhundert Meter lange Strandbucht kuschelt sich an die Berge. Das Blaue Meer umspült ein paar große, dem Strand vorgelagerte Felsblöcke, die der Bucht ihren Charakter verleihen. Fünf Resorts umschließen den Strand. Aber kein einziges großes Haus zerstört den Eindruck der grünen Bucht, dafür gibt es in die Hänge gebaute kleine Bungalows , die sich zum größten Teil noch unter Bäumen, hohen Kokospalme und blühenden Bougainville verstecken. Zum Strand hin öffnen sich sechs Restaurants, geschlossene Räume hat nicht eines davon. Wer von A nach B will muss über den Strand, einen befestigten Weg gibt es nicht.

Ich klappere die Resorts ab, um eine Bleibe zu finden, natürlich ist es nicht so billig, wie auf dem Festland. Aber ich mache einen guten Deal und kann im Diamond Beach in einen kuscheligen Holzbungalow mit einer kleinen Terrasse und Blick durch grüne Baumkronen aufs Meer einziehen. Luftlinie zum Ufer sind achtzig Meter. Der Bungalow ist im typischen Thaistyle eingerichtet: ein großes Bett, ein Stuhl. Fenster zu drei Seiten mit weißen Baumwollgardinen machen ihn angenehm luftig und.Dazu kommt ein frisch gefliestes Bad, natürlich auch Thaistyle – also Klo mit Dusche darüber.

Übrigens – Haus- und Hoftiere habe ich auch….Heerscharen von kleinen Eichhörnchen toben in den Bäumen ums Haus herum, die Zirkaden haben mehrmals täglich (und nächtens) Sängerkrieg. Und auf meinem Dach wohnt wieder einer der zahlreichen Geckos. Inzwischen habe ich mich an die lauten Urzeitschreie gewöhnt, nur manchmal macht er sich einen Spass daraus, sich mitten in der Nacht genau an das Fenster neben meinem Kopf zu schleichen und da mit den unheimlichsten Grunz-, Kräh- und Schreilauten loszulegen, der reinste Stimmkünstler. Der Kerl wird einen Heidenspaß an mir haben: ich steh dann jedes mal im Bett – wörtlich. Die Eidechse in meinem Bad hält wenigstens die Klappe.

Das Diamond liegt neben einer eher teuren Anlage und einer legendären Backpacker-Bleibe, dem Poseidon, das direkt neben meinem Bungalow beginnt. Ich fürchte zuerst, dass es deshalb laut werden könnte, aber weit gefehlt, hier chilllt man bei Raggaemusik und das auch nur bis gegen elf Uhr abends. Dafür gibt es gleich zwei tolle Restaurants in denen man gut essen kann. Die Bucht ist der Traum jedes Gastronomen: zu kaufen gibt es nichts, man muss zwangsläufig alles in den Lokalen konsumieren, was seinen Niederschlag leider in den Preisen findet. Aber da Thailand immer noch relativ billig für Europäer ist, bleibt es erträglich.

Etwas kurios ist noch zu vermerken, dass man bei den Sitzmöbeln der Restaurants hier immer nur die Wahl zwischen extrem unbequemen Stühlen und Holzbänken oder dem Diner im Liegen auf Matratzen hat. Und selbstverständlich gilt auch hier das eiserne Gesetz Thailands: „Take off your shoes!“ Selbst eine Terrasse oder Rezeption wird niemals mit Schuhen betreten. Das geht einfach gar nicht. In keinem Gebäude, Restaurant, Büro, Laden, nirgends.

Das Leben in der Bucht gleicht einem geschlossenen Mikrokosmos. Innerhalb kürzester Zeit baut hier jeder sein eigenes soziales Umfeld auf. Per Schneeballsystem lernt man immer mehr Leute kennen und hat schnell „so ein Gefühl, dazuzugehören“. Die Kellner, Köche und Angestellten gehören bald genauso zur „Familie“ wie andere Reisende. Und außerdem kommen noch zahlreiche, freilaufende, liebenswerte Hunde und Katzen zur Tanote-Familie dazu.

