10 New Orleans – last not least

Do you know, what it means, to miss New Orleans? Dinah Washington spricht mir aus der Seele, denn ich weiß es und schon nähert sich der Abschied. Bald werde ich mich wieder zurückträumen in diese verrückte Stadt, eine von zweien in der Welt, die unterhalb des Meeresspiegels liegt. Schon deshalb sagt man ihr eine besondere Energie und Spiritualität nach. Damit kann nicht jeder etwas anfangen, aber für mich hatte diese Stadt immer etwas Mystisches und Magie. Sie kann einen bezaubern und sie macht zugleich oft Angst. Ich habe eigentlich immer nur zwei Sorten Menschen getroffen: die einen kommen her, schauen sich alles an und sagen: hmm., ja, schön und gehen wie sie gekommen sind. Die anderen können sich nicht vergessen und kommen immer wieder. „They got hooked to this place“, wie man hier sagt. So it happened to me.

Es ist diese ganz eigene Athmosphäre, diese gelassene Lebensart, obwohl das Leben hier alles andere als easy ist. Hier leben so viele ungewöhnliche, kreative Menschen, die Musik ist Teil der Alltagskultur wie sonst kaum irgendwo. Den größten Teil des Jahres ist es heiß und schwül und alles riecht ein bisschen muffelig, der Schimmel regiert. Überhaupt ist hier alles immer auch ein bisschen schäbig, Deutsche Hygienefanatiker finden es hier bestimmt schrecklich, ausser vielleicht in so exterritorialen Räumen wie den modernen Nobelhotels. Und die deutsche Gewerbeaufsicht würde die meisten Läden der Stadt sowieso dichtmachen. Aber hier nimmt man das mit laissêz affair, es ist enfach nicht so wichtig. Man kann gar nicht hektisch sein bei dem Klima, es geht nur träge und relaxt. So schwermütig und trotzdem kraftvoll wie der Blues selbst. Der Voodoo ist ein Klischee für Touristen, das sich in Form aller möglichen Souveniers prima verkaufen läßt.– aber hinter den Kulissen lebt er tatsächlich und irgendwie passt auch das, egal ob man damit etwas am Hut hat oder nicht.

Ich hab soviel erlebt in dieser Stadt, dass ich es mir gar nicht vorstellen kann, wenn alles das in meinem Leben fehlen würde. In den letzten Tagen haben wir uns ganz bewußt auch immer wieder aus den schönen Vorzeige-Ecken wegbewegt in die stinknormalen Wohngegenden, um etwas mehr davon mitzubekommen, wie der ganz durchschnittliche New Orleans – Einwohner hier lebt und tickt. Wir sind in unspektakuläre Viertel gefahren und haben in einfachen Nachbarschaftslokalen gegessen. Das war wirklich spannend und fast immer hat sich so auch das eine oder andere Gespräch ergeben.

In einem Falle sind wir in einem gutbesuchen Restaurant mit einem jungen Kellner über American Football und die Saints – die legendäre Mannschaft von New Orleans- ins Gespräch gekjommen. Uns war diesmal eine allgegenwärtige Begeisterung quer durch die Bevölkerung für die Saints aufgefallen, die wir nie vorher bemerkt hatten. Und das ist wohl auch tatsächlich so: auch eine Spätfolge von Katrina. Als die Mannschaft endlich wieder zu spielen angefangen hat, war das für viele eins der großen Symbole für die Wiedergeburt und den Überlebenswillen der Stadt. Und so ist das geblieben. Wir haben erlebt, als die Saints in Kalifornien gespielt haben: alle hingen vor den Fernsehern in den Kneipen und man würde nur hastig und ungewöhnlich unwillig bedient – keine Zeit, die Saints spielen gerade.

Ein anderes interessantes Gespräch hatten wir in Anita´s Grill – 24 hours. Das ist ein ganz einfaches Lokal an einer häßlichen Ausfallstrasse, in der Nähe des billigen Motels, wo wir früher gewohnt haben. Ich habe Jahre Anlauf gebraucht, bis ich mich vor 16 Jahren das erste Mal zusammen mit Miki hineingewagt habe. Wir wurden angestarrt wie eine Erscheinung: die einzigen Weißen. Die haben vor Schreck einen Moment ihre Unterhaltungen vergessen. Wir wußten gar nicht, wo wir hingucken sollten, um nichts falsch zu machen! Ich weiß noch, dass ich echtes Herzklopfen hatte. Aber ich bin da immer vorbeigefahren und wollte unbedingt mal rein. Und siehe da, nach ein paar Momenten haben alle weitergeredet und die Sache war gegessen. Zwei Jahre später hatten wir noch mal denselben Effekt ausgelöst, als wir mit unsren zwei hellblonden Kindern da `reinspaziert sind. Aber beim zweiten Mal, haben sie uns schon gegrüßt! Und das alles haben wir diesmal der Besitzerin erzählt, nachdem wir uns geoutet haben und erstmal über Katrina und ihr fast zerstörtes Lokal, das sie erst ein Jahr später wieder aufmachen konnte, geredet haben. Sie hat uns bestätigt, dass sowas wie unser Besuch damals incredible war. Inzwischen kommen aber wohl schon öfter Weiße herein, vorallem Bauarbeiter und jüngere Leute, die nachts Hunger haben. The times they are changeing, meinte sie und war froh drüber. Und stolz drauf zu hören, dass Leute aus Deutschland seit so vielen Jahre immer wieder bei ihr essen kommen. Es war so was, was man eine herzerwärmende Begegnung nennt.

Ein kleiner Ausflug hat uns noch in die Sümpfe geführt. Das gehört zu meinen liebsten Ausflügen, denn ich bin immer wieder fasziniert von dieser Landschaft. Wir haben schon unglaublich tolle Bootsfahrten in die verwunschenen Welten der Louisiana Swamps gemacht. Die spektakulärsten Sümpfe haben wir schon ein paar Mal besucht, also beschliessen wir, noch mal etwas Neues anzuschauen. Wir verlassen die Stadt südlich und fahren ins Naturschutzgebiet Jean Lafitte. Im Park Center lassen wir uns erklären, wo es für uns am Schönsten sein könnte. Mit Alligatoren ist nur noch mit Glück zu rechnen, die meisten schlafen am Oktober bereits. Aber bevor wir uns auf den naturetrails aufmachen, will Miki unbedingt noch bis ans Ende des Gebietes in die „Stadt“ Lafitte am Bayou Barbataria, der wie ein großer breiter Fluß aussieht. Die Anführungsstriche nehmen das Ergebnis vorweg: man wagt die über mehrere Meilen verstreuten Häuser, von denen viele mobile homes sind, kaum Ort zu nennen, es ist keinerlei Struktur zu erkennen. Soll wohl ein Anglerparadies sein – ich finde es scheusslich und absolut trist. Ausserdem frage ich mich, wovon die ganzen Menschen hier leben ausser ein paar Fischern…Bevor wir den gastlichen Ort wieder verlasen, dessen größte Attraktion eine Bande Pelikane sind, suchen wir noch Essbares. Eins von den drei Restaurants hat offen. Auch wieder so eine Welt für sich. Drei versoffene Typen, der Restaurantbesitzer, zurechtgemacht wie ein alter Rock´n Roll Star mit Föntolle, eine hübsche Bedienung und eine dicke Köchin. An den Wänden verstaubte präparierte Tiere und eine Kuckucksuhr. Spezialität ausser dem üblichen Kram: Bayrischer Teller: Bratwurst, Mettwurst, Rotkohl, Sauerkraut und german Bratkartoffeln… Leckere Zusammenstellung. Wie´s aussah, haben wir nicht überprüft.

