12. Die letzte Etappe

Bangkok, Flughafen Don Muaeng. Mein Gepäck ist wieder nicht da, ich erspare euch meinen Anfall beim Thai Lion Air Schalter…. Aber mit Erfolg: man hat noch mal gesucht und es ganz wo anders gefunden.


Mit dem Linienbus fahre ich downtown bis zur Party Meile Khaosan Road. Laut Google fehlen noch anderthalb Kilometer zu meinem Hotel. Die ersten TukTukfahrer wollen mich dreist abzocken sie verlangen das Vierfache des angemessenen Preises. Dann fährt mich doch ein netter älterer Mensch für einen fairen Preis. Ich habe das Boonsiri Place Hotel gebucht, in der irrigen Annahme, dass dort morgen früh auch die Busse des gleichnamigen Transport-Unternehmens abfahren. Falsch gedacht, aber es ist zumindest nicht weit.


Bangkok, mitten in der Nacht, irgendwie immer wieder ein kleiner Schock, diese heiße, stickige, schmutzige, aber faszinierende Stadt. Moloch trifft es ganz gut. Allerdings sind in dem Viertel vom Stadtteil Pranakorn, in dem das große, total sterile Hotel steht, schon alle Schotten dicht – zumindest alle die, die für einen Durchschnittsfremden interessant wären. Es ist so ziemlich stockdunkel und der Concierge erklärt mir, dass alle Restaurants hier bereits geschlossen haben. Er empfiehlt mir ernsthaft den 7/11-Markt an der Ecke.
Ich habe Hunger, also was sollś. Vor dem 7/11-Markt lungern allerdings seltsame Gestalten herum, Obdachlose, Junkies, Babyprostituierte. Also weiter – an der nächsten Ecke hat noch eine kleine Suppenküche offen. Wieder umlagert von der untersten Schicht der Gesellschaft. Etwas erstaunte, aber nicht unfreundliche Blicke auf mich Fremdling. Skeptisch.

Und genauso sehe ich das Speisen-Angebot an: Nein, das möchte ich nicht essen. Aber einmal unterwegs marschiere ich weiter. Ich habe eigentlich nie Angst hier, aber diesmal stecke ich meinen Geldvorrat von der Umhängetasche doch in die Unterwäsche. Aber die Obdachlosen schauen nur bierverhangen und mäßig interessiert diese komische Farang an, die hier langspaziert.


Fünf Minuten später habe ich eine geöffnete Eckkneipe entdeckt, Marke Szenekneipe mit Billiard. Ein paar junge Franzosen grölen hier herum, der langhaarige Wirt winkt mir aufmunternd zu. Am Bordstein steht eine mobile Suppenküche, die gut aussieht. Ich bestelle mir eine Suppe und aus der Kneipe ein Bier. Alles gut, ich bin satt und um halb eins endlich im Hotel. Ich muss halb sechs aufstehen, dann beginnt mein Trip auf meine Lieblingsinsel Koh Kood – mit Bus und Fähre.


Am Morgen sitzt der Obdachlose in dem alten Sessel, der gestern links von der Tür saß, rechts, sonst hat sich nichts verändert. Es ist noch dunkel. Ein Tuktuk wartet, der Concierge hat den Preis schon ausgehandelt.

Bangkok wacht gerade erst auf, die meisten Straßenstände, die tagsüber in diesen Innenstadtvierteln fast alle Bürgersteige belegen, sind noch verhangen, erste Händler tauchen mit Warennachschub auf. So halb leer im Morgengrauen sieht die Stadt schon ziemlich schmutzig und etwas trostlos aus, mit all dem Schimmel, den kaputten Fassaden und dem Müll. Später werden sich die Straßen aber mit so viel Leben füllen, dass es nicht mehr auffällt.


In der Lobby des Boonsiri Hostels ist der Check in, das heißt, ein mürrischer Kerl macht einen Bleistifthaken auf der entsprechenden Busliste. Die Busse stehen schon da, es ist aber noch kein Einstieg, bis zur Abfahrt fehlt eine Dreiviertelstunde. Ich überlasse mein Gepäck der Obhut eines wartenden englischen Alt-Hippiepaares, das macht hier jeder. Ich durchstreife zwei Querstraßen auf der Suche nach Kaffee und etwas Essbarem vor der fünfstündigen Busfahrt. Gar nicht so leicht, obwohl hier garantiert eine knappe Stunde später ein Stand am anderen alles Essbare anbietet, was man sich denken kann. Ich ergattere einen miesen Kaffee und muss tatsächlich einen abgepackten Fertigtoast aus dem 7/11 essen, der aber zumindest noch mal aufgewämt wird.


Endlich geht es los, der große Reisebus ist ausgebucht, die Leute wollen alle auf eine der Inseln im nördlichen Golf von Thailand. Der Bus schiebt sich durch den nervtötenden Berufsverkehr, vorbei an einigen der imposanten goldenen Tempeln und kitschigen überlebensgroßen Bildern des Rama. Nach über anderthalb Stunden haben wir es endlich aus der Stadt herausgeschafft und preschen durch die grüne, aber etwas eintönige Landschaft und etliche gesichtslose Ortschaften Richtung Trat – der Provinzhauptstadt an der Küste.


Der Umstieg klappt wie am Schnürchen, an der Station können wir endlich etwas Richtiges essen, dann sind alle Reisenden sortiert, etikettiert und abgefertigt. Ab auf den Highspeed Catamaran. Es gibt auch ein langsameres Schiff, aber wer will das schon, die Anreise auf die Inseln dauert so schon lange genug, wir werden frühestens gegen vier auf der Insel sein.


Mir geht das Herz auf, als ich die grüne Insel mit ihren Urwaldbergen und dem großen goldenen Buddha sehe, der auf dem Hügel über dem Pier über Insel und Meer wacht. Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen nach meiner Kreuz-und Quer-Reise. Die Pickups verteilen die Ankommenden gratis auf ihr Unterkünfte – das ist Inselservice, denn sonst gibt es hier keine Autos oder Taxen.


Die Begrüßung ist herzlich und fröhlich, ich habe Stammgaststatus. Irgendwie ist das einfache, aber begehrte Eve Guesthouse auf der südlichen Inselhälfte ein Ort, an dem die meisten Gäste Wiederkehrende sind. Das liegt an der netten Atmosphäre. Jeder hat sein winziges, einfaches Hüttchen, einige schlafen auch im Dorm, dem Schlafsaal, und alle begegnen sich im Restaurant, das keine Wände hat, aber von vielen Pflanzen umwachsen ist. Die besondere, sehr entspannte Athmosphäre zieht überwiegend eine bestimmte international gut gemischte Klientel an, die gut zusammenpasst. So kann man hier für sich bleiben oder auch andere kennenlernen, je nach Stimmung.


