26: Good Bye, Vietnam!

Zurück in Saigon! Es ist schön, wieder hier zu sein, nicht nur, weil es der erste Ort unserer Begegnung mit diesem schönen und manchmal verwirrenden Land war. Ich fühle mich einfach wohl hier in Vietnams südlichster Metropole, es ist meine Southern Belle: charmant, chaotisch, lächelnd und liebenswert. Da sind sie wieder die Millionen Rollerfahrer, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun scheinen als auf ihren brummenden Zweirädern im Kreis zu fahren, die lächelnden Menschen, die Cafés auf den Bürgersteigen, in denen man stundenlang sitzen und einfach nur schauen kann, ohne dass es langweilig wird.

Wir wohnen wieder im Silk Path Hotel zum Dumpingpreis, den wir bei unserer Abreise schon ausgehandelt hatten, in einem schönen Zimmer mit Blick über die Dächer und den Ben Tranh Markt auf das futuristische Finanzcenter. Endlich mal wieder ein schönes Zimmer mit sauberem Bad ohne Schimmel. Wir genießen den Trubel bei einigen Stadtspaziergängen und mit vietnamesischem Eiskaffee auf dem Bürgersteig – Zeit nochmal alles Revue passieren zu lassen.

Es war meine erste Reise nach Asien. Vieles war neu und fremd, anders als erwartet. Was bleibt, sind Mosaiksteine für ein Bild in der Erinnerung, das vielleicht darauf wartet, irgendwann noch einmal ergänzt zu werden. Obwohl wir über 4000 Kilometer durch´s Land gereist sind, haben wir längst nicht alles gesehen. Was ganz fehlt – und das bedauern wir beide sehr – sind die Berge. Wir haben viel darüber gehört, von Reisebekanntschaften und Vietnamesen, aber die Zeit hat nicht mehr gereicht.

Ein Bild, das ich immer im Kopf behalten werde, ist das bunter, quirliger Betriebsamkeit, viel quirliger, als man sich das als Europäer vorstellen kann. Und Gelassenheit im Chaos: Da wird mitten im laufenden Verkehr mal locker alles für den Nachtmarkt vorbereitet – Kabel werden über die Köpfe der Menschen und die fahrenden und parkenden Fahrzeuge gezogen, niemand nimmt Notiz davon. Kurze Zeit später entsteht da, wo gerade noch der Verkehr rauschte, eine kleine Stadt von Marktständen und Restaurants – völlig unaufgeregt und perfekt – jeden Tag wieder.
In unserem Hotel über uns auf dem Dach platzt einer der großen Wasserbehälter, das Wasser läuft durch das komplette Treppenhaus und ein paar angrenzende Bäder über sieben Stockwerke bis ins Erdgeschoss: Da wird von unten nach oben eifrig gewischt, aber sonst passiert gar nichts – es ist Sonntag.
Oder all die Menschen, die in all dem abendlichen Lärm und Chaos auf den Straßen einfach friedlich auf einer Liege, einem alten Sessel oder auch auf ihrem Motorroller schlafen. Da flitzen schon mal kleine Kinder im Schlafanzug auf dem nächtlichen Bürgersteig herum und spielen, weil sie natürlich neben dem Geschäft, wo die Eltern arbeiten, später schlafen gelegt werden.

Selten habe ich gesehen, dass jemand die Ruhe verliert, irgendwie scheint immer alles zu gehen. Was nicht heißt, das die Vietnamesen nicht gern mal genüßlich Hektik veranstalten: am Hafen zum Beispiel oder am Busbahnhof. Da wuseln und palavern sie laut durcheinander wie ein wildgewordener Hünherhof, aber das ist wohl eher Ritual.

Reden – das ist ein ganz wichtiger Volkssport. Die Menschen hier schnattern in jeder Situation leidenschaftlich und viel – in allem Tonarten. Was gelegentlich durch diese lustig klingende Sprache mit allen emotionalen Färbungen ausgesprochen lustig klingen kann. Und eben ziemlich laut! Nicht zu vergessen, das ewige Gekicher! Ich kenne kein Volk, das so viel und gern lacht, und so freundlich und hilfsbereit ist! Und wenn es ein Problem gibt, kommt man meistens mit einer lächelnd vorgetragenen Beschwerde wesentlich weiter als mit lauten Worten. In der ganzen Zeit hier sind uns gerade mal eine Handvoll unfreundlicher Gesellen begegnet.