Nachdem wir endlose Zeit hier verplempert hatten, kommen wir endlich, eine gute Stunde vor der Dunkelheit, in die Sumpfwälder bzw was die Trockenzeit hier davon übriggelassen hat. Man kann sie hier zu Fuß am Bayou entlang erwandern, im Gegensatz zu den richtigen tiefen Sümpfen anderswo. Aber die Natur ist auch hier wirklich schön, die letzten Sonnenstrahlen geben der Szenerie mit den moosbehangenen Bäumen, die sich im Wasser spiegeln und all den Palmettos und letzten Blumen ein besonders schönes Licht. Wenn wir nur die 3,2 Meilen bis zur Schließung des Naturparks nicht im Dauerlauf zurücklegen müssten… Aber wir beobachten immerhin noch eine große Nutriafamilie beim Abendessen und sind dann bei heftig sinkender Sonne und dem unheimlichen Ruf eines Uhus noch rechtzeitig zurück, um vor Parkplatzschliessung ins Auto zu kommen. Ich bin gerade beruhigt, dass ich nicht in der Wildniss bei den Bären und Alligatoren schlafen muss, da verkündet Miki, wir sehen uns noch den anderen Trail ein paar Meilen weiter an, weil der Ranger gesagt haben soll, nach Sonnenuntergang sieht man besonders viele Wildtiere!! Im fast Dunklen, mit Badelatschen! Ich habe die ganze Zeit Angst, auf eine Schlange zu treten, die es hier in Massen gibt! Nach ein paar hundert Metern und heftigem Geraschel in den Büschen, etlichen erschreckten Eichhörnchen und einem fetten Platschen im Bayou ist er endlich bereit, umzukehren. Und zufrieden – so wie Kinder eben sind, wenn sie sich durchgesetzt haben…

Und zur Liste der Dinge, die ich hier gelernt habe , muss ich wohl diesmal noch etwas hinzufügen, was sicherlich wenig vorteilhaft für mich ausfällt, aber bestimmt zur Erheiterung meiner werten Leser beiträgt! Also: Beate hat in ihrem Leben noch nie einem Waschsalon betreten. Das sei vorangesetzt. Nun haben wir diesmal nicht mit dem zwischenzeitlichen Wettereinbruch gerechnet – der sich auch glücklicherweise jetzt wieder erledigt hat. Aber wir hatten zu wenig Sachen für kühles Wetter und die, die wir hatten, waren – bereits stark getragen…Also: waschen. Im Hotel zeigte man mir die Laundry und die Rezeptionstante sagt noch: da stehen zwei Maschinen zu Ihrer Verfügung. Ok. Ich also meine Wäsche unter den Arm geklemmt, das extra gekaufte Waschmittel gegriffen und die Brille aufgesetzt. Ich hab auch schön die Anweisung auf der Münzmaschine befolgt. Nach anderthalb Stunden die noch heiße, trockene Wäsche rausgeholt und noch ein bißchen rumgemeckert, dass die Maschine ja nicht viel taugt, denn es war nicht alles so besonders sauber. Bevor wir abgefahren sind, mache ich das Ganze Procedere nochmal, diesmal waren seltsamerweise sogar diese sich selbstauflösenden Waschmittelpäckchen noch heil…?! Und die Wäsche noch weniger sauber. Naja, was soll ich sagen: Ich hatte nicht kapiert, dass das nur der Trockner war und kein Vollautomat…Miki hat sich weggeschmissen vor lachen und ich bin fast im Boden versunken. Tja, wieder was gelernt. Nicht so unbedingt zwingend New-Orleans-bezogen und schon gar nicht von höherem philosophischen Wert – aber wat für´s Leben, oder?

Die letzten Streifzüge, die Zeit wird immer knapper. Noch ein paar Gewürzmischungen für die Cajunküche zu Hause (Ich kann super Gumbo kochen, jetzt will ich mich an Boudain heranwagen). Und wir müssen unbedingt bei Coop´s Place, unserem Lieblingsesslokal im Quarter, nochmal Cajun Pasta essen! Mit jeder Menge Shrimps, Crawfischen, Muscheln, Austern (die allerdings immer auf dem Tellerrand bleiben), Tassoschimken, Artischocken und Lauch in der Sahnesosse. Und das schön scharf, nach Cajun-Art! (Miki ist danach immer schweißgebadet, vorallem da, wo der werte Haarschopf etwas schütter geworden ist) Lecker!

Mir ist bei unseren letzten Spaziergängen, vorallem im French Quarte,r aufgefallen, dass ein Ausserirdischer hier eigentlich nicht sagen könnte, welche Jahreszeit eigentlich herrscht: viele Häuser tragen das ganze Jahr den glitzernden, knallbunten Schmuck von Mardi Gras, einige Häuser sind noch im orange-schwarzen Halloween-Look und andere erstrahlen trotz blühender Bäume bereits im vollen Weihnachtsornat. Geht hier alles.

Manchmal frage ich mich selbst, warum ich gerade hierher immer wieder zurückkommen muß. Es ist eine aufregende Stadt, aber auch eine beunruhigende. Aber vielleicht ist es ja sogar ganz gesund, dass einen die Stadt oft so verunsichert…Und womöglich liegt der tiefere Sinn auch in dem, was ein urbaner Straßenphilosoph (oder mehrere), damit meint, als er oben an einigen Laternenmasten handgemalte Schilder aufgehängt hat mit der Aufschrift: „Remember you could be wrong“ –„Denk daran, Du könntest Dich irren“.

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09 New Orleans III

Dies wird ein Kapitel der krassen Gegensätze – so wie diese Stadt selbst.

Ein „must“-Ausflug hat uns auch in den überwiegend sehr mondänen Garden District mit seinen breiten Prachtalleen und riesigen Südstaatenvillen, vorzugsweise im viktorianischen Stil, geführt. Home of the Brad Pitt-Angelina Jolie-Family.

Die berühmteste Allee ist die St. Charles mit der Trasse der berühmten alten Streetcar. Hier entlang führt auch die offizielle Paradestrecke des größten Mardi Gras-Umzuges. Als Erinnerung daran hängen das ganze Jahr noch die bunten Ketten in den Bäumen, die von den Wagen geworfen werden wie in Kölle die Kamellen. Sie verfangen sich dort und sorgen so dafür, daß hier eben immer ein bisschen Karneval ist. Aber auch die anderen Straßen sind fast alle sehr schön anzusehen, überwiegend die Welt der Reichen und Schönen. Aber auch die der beiden teuersten und angesehensten privaten Universitäten: Tulane und Loyola. Jede davon hat einen riesigen und sehr schönen parkartigen Campus. In der Nachbarschaft wohnen können aber nur die Studenten aus reichem Hause, die anderen können hier bestenfalls in den Restaurants arbeiten.

Der Audubon-Park mit all seinen alten Bäumen, einem See und den vielen Kamelien und Azaleen ist einen Spaziergang wert. Hier sieht man auch viele Läufer. Nicht weit ist der Zoo von New Orleans.