Koh Kood ist noch immer DIE Insel, auf der man abhängen, chillen oder tauchen kann. Parties sind hier eher selten. Aber genau deshalb lieben alle diese Insel. Kaum Autos, verrückte gewundene und steile Straßen, die bei mir auf dem Motorroller immer noch ein Prickeln auf der Kopfhaut auslösen, alles in dichtem Grün, mit schönen, weißen Stränden. Hunde, Affen, Katzen, Geckos in allen Größen.


Die nächsten Tage vergehen wie im Flug. Ich gehe tauchen mit meiner „Tauchfamilie“, den Paradiese Divers. Ein Nachtauchgang ist besonders toll. Aber zu Thailands größtem Wrack der HTMS Chang, der allerbeste Tauchspot hier, schaffen wir es leider nicht – zu wenig Teilnehmer, es ist gerade etwas ruhig nach dem Boom zu Weihnachten/Neujahr. Und das Wrack mit seinen Millionen Fischen ist zu weit, als dass man mit einer Handvoll Leuten dahin fahren kann, das wäre weder ökonomisch , noch ökologisch vertretbar. Egal – es ist auch so schön.


Die Inseltage vergehen wie im Flug. Die Schreiberin sitzt gerade beim Sonnenuntergang am etwas abgelegenen Neverland Beach und wird ein wenig wehmütig, aber auch dankbar für diese spannende und entspannende Zeit in Thailand. Immer wieder schön. Gerne wieder! Ich kannś schon jetzt kaum erwarten.

11. Frühstück im Bach

Die erste Handlung nach dem Frühstück: Umziehen. Ich war zu faul zum Klinkenputzen und habe für die verbleibende Nacht einfach online eine Pension gebucht, anderthalb Kilometer entfernt. Laufen? Nach 400 Metern mit Gepäck über steinigen, kaputten Asphalts neben den Autos bei brennender Sonne nehme ich dann doch ein Taxi.

Das Khao Lak Seafan B&B ist am Ende des Ortes und recht einfach. Aber immerhin gibt mir die Managerin gleich ein Zimmer mit Fenster. Ich hatte ganz vergessen, dass das hier nicht selbstverständlich ist. Sachen abwerfen und los. Roller leihen. Oh Gott: schweinchenrosa… es ist der Letzte.

Auf nach Norden: der erste Strand, an den ich nach etwa zwanzig Minuten Schussfahrt durch den Endlos-Ort abbiege, heißt Pakarang Beach. Hier ist es viel, viel ruhiger als in Nang Tong oder Bang Niang Beach, den beiden Hauptstränden. Der feine Sandstreifen ist nicht sehr breit, aber von schattigen Bäumen gesäumt. Ein paar kleine Restaurants bündeln sich am Ende der Straße, sonst gibt es nicht viel.

Außer dem Tsunami Center. Es gibt sogar ein Museum, aber das ist gerade geschlossen. Der Schock sitzt hier immer noch tief offensichtlich nach all den Jahren. Überall ist eine Evakuierungsroute ausgezeichnet und es gibt es Hinweisschilder, wie man sich im Falle eines Tsunami verhalten soll. Wie man allerdings höhere Regionen aufsuchen soll, wo es hier überall weiträumig flach ist, weiß ich nicht so recht.

Aber ich will weiter – irgendwie glaube ich der Coconut Beach ist das, wonach ich suche. Eine Ahnung, nicht mehr. Diesmal stimmt die Wegbeschreibung sogar – war auch nicht so schwer bei drei Kilometern. Ich rumple die letzten Kilometer über eine schmale, steinige Lehmpiste durch einen wunderbaren Palmenwald. Ich muss mich auf dem Weg konzentrieren, obwohl meine Augen immer in den Palmwedel verzauberten Himmel schauen wollen.

Was für ein wunderschöner Strand! Strahlend weiß, Palmen gesäumt und das Wasser strahlt ganz hellblau kristallklar. An dem mindestens zweieinhalb Kilometer langen sanft geschwungenen Strand, der am nördlichen Ende White Beach heißt, sind in Abständen etwa sechs Restaurants verteilt, die auch Sonnenliegen anbieten. Dazwischen gibt es immer wieder völlig freien Platz. das ist eher Urlaunsfeeling als die vollen Hauptstrände. Es ist schon fast zu viel Postkarte. Glaubt sicher jeder, die Fotos sind bearbeitet.

Das dritte Strandrestaurant gefällt mir, ich nehme mir eine Liege fast am Ende unter grünen Zweigen. Ein frischer Kokosmilchshake und die Welt kann schöner nicht sein….

Irgendwann höre ich hinter mir im Wald etwas rumoren. Als ich nachschauen gehe, sehe ich zunächst nur einen Thaibauern, der immer in den Himmel zu schauen scheint. Tatsächlich aber schaut er nach einem Affen, der an einer Leine gehalten in die bestimmt zwischen fünfzehn und zwanzig Meter hohe Palme geklettert ist. da oben erntet er die Kokosnüsse und wirft sie herunter.

Wie praktisch! Der Affe tut, was er mag, und das umfasst auch einige Turnübungen und lustige Affereien, und die Kokosnüssse bedrohen nicht länger zerbrechliche Touristenköpfe! Die Nüsse, die schon alt sind, kommen auf einem Haufen, die grünen auf einen anderen. Sie werden, wie ich höre, einmal die Woche nach Phuket und Krabi gefahren für die Restaurants.

Der Nachmittag neigt sich und ich mache mich auf den Rückweg. Duschen, umziehen und nochmal los. Schließlich habe ich noch nicht meine Pflichtinspektion des örtlichen Nachtmarktes unternommen. Der liegt im Nachbarort Bang Niang.

Ich habe Mühe einen winzigen Parkplatz zwischen den hunderten Rollern am Straßenrand zu find. Aber es duftet wunderbar. Ich streife einmal über das komplette Terrain, schließlich muss man die Speisekarte hier zu Fuß ablaufen, bevor man sich entscheidet. In der Mitte gibt es eine Traglufthalle mit Bars, an denen Cocktails ausgeschenkt werden und billige Kleider und Hüte auf Touristen warten. Hier ist auch die obligatorische Minibühne, auf der wie immer Laien für das Entertainment sorgen. Diesmal ist es eine junge Thai mit einer erstaunlich guten Bluesstimme, die amerikanische Songs darbietet.

Ich ende mit einer wilden Zusammenstellung von Salatdumplings, koreanischem Grillspießen, scharfer chinesischer Wurst, frittiertem Gemüse, einem Sommerrollenwrap mit Salat und rohem Lachs und Bratlingstalern aus grüner Kokosnuss in drei Farben als Nachtisch am Rand des Maktes. Hier finde ich sogar einen Tisch, an dem ich meine, leider jeweils in Plastik verpackten, Köstlichkeiten essen kann. Mit einem großen Chang Bier dazu. Lecker.

