Die brasilianischen Frauen

Brasilianische Frauen sind eine ganz eigene Spezies – und das nicht nur, weil viele von ihnen sehr schön sind! Ohne sie würde hier noch viel weniger funktionieren. Sie sind das wirklich starke Geschlecht, sind die, die meist das Leben der Familie schmeissen – die Leistungsträger, die das mit dem Organisieren, Arbeiten und Zusammenhalten von Allem hinkriegen. Brasilianische Männer dagegen sind ewige Kinder, die eigentlich immer eine Mutti brauchen, die verwöhnt und hilflos ohne die Frauen sind. Das gilt selbst für die Mehrheit derjenigen, die im Beruf erfolgreich und durchsetzungsfähig sind.

Und während wir emanzipierten Europäerinnen uns mit den Männern streiten, auseinandersetzen und diskutieren, lächelt die Brasilianerin zuckersüss oder nachsichtig, sagt zu allem „Ja“ und macht, was sie für richtig hält. Allerdings ist sie auch höllisch eifersüchtig (oft aus gutem Grund und schlechter Erfahrung, aber imZweifelsfalle auch ohne). Außerdem legt sie exrem viel Wert auf ihr Äusseres und dabei vorallem auf die Betonung ihrer weiblichen Reize. Ein Kleid oder T-Shirt sollte immer einen supertiefen Ausschnitt haben, wenn es als schick gelten will. Und ein großer Teil der Damen kauft grundsätzlich mindestens eine Nummer zu klein, damit auch jede Rundung zur Geltung kommt. Oft auch die, die man lieber nicht sehen möchte.

Der Körperkult treibt allerdings tatsächlich beängstigende Blüten: Schönheitschirurgie gehört zu den wichtigsten und normalsten Dingen im Leben der überwiegenden Mehrheit der Frauen. Es gibt kaum etwas, das man nicht verschönern könnte. Vorallem aber die Brustgröße muss stimmen: Ich stelle die kühne Behauptung auf, dass der überwiegende Teil der weiblichen Bevölkerung, gefühlte 90 Prozent, tatsächlich wahrscheinlich 89 Prozent, Silikon-Busen trägt. Selbst gesundheitsfanatische Vegetarierinnen/Veganerinnen, die möglichst nicht mal Alkohol trinken wegen der Gifte, sehen aber keinerlei Problem im Silikonimplantat oder Botox an den entscheidenden Stellen im Körper – irgendwie seltsam, oder?

Aber es sei nochmal gesagt: Die Frauen sind hier das starke Geschlecht!

Sweet Brazil

Noch ein süßer Tipp zum Schluss: „Ich backe einen Kuchen für meine Freunde oder bringe zur Einladung einen deutschen/italienischen Nachtisch mit.“ Super Idee! Finden hier auch alle – vorausgesetzt man verdoppelt die Zuckermenge und stellt möglichst noch ein Schälchen mit Extra-Zucker daneben. Ich durfte das gerade wieder studieren. Im Restaurant meiner Freunde in Sao Sebastiao habe ich mich erboten, zum Tagesmenü den Überraschungsnachtisch zu machen, weil sie gern mal was Neues anbieten wollten. Ich habe mich für gute altmodische deutsche Eierkuchen (Pfannkuchen) entschieden, mal mit Apfelstücken wie daheim, mal mit Bananenstücken, weil sich das anbietet. Nach meiner Testprobe zum Kosten wurde beschlossen, dass ich die Zuckermenge verdopple, zusätzlich sollte noch Zucker und Zimt daraufgestreut werden. Ich war sicher, dass das keinem mehr schmecken würde, weil man davon schon fast Zahnschmerzen bekommen hat. Die Gäste waren begeistert!!!