Eine etwas andere Prägung hat allerdings die Magazin Street, die sich etliche Meilen durch den ganzen Bezirk schlängelt: hier ist es zwar auch chic, aber etwa lockerer und abwechslungsreicher mit unendlich vielen Restaurants, Cafés, Galerien und Läden. Doch je mehr man sich nach uptown bewegt und dem Mississippi nähert, der den Garden District im großen Bogen umfließt, umso teurer werden die Läden und desto feiner und gebildeter wird die Klientel – Uniprofessoren und ihre Gattinnen sind die typische Fauna. Ein bisschen zu demonstrativ sophisticated…

Aber auch hier im Garden District gibt es natürlich jede Menge Musik. Das berühmte Tipitina´s war hier – vor Katrina. Und in der Oak Street, einer eher bescheidenen Strasse, ist zum Beispiel das Maple Leaf – auch ein legendärer Ort. Ich war früher ein paar Mal da. Als wir dort mal vorbeischauen am Sonntag Nachmittag, werden wir von gesperrten Straßen und Menschenmassen überrascht: In der Oak Street ist Po-Boy-Festival! Liebe Güte, da ist was los! Überall gibt´s leckere Dinge zu essen – natürlich alle nur erdenklichen Varianten der Riesensandwiches, aber auch Andere. Es gibt z.B. welche mit Shrimps, Austern, Catfish, Roastbeef auf x Arten, italienischer Wurst, Grillfleisch und gegrilltem Hummer. Und das ist noch längst nicht alles… Die Schlangen vor den Ständen sind gigantisch – bis zu 70m! Aber die Leute warten geduldigst und bestens gelaunt, und die Stände sind generalstabsmäßig organisiert, das geht ruck-zuck: wirklich beeindruckend!

Wir haben uns aber für creole sausage entschieden, kreolische Wurst. Erst halten wir das für die schon früher erwähnte leckere Boudain, die wir im ländlichen Louisiana gegessen haben. Als wir dann fragen , ob das nicht das Gleiche ist, ernten wir ein verächtliches Augenbrauenhochziehen und die leicht beleidigte Erklärung: Nein, das ist keine Cajun Wurst mit Reis, sondern die kreolische Variante – ohne. Dazu muß man wissen, dass die Kreolen sich nie mit den Cajuns gemein machen. Lächerlicherweise, denn beide haben französische Wurzeln und sind ungefähr zu selben Zeit in Amerika eingewandert. Die Cajuns, von denen es heute ungefähr eine Million gibt, sind die Nachfahren von ein paar hundert überlebenden Franzosen, die einst hier im Mississippi-Delta gestrandet sind. Auf der Flucht vor den Engländern, die sie Anfang des 18. Jh aus ihrer Wahlheimat Kannada vertrieben haben, nachdem Frankreich das Land der englischen Krone überlassen hatte. Die meisten haben sich in den Sümpfen im Südwesten Louisianas, in Arcadiana, niedergelassen, sich von Fischfang, Jagd und Landwirtschaft ernähert. Einfache Menschen, die hart arbeiten mußten, ihre eigene (alt-)französische Sprache sprachen, ihre eigene Musik und Küche hatten. Diejenigen Franzosen aber, die in New Orleans, in der Hauptstadt der französischen Provinz Louisiana lebten, und auch einiuge karibische Einflüsse hatten, nannten sich Kreolen und halten sich noch heute für was Besseres. Soviel dazu.

Kontrastprogramm: Vom idyllischen und vornehmen Garden District in den ärmsten Teil der Stadt: den 9th Ward, den 9. Bezirk. Den hatte es bei Katrina am schlimmsten erwischt. Und da wir alte New Orleans Junkies sind und nicht bloß Sightseeing-Touristen, wollen wir uns das dann auch aus der Nähe ansehen. Das heißt, wir wissen ja nicht, ob es da nach all der Zeit noch viel zu sehen gibt. Aber je näher wir der Gegend kommen, desto größer werden die Brachflächen. Aber in den ersten Vierteln, die wir auf dem Weg in den 9th Ward in Seenähe durchqueren, sind inzwischen viele Häuser neu oder wieder schön hergerichtet– es sind bürgerliche Gegenden, wie Gentilly. Und die Brachen fallen auch gar nicht so schlimm auf, weil sie inzwischen von Rasenflächen bedeckt sind. Aber es ist schon mehr als wir dachten. Je östlicher wir fahren, desto eindrücklicher wird das Erbe von Katrina dann sichtbar. Die eigentliche Katastrophe nach dem Hurrican selbst war, dass das Meer Wasser in den See Pontchartrain gedrückt hat und hier zwei Dämme gebrochen sind und den Großteil der Stadt teilweise meterhoch überschwemmt haben. In riesigen Gebieten haben die Leute tagelang auf den Dächern gesessen und auf Retter gewartet, während die Leichen an ihnen vorbeigetrieben sind und später geplündert wurde, was zu plündern ging. Wochenlang hat absolute Anarchie geherrscht.

Als wir den berüchtigten 9. Bezirk, erreichen, sind wir geschockt. Die Straßen sehen aus wie löchrige Gebisse mit all den Baulücken. Und das ist noch nicht alles. Von den Häusern, die noch stehen, sind über die Hälfte noch immer unbewohnte Ruinen, teilweise stehen noch Möbel drin, als wäre es erst vor ein paar Wochen passiert. An den Türen sind noch die Codes der Rettungstrupps zu lesen, wo vermerkt ist, wieviele Leute da drin waren – wieviele Tote und wieviele lebendig. Man kann lesen, daß diese Rettertrupps teilweise erst zwei Wochen nach der Katastrophe bei den Häusern angekommen sind. Unserer Schätzung nach sind mindestens sechs Achtel der Häuser unbewohnt oder zerstört. Sieben Jahre danach!

Einige von den Bewohnern, die zurückgekehrt sind, haben sich ihre Häuser nun erst recht mit Liebe wiederhergerichtet, auch wenn es ganz einfache sind: mit Blumenkübeln, Schaukelstühlen auf Veranda und ähnlichem. Ein paar Meter weiter stehen die verlassenen und verrottenden Wracks mit ihren toten Fenstern. Kleine Jungs spielen Fußball neben dem Bauschutt, der von den Nachbarhäusern übriggeblieben sind. Ein ziemlich gespenstischer Anblick.

Es ist viel geschrieben und gesagt worden über all das – auch wir haben uns hier noch ein paar Mal mit Leuten unterhalten. Es ist zwar richtig, dass das hier immer die große Problemzone der Stadt war und viele hier vom Staat gelebt und keinerlei Anstrengungen mehr gemacht haben, daran etwas zu ändern. Und es ist auch richtig, daß die Kriminalitätsrate hier schwindelerregend war. Aber das ist schliesslich nicht nur einfach die Schuld der Leute, sondern eben ein gesellschaftlich-politisches Problem. Und eine andere Wahrheit ist es, dass Katrina dazu genutzt wurde, hier eine Art sozialer Säuberung durchzuführen und den ungeliebten Bevölkerungsteil loszuwerden. Ich habe gehört, dass z.B. den evakuierten und geflüchteten Menschen monatelang die Rückkehr verboten wurde mit der Behauptung, es gäbe keinen Strom und kein Wasser, was in etlichen Fällen eindeutig gelogen war und nur dem Zweck diente, die Leute so lange draussen zu halten, bis sie sich anderswo niedergelassen hatten. Die Infrastruktur ist zum Teil bis heute zerstört – wir sehen leere, zerstörte Schulgebäude, Krankenhäuser u.ä. Die Grundstücke stehen zum Verkauf, aber hier will keiner herziehen. Kein ruhmreiches Kapitel zum Thema Katrina.