Das ist übrigens die Schattenseite der vielen Suppenküchen, Straßenimbisse und Nachtmärkte: der Müll. Aber leider haben sie wirklich nichts anderes im Programm wie z.b. Teller… Nicht ein einziger Stand hat hier Mehrweg-Geschirr. Das ist zum Glück nicht überall so auschließlich, aber meistens.

Am Morgen danach stehe ich früh auf, denn ich will meine verbleibende Zeit bis drei Uhr noch nutzen. Dann bringt mich ein Taxi für knapp dreißig Euro in anderthalb Stunden zum Flughafen Phuket. Die einzige Alternative wäre der zweimal täglich fahrende Bus nach Phuket Busbahnhof. Aber der braucht lange, fährt zu ungünstigen Zeiten und ich müsse am Ende doch noch ein Taxi zum Airport nehmen. Dann lieber mal Luxus.

Rauf auf mein rosa Gefährt und los, wieder Richtung Norden. Es gibt drei Wasserfälle in der Umgebung. Meine super nette Hotelfrau hat mir verraten, dass einer davon ohne Nationalparkgebühren zugänglich ist. Und ich werde auch gleich noch mit einem Restaurant-Tipp versorgt, wo „echtes“ Thai-Essen („not the Thaifood for tourists“) serviert wird.

Gute zwanzig Kilometer nördlich rumple ich in den Wald bis zum letzten Parkplatz vor dem Sai Rung Wasserfall – dem Regenbogenwasserfall. Ein paar freundliche Hunde beschnuppern mich, dann darf ich ihre Babies streicheln.

Auf dem Weg zum Wasserfall höre ich plötzlich wasser plätschern. Als ich den munteren Gebirgsbach zwischen all dem üppigen Grün endlich sehen kann, traue ich meinen Augen nicht: Lose verteilt stehen Tische und Stühle mitten in dem plätschernden Wasser. Sie gehören zu einem fast komplett mit Pflanzen überwachsenen Restaurant, das ein Stück zurückgesetzt im Wald steht: Suam Nam Riem. Genau das, was mir meine Wirtin wegen des guten Essens empfohlen hat!

Ich bin völlig aus dem Häuschen. Sowas habe ich hier nun wirklich nicht erwartet. Eine erfrischendere Einkehr kann man sich bei dieser Hitze wirklich nicht vorstellen. Das hat was von einer Fatamorgana!

Da fällt mir ein: Ich habe noch gar nicht gefrühstückt… Also wenn nicht hier, wo dann: Scharfes Grünes Curry und frischen Orangensaft und Espresso – mit Fußbad, Blätterdach und Sonnenflecken als Tischdeko. Es ist definitiv das tollste Frühstück meines Urlaubs. Und ja, die Küche ist extrem gut!

Derart gestärkt und bestens gelaunt wandere ich das kleine Stück bergauf zum Wasserfall. Gleich auf der anderen Uferseite im Wald stehen ein paar heruntergekommene Ruinen von Picknickpavillions. Wirklich Schandflecken in dieser Umgebung. Passt irgendwie so gar nicht zu dem liebevoll in die Natur eingefügten Restaurant.

Der Regenbogenwasserfall hat seinen Namen sicher vom Farbenspiel der einfallenden Sonnenstrahlen auf der Gischt des herabfallenden Wassers. Inmitten des Grüns ein schöner Anblick, auch wenn der Wasserfall nicht besonders hoch ist. Ungefähr zehn Meter. Die Vögel zwitschern tapfer gegen das laute Rauschen an und ein paar blaugelbe Schmetterlinge vervollständigen die Idylle.

Auf dem Rückweg entdecke ich noch einen besonders großen, goldenen Altar, mit Blumen und Räucherkerzen überhäuft, auf einer Lichtung neben dem Haus. Plötzlich steht ein Mann neben mir, verbeugt sich respektvoll und wünscht mir ein glückliches neues Jahr. Es ist der Besitzer. Ich lobe sein Restaurant und vor allem das Essen. Stolz erklärt er mir, dass der Koch auch früher Chefkoch in einem berühmten Hotel war, bevor er hierher gekommen ist.

Ich mache dem Mann auch Komplimente über den wunderbaren Ort und die kleinen Bach-Tische. Er erklärt mir, dass sie nur von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends da stehen dürfen wegen der Natur. Ich wage eine vorsichtige Frage, warum denn dann diese Ruinen da im Wald stehen… Er winkt empört ab und erzählt, dass das jemand ohne Erlaubnis gebaut hatte. Das Restaurant wurde aber geschlossen, da so nah am Wasser nichts gebaut werden darf. Aber das Land gehört ihm nicht und er muss warten, bis der Besitzer des anderen Ufergrundstücks die Ruinen abbaut. Wie verbeugen uns noch eine Runde voneinander und trennen uns in gegenseitiger Wertschätzung…

Mir bleibt noch Zeit, deshalb beschließe ich, noch ein wenig am Coconutbeach zu chillen, bevor ich mich wieder auf die Reise mache. Zurück in der Pension erlaubt mir Meo, die Chefin, in ihrem Zimmer zu duschen und mich umzuziehen. Danach haben wir vor meinem Abschied noch einen sehr interessanten Frauenplausch.

Die extrem attraktive und selbstbewußte Frau mit wallender Mähne bis zur Taille und einem sehr freizügigen Dekolleté erzählt mir, dass sie Muslimin sei. Aber trotzdem sei es hier in Thailand möglich, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Religion lebe. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder – in Krabi. Es würde zu weit führen, diese sehr persönliche Unterhaltung hier wiedergeben zu wollen. Aber fest steht, was ich über ihr Leben, gesellschaftliche Regeln, Moral und die Arrangements darin erfahren habe, hat mich ziemlich verwirrt und mein Bild vom Leben hier ganz schön durcheinandergewürfelt.

Aber einen Aspekt des Gespräches möchte ich doch wiedergeben: Meo arbeitet hier als Geschäftsführerin, obwohl ihre Familie und ihr Haus in Krabi sind, weil sie von dem Unternehmen darum gebeten wurde. Sie will nicht kündigen, weil sie dem Unternehmen dankbar ist, das ihr Studium bezahlt hat und jetzt Geld für ihren Sohn auf dem College dazugibt.

Das bedeutet konkret, dass sie ihre Familie acht Monate im Jahr nicht sieht, da sie während der Saison, von Oktober bis Mai, keinen freien Tag hat. In dieser Zeit beträgt ihr Gehalt 10.000 Baht (295 Euro). Danach braucht sie vier Monate nicht zu arbeiten und bekommt trotzdem 6000 Baht (180 Euro). Als Geschäftsführerin wohlgemerkt….Und so billig ist Thailand eigentlich auch nicht mehr, dass ich mir vorstellen könnte, wie das funktioniert…..