Diese Art von Gemeinschaft ist angenehm, denn man kann allein bleiben, essen, schwimmen , aber man kann es auch in Gesellschaft tun. Zum Essen verabredet sich kaum jemand, denn wenn man Gesellschaft sucht, braucht man nur kleinen Rundgang zu machen, und zu schauen, wer wo sitzt. Dann kann man sich immer noch entscheiden, wo man mit wem essen möchte oder ob man sich lieber allein auf eine Matte fläzt. Der Blick in die Sterne und auf das nächtliche Meer mit den erleuchteten Booten der Krabbenfischer bleibt immer.

Ohne es recht zu beabsichtigen habe ich schnell ein Lieblingsrestaurant für die Abende gefunden: Lais Beach Bar. Eine Art Holzhaus auf Stelzen, auf einen Felsen gebaut. Wände hat nur die Küche, eine Tür gibt es nicht. Der erste Stock besteht aus einem zu allen Seiten offenen Holzdeck mit flachen Tischen. Gesessen oder gelegen wird auf dem Boden, der Blick aufs Meer ist herrlich. Unten gibt es noch vier Kerzenlicht beleuchtete Tische direkt auf dem Strand, zehn Meter vom Wasser entfernt. Da kann man auf echten Stühlen sitzen. Die Küche ist sehr lecker, zum Teil höllisch scharf und zusätzlich gibt es oft frischen gegrillten Fisch. Barracuda schmeckt mir am besten! Und Lai, die Chefin selbst ist ein echtes Original: charmant, quirlig und geschäftstüchtig. Kaum kommt man auch nur in Sichtweite schallt einem schon entgegen „Halloooo! Where you going? Come in, take a seat, my friend!“

Die Ressorts gehören alle Thais, zwei sind direkt familiengeführt. Ich bin allerdings doch etwas schockiert, als ich mitbekomme, dass fast alle Angestellten Burmesen sind. Manche werden ein bißchen wie Sklaven gehalten, das ist leider nicht zu übersehen, bei anderen geht es zum Glück etwas weniger harsch zu. Insgesamt leben drei Millionen Burmesen in Thailand – zumeist illegal. Die thailändische Regierung versucht das Problem in den Griff zu bekommen und hat eine Möglichkeit geschaffen, dass sich die Illegalen Einwanderer melden konnten, um ihren Status legalisieren zu lassen. Damit haben sie dann Anspruch auf den neuen thailändischen Mindestlohn von 300 Baht pro Tag (etwa neun Euro). Allerdings haben das wohl viele gar nicht verstanden oder es fehlte ihnen das Geld für den Antrag, und so bleibt das Problem ein Problem. Hier in der Bucht sind jedenfalls ungefähr über 80 Prozent der dienstbaren Geister aus Myanmar. Teilweise sehen sie ihre Familien jahrelang nicht, sie arbeiten sieben Tage die Woche.

Zu den Schattenseiten dieses kleinen Paradieses gehört auch noch der Müll, der täglich an den Strand gespült wird. Nicht so viel wie ich es in Vietnam erlebt habe, aber auch nicht zu übersehen. Plastik, Plastik, Plastik…Es ist deprimierend.

Trotzdem, noch ist Tanote Bay eine echte kleine Strandoase, in der das Leben sehr entspannt ist. Niemand rennt oder läuft auch nur schnell, die Menschen sind freundlich. Immer wieder bin ich beeindruckt,wieviel gelächelt wird und dass es absolut selbstverständlich zu den täglichen Umgangsformen gehört, sie zur Begrüßung, bei einer Bitte oder einem Danke voreinander mit gefalteten Händen zu Verbeugen. Das verhindert unbedachte Unhöflichkeiten von vornherein und macht alles ein wenig netter.

In gewisser Weise scheint die Zeit hier Pause zu machen. Wohin man auch schaut – auf´s Meer oder auf das Hinterland, man ist umgeben von Schönheit und Natur. Das ist es, was mir gut tut und weshalb ich auch beschließe, meine Rundreise hier zu beenden und einfach mal den Stecker zu ziehen. Nichts tun, einfach nur sein. Da sein und alles in sich aufnehmen. Zeit, die Gedanken schweifen zu lassen oder nicht mal das. Nur genießen und ausruhen vom Alltag.

Und außerdem – das muss natürlich dazugesagt werden, habe ich mir für meinen Aufenthalt hier ja noch ein besonderes Bonbon aufgehoben: Ich will endlich wieder tauchen. Mein Debüt ist ein Jahr her, aber die Sehnsucht nach mehr ist nicht abgeklungen. Auf ins Abenteuer!