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08 New Orleans II

In den vergangenen Tagen haben wir Streifzüge quer durch die Stadt gemacht – all die alten Plätze aus den Erinnerungen wieder gesucht, manches nicht mehr gefunden, Neues entdeckt.

Mein persönliches Lieblingsviertel ist inzwischen Foubourgh Marigny, gleich an das French Quarter anschließend, wie ein Dreieck zwischen der Elysian Fields Avenue und der Esplanade Avenue. Ich erinnere mich noch gut an Zeiten, da konnte man nicht mal sein Auto am Rande dieses damals total heruntergekommen Viertels parken, geschweige denn, dort herumlaufen, weil es extrem gefährlich war. Nur ein Straßenzug am Rand war ok: die Frenchmen Street, da gab es ein paar gute Clubs und Kneipen. Aber das ist lange her, inzwischen ist Marigny ein angesagtes und ziemlich cooles Viertel – für die Einheimischen. Viele junge Leute wohnen da, jede Menge Alternative, Künstler und Musiker. Und auch gleichgepolte  Ältere sowie  Überlebende aus der Vorzeit des Viertels. Inzwischen steigen natürlich auch die Immobilienpreise, was das aus dem Viertel macht, bleibt abzuwarten.

Inzwischen sind schon die nächsten Viertel auf dem Weg, den Marigny genommen hat: Das östlich anschließende Bywater ist das Kreuzkölln dieser Tage. Noch ein bisschen anders verhält es sich es mit dem benachbarten Treme, wo auch unser Hotel steht: Zum Teil ist es schon richtig nett und fancy. Aber ein anderer Teil ist wirklich noch knallhart und rein schwarz. Der Übergang ist so unvermittelt, dass man gar nicht bemerkt, dass man die unsichtbare Grenze schon überschritten hat – wie wir heute morgen beim Laufen. War schon ein kleines bisschen unheimlich. Wir sind da wohl wie zwei äußerst seltsame weisse Aliens in Sportsachen durchgelaufen, so jedenfalls besagten es die Blicke. War dann aber ok. Abends würde ich da allerdings ganz sicher nicht hingehen.

Doch zurück nach Marigny. Es geht eher ruhig und beschaulich zu dort: langezogene, meist schmale Straßen mit kleinen bis mittelgroßen Häuschen, in bester Art-Déco-Manier liebevoll bunt gestrichenen. Manche haben kleine Veranden mit tropischen Bäumen und Büschen auf dem Bürgersteig oder im winzigen Vorgärtchen. Gestern saß ich dort vor einem Café unter reifen Bananenstauden und blühender Bougainvillea. Der typische Marignybewohner fährt vorzugsweise Fahrrad und geht mit seinem Computer in eins der kleinen originellen, manchmal eher wohnzimmerartigen Cafés, denn zu Hause hat man kein Internet. Musiker schleppen ihre Instrumente nach Hause oder zum Auftritt, die Hundis werden Gassi geführt, vorzugsweise mit neckischen Pullöverchen angetan. Und es gibt so eine Art ungeschriebenen Dresscode: Man muss irgendwie ein bisschen schräg aussehen, unbedingt anders. Auf jeden Fall erkennt man die Bewohner des Viertels schon an ihrem Outfit. Nicht chic, wohlgemerkt, sondern – schräg. Aber man ist tolerant: Auch Normalos wie wir werden nett behandelt und auch hier fällt wieder auf, wie freundlich man oft gegrüßt wird – einfach so. Autos fahren eher wenige herum. Fremde verirren sich nur selten hierher, obwohl das French Quarter nebenan liegt. Ich liebe es, hier faul in einem Eckcafé zu sitzen, Cappuccino zu süffeln und träge in die Gegend zu schauen. Hat wirklich was ungeheuer Entspannendes. Und das Interessante ist, irgendwie hat diese Gegend so ein bisschen den Charakter ihrer Entstehung weiterentwickelt oder bewahrt – wie man will. Foughbourg Marigny hat ein exzentrischer creolischer Plantagenbesitzer selbigen Namens Anfang des 19.Jahrunderts gegründet – außerhalb der alten Stadtgrenze und der etablierten kreolischen Gesellschaft der Stadt. Hier lebten freie Schwarze und bald auch Einwanderer aus aller Welt, vorallem Handwerker. Die etwas Anderen also, frei, selbstbewußt, aber eher arm.

Aber das Ausgehzentrum ist immer noch die Frenchmen Street. Es gibt klasse Kneipen, Restaurants und Cafés dort: In einer Kneipe kann man sich nachts auf einem alten Friseurstuhl neben dem Tresen die Haare professionell schneiden lassen. Man kann sich aber auch in einem Tattooshop zwischen zwei Clubs, mit einem Cocktail vor sich, als Showact für die Passanten seine Körperteile dekorieren lassen. Es gibt ein berühmtes kreolisches Soulfood Restaurant, originell gestaltete Cafés mit richtig gutem Futter und Espresso (!) und so weiter. Und vor allem: Hier sind auch einige der angesagtesten Musikläden der Stadt: Einige Namen davon sind inzwischen auch über New Orleans hinaus bekannt: dba, Blue Nile, Snug Harbour, Café Istanbul, Spotted Cat oder Apple Barrel. Die meisten haben sich auf eine Musikrichtung spezialisiert. Ein paar verlangen bei Konzerten (erschwinglichen) Eintritt, in den anderen Läden muß man nur einen Drink bestellen und ist moralisch verpflichtet, der Band etwas in die Sammelbüchse zu werfen, was hier auch fast jeder macht. Die meisten Läden sind alles andere als chic; vornehm ausgedrückt haben sie Patina, genauer gesehen sind sie ziemlich abgerissen, die Möbel erinnern gelegentlich an Sperrmüll. Aber das spielt überhaupt keine Rolle.

Es ist unglaublich, wenn man da abends die Straße entlangläuft: Auf hundert Metern hört man locker zehn verschiedene Konzerte mit. Man kann auch einfach durch´s Fenster zusehen und sich dazu irgendwo was zu trinken besorgen oder – bei Hunger – z.B. von einem knallbunten umgebauten Truck jamaikanisches Grillfleisch kaufen oder ähnliches. Wir haben uns abends verstärkt hier herumgetrieben, es ist wirklich spannend! Die Musik, aber auch was auf der Straße abgeht und vorallem auch die Typen. Unglaublich! Wie Kino, nur echt! Und man kann da ebenso 20jährige wie 75jährige treffen, alle fröhlich nebeneinander.