10. Nordwärts – nach Khao Lak

Die Zeit vergeht viel zu schnell. Also heißt es wieder packen und weiterziehen. Krabi war gestern. Mein Ziel ist Khao Lak. Bei den meisten wird jetzt sicher sofort die Erinnerung an den Tsunami Weihnachten 2004 geweckt, der diese Region besonders getroffen und verwüstet hat.

Khao Lak liegt gut zwei Stunden nördlich von Krabi und ist eigentlich ein Berg. Aber auch die noch relativ junge Urlaubsregion westlich davon an der Küste des Indischen Ozeans heißt so. Von Phuket ziehen sich endlos immer neue Sandstrände nach Norden bis hier her.

Aber bevor ich das alles in Augenschein nehmen kann, muss ich erstmal hinkommen. Der gebuchte Minibus kommt eine dreiviertel Stunde zu spät und befreit mich endlich vom endlosen Gelaber der schon wieder beim Bier sitzenden Männertruppe im Baan To Guesthouse. Ich freue mich, dass der Van mal nicht überfüllt ist. Zu früh gefreut. Es ist nur ein Shuttle, der uns zu einem außerhalb von Krabi gelegenen Dorf bringt.

Hier ist die Abfahrtstation von Minibussen und ein paar großen Überland-Bussen. In einer überfüllten Traglufthalle an einer staubigen Dorfstraße drängeln sich schwitzende Touristen mit ihrem Gepäck. Ein riesiges Chaos auf den ersten Blick. Aber wie fast immer hier – eines mit System. Jeder bekommt bei Ankunft einen handbeschrifteten Papieraufkleber mit seinem Ziel angeklebt. Alles funktioniert über handgeschriebene Listen und laut gebrüllte, aber oft kaum verständliche Aufrufe, wenn wieder einer der Vans vollgestopft wird. Statt 10 Uhr dreißig, werden wir um 12 Uhr endlich aufgerufen.

Eigentlich überflüssig zu sagen, dass auch der allerletzte Platz besetzt ist und das Gepäck nicht reinpasst. Die letzten Gepäckstücke werden in den Sitzraum gequetscht, ehe die Tür davor geschlossen wird. Wir haben ein besonders altes, lädiertes, ziemlich schmutziges Gefährt erwischt. Auch der Fahrer entspricht dieser Beschreibung. Ich bin trotzdem froh, dass ich auf dem Sitz ganz vorne einsteigen darf, auch wenn ich mir vornehme, meine Sachen sofort nach Ankunft zu waschen…

Langsam schiebt sich unsere Transportrostlaube durch die Landschaft, wir passieren eben jene Berge, die ich gestern entdeckt habe. Plötzlich habe ich das sichere Gefühl, dass meine Füsse nass sind. Die alte, kaputte Klimaanlage flutet meinen Fußbereich mit schmierigen Wasser! Und mein kleiner Rucksack mittendrin. Toll!

Nach anderthalb Stunden wird Essenspause verordnet. Wir wollen eigentlich alle schnell weiter, aber der Fahrer hat Hunger und will Mittagessen. Eine kleine, schäbige Raststätte, bei der alles ziemlich rott aussieht – außer der Tisch, an dem das Essen nach Thai-Art aus den vorbereiteten Zutaten frisch zubereitet wird. Der ist tadellos sauber.

Ich nutze die Gelegenheit, den Müll neben dem Haus zu sichten und finde zwei leere Pappkartons, die ich zum Isolieren meiner Füße von der Überschwemmung benutzen kann. Der Fahrer klopft mir anerkennend auf die Schulter. Weiter gehtś.

Die Landschaft ist grün und wird zunehmend wieder bergig: Der berg Khao Lak. Aber bis wir in der gleichnamigen Urlauberregion sind, dauert es noch eine Weile. Schließlich kann man das Meer linksseitig durch die Bäume ahnen. Die mehr oder weniger ineinander übergehenden Strände und dazugehörigen kleinen Orte liegen an einer 25 km langen Straße, es ist kaum auszumachen, in welchem Ort man gerade ist. Hauptort ist La Ohn.

Endlich darf ich aussteigen, mein Hotel Sri Chada liegt direkt an der Straße und sieht eher wenig einladend aus. Der Eindruck täuscht: Das Zimmer ist super! Aber diesmal habe ich nur eine Nacht gebucht, weil ich nicht sicher war, ob es mir gefällt. Und prompt kann ich nicht verlängern, alles ausgebucht. Egal, das ist erst morgen.

Ich mache mich zu einem ersten Erkundungsgang auf. Vorbei an Dutzenden, sich aneinanderreihenden Restaurants, Bars und kleinen Geschäften. Trotzdem wirkt das alles nicht so unangenehm, wie in Phuket oder Ao Nang. Ich halte nach einer Möglichkeit Ausschau, an den Strand zu kommen. Endlich finde ich eine Gasse und den Hinweis auf den Nang Thong Beach. Allerdings ist das Meer viel weiter entfernt als angenommen. Nach einer Viertelstunde Fußweg sehe ich endlich den Ozean schimmern.

Aber – eigentlich darf ich hier nicht weitergehen, ein Zaun trennt das Grundstück eines Ressorts ab, das vor dem eigentlich öffentlichen Strand liegt, und der nimmt kein Ende. Schließlich ist mir das zu dumm und ich klettere durch ein Loch. Der Strand ist dunkelgelb, nicht besonders breit und es ein paar Felsen thronen halb im Wasser, halb auf dem Strand. Nang Thong Beach landet auf einem Mittelplatz meiner Wertescala.

Nach einem kleinen Spaziergang ist Anbaden in Khao Lak. Ich mache mir einen Spaß daraus, danach die Security-Leute am Zugang zu einem Edelressort auszutricksen und die Dusche hinter der Mauer zu benutzen. Und da ich bemerkt habe, dass es für die allgemeine Öffentlichkeit nur wenige, weit voneinander entfernte, anderthalb Meter breite Tsunami Evacuation Routes als Zugang zum Strand gibt, beschließe ich, einfach durch das Ressort zurück zur Straße zu gehen.

Großer Fehler. Ich irre fast zwanzig Minuten über ein schier endloses Gelände – eine eigene kleine Stadt, hermetisch abgeriegelt. Endlich finde ich einen gut bewachten Lieferantenzugang. Mit Charme und wide smile schaffe ich es, aus dem Leben der Schönen und Reichen zu verschwinden.

In dem quirligen Straßenort findet sich so ziemlich alles – kulinarisch gesehen. Skandinavisches Frühstück, italienische und französische Küche, japanische Sushi – und eine deutsche Bäckerei. Die ist zwar groß genug, um ein nettes kleines Frühstückscafé zu beherrbergen, ist aber nüchtern nur mit einem Ladentisch, einer Glasvitrine mit Gebäckteilen und zwei trostlosen Tischen und einem muffeligen Schwaben eingerichtet. Kaffee gibt es, aber dazu nur die Gebäckstücke, so wie sie sind. Wenig einladend.