So sollte man auch beim Bestellen der wunderbaren frischen Fruchtsäfte immer dazusagen „bitte wenig oder kein Zucker“, denn hier wird oft sogar der Orangensaft gesüßt. Das kann man dann zur Not selbst tun, ansonsten ist das edle Getränk leider oft sirupähnlich. Bei Einladungen sollte man – natürlich höflich – den Nachtisch erstmal in mikrobengroßer Menge probieren. Nicht alles ist für unsereins da genießbar. Merke: Der durchschnittliche Brasilianer ist extrem zuckersüchtig!

Fettnäpfe

An dieser Stelle ein beliebter Fettnapf für Deutsche: Wer einmal in Brasilien am Strand war und die Bikinis gesehen hat, die teilweise nur noch symbolischen Charakter haben und irgendwie anzüglicher aussehen als ein einfach nur nackter Mensch, mag glauben, dass die Brasilianier ein natürliches und unverkrampftes Verhältnis zum menschlichen Körper haben. Nein!!! Schon ein Mensch in Unterwäsche ist super peinlich! Und sich einfach so umziehen am Strand wie in Deutschland geht gar nicht! Ein Brasilianer würde sich nie am Strand umziehen, eher zieht man Shorts oder Kleid über die nassen Sachen und sieht dann im Restaurant aus, als ob man sich in die Hose gemacht hat. Bei Frauen klebt dann teilweise noch ein klitschnasses T-Shirt so am Körper, dass man mehr von der Brust sieht, als im Bikini selbst. Das ist aber völlig ok. Selbst das Umziehen unter Tschador-ähnlich, garantiert blicksicher umgebundenen Strandtüchern o.ä. kann man sich auch nur unter dem Motto „Ich bin ein doofer Ausländer“ erlauben. Verstehen werde ich das nie.

Noch eine Chance für einen Faux Pax: Geburtstag. Auch das ein Quell der Verwirrung, ich habe es im Eigenversuch erfahren. Im vergangenen Jahr habe ich meinen Geburtstag hier gefeiert. Als große Überraschung hatte mir eine Freundin zwei riesige, buntverzierte Torten gebacken. Ich war wirklich gerührt – habe mich wortreich bedankt, um dann schnurstracks die Kunstwerke anzuschneiden und anzubieten, auf dass die Feier beginnen kann. Doch die Gäste haben irgendwie irritiert, wenn auch freundlich-nachsichtig reagiert, was ich mir nicht recht erklären konnte. Erst viel später habe ich erfahren, dass man in Brasilien mit dem Anschneiden des Geburstagskuchens das Aufbruchssignal zum Gehen gibt – am Ende des Festes.

Offenheit vs Höflichkeit

Bekanntlich kann man als Ausländer immer wunderbar ins Fettnäpfchen treten. Da ist Brasilien keine Ausnahme. Hier also ein paar meiner erlernten, manchmal auch peinlich erfahrenen Erkenntnisse zur Sache.

Die Brasilianer sind extrem höflich und verbindlich. So sollte man im Zweifelsfalle immer explizit jeden grüßen, auch wenn man nur einen Laden betritt oder das Zimmermädchen in der Pousada vorbeigeht. Und ein freundliches Lächeln dazu ist selbstverständlich. Ernste Minen verunsichern die Leute hier ziemlich – vor allem im Norden des Landes. Wer hier nicht lachen lernt, steht auf verlorenem Posten. Sollte es für uns auf Krankenshein geben, so eine Runde Brasilien gegen Griesgrämigkeit! Ausserdem kommt man selten gleich zur Sache. Selbst wenn man nur eine Kleinigkeit fragen möchte, gehört es dazu, mindestens zu fragen, wie es heute geht. Bei größeren Anliegen lieber noch etwas mehr Konversation und erst nach einer angemessenen Plauderei über Gott und die Welt zur Sache kommen– wie gesagt, alles hier braucht seine Zeit.