Für mich –oder uns – hat diese Straße aber noch eine ganz persönliche Bedeutung: Hier hat ein ganz besonderer Freund gelebt: der Bluesman Coco Robicheaux. Hier ein echter local hero, aber über ebay z.B. in Europa zu beziehen. Er hat auch für Musikgrößen wie Dr John Songs geschrieben. Coco war nicht nur ein großartiger Musiker, sondern als Mischling mit indianischen und Cajunvorfahren auch Medizinmann. Eben ein ganz ungewöhnlicher Mensch, mit dem vorallem mich eine besondere Freundschaft verbunden hat. Wir haben ihn mehrmals hier in New Orleans getroffen, einmal hat er auch mit seiner Band in Berlin gespielt. Vor einigen Jahren habe ich mit meiner Freundin sogar bei ihm gewohnt, was uns zu sowas wie Kurzzeiteinheimischen der Frenchmenstreet gemacht hat. Seine Stammkneipe war der Apple Barrel, hier hat er auch regelmäßig gespielt. Am 25.November vergangenen Jahres ist er dort zusammengebrochen und gestorben, mit 64 Jahren. Hier haben wir ihn auch zum letzten Mal getroffen. Ich bin ungeheuer traurig, dass wir uns nicht nochmal sehen konnten, aber ich empfinde es so, wie es jetzt im Apple Barrel an der Wand steht: Coco Robicheaux was always here, is always here and will always be here.

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06 New Orleans I

New Orleans…endlich. Ich hab´s schon wieder getan – es ist mein 11. Besuch. Aber was erzähl ich nun wann? Irgendwie scheint es mir keinen Sinn zu machen, chronologisch irgendwas aufzuzählen, was wir hier tun. Dann vielleicht doch lieber meine Eindrücke und Gedanken zu den verschiedenen Themen, wie sie mir gerade durch den Kopf gehen. Wie immer ohne Anspruch auf Objektivität…

Ich war ziemlich unruhig bei dem Gedanken, was uns hier erwartet, war es doch das erste Mal nach dem Super-Gau von Hurrican Katrina und den Deichbrüchen 2005, der große Teile der Stadt in Trümmer gelegt hat. 7 Jahre danach.

Der erste Eindruck, als wir uns dem Stadtzentrum näherten, war schon ziemlich erschreckend, denn das Viertel gegenüber des billigen Motels in der Tulane Avenue, indem ich so viele Jahre abgestiegen bin, bis es verkauft wurde, existiert nicht mehr. Nicht ein Haus. Es war ein nicht unproblematisches Viertel, nicht weit vom Superdome, indem überwiegend schwarze, aber auch ärmere weiße Familien gewohnt haben. Nun gibt ist davon nichts mehr zu sehen. Statt dessen einige superhäßliche hohe Appartmenthäuser, die überall in der Welt stehen könnten – nur nicht hier in New Orleans. Und die Bewohner des alten Viertels können sich diese Wohnungen mit absoluter Sicherheit nicht leisten; so wird vermutlich nichts aus den Plänen zu neuen“ gemischten“ statt schwarzen Siedlungen. Auch das alte Gericht und ein Gefängnis sind verschwunden, ebenso eine schwarze Kirchengemeinde, aus der man oft Gospelmusik hörte. So weit das Auge hier blickt erstreckt sich nun eine gigantische Baustelle, wo ein neues Uni-Klinikum entstehen soll. Naja, zumindest das ist was Vernünftiges.

Aber nach diesem ersten Schock legt sich der verstörende Eindruck schnell. Das historische French Quarter – das, was alle Welt eben von New Orleans kennt, ist wie durch ein Wunder von Sturm und Fluten weitgehend verschont worden. Hier brummt es wie eh und je: die Touristen flanieren durch die kleinen alten Straßen, die unzähligen Restaurants und Läden machen ihr Geschäft und überall wird Musik gemacht.

Ich mag das alte Viertel total gern, abgesehen von der berühmten Super-Amüsiermeile Burbon Street, die sowas wie eine Mischung aus Ballermann, Reeperbahn(ohne Puffs allerdings – wir sind in Amerika, da sind die Striptease-Bars schon der Kracher) und Disneyland für Erwachsene ist. Da muß ich höchstens einmal kurz vorbeischauen, um dann fassungslos den Amüsierwütigen aus aller Welt, vorallem aber den USA selbst, zuzusehen.

Da ist der amerikanische Touri aus der ebenso öden, wie prüden Provinz mal so richtig „draufgängerisch“ und läßt die Sau raus! Es ist eine ganz eigene Spezies von Touristen, die hierher geht. Mit leuchtenden Augen schiebt man sich mit seinem Drink im bunten Plastikcontainer á la Ballermann durch die sündige Amüsiermeile, vorzugsweise mit „gewagter“ Bekleidung: Männer, denen das brave Bürooutfit zur zweiten Haut geworden ist, treten hier unbedingt in kurzen Hosen über den kalkwißen Beinen und seltsamsten T-Shirts auf, dicke amerikanische Muttis in rückenfreien, knallengen Klamotten, „lustigen“ Hüten und anderen peinlichen Utensilien. Allein die Tatsache, mit Alkohol einfach so auf der Straße herumzurennen ist schon der Gipfel des Amüsements – das Trinken in der Öffentlichkeit ist ja sonst schließlich streng verboten. Nach acht Uhr abends ist die Hälfte sturzbetrunken, grölt herum und findet alles suuuper…Am liebsten noch mal eben die Bluse hochziehen vor quiekendem Volk rundherum. Es ist wirklich oft ein groteskes Schauspiel – Ergebnis eines Lebens in einer oberprüden, extrafrommen und intoleranten Gesellschaft, denn das ist Amerika nun mal in weiten Teilen. Und noch was: die Burbonstreet ist der einzige Ort hier, wo man tatsächlich richtig miese Bands hören kann: Hauptsache laut, es hört sowieso keiner richtig zu.

Aber abgesehen von dieser Galaxis macht es wirklich Spaß, durch die vielen kleinen Straßen des French Quarters zu bummeln und sich die tausend Läden anzusehen, die von Kitsch bis Kunst, Antiquiäten und Fashion so ziemlich alles verkaufen, allerdings ziemlich teuer. Viele nette kleine Cafés locken mit ungesunden Portionen mächtiger Torten (sie haben Namen wie „Chocolat Suicide“ = Schokoladen-Selbstgmord), Brownies, Cookies und –echtem Kaffee, im Gegensatz zu dem gefärbten Wasser, was es hier sonst so gibt. Überall kann man gigantische Po-Boys essen: große Spezialsandwiches mit soviel Fleisch, Fisch, gebackenen Austern, Krabben oder Crawfish, Mixed Pickles und Salat, dass man sie eigentlich nicht essen kann, ohne hinterher zu duschen. Denn die Hälfte des in Soße und Dressing getauchten Belages hat man meist im ganzen Gesicht, an den Händen und auf den Klamotten. Aber sie sind sehr lecker! Ein halber Po-Boy (kommt ironischerweise von poor boy!) reicht meist locker für zwei Personen. Zumal ja unbedingt noch Pommes Frites – oder French fries, wie sie hier heißen – dazugereicht werden müssen, damit man auch satt wird! Die Mengen, die durchschnittliche Menschen hier essen können, sind für uns unbegreiflich. Aber leider sieht man das ja auch an den massigen Körpern rundherum…

Die Musiker, die in den Lokalen spielen, leben übrigens nur von Tips – Trinkgeldern der Touristen. Richtige Gage gibts nur in wenigen Konzertläden, die auch Eintritt verlangen. Ganz schön hart so ein Musikerleben hier, zumal es so viel hochkarätige Konkurrenz und so wenig bezahlte gigs gibt! Die meisten Musiker haben noch andere Jobs. Ich habe z.B. schon erlebt, dass eine Kellnerin nach Feierabend plötzlich auf die Bühne geht und mitjammt –und  man kann gar nicht glauben, was für eine tolle Stimme sie hat. Manchmal glaube ich, jeder hier kann Musik machen. Wer vom Film träumt, geht nach Hollywood, wer Musik machen will, nach New Orleans.