Ich bin müde, esse einfach gleich hier, statt – wie schon traditionell nach Ankunft – auf dem Nachtmarkt, der drei Kilometer entfernt ist. Morgen werde ich andere Strände erkunden, Coconut Beach ist der, der mir am interessantesten klingt.

9. Krabi (2) – Tag 2

Ich beschließe, angesichts der Hitze, entgegen ersten Überlegungen, doch zu einem der gutbesuchten Strände außerhalb der Stadt zu fahren. Das Pflichtprogramm für Krabi Stadt – Besucher (auch die Provinz heißt so) ist eigentlich das Erklimmen des Tiger Cave Temple auf der Kuppe eines Berges, auf dem wiederum ein großer goldener Buddha sitzt, und ein Rundweg , der einen sehr schönen Überblick über Stadt und Umgebung bietet. Aber ich lasse das aus, da mein Knie nicht so fit ist und ich bei der Hitze 1237 Stufen nicht riskieren will. Zumal mich das Tableau an meinen Golden Buddha- Ausflug in Phuket erinnert.


Ich lasse mir den Weg zum Strand erklären, die Orientierung ist nicht einfach, alles ist weitläufig, ein schier unübersichtliches Netz von Straßen und google maps spricht wiedermal nur Thai. Was die nächste dreiviertel Stunde folgt, wäre ein Argument für die Wiederauflage Sendung mit der Versteckten Kamera…


Ich fahre jedesmal eine ganze Weile so wie mir beschrieben, bis mir die Sache spanisch – oder doch eher thailändisch – vorkommt und ich erneut frage. Viermal! Und jedesmal wird mir freundlichst, zum Teil nach Gruppenberatungen, der Weg erklärt… Und was soll ich sagen: Ich werde in alle vier Himmelsrichtungen geschickt! Irgendwie habe ich den Verdacht, dass man hier lieber irgendwas antwortet, als zu sagen, dass man es nicht weiß.


Irgendwann taucht auf einer großen Ausfallstraße tatsächlich ein lesbares Schild nach Noppharat Tara Beach auf, dem zweitnächsten Strand. Irgendwas steht da von 15 Kilometern und dann abbiegen. Also Gas gegeben und los. Endlose Vorstädte, dann wird’s immer ländlicher, die große gold-grüne Zentral-Moschee fliegt als einzig auffälliges Bauwerk vorbei. Moscheen gibt es hier sehr viele, in allen Größen.


Kein Abzweig. Zumindest kein ausgeschilderter. Irgendwann tauchen hohe Berge auf, werden größer und größer, saugen mich auf. Ich fühle mich wie eine Ameise. Beeindruckend. Formen wie die Felsinseln im Meer, nur noch größer. Und ich mittendrin. Inzwischen ist mir längst der Verdacht gekommen, dass ich in einem der Nationalparks gelandet bin, die ich für meine Planung, leise weinend, als zu weit entfernt abgeschrieben hatte.

Auch gut. Und tatsächlich kommt jetzt ein Schild mit Hinweis auf den Strand. Seltsam. Ich bin mindestens 35 Kilometer gefahren. Ich biege ein – und bin plötzlich völlig fasziniert in einer anderen Welt. Um mich herum tiefes Grün. Ein Urwald mit riesigen Bäumen und und senkrecht aus dem Boden aufsteigenden, hohen Fels-Kegeln. Vögel zwitschern, Grillen sirren, sogar Affen höre ich. Es ist in diesem grünen Paradies mindestens fünf Grad kühler. Und einfach wunderschön!


Da ich aber immer noch nicht weiß, wo ich wirklich bin, wage ich nicht, die Straße zu verlassen. Und zu fotografieren traue ich mich auch nicht, denn die Straße ist eng und kurvig und die wenigen Fahrzeuge , die kommen, fahren sehr schnell. Ich habe schlicht Angst, überfahren zu werden, wenn ich am Straßenrand stehe. Später finde ich heraus, dass ich im Hat Noppharat Thara Nationalpark gelandet war.

Schließlich ein Abzweig, dann ein winziges Dorf und – ein Hinweis auf den gesuchten Strand – nochmal 16 Kilometer. Das war dann wohl eher eine Rundfahrt. Ich bin zwar verwirrt und hoffe, dass es nicht so weitergeht, aber leid tut es mir eigentlich nicht. Ich habe viel gesehen und vorallem auch etwas von den schon abgeschriebenen Nationalparks. Denn Dschungel ist nach dem Meer meine zweite Faszination.

Ein bisschen traurig bin ich später schon, als mir klar wird, wie nah ich einigen strahlend türkisen Süßwasserpools inmitten des Urwalds gewesen bin. Aber in dem Moment habe ich keine Chance herauszufinden, wo ich bin und wo ich vielleicht auf einem kleineren Pfad abbiegen muss, denn – das Navi sieht grün und spricht Thai. Und ich kann es mir nicht wirklich leisten, mich hier zu verfahren, denn es ist bereits Nachmittag und mein Tank ist fast leer.

Endlich ein winziges Dörfchen. Ich frage nach Benzin. Keiner versteht mich, erst Pantomine führt zum Ziel. Schließlich werde ich in einem Haus, das wie eine Scheune aussieht, voller Baumaterial, Schrott, Hühner und Hunde fündig. In einem Kabuff an der Seite ist ein kleiner Kramladen versteckt und der hat in Plastik-Colaflaschen abgefülltes Benzin. Problem gelöst.

Die Landschaft ist wieder etwas offener, aber immer noch waldig und bergig, irgendwo muss das Meer in der Nähe sein. Endlich ein lesbares Schild: Der gesuchte Strand ist – nochmal(!) 16 km entfernt und das korrekt in die entgegengesetzte Richtung, in die ich zuerst auf der parrallelen Überlandstraße gefahren bin…. Macht nichts, ich nehmś als Sightseeing Tour. Aber langsam tut mir der Hintern weh.

Irgendwann komme ich tatsächlich am Noppharat Tara Beach an, der an einer langgezogenen, sichelförmigen Bucht hinter einem Streifen großer Nadelbäume liegt. Eindeutig ein Strand, der von einheimischen Familien belegt ist. Eigentlich sehr schön, aber zwei Dinge sprechen gegen einen längeren Aufenthalt: Es ist Ebbe und ich müsste ziemlich weit dem Wasser hinterherlaufen. Und dass, obwohl hier überall Schilder davor warnen, irgendwelche Wertsachen allein zu lassen – das habe ich in Thailand noch nie gesehen. Diebstahl ist hier sonst überhaupt kein Thema, eigentlich lässt hier jeder – Einheimische eingeschlossen – alles offen liegen. Frage der Ehre und schlechtes Karma für das nächste Leben.