Diese relaxte Höflichkeit finde ich sehr angenehm, aber das freundliche Weglächeln von Problemen hat auch seine problematischen Seiten. Denn manches verhält sich anders als es klingt: so wird manche Bitte nicht abgelehnt, sondern freundlich lächelnd Ja gesagt – nur, dass das Zugesagte dann niemals passiert. Aber es fällt den Leuten leichter einfach freundlich zuzustimmen und das Ganze dann zu vergessen.

Ebenso ist es sehr schwierig, eine ehrliche Meinung zu bekommen, selbst unter Freunden oder teilweise sogar innerhalb der Familie: kritische Äusserungen behält man lieber für sich – das gilt auch umgekehrt, denn die Leute sind hier ganz schnell sauer über kritische Äußerungen, manchmal auch nur die ehrliche Meinung dazu, ob´s schmeckt… Aber auch das bekommt man nicht mit, denn erstmal wird wieder freundlich gelächelt, bevor der Gekränkte in der Folgezeit anhaltend sauer ist…Unsere deutsche Direktheit und Offenheit kommt hier wirklich nicht so gut an- es sei denn, man hat wirklich ein vertrautes Verhältnis, dann klappt´s vielleicht mit dem Exotenbonus…

Zeit und Verabredungen

Bis jetzt habe ich die wichtigsten Geschichten und Orte dieser Reise immer in einzelne Kapitel unterteilt. Aber irgendwie ist dabei eine Menge übriggeblieben, was ich nicht erzählt habe. Bevor ich nun zum letzten Kapitel komme, werde ich einfach mal eine Runde „Schnipsel“ einlegen, die irgendwie auch zu meinen brasilianischen Reminiszenzen gehören.

Zuerst eins der großen Rätsel: Die Zeit. Warum schafft man hier eigentlich nie annähernd das, was man machen wollte? Und das nicht nur, weil man Urlaub hat und keine Eile…Eines der Geheimnisse, was mir dieses Land aufgibt. Dass mitteleuropäische Planung und Effizienz hier auf verlorenen Posten ist, das ist klar und irgendwie auch gut so, wie ein bekannter Berliner so sagt…Aber das ist noch keine Erklärung dafür, warum man selbst bei anderer Sozialisation und gelegentlicher (schon auch mal deutlicher) Genervtheit ob der landesüblichen Planungsunmöglichkeit nicht in der Lage ist, seine eigenen Aktivitäten irgendwie zu strukturieren und auch nur halbwegs das zu machen, was man sich vorgenommen hat. Und ich spreche hier nicht etwa von der sporadischen, chaotischen Art, meinen Blog zu schreiben. Nein, diese Lebensart saugt einen irgendwie mit ein.

Selbst meine Freundin Corrin, Amerikanerin, die seit 30 Jahren hier lebt, aber trotzdem immer noch etwas „anders“ tickt und die bei aller Symphatie für Brasilien regelmässig im Kreis springt, ob der sich endlos hinziehenden Dinge des Alltags, der Langsamkeit, der chaotischen Gangart – selbst die ist überhaupt nur noch selten in der Lage, irgendwas schnell und wie geplant zu machen. So hat sie bei unserer gemeinsame Abreise nach Paraty, beim Frühstück noch darauf gedrungen, möglichst schnell loszufahren. Gegen Mittag waren WIR zumindest abfahrbereit ( undbitte fragt nicht, was wir so lange gemacht haben!). Aber nichts da, auf einmal fielen Corrin noch tausend Sachen ein, die in ihrem Restaurant usw zu erledigen waren – obwohl sie den ganzen Vormittag nichts groß zu tun hatte! Letztendlich sind wir dann schon ein Stück vorgefahren und haben uns an einem schönen Strand 20km weiter die Zeit vertrieben, bis sie endlich nachkam. Abgefahren sind wir alle dann halb fünf…Und das ist nur eins der Beispiele.

Es wird ständig geredet, geplant, verworfen, vergessen, vertrödelt…das klingt sicher völlig schrecklich für den deutschen Durchschnittsleser, aber hier ist das einfach so, und man hört ziemlich schnell auf, sich darüber aufzuregen.