A propos Sport: Der muss hier auch unbedingt nochmal gewürdigt werden. Weder Smog noch lange Arbeitszeiten oder fehlende freie Tage halten die Vietnamesen davon ab, sich in irgendeiner Weise sportlich zu betätigen. Und das eben vorzugweise an der frischen Luft, morgens und abends in Parks, am Strand, auf Plätzen. Laufen, Turnen, Tennis, Skateboard, Fußball, Volleyball, Tai Chi und noch ein paar andere lustige Sportarten, die ich nur hier gesehen habe.

Die Arbeitszeiten hier sind lang und meistens schließen sie auch das Wochende mit ein, aber man bleibt dabei ganz entspannt, ohne faul zu sein, das fällt auf. Viele einfache Restaurants (außerhalb der Innenstädte von Saigon und Hanoi), in denen Leute Mittagspause machen, haben mindestens genau soviele Hängematten wie Stühle – für das Schläfchen danach. Schlafen kann man aber auch auf dem Boden liegend hinter der Hotelrezeption oder dem Bartresen, auf einer Decke am Straßenrand – überall da, wo Platz ist.

Auch Essen ist ein spezielles Thema. Selbst wenn die hygienischen Bedingungen oft Grenzen überschreiten, ist ein voller Magen hier von großer Bedeutung und man kann Vietnamesen wirklich in jeder Situation essen sehen: vor und nach der Arbeit am Straßenrand, bei der Arbeit auf dem Boden, auf dem Rücksitz ihres Mopeds, auf der Bordsteinkante – auch wenn kaum Platz für den Teller ist.

Hauptnahrungsmittel sind Reis und Nudeln in tausend Variationen. Wobei der Reis ziemlich trocken mit Beilagen gegessen wird, die oft ebenfalls eher trocken sind. Daneben steht aber öfter ein Schälchen mit irgendeiner Soße zum einstippen. Die Beilagen sind Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte und Gemüse. Aber so gern und viel die Vietnamesen auch Fleisch essen, es ist selten weichgekocht, keine Ahnung, warum. Nudeln werden in jeder Form angeboten: gekocht, gebraten und vorallem im wichtigsten vietnamesischen Gericht: Phó, Nudelsuppe. Die ist für die meisten hier das Frühstück, vorzugsweise mit Stäbchen und Löffel gegessen, wegen der Einlagen. Viele Gerichte der einheimischen Küche, die sicher lecker sind, haben wir nicht kosten können. Niemand hier kann genug englisch – außer vielleicht, um den Preis zu verhandeln – also kann man auch nicht fragen. Angesichts der Fleischsorten, die so ziemlich die gesamte Fauna einzubeziehen scheinen (vorallem im Norden) und all der verwendeten Körperteile, ist der prüde Mitteleuropäer dann doch etwas mißtrauisch.

Mit Salz und Zucker geizt die hiesige Küche etwas, außer beim Kaffee, der ist pappsüß. Und er wird auf eine ganz eigene Weise gekocht, wenn man nicht gerade Eiskaffee trinkt: In einem kleinen Aluminiumfilter, der auf die Tasse aufgesetzt wird, ist der Kaffee unter einem Deckelchen, darauf wird das kochende Wasser gegossen. Der Kaffee läuft dann tropfenweise in die Tasse durch, in der bereits eine ordentliche Portion süßer Kondenzmilch wartet. Speziell, aber nicht unlecker.

Unbedingt erwähnt werden sollten noch gewisse modische Aspekte. Dabei fällt die männliche Seite eher knapp aus: Wie überall in heißen Ländern dominieren Bermudashorts oder leichte lange Hosen, Basecap oder auch eine Art Tropenhelm in verschiedenen Materialausführungen. Bei den alten Herren findet sich dann auch schon mal ein traditionell-vietnamesischer Stoffanzug oder ein Judoanzug im Jeanslook.