Also fahre ich noch ein Stück weiter, der nächste Strand ist der bekannteste von Krabi: Ao Nang. Der dazugehörige Ort ist richtig groß, da passen viele, viele Unterkünfte und Restaurants hin. Der dazugehörige Strand ist lang, aber nicht so lang, wie es dafür nötig wäre. Der am meisten frequentierte (weil nächste) Abschnitt gefällt mir gar nicht. Breit, mit einer hohen Kaimauer begrenzt, gelb und langweilig.

Und das Wasser ist eher noch enttäuschender: aufgewühlte graublaue Brühe, ewig flach. Und es gibt dutzende Longtailboote, die gerade von den Ausflügen zurückkommen und alles mit ihren stinkenden Motoren einnebeln. Ein paar Boyenschnüre grenzen einen Korridor ab. Aber anders als erwartet, ist das nicht die Einfahrtsschleuse für Boote, sondern der kleine Bereich, wo man baden darf. Nö, nicht mein Strand.

Trotzdem nehme ich ein kurzes Bad, denn von meiner langen Fahrt bin ich verschwitzt und staubig. An der Strandpromenade beobachte ich noch ein Weilchen das Treiben und Flanieren und Radschlagen der Touristen. Nicht so schlimm, wie in Phuket, aber auch nichts, was ich länger aushalten möchte. Aus jedem Restaurant schallt andere Musik und alle fünf Minuten fahren Lautsprecherwagen die Straße entlang und bewerben mit aufgeregtem Gebrüll die abendlichen Super-Kämpfe mit angeblichen Stars des Muay- Thai, des Thai Boxens.

Ein Blick auf den Horizont bringt mich zum schnellen Rückzug: Schwarze Wolken türmen sich. Ich habe noch einige Kilometer vor mir und möchte auf keinen Fall mit dem motorisierten Zweirad in einen tropischen Guss geraten.

Immerhin gibt es von hier aus Wegweiser in die Stadt, die tatsächlich auf kürzestem Wege nach Phuket Town führen, wenn auch in der Rush Hour. Ich finde sogar mein Guesthouse wieder und schaffe es gerade noch in ein kleines, französisch geführtes Restaurant um die Ecke, bevor draußen die Welt untergeht. Es gießt derart, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht und erst das Internet und dann – kurzzeitig- auch noch der Strom ausfällt. Dramatischer Showdown für einen spannenden Tag.

8. Die Provinzhauptstadt Krabi (I)

Drei Stunden nach nach meinem Abschied von der Insel zerre ich mein Gepäck durch irgend eine seltsame dunkle Nebenstraße von Krabi, die genauso viele Bauschuttkippen wie Brachen und kleine Häuser anzubieten hat, und suche auf meine ratlosen Navi das Baan To Guesthouse. Eigentlich sollte mich der Minibus-Fahrer hinfahren, aber er hatte wohl keine Lust mehr und hat mich oben an einer Hauptstraße abgesetzt. Nicht, dass ich mich fürchten würde, aber im Dunklen in einer Stadt, von der man nicht die geringste Vorstellung hat, ist schon nervig. Und gerade hier ist es bis auf zwei herrenlose Hunde wie ausgestorben. Irgendwann kommt eine dicke Oma auf einem Roller vorbei und zeigt mir den Weg.


Obwohl eigentlich im Stadtzentrum von Krabi, liegt das Baan To Guesthouse ziemlich versteckt, ruhig und abgeschieden. Wirtin und Zimmer sind in Ordnung, bis auf den alterschwachen quietschenden Ventilator. Unten im kleinen Restaurant hinter dem Haus sitzen so ein paar deppe Deutsche, die laut und dumm herumblöken, und alle anderen Gäste mit ihren Weisheiten nerven, aber halb zehn schließt das Restaurant. Einziges Problem: Es ist drückend heiß, auch am späten Abend, und der alte Propeller macht Lärm und Zugluft Richtung meines Kopfes, was ich gar nicht vertrage. Aber morgen wird ein anderes Zimmer frei.


Ein erster Spaziergang führt mich nach fünf Minuten ins Zentrum. Das ist irgendwie recht dunkel, keine Ahnung, was in den relativ großen Häusern entlang der Straßen untergebracht ist. Als schön würde ich nach einem ersten Eindruck die Stadt nicht beschreiben, aber natürlich – wie nicht anders zu erwarten, sehr geschäftig, denn das ist die Provinzhauptstadt. Und – trotz des Massentourismus hier -wirkt alles noch sehr authentisch.

Auf einem Hügel mittendrin tront, wunderbar angestrahlt, ein blau-weißer Tempel: Wat Kaew Korawaram. Ich kann ihn wieder nur von außen bestaunen, fehlt mit doch etwas, um meine nackten Arme zu bedecken. Auf dem Weg in die Stadt rein, habe ich hier auch schon einige Moscheen gesehen. Wieder der Mix des thailändischen Südens…

Krabi ist der Name eines alten thailändischen Schwertes und so sind dann auch zwei gekreuzte Schwerter das Wappen der südlichsten Provinzhauptstadt Thailands. Sie liegt am Indischen Ozean, genauer eben an der Andamanensee, hat 120 km Küste und über hundert Inseln und sehr viel Wald. Die Stadt lebt hauptsächlich vom Fischfang und vom Tourismus. Überall wird gebaut.

Der hiesige Nachtmarkt ist für mich als Nachtmarktfan eher enttäuschend, was das Essen betrifft, aber natürlich findet sich dennoch etwas Gutes zum Abendessen. Kurios ist an diesem Markt eher das Beiprogramm: Auf einem großen Platz in der Mitte thront eine Bühne, davor viele Zuschauerreihen, die fast alle von überwiegend thailändischen Familien besetzt sind.

Auf der Bühne findet ein seht seltsames Programm statt, das ich nicht verstehe. Da stehen Erwachsene und ein Schlange Kinder. Es wird viel geredet und die Kinder machen seltsame Geräusche, alle johlen und klatschen. Am Ende hat immer ein Kind gewonnen und bekommt einen Preis, der höchstens für Mama geeignet ist – irgendwelche Decken oder Wäschestücke. Scheint aber ein Hit zu sein, diese Art von Unterhaltung. Mein erster Ausflug endet, als die Saufkumpane eben in ihren Zimmern verschwinden.

Zuerst bin ich kreuz und quer in Krabi unterwegs, das viel größer ist, als ich dachte. Endlose Straßen, mäandern von der Innenstadt aus Richtung Umland. Irgendwie ähneln sie den amerikanischen endlos-Straßen mit Werkstätten, Geschäften, Firmen, Märkten …. alles ohne Plan und Ende, wild zusammengewürfelt und schwer einzuordnen. Mal fast protzig, mal als Blechhütte. Und – ebenfalls wie überall hier – Schimmel, wohin man blickt. Der Preis des tropischen Klimas. Überallem schwebt das übliche Wirrwarr der Stromleitungen. und manchmal – mittendrin fast dörfliches Ambiente mit Hühnern und Hunden.