 

Thailand 13: Ab auf die Insel

Nachdem mich Mr. Bao höchstpersönlich vor Sonnenaufgang, mit einem Sandwich ausgestattet, an der Bushaltestelle abgeliefert hat, heißt es ein weiteres Mal Abschied nehmen von einem schönen Ort. Die aufgehende Sonne zeigt mir ihr Land und vor allem die Berge noch mal in magischem Licht, bevor es zurück in die Ebene von Surat Thani geht. Vor einer Agentur der Fährgesellschaft Lomphraya werde ich abgesetzt. Mein Briefchen von Mr. Bao scheint in Ordnung zu sein, einziger Beweis dafür, dass ich die Überfahrt nach Koh Tao bezahlt habe. Die Fahrpläne in Thailand bleiben mir ein Rätsel, mal gelten sie ganz exakt, oft aber scheinen es nur grobe Schätzwerte zu sein, selbst bei der Bahn. So auch heute.

Eine halbe Stunde nach dem mir bekannten Abfahrtstermin der Fähre kommt endlich ein verwirrend großer Reisebus und lädt uns ein. Ich dachte, wir würden nur eben zum Pier gebracht. Tatsächlich aber fahren wir anderthalb Stunden durch immer neue Ortschaften. Ich werde langsam ein bisschen unsicher, ob hier nicht ein Missverständnis vorliegt, sehe aber noch zwei Backpacker, von denen ich weiss, dass sie dasselbe Ziel haben.

Irgendwann taucht dann das Meer neben uns auf – das erste Mal auf meiner Reise sehe ich den Golf von Thailand – blau glitzernd im Sonnenschein. Irgendwo im Nirgendwo ein Pier und wir besteigen einen Highspeed-Katamaran. Die meisten Thais bleiben unter Deck und scheinen spätestens nach zehn Minuten allesamt zu schlafen. Das Meer ist aufgewühlt und das Boot kracht hart auf die Wellen und es schaukelt nicht wenig. Nach einer Weile beruhigt sich der Seegang. Ich gehe an Deck und nehme das erste Mal meine nicht-thailändischen Mitreisenden wahr. Schock! Was sind den das für Leute?! Ein völlig neues Publikum, das schon äußerlich so ganz anders wirkt, als die Reisenden, die ich bisher getroffen habe.

Da ist die typische Pauschalreise-Spezies , schneeweiss im knappen Ibiza-Beach-Outfit, dieSonnencreme in der Hand. Laut unterhält man sich darüber, bei welcher Internet-Agentur welche Reise mit welchem Komfort noch zwei Euro billiger angeboten wurde. Es werden flugs beruhigende Gruppenbildungsprozesse absolviert: „Ach, ihr seid auch auf unserer Insel in dem Ressort Asia Sun! Na super, wir sind auch da und die vier da drüben wohnen in der Anlage gleich nebenan! Da können wir ja schön was zusammenmachen!“ Dann, betont abgesetzt, die Distingierteren mit der Buchung im Luxusressort. Ein Kölner Pärchen um die Dreißig erzählt mir, sie seien direkt aus Bangkok weitergeflogen (interessiert uns nicht wirklich, die Stadt) und hätten alles schon klar gemacht, keine unnötigen Umwege, sie wollen nur relaxen -wer will schon Stress und allzu viel Neues im Urlaub. Ein toootal gutes Angebot: ein abgelegenes Strandressort mit allem Drum und Dran für nur 150 Euro die Nacht mit Halbpension, natürlich. 150 Euro in Thailand? Totaaal günstig? Nur nicht woanders hin, kein Stress? Ich glaub, ich bin hier falsch! Da sind mir ja die flattertuchbehangennen Öko- Hippie-Aussteiger-Eltern mit drei kleinen Kindern, zwei Kinderwagen und drei Tonnen Gepäck noch die liebsten.