Einerseits ist das French Quarter das Touristen-Mekka schlechthin, andererseits ist es erstaunlich, wie sich das Bild wandelt, wenn man nur ein paar Blocks vom Trubel entfernt in die ruhigeren Straßen abbiegt – da führen die Bewohner weiter ihr eigenes, ungestörtes Leben als gäbe es den Rummel um die Ecke garnicht. Die alten Häuser – meist im viktorianischen, französischen oder spanischen Stil – haben wunderschöne Balkons oder Veranden mit schmiedeeisernen Gittern, meist verschönert noch mit großen Hängekübeln voller Farne und Blumen, tropischen Bäumen und Büschen davor und bunten glitzernden Mardi Gras Perlen an den Balkongittern. Lustig sind auch die langen superschmalen Shotgun-Houses, bei denen alle Zimmer huntereinader liegen, so daß eine Gewehrkugel von vorn bis hinten durchgeht. Oft haben die Häuser hier, den Blicken der Passanten entzogen, idyllische Innenhöfe, die Courtyards, als kleine Oasen. Aber die Türen und Fensterläden zur Straße hin sind meist verrammelt, viele haben Eisengitter…man lebt gefährlich hier und ist sich dessen bewußt. Auch das ist Teil des Big Easy.

Keine fünf Minuten vom Quarter entfernt sind einige besonders harte Sozial-Viertel (projects), in die man sich auf keinen Fall verirren sollte. Auch die in Quarternähe gelegenen berühmten historischen Friedhöfe St.Louis Nr1 und Nr2, diese spannenden weißen Totenstädte (auf einem ist die berühmte Voodoo- Queen Marie Laveau begraben), kann man nur tagsüber und auch da nur äußerst vorsichtig und aufmerksam besuchen. Ich erinnere mich noch, dass wir vor Jahren wiedermal mit Freunden dahin wollten, als plötzlich vor dem Eingang neben uns ein Auto bremste. Ein schwarze Frau rief uns zu, wir sollten schnell verschwinden, sie hätte mitbekommen, dass wir gleich überfallen werden. Wir waren GANZ schnell weg…

Das Leben im Quarter jedenfalls ist wie vor Katrina auch, und auch in den sich anschliessenden Vierteln hier haben wir nur wenig bemerkt, was an die Katastrophe erinnert. Im Gegenteil, die Meisten, die man darauf anspricht, sagen nur ganz stolz: „You see: we are back!“ Alle sind stolz darauf, daß sie sich nicht unterkriegen lassen haben. So zumindest hat sich uns das die ersten drei Tage vermittelt.

Eine große Freude war es, als wir gleich bei unserem ersten Weg in die Stadt das „Rock´n Bowl“ wiederentdecken – wenn auch an neuem Ort. Das ist eine echte Institution hier, weniger für die Touristen, die es meist gar nicht finden, als für die locals, die Einheimischen. Es ist eine Bowlingbahn mit Tanz. Und zwar besonders berühmt für die Zydeco-und Cajunmusic. Mindestens ein-bis zweimal die Woche treten hier die local heroes der Szene auf und dann geht die Post ab, aber haste nicht gesehen! Kaum schlägt die Band auf der Bühne den ersten Akkord an, stürzen die Tanzwütigen auf´s Parkett und verlassen es bis auf kurze Trink- und Abkühlpausen erst beim Nachhausegehen wieder. Wer das noch nicht gesehen hat, kennt Lousisiana nicht wirklich (in der Provinz gibts überall ähnliche Tanzfeste, fais dodo genannt. Da wir Zydeco, Zydeco Two Step, Zydeco Jitterbuck, Zydeco Cha Cha usw. getanzt – sowas habe ich noch nirgendwo sonst gesehen. Das sind wirklich ziemlich komplizierte Tanzstile, schnell, anstregend, varíantenreich. Unglaublich! Manche Männer kommen gleich in Turnhosen mit einem kleinen Handtuch im Bund für den Schweiß. Andere sind total chic im Ausgeh-Cowboy-Outfit mit Stetson und Silberschmuck. Und da gelten keine Alters-, Rassen- und Standesgrenzen (abgesehen davon, daß das grundsätzlich eher ein Vergnügen für´s einfachere Volk ist). Und ablehnen geht gar nicht. Mindestens einen Tanz muß man machen. Und das ist auch gar nicht weiter schlimm, denn das Spiel heißt hier nicht anbaggern, sondern tanzen.

Also: das Rock´n Bowl am alten Platz war bei Katrina auch überflutet und geplündert. Der Besitzer der Immobilie wollte nach dem Wiederaufbau dann wohl zu viel Geld – da ist man halt eine Meile weitergezogen in einen ehemaligen Supermarkt und nun brummt der Laden wieder, wie seit 1941. Wir haben´s vorgestern gleich ausprobiert: Großartig, selten soviel Spaß gehabt! Auf der Bühne stand Chubby Carrier. Der Bandchef spielt traditionell das Akkordeon, zweitwichtigstes Instrument ist das Shuffleboard, das Waschbrett. Auch wenn ich das nicht so wirklich richtig hinkriege mit den Schritten hat´s wieder super Spaß gemacht Da tanzen gerade Zwanzigjährige genause wie 88jährige (am nebentisch, hat er uns stolz erzählt!). Sogar Tanzmuffel Miki hat sich vor dem Feierabend noch auf´s Parkett getraut, das will nun wirklich was heißen

Aber noch was fällt uns nach unserer Reise durchs ländliche Louisiana ganz krass ins Auge: die andere Gesinnung. Die Stadt ist ja überwiegend schwarz (vor Katrina zu über 60 Prozent), das spielt sicher eine Rolle. Aber auch sonst ist sie mit all den Musikern, Künstlern und Aussteigern, die hier leben, eher liberal bis freigeistig. Straßenhändler an der Canalstreet verkaufen ihren schwarzen Stolz gleich mit, so nach dem Motto „Wir sind Präsident“: Plakate, auf denen stolz verkündet wird, daß Obama wiedergewählt ist, gerahmte Fotos von „The first family of America“, oder sogar diese fetten Rapper-Goldketten mit Anhängern, auf denen wahlweise Martin Luther King oder Obama ist. Tja, so schnell ändert sich das Bild hier mit dem Überqueren der Stadtgrenze.

Wir haben das große Glück, daß wir ein bezahlbares Hotelzimmer direkt neben dem French Quarter gefunden haben. Ein feines, altes Haus mit viel Charme, einem Hof mit Pool (leider ist es immer noch zu kühl) und netten Holzterrassen zum Patio. Eine Petitesse am Rande: beim eher mickrigen Hotelfrühstück erzeugen die Gäste jeden Morgen wieder Berge von Plastik- und Styropurmüll…im Gegensatz zu den beiden billigen schwarzen Lokalen außerhalb der feinen Gegend, in denen wir eingekehrt sind, um etwas leckerer und reichhaltiger zu essen – auf Porzellantellern, mit echten Tassen, Gläsern und Bestecken! Es gibt noch Hoffnung!