Interessanter ist natürlich die Damenwelt. Zuerst muss hier erwähnt werden, dass die meist schlanken und sehr graziösen Vietnamesinnen sogar im strengen Businesskostüm ausgesprochen toll und elegant aussehen. Aber das ist natürlich der kleinere Teil. Bei den jungen Wilden überwiegt Supermini oder kurze Hose, niemals aber bauchfrei. Bei der Fußbekleidung gibt es generell bei allen Frauen nur zweierlei: flache Zehensandalen oder Ballerinas oder – mit Vorliebe: Highheels, so hoch es geht! Das muss besonders unter dem Aspekt der hier nicht stolperfrei zu begehenden Straßen erwähnt werden. Und das gilt auch für die zwar kleinere, aber immer noch gut vertretene Gruppe der jungen Frauen, die oft das wunderschöne klassische Ao Dai, dieses feminine lange Seidenkleid, das an den Seiten gebunden wird und über einer Seidenhose getragen wird. Sieht einfach toll aus!
Die ältere bis betagte Dame trägt hier überwiegend so eine Art Outdoor-Pyjama. Wobei das Material von knallbuntem Stoff bis zu Seidenbrokat reicht. Sieht schon ein bisschen putzig aus.

Aber für alle Frauen hier gilt: Sonne ist unbedingt zu vermeiden, denn sie macht braun und häßlich. Unser : „Du bist aber schön braun!“ ist hier eine schlimme Beleidigung. Um das also zu vermeiden, tragen die Frauen hier erstens so gut wie alle den ewigen Atemschutz in allen Farben (in den Städten macht er ja noch als solcher Sinn wegen des Smogs, aber bei der Arbeit auf den Reisfeldern oder im Strandrestaurant weniger), außerdem oft oberarmlange Handschuhe, auch bei größter Hitze Strickjacken und – wenn keine lange Hose – fast immer lange, blickdichte Strümpfe, die es für die Flipflops auch in spezieller Ein-Zeh-Ausführung gibt. Auf dem Kopf trägt SIE entweder den klassischen Kegelhut oder einen breitkrempigen Sonnnhut und eine große Sonnenbrille.

Das Verhältnis der meisten Menschen hier zum Müll ist eines der Rätsel, das für mich ungelöst bleibt. Die einfache Erklärung, das sei ebem in der dritten Welt Asiens so, „die kennen das nicht anders“, reicht mir nicht. Denn sieht man sich Kultur, auch Alltagskultur und Kunst an, kann einem der ausgeprägte Sinn der Vietnamesen für Schönheit und Harmonie nicht entgehen. Umwelt, Natur und Tierwelt scheinen aber nicht unbedingt dazuzugehören. Mir fallen da gleich tausende toter Fischchen in der Ha Long Bay und ein zerstörtes Korallenriff beim Tauchen ein – Opfer und stumme Zeugen der immer noch praktizierten Dynamid-Fischerei.

Vietnam ist ein tolles Land, aufregend für Entdecker, wenn sie denn aufgeschlossen und sehr toleranzfähig sind. Ansonsten sollte man besser zu Hause bleiben, denn wie schon an anderer Stelle erwähnt: Alle europäischen Maßstäbe greifen nicht. Man hat viele Begegnungen mit großartigen Menschen – mit denen man allerdings nur selten wirklich kommunizieren kann, wegen der Sprachbarrieren.

Das war´s für dieses Mal von meiner Seite.

ps: Unsere Abreise mussten wir trotz horrender Umbuchungsgebühren verschieben. An unserem letzten Abend in Saigon habe ich mir eine üble Lebensmittelvergiftung zugezogen. Es war gar nicht so leicht und nur mithilfe einer Notfallnummer aus dem Reiseführer möglich, schnelle medizinische Hilfe für Ausländer zu bekommen. Alles sehr abenteuerlich! Mit einer guten Behandlung inklusive Infusion gegen die Dehydrierung plus einem umfangreichen Medikamentenpaket ist alles noch mal gutgegangen und wir können den Rückflug mit eintägiger Verspätung antreten. Shit happens! Glück im Unglück, wir waren in Saigon und hatten ein sauberes Hotelzimmer!