Nach einem Zwischenstopp in Koh Samui legen wir nach etwa zweieinhalb Stunden in Koh Pha Ngang an, der Nachbarinsel von Koh Tao. Plötzlich wird klar, warum man einigen von uns beim Einsteigen rote Bändchen verpasst hat: Wir müssen hier umsteigen. Das Gepäck hat die Crew schon auf dem Landesteg verteilt ehe wir endlich vom Schiff runter sind – jeder rupft an seinem Teil herum, wunderbarer Weise landet nichts im Wasser. Eine Stunde Aufenthalt, brennende Sonne. Leider kein netter Hafen, sondern eine endlose Mole zum Land, der eigentlich Ort fängt erst dahinter irgendwo an. Ich zerre mein Taschenmonster durch den Sonnenschein (ja, ich habe gelernt: das nächste Mal brauche ich nur die Hälfte), nur um in einer hässlichen, aber immerhin schattigen heissen Schalterhalle eine Cola zu trinken.

Endlich erreichen wir dann Mae Haad auf Koh Tao. Ich will eigentlich auf die abgelegene Ost-Seite der Insel, in die Tanote Bay. Doch es ist offenbar etwas beschwerlich dorthin zu gelangen, deshalb will ich eine Nacht an der betriebsamen, extrem touristischen Westküste verbringen und ein bisschen fröhliches Badeort-Leben anschauen. Ich habe keine Ahnung, wohin ich mich wenden soll. Ich schubse Heerscharen von aufdringlichen Taxifahrern und Schleppern weg und marschiere einfach drauf los. Müde, heiss, ich habe keine Lust mehr weiterzusuchen. Eine schweißtreibende Stunde später habe ich Rückenschmerzen und lahme Arme, weil ich meinen Hackenpanzer ständig durch den Sand und über Steine ziehen musste. Endlich ein freies Zimmer, das weder ein Schlafsaal, noch ein teures Hotel ist. Allerdings – es ist scheußlich, schimmelig, schmuddelig und dafür zu teuer. Aber aus meiner Zimmertür kann ich immerhin direkt auf den Strand. Zwar habe ich auf dem Schiff meinen lonely planet befragt, wo ich denn wohl bleiben sollte, aber da ich keine Ahnung von den geografischen Gegebenheiten und Entfernungen hatte, hat das nicht viel genutzt.

Um meinen Frust gar nicht zum Zuge kommen zu lassen, mache ich mich nach einem ersten kurzen Bad auf, Mae Haad zu erkunden. Anderthalb Stunden laufe ich durch den lauten, chaotischen, ziemlich vermüllten und gesichtslosen Ort voller Tauchbasen, Hotels, stinkender lauter und stinkender Motorräder und Quads, die einem fast über die Füße fahren. Meine Laune ist im Keller. Ich will hier weg.

Schließlich treffe ich zwei Engländerinnen, Mutter und Tochter, die auch in meinem Hotel wohnen. Sie fragen mich, ob wir nicht zusammen essen wollen. Ich nehme das gern an und wir finden sogar ein nettes Restaurant. Die junge Frau ist Tänzerin und hat eine Charlston- Dance Compagnie. Ihre Mutter hat gerade aufgehört zu arbeiten. Sie hatte einen Second Handladen und hat Kostüm-Ausstattung für Filme gemacht. Die Ladies sind beide very english, ein bisschen schräg und ich finde, wir bilden einen netten kleinen Damenclub. Das rettet mir den Abend und lässt mich den Ort Mae Haad vergessen.

Um es vorwegzunehmen – man möge mir den Bruch der Chronologie verzeihen, einige Tage später unternehme ich einen weiteren Versuch, mich mit der Ostküste anzufreunden und fahre in den Hauptstrandort Sairee Beach. Einzige Möglichkeit von Küste zu Küste zu kommen ist eins der fünf Shuttle-Sammel -Taxis aus Tanote Bay, die viermal am Tag zur Fähre fahren und für einen kleinen Aufpreis dabei auch Gäste mit in die angrenzenden Orte nehmen. Das Ganze kostet dann pro Fahrt und Kopf 100 bis 150 Baht, ein reguläres Taxi verlangt 500 bis 600 Baht.

Eigentlich möchte ich an dieser Stelle nur ganz kurz auf Sairee Beach eingehen- denn, soviel sei vorweggenommen, es lohnt kein eigenes Kapitel. Es ist etwas sanfter als der geschäftigeHauptort Mae Haad, aber trotzdem nicht viel mehr als eine Ansammlung von Hotels, Hostels, Tauchbasen, Geschäften und Restaurants mit einem Palmen gesäumten Strand. Eine eigene Atmosphäre läßt der Ort in meinen Augen aber vermissen. Nach anderthalb Stunden weiss ich nichts mehr mir mir anzufangen und bitte per Handy-Nummer um Rückholung – as soon as possible.