Mein erster Weg führt mich zum Busbahnhof außerhalb der Stadt, da meine Wirtin behauptet, es gäbe keinen großen Linienbus für mein Weiterfahrt, obwohl mir dafür im Internet Tickets angeboten werden. Und tatsächlich, egal was man da buchen kann – es gibt Richtung Khao Lak – mein nächstes Ziel – keinen solchen Bus. Sehr seltsam. Muss ich wieder mit einem dieser beengten Minivans Vorlieb nehmen.

Ganz in der Nähe soll es in einem Felsen am Meer ein paar schöne Höhlen geben. Die allerdings liegen offenbar auf einem wahrhaft riesigen Gelände eines Edelressorts. Ich irre eine kleine Ewigkeit darauf herum, mein Navi dreht sich im Kreis und die gelangweilt flanierenden Hotelgäste zucken nur die Schultern. Auch egal, es gibt noch mehr zu sehen.


Am Rande der Stadt fließt ein breiter Salzwasserfluss Richtung Meer, am anderen Ufer wächst und ein Mangrovenwald. Auf einer Insel, die von zwei weiteren beeindruckenden grün bewachsenen Sandsteinkegeln beschattet wird, leben freche Affen, die eine besondere Höhle bewachen: Khao Khanap Nam. Mein nächstes Ziel. Ich brauche allerdings ein Boot, das mich übersetzt. Eigentlich wollte ich durch den Wald zu besagter Insel spazieren, aber da ich allein bin und ein schlechtes Geschäft, will mich keiner zu einem tragbaren Preis übersetzen. Schließlich einigen wir uns auf eine kurze Überfahrt: Nur Insel und Höhle und zurück.

Meine Wasserflasche nimmt mir der Bootsfüher ab – das würde nur die Affen provozieren, die sie mir dann stehlen wollen. Dementsprechend skeptisch behalte ich bei meinem einsamen Gang zur Höhle zwei Exemplare im Blick. Sie mich auch.

Die Höhle kann man über eine Treppe und eine Leiter erreichen. Sie ist wirklich ziemlich eindruckvoll mit all ihren Stalakniten und Stalaktiten. Hier wurden die ältesten Knochenfunde von Urmenschen in Asien gemacht: Ein 47000 Jahre altes, überdurchschnittlich großes Skelett. Sicher ist, dass vor 30000 Jahren in dieser Gegend erste menschliche Siedlungen waren. Während des zweiten Weltkrieges hat sich die japanische Armee hier verschanzt.

Weiter geht’s, aber erst, nachdem ich meine Körpertemperatur bei einem Watermelon Shake im Schatten wieder auf einigermaßen normal gebracht habe… (Fortsetzung folgt)

7. Abschied von Lanta … Krabi wartet

Irgendwie bin ich ein bisschen unentschlossen. Ich habe ja längst geplant, heute die Insel zu verlassen. Aber eigentlich fühle ich mich gerade ganz wohl… Ich lassedas Schicksal entscheiden: Ein Anruf bei Apo-Dhatu Divers am Abend und die Frage, was sie morgen vorhaben…ist es etwas Neues, bleibe ich, sonst pack ich mein Köfferchen. Nein, morgen klappt es nicht mit dem Wrack.

Also: Abschied von der Insel. Ein leckeres Abendessen am Grill, ein Strandspaziergang. Drei Dutzend Mosquito- Stiche bei Blog und Bier auf meiner kleinen Terrasse im Sea Pearl Cottage, wie das zum Restaurant Thai Cat gehörende Gästehaus übrigens tatsächlich heißt. Diese Mosquitos hier sind seltsam: Sie nerven, beißen in Kompanie-Stärke und am nächsten Tag sieht man kleine Punkte, die man aber nicht spürt.

Mr. Coco, mein Ansprechpartner und Kümmerer seit dem ersten Tag, schaut noch vorbei und sagt mir, dass er alles wunschgemäß organisiert hat für meine Abreise morgen. Obwohl er ja findet, ich solle noch bleiben… Das ist das Tolle hier: man findet immer sofort Leute, die alles perfekt organisieren, ganz einfach so, ganz nach Wunsch.

Am Morgen freue ich mich, dass ich meine Abfahrt auf halb fünf gelegt habe, so bleibt noch Zeit für Yoga am frühen Morgen, einen early bird Strandbesuch und ein Thai-Frühstück (Hühnersuppe) mit Blick auf das Meer.

Später fahre ich noch mal nach Saladan und gönne mir eine Abschluss-Massage bei Wan. Ein bisschen schlendern, ein Besuch im heiß empfohlenen Lanta Silver – Laden…. Noch ein bisschen aufś Meer starren…

Mr Coco ist ganz genervt, weil sich mein Minibus verspätet, mir ist das egal. Schließlich kommt der vollgestopfte Van und es geht los. Wir müssen lange an der Lanta-Autofähre von Lanta Noi zum Festland warten, es ist so was wie rush hour. Neben mir sitzt ein gesprächiger junger Siebenbürger Ungar aus Rumänien, das ist alles ganz spannend und die Zeit vergeht schnell. Noch einmal sehe ich von der Fähre die Sonne über Koh Lanta untergehen, dann warten neue Horizonte.

Fazit zu Koh Lanta? Eine schöne Insel in einer phantastischen Umgebung: der südlichen Andamanensee mit diesen unglaublich vielen, wilden bizarren Felseninseln. Diese Anblicke sind einfach unglaublich, davon kann man nicht genug kriegen. Und das Tauchen war auch sehr schön hier, das würde ich gern wiederholen.

Ansonsten kann man hier gut mal ein paar Tage ausruhen, denn trotz der schier unüberschaubaren Zahl an Unterkünften für jedes Budget, findet man am Strand erstaunlich wenig überfüllte Ecken, stattdessen viel Platz. Und die Urlaubermischung ist auch angenehmer als in Phuket und insgesamt entspannt. Klar, Lanta ist ein absoluter Touristenmagnet, mit Thailand hat das nur noch wenig zu tun – vom Essen und den freundlichen vielen dienstbaren Geistern mal abgesehen.

6. Unterwasser – Zauberwelt

Genug Landrattendasein, es wird Zeit… zum Tauchen! Punkt 7:30 Uhr steht der Jeep von Apo Dhatu Divers vor dem Tor, der Chef selbst kutschiert mich und ein Schwyzer Paar zum Pier in Saladan.

Dort bin ich erstmal irritiert, wie sich ein kleines Dive Center wie Apo Dhatu so ein großes Tauchschiff leisten kann. Das klärt sich schnell: Die verschiedenen Tauchschulen hier sind smart genug, bezüglich ihrer Tauchboote und der dazugehörigen Crews zusammenzuarbeiten – in wechselnden Kombinationen. So sparen sie Kosten und die Umwelt freut sich. An Bord sind rund 15 bis 20 Taucher und eine erfreuliche große Zahl an Guides , das spricht für eine gute Betreuung.