Corrins Kühlschrank klingt seit unserer Ankunft phasenweise wie ein Flugzeugtriebwerk – irgendwas ist da so gar nicht in Ordnung. Der Monteur wohnt 10 Minuten entfernt und sagt ständig, dass er kommt –unser Monat ist um, und der Kühlschrank fliegt immer noch durch´s Haus.

Anderes Beispiel: Ich habe mich mit einem der engagierten Mitstreiter eines superinteressanten sozialen Projektes für Kinder aus den armen Familien, einem bekannten brasilianischen Chefkoch, für ein Interview verabredet. Ich bin ihm den halben Tag lang geduldig gefolgt, weil immer etwas dazwischen kam. In der 2stündigen Mittagspause sollte es nun so weit sein. Er wolle nur noch duschen, ich soll doch eben das Interview mit dem Initiator den Projektes vorziehen…tja, dann war der Typ plötzlich weg! Nach Sao Sebastiao gefahren, was erledigen. Ohne auch nur was zu sagen. Aber das ist kein Grund zum sauer sein, er fühlte sich auch gar nicht schuldig, als er mir drei Stunden später fröhlich lachend sagte, dass er doch noch schnell weg musste. Alles ganz normal. Das Interview fand schließlich weitere zweieinhalb Stunden später statt. Hat doch geklappt – irgendwie. So what?…

Eine Bekannte hat ihr Auto im Dezember zur Reparatur gebracht es sollte zwei bis drei Wochen dauern. Jetzt ist Anfang April– die Kiste steht immer noch in der Werkstatt.   Usw usf.

Manchmal frage ich mich ehrlich, wie das alles trotzallem noch funktionieren kann und irgendwie ja nicht mal schlecht, denn Brasilien ist ein echtes Wirtschaftsboomland auf der Schwelle zur Ersten Welt. Aber im Alltag herrscht einfach ein riesiges, alles aufsaugenden Chaos. Uff, das klingt wahrscheinlich jetzt furchtbar deutsch und arrogant, aber es ist wirklich so! Und die Brasilianer selbst sehen das so und sagen es auch,machen Witze über sich selbst, klagen, aber es ändert sich nichts daran. Und ein Stück weit ist das wirklich eine heilsame Kur für den effizienzgeschädigten Deutschen. Motto: es geht auch anders und man muss sich wirklich nicht immer über jeden Kleinkram aufregen. Aber andererseits ist diese Unangestrengtheit wirklich manchmal sehr anstrengend!

Verabredungen sind eine Wissenschaft für sich. Da gibt es etliche Geheimcodes, die es zu deuten gilt und selbst dann ist nichts sicher. Ein „Vielleicht“ ist ein ganz klares „Nein“. Ein „tá bom!“ (ok) oder „Claro“ könnte als vielleicht gedeutet werden. „Wir müssen uns mal treffen“ ist eine blanke Floskel, wenn es nicht mit einer konkreten Verabredung verbunden ist. Und so kann man auch bei Leuten, die man nicht wirklich treffen möchte, ruhig freundlich zustimmen – eben solange es nicht konkret terminiert wird, meint das eh keiner. Ein „certo“ (sicher) oder „combinado“ (abgemacht) hat echte Chancen auf Umsetzung. Allerdings nur, wenn dazu ein fester Tag und eine feste Zeit verabredet sind. Diese allerdings werden unter keinen Umständen genau eingehalten – Verspätungen bis zu mehreren Stunden sind normal, da zuckt hier keiner. Allzu pünktlich, genauer gesagt auf die Minute oder gar zu früh, kommt man besser nicht, damit rechnet niemand. Wenn man allerdings jemanden zum Essen nach Hause einlädt, sollte man immer ein paar Portionen mehr kochen, denn es ist absolut verbreitet, dass noch Leute mitgebracht werden.