Etwas netter, zumindest auf der Durchfahrt, sieht der südlich gelegene Ort Chalok Baan Kao aus. Dies alles halte ich nur für eventuell nachfolgende Thailandreisende fest. Nach diesen ersten Erfahrungen setze ich nun alle Hoffnungen auf meine Weiterreise nach Tanote Bay.

Thailand 12: Höhlenabenteuer

Um sieben Frühstück…schon wieder früh `raus. Aber um 7.30 Uhr kommt der Minibus (schon wieder einer…aber diesmal gechartert und mit freundlich grüßendem Fahrer) und holt mich ab. Mr. Bao hat mir zu der Lake&Cave-Tour geraten und gleich alles organisiert.

Der erste Eindruck von meinen elf Reisegefährten des Tages ist nicht so gut, viele Deutsche, einige mit muffeligem Blick, das soll sich aber später als zum Glück ändern. Wir müssen über eine Stunde fahren, der Nationalpark ist riesig. Eine Viertelstunde vor dem Ziel halten wir noch auf dem lokalen Markt, um letzte Kleinigkeiten zu besorgen. Ich brauche ein paar geschlossene Schuhe, die nass werden können, weil wir durch das Wasser laufen werden. Mr. Bao hat schon alles für mich geklärt, der Guide schleppt mich gleich zum Schuhhändler. Für 70 Baht (2Euro) erstehe ich ein fast kultiges schwarzes Modell: sieht aus wie ein Tennisschuh, ist aber Vollgummi.

Endlich sind wir am Ziel. Unter uns liegt der Chiaw Laan Staussee, der 1982 durch den Ratchaprapha- Staudamm entstanden ist. Ein Foto dieser Landschaft hat mich gleich auf den ersten Seiten des lonely planet schwer beeindruckt und auch nicht mehr losgelassen. Hohe, dicht bewaldete schroffe Felsen und kristallklares Wasser sind die magische Mischung, die mich nicht mehr losgelassen hat. Der Anblick, der sich jetzt bietet, ist noch schöner als erwartet: ein bis zum Horizont reichender hell türkiser See und schroffe , urwaldbewachsene Karstberge. Ich hatte geglaubt, die Landschaft, die ich in Vietnam in der Halong Bay kennengelernt hatte, sei einmalig, aber das hier ähnelt dem verblüffend. Nur das es kein grünes Meer, sondern eben diesen strahlend hellblauen See gibt.

Am Pier liegt eine Handvoll Longtailboote für die verschiedenen Touren, die die Pensionsbesitzer hierher organisieren. Allzu viele Genehmigungen gibt es zum Glück nicht dafür. Eine Stunde lang düsen wir über den See, immer tiefer in diese faszinierende Landschaft hinein. Immer näher rücken die Felsen an das Boot heran. Alle sind in den Anblick versunken, jeder für sich. Allerdings fahren wir mit ziemlich hoher Geschwindigkeit und die Gischt liefert eine feine, aber stetige Dusche.

Endlich sind wir am Ende- oder auch nur am Ufer eines der Nebenarme und Buchten des Sees angekommen.Wie aufgefädelte Perlen sehen die an einem schwimmenden Steg aufgereihten kleine Holzbungalows mit einem Ponton als Pier aus. Übernachtungsmöglichkeiten für die, die eine Zwei- oder Dreitagestour gebucht haben. Wir legen in der Mitte an, dort gibt es ein schwimmende Restaurant, wo wir Mittag essen.Vorher bleibt noch eine halbe Stunde für ein Bad im warmen See. Die Farbe macht jedem Swimmingpool Konkurrenz. Das Wasser ist klar und sauber, der Stausee sorgt schließlich sowohl für Trinkwasser und Energie. Es tummeln sich jede Menge Fische um uns herum.

Wie immer bei den Touren in Thailand gibt es jeweils ein Essen für Vegetarier oder ein anderes. Gut, dass ich kein Vegetarier bin, dann hätte ich den herrlichen, im Ganzen servierten Fisch aus dem See verpasst. Gebacken mit einer leckeren Soße, Ingwergemüse und Reis. Köstlich! Zum Nachtisch aufgeschnittenes Obst.