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05 Still on the Road: Südwest-Louisiana

Let the good times roll – einer der Lieblingsslogans von New Orleans: Ich nehm´s ernst und genehmige mir bereits jetzt, um 15 Uhr, eine Margarita on the Rocks in der Sonne auf einer Terrasse im French Quarter, natürlich bei Lifemusik. Aber eigentlich bin ich ja noch gar nicht hier – nicht, was meine Reisegeschichten betrifft. Urlaub ist halt der pure Stress und man schafft einfach nicht alles …
Inzwischen liegen drei Tage Louisiana hinter uns, zwei davon unterwegs im Cajunland, außerhalb des Planeten New Orleans. Es sind wirklich andere Welten, diese Stadt hier und alles, was außerhalb der Stadtgrenzen liegt. Gemütlich sind wir von Lake Charles aus Richtung Südwesten gefahren, weiltäufiges Land, unterbrochen von Bayous, Seen und Sumpfwäldern. Irgendwie hat man das Gefühl, da draußen geht die Zeit langsamer. In vielen Orten liegen die weitläufigen Grundstücke, die grundsätzlich nicht eingezäunt werden und kaum Gärten haben, weit auseinander – die Art von Landschaft, wo man schon ein paar Tage im Voraus den Besuch kommen sieht. Aber es gibt auch ganz kuschelige Orte mit hübschen Holzhäuschen und herrlichen alten, moosbehangenen Eichen und gigantischen Magnolien- und Rosenbüschen davor, die sogar jetzt noch blühen. Es hat oft tatsächlich was von entrückter Idylle, wenn man davon absieht, dass jeder Einkauf eine meilenweite Fahrt bedeutet, geschweige denn ein Arztbesuch oder anderes. Und wenn man weiß ist, dann sind auch alle Leute sehr freundlich –- beste Grüße von Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Was die Einstellung der meisten hier betrifft, würde ich bei längerem Aufenthalt wahrscheinlich doch schnell Amok laufen – oder mit dem Gewehr aus dem Dorf gejagt werden. Aber das ist nur halb, naja, sagen wir dreiviertel ernst.
Die Sümpfe sind hier nicht so undurchdringlich und geheimnisvoll wie weiter nördlich, aber trotzem etwas ganz Besonderes. Für mich haben sie einfach Magie. Auch wenn die Bäume jetzt mehr gelbbraun als grün und ziemlich licht sind. Das Wasser ist mit grüner Entengrütze bedeckt und voller gelber Blumen – keine Ahnung, wie die heißen. Die Zypressenknie sehen aus wie kleine Gnome, oft liegt sogar ein leichter Nebel über der Wasseroberfläche, in dem sich die Sonnenstrahlen brechen, die in Streifen durch die Baumkronen fallen. Die Schildkröten haben sich bereits zum Winterschlaf verkrochen, die Alligatoren haben sich genütlich in den wärmenden Schlamm auf dem Grund eingekuschelt, aber wir sehen unglaublich viel Vögel: graue und weiße Reiher und Raubvögel vorallem – und natürlich Eichhörnchen und Waschbären. Die meisten davon, und dazu noch Gürteltiere, sehen wir allerdings tot am Straßenrand. Aus dem Autoradio beschallt uns die ganze Fahrt über Radio Bayou mit Zydeco Musik – das kommt gut.

Gar nicht idyllisch dagegen sind die Bohrtürme und Raffinerien, die sich immer wieder aus der Landschaft erheben, aber auch die gehören zu Louisiana und dem Mississippi-Delta.

Wir machen einen Abstecher nach Avery Island, das wohl besser Tabasco-Island heißen sollte. Denn hier wurde sie erfunden und wird sie noch heute hergestellt, die weltberühmte scharfe Soße. Wir wollen uns diesmal die Fabrik ansehen. 1868 hat Mr. Mc Ilhenny die erste Soße für einen Dollar pro Fläschchen verkauft, jetzt werden 200.000 Flaschen täglich produziert! Die allerdings nicht mehr alle hier (obwohl man das eher verschweigt und behauptet, nur die Pfefferschoten würden inzwischen auch in Südamerika angebaut). Die Schoten werden noch immer von Hand geerntet und es dauert drei Jahre, bis sie vergoren und zur Soße verarbeitet sind.Die erste Fabrik steht noch und wurde nur erweitert. Ein sehr schön anzusehendes Ziegelgebäude, das um 1900 gebaut wurde. Und das Faszinierende ist, sie steht auf einem gigantischen unterirdischen Salzberg, der höher als der Mount Everest ist und dessen Salz noch heute für die Herstellung der Soße abgebaut wird. Wir haben uns einer Touristenführung in der Fabrik angeschlossen, die allerdings eher kurz ist und vorallem die Verdienste der Tabasco-Mc-Ilhenny-Familie würdigt. Beeindruckend, wie oft die Führerin es schafft, in ca. 15 Minuten diesen Namen auszusprechen, getoppt nur noch von dem Hochglanzfilmchen, das man vorgeführt bekommt, über Anbau und Verarbeitung der kleinen scharfen Schoten. Die letzten drei Minuten der insgesamt elf bestehen aus purer Werbung für die neuesten Kreationen, die man im angeschlossenen Countryshop kaufen soll. Zum Schluß darf man dann noch mal kurz durch einen 30m Glasgang gehen und in die Abfüllhalle schauen, wo sich genervte Arbeiter wohl eher wie im Zoo vorkommen. Interessant war´s trotzdem.

Außerdem gibt es auf Avery Island noch etwas sehr Schönes zu besichtigen: die Dshungel Gardens. Ein riesiges Areal, dass der gute (schon wieder!) Mc Ilhenny vor über 100 Jahren angelegt hat, um die heimische Fauna und Flora zu schützen, angereichert mit ein paar tropischen Neuzugängen. Man kann das Gelände größtenteils mit dem Auto durchfahren, wie bei einer Safari, aber an einigen Stellen gibt es auch ein paar Trails zum spazieren und Vögel beobachten. Die uralten Eichen sind wirklich eine Wucht! Es hat wirklich was von versunkener Welt. Das spanische Moos hängt an den Uraltbäumen teilweise bis zum Boden herunter – wie meine Freundin bei früheren Gelegenheiten schon so treffend sagte: Sie sehen aus wie bärtige alte Männer.

Wir übernachten in einem der größeren Kaffs an unserer Strecke: Morgan City. Wobei die „City“ aus ein paar verstreuten Gebäuden, Motels, Tankstellen und Restaurants am Highway besteht. Um 21 Uhr wird sogar der Highway eingerollt. Die Auswahl an möglichen Lokalen beschränkt sich kurz vor dem Zapfenstreich um neun auf zwei Fastfood-Lokale, eine äußerst zweifelhaft aussehende 24-Stunden geöffnete, schmierige Speise-Kaschemme und ein Grill-Lokal mit einer ebenso netten wie hübschen Bedienung, die uns trotz Feierabend noch einläßt. Das Essen ist gut ,aber besteht aus Fleischmassen, die wir nur zur knappen Hälfte in uns `reinzwängen, dann ist mir schlecht. Einen Verdauungsschnaps zu trinken bedeutet hier Mut: Schnaps führt nur die in der amerikanischen Provinz allgegenwärtige Sport´s Bar des Ortes. Für viele sicher eine Mutprobe, auf die sie lieber verzichten würden angesichts des trostlosen, düsteren Ladens mit den Gruselgestalten, die da herumhängen. Kriegt Hollywood nicht besser hin: Ein Altrocker mit hüftlangen, weißen Haaren, daneben ein jüngeres Semester mit stierem Blick, ein fetter, bleicher Gruftie, ein paar Billiardspieler ähnliche Kalibers und das unvermeidliche Honky Tonk Girl. Egal –mir ist schlecht. Ich brauche einen Drink. Zehn Minuten später verlassen wir den gastlichen Ort und begeben uns in unser ziemlich abgerissenes, aber freundliches Twin City Motel mit dem klebrigen Teppich und dem Brandloch-verzierten Bettdeck.