Zwei Tauchgänge sind geplant, Ziel sind zwei Sandstein-Felseninseln, Koh Bida Nai und Koh Bida Nok. Die Fahrt dorthin dauert anderthalb bis zwei Stunden, Nichttaucher zahlen dafür auf den Ausflugsbooten richtig Geld. Nach dem Ablegen der MS Lanta Divers gibt es erstmal Frühstück, später werden wir mit Obst, Getränken und, zwischen den Tauchgängen, einem Mittagessen versorgt – wir leben gut.

Die Fahrt an der Küste entlang ist wunderschhön, immer wieder kleine Inseln und schöne Anblicke. Weiter draußen ist eine Zeit lang weniger zu sehen, bis immer wieder, weit entfernt, die oft steil und schroff und manchmal wirklich bizarr aufragenden Kalkstein-Inseln auftauchen, für die die südliche Andamanensee so berühmt ist.

Ich bekomme einen eigenen Guide zugeteilt – beim Tauchen bleiben die Schulen getrennt. Die anderen vier Taucher von Apo Dhatu sind eher Anfänger oder machen sogar gerade erst ihre Prüfungstauchgänge. Ich bin begeistert, denn erstens macht das Tauchen in so kleiner Formation noch mehr Spaß, und außerdem bin ich nach einem Jahr Pause zugegebener Maßen auch etwas nervös. Mat ist Franzose (komisch, ich habe fast immer französische Instructors und Guides) und ein cooler Typ.

Das Völkchen der Tauchlehrer und -guides ist übrigens ein ganz besonderes: Es sind alles Menschen, die um die Welt ziehen über Jahre und meist mal hier, mal da leben und arbeiten. Eine Mischung aus Weltennbummlern, Aussteigern, Idealisten und manchmal auch schrägen Typen. Oft tätowiert, das gehört schon fast dazu. Die Bootscrews sind übrigens immer Einheimische. Ist wohl zu hart, schmutzig und schlecht bezahlt…

Die Fahrt an der Küste entlang ist wunderschhön, immer wieder kleine Inseln und scchöne Anblicke. Weiter draußen ist eine Zeit lang weniger zu sehen, bis immer wieder, weit entfernt, die oft steil und schroff und manchmal wirklich bizarr aufragenden Kalkstein-Inseln auftauchen für die die südliche Andamanensee so berühmt ist.

Die Aufregung steigt, beim Briefing erfahren wir die geplanten Tauchrouten und Bedingungen und was es möglicherweise zu sehen gibt. Wir ankern zuerst vor Koh Bida Nai, die steil, karstig und mit allem möglichen Grün bewachsen, vor uns aufragt. Inseln wie diese habe ich noch nirgends außerhalb Asiens gesehen. Sieht toll aus, mit dem hellen, türkisen Wasser drumherum, dass dann weiter drau0en in Tiefblau übergeht.

Das wirklich Lästige am Tauchen ist die Vorbereitung. Die Ausrüstung zusammenzubauen ist nur nervig, wenn man es nicht sooft und routiniert macht, weil man sich furchtbar konzentrieren muss, um nichts falsch zu machen, denn das ist schließlich lebenswichtig im engsten Wortsinn. Aber richtig lästig finde ich das anziehen: All diese engen Sachen, in die man sich reinzwängt bis hin zu den Flossen. Dann das schwere Equipment, der Bodycheck, ob alles funktioniert. Und zu guter Letzt wackelt man mit der Last und den Flossen wie ein Teletubbie über Deck zum Ausstieg. Wäre das Tauchen nicht so wunderbar, würde ich das sicher schon deshalb längst drangegeben haben.

Der erste Tauchgang ist genauso schön wie der zweite, obwohl die Sicht für hiesige Verhältnisse nicht so kristallklar ist wie meistens. Aber 15 -bis 18 Meter Wunderwelt sind genug. Eine bunte bizarre Welt voller Korallen, Farne, bewachsener Felsformationen – und natürlich all die quicklebendigen Bewohner, die uns so selbstverständlich annehmen, beäugen, mitschwimmen lassen.

Gleich beim ersten Abtauchen sind wir von einem riesigen Schwarm Yellow Snapper umgeben, das ist so schön, dass ich keine Zeit für Nervosität habe. Die eleganten Barracudas, die lustigen Clowns- und Korallenfische, die schrägen Kofferfische, schillernde Papageienfische, schwebende Rochen silberne Barsche, Schwärme von Butterfly– und Surgeon-Fischen extravagante Scorpion- und Lionfische – beide wunderschön, sehr giftig, aber überhaupt nicht am Kontakt interessiert. Und das sind nur ein paar von all den geschmeidigen, bunten, vielfältigen Schuppenträgern, die wir in den nächsten beiden Tagen sehen, die meisten kann ich kaum beim Namen nennen.

Eine Seeschlange begleitetet uns ein Stück des Wegs – auf Abstand, aber mit Interesse. Und wir finden sogar Nudibranches, das sind wunderschöne kleine Nachschnecken in verrückten Formen und Farben, sie sehen aus wie vom Schmuckdesigner, sind schwer zu finden, man muss sehr ruhig tauchen und genau hinschauen.

Da unten gibt es so viele Formen und Farben, wie oberhalb der Wasseroberfläche kaum irgendwo. Es ist einfach immer wieder faszinierend.

Keine Angst, das geht jetzt nicht Seitenlang oder tagelang so weiter, ich beschränke mich auf dieses eine Mal. Natürlich ohne zu vergessen, mich damit zu brüsten, dass ich am zweiten Tag eine Riesenchildkröte entdeckt habe, die sich unter einer großen Koralle schlafen gelegt hatte.

Die Ausbeute – rein optisch und ideal, versteht sich – ist an den beiden Tauchtagen, die ich mit hier auf Lanta gönne, einfach phantastisch. Schön auch mit anderen Tauchern unterwegs zu sein, die Spaß haben, begeistert sind und sich an alle Regeln von gegenseitiger Hilfe bis „Nichts berühren, nichts mitnehmen“ halten.

Am zweiten Tag geht es zu einem gut zwei Stunden entfernten Archipel, das aus vier dieser besonderen Inseln besteht: Koh Haa. Diesmal ist der Chef, Jean Marc, Guide für mich und Stephane, meinen Buddy an diesem Tag. Ich erspare, wie versprochen, allen Nichttauchern weitere ausufernde Schilderungen… es ist einfach immer wieder ein wunderbaren Erlebnis, inklusive der Sensation, sich unter Wasser in ein anderes Wesen zu verwandeln, das sich eben auch ganz anders fortbewegt : mit dem Atem, statt mit Armen und Beinen.

Wir sind jeweils erst gegen 16 Uhr zurück – und ich bin platt. Da braucht es nicht mehr viel zum glücklich und zufrieden sein: Ein abendliches Bad im Meer, eine Massage, ein leckeres Abendessen, ein Bier… Die Welt kann so schön sein!