Eine Viertelstunde verdauen und dann geht´s weiter mit den Booten. Wir sind zwölf Leute pro Gruppe, insgesamt aber aber zwei Gruppen. Allerdings wandern wir versetzt, also nicht als Massenausflug, wie ich schon fast befürchtet hatte.

Wir werden an einem Pfad in den Urwald abgesetzt und beginnen unseren drei Kilometer langen Marsch zur Nam Talu Höhle. Wilde Natur, riesige Bäume, Felsbrocken und immer wieder kreuzen wir den Fluss, der sich in Schlangenlinien durch den Wald windet. Einige versuchen, über Steine und Stämme hinüberzubalancieren, aber das klappt nicht immer. Ich bin heilfroh über meine Gummischuhe, auch wenn es sich nach der ersten Wässerung darin wie in einem Bottich läuft, denn das Wasser kann ja nicht abfließen….

Plötzlich sind wir von hunderten kleinen Schmetterlingen umschwirrt. Die nervösen kleinen Tierchen setzen sich nie, aber sie begleiten uns durch den Fluss bis zum Waldrand, dann kehren sie um. An einem Baum zeigt uns unser dreizähniger, fröhlicher Führer Bom einen Elefantenschmetterling, ein ganz eigenartiges graubraunes Geschöpf, das wie ein Teil des Baumes wirkt – und es hat tatsächlich einen Elefantenrüssel. Bom kichert und gackert und sagt immer wieder „long nose, long nose“ und zeigt auf uns und wieder auf das Tierchen: „Farang-Butterfly!!! Hahaha!“ Er kann sich nicht mehr halten vor Lachen über seinen Witz. Dazu muss man wissen, das Europäer hier in Asien Langnasen genannt werden, und Farang ist das Wort für Fremder/Ausländer.

Besonders die uralten Teakbäume sind beindruckend, sie sind riesig. Einige Exemplare haben so dicke Stämme, dass wir uns als Gruppe darum an den Händen halten müssten, um sie zu umfassen. Immer wieder hören wir alle möglichen Tierlaute, die wir nicht identifizieren können. Ein besonders schrilles Gekreisch stammt von Gibbons, wie Bom erklärt. Wir sehen ein wildes Rauschen in den Kronen, der zum Teil bis zu vierzig, fünfzig Meter hohen Bäume, aber das Grün ist zu dicht, als dass wir die langarmigen Turner sehen können. Als sich schließlich am Wegesrand eine ansehnliche Tarantel sehen lässt, klappt ein Naturhasser und Spinnenphobiker aus dem Ruhrpott fast zusammen. Er musste mit in diesen schrecklichen Urlaub, seine unternehmungslustige Freundin hätte ihn sonst verlassen. Schluss mit Mallorca. Seine schlechte Laune kann man fast anfassen und ich halte mich weit weg von ihm – und seine Freundin tut dasselbe.

Schließlich taucht ein großer Fels vor uns auf und mit ihm der Eingang zur Höhle. Wer es jetzt doch mit der Angst bekommt, wird von einem zweiten Führer wieder zum Boot gebracht, die anderen geben ihre Kameras nun bei Bom ab, der eine wasserdichte Tasche hat und setzen die starken Kopflampen auf. Und schon geht´s in den Berg für die nächste Stunde. Wir klettern über rutschige Felsplatten und durchwaten zunächst flaches, kaltes Wasser. Es fällt verdammt schwer, auf die Füße zu achten, denn es gibt so viel Schönes zu sehen! Buntgeäderte Felsen und glitzernde Stalagmiten in fantastischen Formen, her selten bizarre Stalaktiten, die im Weg hängen. Und immer wieder kleine Höhlen, in denen tausende von Fledermäusen erschreckt in unsere Grubenlampen blinzeln. Im dunklen Wasser schwimmen ein paar Welse herum und an den Wänden hockt langbeiniges Krabbelgetier, das aber offenbar genauso froh ist wie wir, wenn wir uns nicht allzu sehr nähern.