Der letzte Tag „auf dem Land“ zieht sich wieder ewige Landstraßen entlang, führt uns außer durch ein wenig pitoreskes Industriehafengebiet mit ein paar zusammenfallenden Bretterhütten-Puffs daneben, die so anziehend sind wie schmutzige Plumsklos mit abblätternder Erotikbeschriftung. Brrr. Außerdem passieren wir eine riesige Anti-Obama-Plakatwand und ein paar weitere, auf denen mir mitgeteilt wird, dass Schwangerschaftsabbruck Mord an Gottes Geschenken ist. Naja, wir sind ja bald in New Orleans! Aber immerhin essen wir in einem echten Fleischerladen (kein Supermarkt!!!) in einem Nest die beste Boudain, die ich je gegessen habe. Das ist eine ziemlich scharfe Wurst, die klassisch aus Reis, Gemüse  Kräutern und Schweinefleisch besteht. Hier gibt es sogar noch eine Extravariante mit Crawfisch, Flußkrebsen. Sie wird heiß gegessen, gleich aus dem Papier – es schmeckt einfach phantastisch!!!!! Damit könnte man halb Berlin süchtig machen – zumindest das nicht-vegetarische.

Am Mississippi angekommen passieren wir von Zeit zu Zeit noch ein paar von den berühmten alten Plantations (die alten Baumwollplantagen), auch die Oak Alley, wo „Vom Winde verweht“ gedreht wurde. Majestätische weiße Südstaatenvillen mit einer wenig ruhmreichen Geschichte, in der bekanntlich viel Sklavenblut geflossen ist. Aber darüber wird nicht so viel geredet, man schaut sich lieber den übriggebliebenen schönen Rest an. Und der ist wirklich schön.

Dann endlich: Über eine tolle alte Eisenbrücke (die allerdings wohl Ärger mit dem deutschen TÜV bekäme) auf die andere Seite des Flusses. Am Horizont eine Skyline: New Orleans. Mein Herz schlägt höher. Aber davon morgen mehr.

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04 On the Road: Texas – Louisiana

Das Wetter ist umgeschlagen, über Nacht. Gestern noch war es brütend heiß und auf einmal weht ein eisiger Wind und es sind noch gerade 14°C. Nicht zu fassen. So eine Gemeinheit! Beim letzten Frühstück am Riverwalk zittern wir in Sweatshirt, Strickjacke und Lederjacke gehüllt …

Der Abschied von Texas fällt mir nicht so richtig schwer. Es war spannend und schön, aber ich habe mich doch etwas alienmäßig gefühlt in diesem superamerikanischen Umfeld. Jedenfalls bin ich nicht gerade wehmütig, als wir uns aufmachen und Stunde um Stunde durch eine ziemlich öde, flache, fast baumlose Landschaft gen Osten rollen.Gelegentlich tauchen Ortsschilder –wieder vorallem mit deutschen und spanischen Namen – auf, ohne dass Orte in unserem altmodischen, europäischen Sinne zu erkennen wären. Eher ein paar willkürlich in die Landschaft gewürfelte Gebäude, Tankstellen, Baufirmen und so weiter. Irgendwo, weit voneinander entfernt, auch ein paar Wohnhäuser, meist diese mobilen, die sich auf einem Tieflader transportieren lassen. Keine Zäune, keine Gärten. Da! Plötzlich eine Erscheinung: „New Berlin!!“ Tja, Berliner gibt´s eben überall!

Am scheußlichsten sind die nicht enden wollenden Vorstädte von San Antonio und später von Houston. Riesige, meist phantasielose Gewerbebauten auf noch riesigeren verödeten Grundstücken, gebaut ohne jede erkennbare Stadtplanung, hässlich, abstoßend, zerstörte Landschaft. Aber dafür jede Menge Sternenbanner.Am scheußlichsten sind die nicht enden wollenden Vorstädte von San Antonio und später von Houston. Riesige, meist phantasielose Gewerbebauten auf noch riesigeren verödeten Grundstücken, gebaut ohne jede erkennbare Stadtplanung, hässlich, abstoßend, zerstörte Landschaft. Aber dafür jede Menge Sternenbanner.Wir rauschen an der Skyline von Houston vorbei, lassen sie links liegen. Immer wieder Öl-Raffinerien, die nachts durch tausende Lichter beleuchtet wie Märchenburgen wirken, flimmernde Inseln in der Dunkelheit – Trugbilder. Nur der Gestank, der gelegentlich durch die Lüftung ins Auto zieht, spricht eine andere Sprache. Westlich von Houston ist die Landschaft zwar immer noch platt und öde, aber immerhin sieht man jetzt schon etwas mehr grün und schließlich auch die ersten Sumpflandschaften. Die ersten französischen Namen tauchen auf, vorzugsweise enden sie auf -eaux: Cajunland und Louisiana in Sicht!Wir sind hungrig und entdecken zu unserer Freude ein Cajun-Food-Lokal. Ich bin begeistert als wir in einen saloonähnlichen, holzgetäfelten Raum kommen, der mit päparierten Catfisch-Köpfen, Alligatoren-Häuten und sonstigen echten und unechten Getier dekoriert ist. Das sieht nach gutem, bodenständigen Essen aus, sagt mir die Erfahrung. Dazu ein paar lustige gemalte Gator und Crawfische (=Flußkrebse, das Nationalessen hier), die gehören immer dazu, und Werbung für Gerichte, die es wirklich nur in der„Cajun Cuisine“ gibt: Gumbo, Jambalaya, Boudain, Crawfisch. Lecker, endlich! Wir stärken uns begeistert schmatzend und setzen uns wieder ins Auto: Unser Ziel ist Lake Charles, die erste größere Stadt in Louisiana, dort wollen wir übernachten.

Kurz vor der Dunkelheit überqueren wir endlich die Staatsgrenze zu Louisiana. Wir steigen beim Welcome-Center aus in der Hoffnung auf Hotelcoupons, die einem gelegentlich viel Geld sparen können – geschlossen, immerhin hat ein schlaues Köpfchen eine Kiste mit den gesuchten Heftchen vor der Tür abgestellt – wie aufmerksam! Bei einem Blick hinter das Gebäude macht mein Herz plötzlich einen Sprung: Vor mir liegt ein großer See. Im letzten Tageslicht spiegeln sich die mit spanischen Moos behangenen Zypressen imWasser – das ist das Bild, das für Louisiana steht wie kaum ein anderes. Ein Schild warnt vor dem Baden: Es gibt Alligatoren und Schlangen. Jaaa! Das ist es! Es fühlt sich absurderweise ein bisschen an wie „Nach Hause kommen“! Endlich bin ich, nach sieben langen Jahren, wieder da. Ich rupfe eine Portion Moos vom Baum und hänge es Miki um den Hals wie die Hulamädchen den Touristen auf Hawai die Blumenketten. Jetzt beginnt der schönste Teil des Urlaubs!

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