Das Wasser wird zunehmend tiefer, zumindest gelegentlich. Und dann ist es soweit: ein Schritt und: platsch, bis zur Brust drin im schwarzen Nass. Der Untergrund ist abenteuerlich, jeder Schritt muss ertastet werden. Der Gang ist plötzlich nur noch ganz schmal, man muss eine echte sportliche Leistung vollbringen, wenn man hier durch will. Aber es macht unglaublichen Spass und die Höhle überrascht immer wieder mit neuen Anblicken. Es ist auch in keiner Weise beängstigend, wie man vielleicht annehmen könnte. Eher das Gefühl, Teil eines Großen, Ganzen sein zu können. Dann geht es zum Finale. Hinter einer Felsecke finden die Füße dann gar keinen Boden mehr, wir müssen schwimmen, in voller Montur. Ein enger schmaler Tunnel windet sich durch den Berg, bevor schließlich ein Lichtschein verrät, dass wir am Ausgang angekommen sind.

Am liebsten wäre ich gleich wieder umgekehrt, und das geht den meisten so. Es war ein großartiges Erlebnis. Was im übrigen in Europa oder Nordamerika wohl niemals möglich wäre, das wäre sicherheits- und versicherungstechnisch garantiert längst verboten worden. Gut für uns, dass das hier nicht so war…

Nach einem Zwischenstopp zum Baden und Obstessen im schwimmenden Restaurant geht es zurück zu dem Ufer, an dem der Shuttle wartet. Über 165 Quadratkilometer ist der Chiaw Laan groß und vierzig bis neunzig Meter tief. Er wirkt wie wegen des weißen Kalksteins an seinem Grund wirklich wie ein gigantischer flüssiger Türki. Die grün-weißen Karstberge, die unsere Route wie Schluchten aussehen lassen,winken mit ihren Palmen und Baumkronen zu uns herüber. Und die vor über dreissig Jahren im Wasser gestorbenen Riesenbäume scheinen nicht aufzugeben, ihre kahlen Äste ragen noch immer etwas gespenstisch aus dem Wasser.

Ungeachtet des herrlichen Anblicks rast unser Boot in wilder und wegen aufkommenden Windes sehr bewegter und nasser Fahrt eine Stunde lang zurück. Am Himmel hängen plötzlich dunkle Wolken. Es ist inzwischen ziemlich kalt von der unaufhörlich peitschenden Gischt und dem Wind, aber niemand beschwert sich, alle sind noch immer vom Anblick der ungewöhnlichen Landschaft gefangen genommen. Dumm nur, dass nun die zweite, zum Wechseln nach der Höhle mitgebrachte Garnitur Kleider auch klatschnass ist. Wenigstens jetzt hat die Hitze mal wirklich eine angenehme Seite.

Und in meinem Urwald-Domizil wartet nun noch ein leckeres Abendessen bei Mr. Bao auf mich, wo ich den vielen Eindrücken des Tages noch in der restauranteigenen Hängematte nachhänge, bevor ich in meinem Baumhaus unter das Moskito-Netz klettere.

 

Thailand 11: Affenparty in Khao Sok

Die Feuchtigkeit der Nacht tropft von den Bäumen, alles dampft. Was für ein Unterschied zum trockenen Norden. Heute will ich zu Fuß in den Park und ein bisschen die Umgebung erkunden, denn außer meinem persönlichen Dschungelcamp habe ich ja noch gar nichts mitbekommen. Der Ort ist gut anderthalb Kilometer lang, die Häuser sind überwiegend an der Straße verteilt, es gibt fast mehr Ressorts, Guesthouses und Restaurants als Wohnhäuser. Aber insgesamt sind es wohl nicht viel mehr als ein gutes Dutzend. Ich bin trotzdem froh, dass ich etwas abgelegener im Wald wohne.

Es ist zwar nicht so heiss wie im Norden, es sind nur 30 Grad, aber durch die hohe Luftfeuchtigkeit fühlt es sich unglaublich heiß an. Ich bin schon wie geduscht, als ich am Nationalpark ankomme. 300 Baht Eintritt für Ausländer (9 Euro), das ist offenbar Standart in Thailand. Wenn ich ganz nach oben zum Ende dieser Route wandern will, müsste ich einen Guide nehmen, aber ich will ihn mir sparen, da ich morgen eine Tour plane, die ein bisschen teurer ist. Also nehme ich die gut drei Kilometer in Angriff, die für Individualisten freigegeben sind. Es geht bergauf, der Weg ist breit und komfortabel im Vergleich mit meiner Trekkingtour. Die Vegetation ist üppig grün, hoher Bambus, hohe Bäume und hin und wieder ein phantastischer Ausblick auf entferntere, bizarr und schroff geformte Kalksteinberge. Die Zirkaden veranstalten teilweise ohrenbetäubenden Lärm.

Hier im Khao Sok Park leben tatsächlich noch sehr viele wilde Tiere bis hin zu Elefanten und Tigern. Aber die lassen sich in der Trockenzeit und am Tage in diesem Teil des Parks wohl eher selten sehen. Obwohl ich nach einer Weile an einer Stelle vorbeikomme, wo die steilansteigende Böschung von schweren, großen Füßen zertreten ist und überall abgerissenes Grünzeug herumliegt. Da dürfte wohl letzte Nacht mindestens ein Dickhäuter durchmarschiert sein. Auf den Hinweisen beim Visitors Center heißt es nur lapidar, wenn man Elefanten begegnet, soll man nicht so nah `rangehen, dass sie sich gestört fühlen…hatte ich nicht unbedingt vor.

Von Zeit zu Zeit gibt es Pfade, die durch das grüne Dickicht zum Fluss oder zu Wasserfällen führen, die jetzt in der Trockenzeit allerdings aber eher Stromschnellen sind. Trotzdem sind sie schön anzusehen und angesichts der Hitze kann ich auch nicht widerstehen, auf den Felsbrocken herumzuklettern und mich vom kalten Bergwasser überspülen zu lassen. Obwohl das vielleicht nicht so ganz vernünftig ist, allein. Als ich gerade auf einem großen Stein ausruhe, starrt mich vom Nachbarstein ein großer Gekko misstrauisch an. Wir spielen das Spiel, wer zuerst wegschaut. Ich gewinne.

An einer Stelle hat der Fluß einen natürlichen Pool gebildet. Wunderbar zum Baden. Und nicht mal kalt. Ich habe mich wieder auf einen Felsbrocken gesetzt und sehe einem deutschen Paar beim Baden zu. Plötzlich fangen die beiden an wie von der Tarantel gestochen herumzuspringen und zu schreien. Ich bekomme mit, dass es um Fische geht. Da ich weiter oben im Fluß wieder meine kleinen geflossten Knabberfreunde ´getroffen habe, gehe ich davon aus, dass sie auch hier sind. Ich versuche das Paar zu beruhigen. Aber dann zeigen sie mir kleine blutende Bisswunden. Auf meinem Rückweg durchs Wasser ans Ufer kommt dann tatsächlich auch so ein bissiges kleines Biest zu mir. Aber ich bin gewarnt und lasse es nicht zum Zug…oder besser: Biss kommen.

Auf dem Rückweg explodiert plötzlich der Wald über mir: die Affen feiern Party in den Baumkronen. Einer kommt auch mal eben auf den Weg gesprungen und schaut, ob ich als Mitspieler tauge. Aber ich gestehe, anders als die Äffchen in Brasilien,sehen die hier gar nicht so freundlich aus, die haben ziemlich große Zähne und gucken giftig. Aber sie wollen nichts von mir. Nach vier Stunden bin ich wieder am Ausgangspunkt und werde wieder ausgetragen. Alle Besucher werden an verschiedenen Kontrollpunkten namentlich mit Uhrzeit registriert. Besser so, falls doch mal was passiert, dann wissen sie, wo sie suchen müssen.

Ich will den Abend bei einem Bier auf der Dschungelterrasse verbringen, lasse mich dann aber gern von einer Gruppe junger Leute aus Deutschland, Syrien und der Slowakei überreden, mit ihnen im Dorf zu essen. Es ist schon spannend, wieviel Menschen man kennenlernt, wenn man allein reist. Und das Gute ist, man muss nicht, man kann Gesellschaft haben. Gefällt mir. Ich habe mich noch nie einsam gefühlt auf dieser Reise, aber trotzdem auch viel Zeit allein verbracht. Tut wirklich gut, kann ich weiterempfehlen. Rendezvous mit dir selbst…

Und morgen ist ein neuer spannender Tag mit Ganztagestour zum gigantischen Chiao-Lan-Stausee an einem anderen Ende des Nationalpark und mit einer Höhlentour, die durch´s Wasser geht. Schon wieder Abenteuer!