Auf Wiedersehen, Vietnam!

24 Vietnam: Abenteuer Delta 2

Am nächsten Morgen verlassen wir fast ungesehen das nette Hotel, der Typ hinter dem Tresen schläft wie ein Bär – auf dem Boden – und winkt bloß verschlafen ab. Wir stellen unser Gepäck einfach neben ihm ab und gehen – zum Busbahnhof. Schließlich schaffe ich es, die Mädels am Ticketschalter und die Wachmänner nach längeren Ausspracheübungen fröhlich aufmerken zu lassen – sie haben endlich Mekong verstanden! Hatte ich schon erwähnt, dass im Vietnamesischen jeder Vokal sechs verschiedene Tonhöhen hat, die alle etwas anderes bedeuten?!

Ohne alle weiteren Irrungen und Wirrungen, die noch folgten, näher aufzuführen: Irgendwann sitzen wir tatsächlich auf dem Sozius von zwei Motorrädern , die von einem Wachmann herbeitelefoniert und offensichtlich instruiert wurden. Jetzt beginnt der Tag langsam schön zu werden! Der Weg führt etliche Kilometer auf schmalen, von allen möglichen Obstbäumen und Palmen beschatteten Wegen an kleineren Nebenarmen des Mekong entlang. Richtig idyllisch, so wie man sich den Obst-und Gemüsegarten Vietnams vorstellt.

Allerdings scheint das ganze von den unzähligen Neben- und zwei Hauptarmen des Mekong durchzogene Delta durchgängig besiedelt, das ist uns schon gestern auf der Busfahrt aufgefallen. Endlose Siedlungen entlang der Straßen und Kanäle, unterbrochen nur gelegentlich von Reisfeldern oder Obstplantagen, auf denen Früchte wie Bananen oder Litschis wachsen, Gemüsefelder, Lotus-Zuchtteiche mit ihren wunderbaren lila Seerosenblüten. Doch trotz der Zersiedelung ist alles leuchtend grün und tropisch üppig. Ein großartiger Anblick nach soviel Trockenheit auf Phu Quoc! Hier gibt es endlich wieder blühende Bäume und Sträucher außerhalb von Blumentöpfen und Hotelgärten. Auch scheint es den Bewohnern vergleichsweise gut zu gehen, der Handel floriert. Auch die ärmlichen Blechhütten wirken in der schönen Umgebung längst nicht so trostlos wie anderswo.

Fast 4800 Kilometer und vier Länder hat der Mekong – von den Vietnamesen auch Fluß der neun Drachen genannt – hinter sich, wenn er sich hier ins Südchinesische Meer ergießt. Das Delta ist fast 75.000 Quadratkilometer groß und für Vietnam unglaublich wichtig. Allerdings hochgradig gefährdet vor allem dadurch, dass das Wasser stetig zurückgeht, weil China bereits zwei riesige Staudämme gebaut hat und sechs weitere im Bau oder geplant sind. Die Proteste der anderen Länder, für die der Mekong riesige Bedeutung hat, beeindrucken die Chinesen nicht. Auch Laos hat zwei solcher Bauwerke zu verantworten.

Tätsächlich landen wir nun an einer Anlegestelle, wo einige größere und kleiner Sampangs liegen, wie die flachen, überdachten Holzboote hier heißen. Ein smartes Bürschchen, das Englisch spricht (schon das macht uns glücklich!), verspricht und verkauft uns eine drei Stunden dauernde Tour zum schwimmenden Markt, auf den riesigen, schlammgelben Mekong inklusive einer Runde in einem ganz kleinen, einbaumähnlichen Böötchen auf einem schmalen Nebenfluß. Nur wir alleine! Ja! Geschafft! Unsere Stimmung ist eindeutig gestiegen mit der Überzeugung, dass uns unser Spürsinn für die Abenteuer jenseits des ganz dicken Mainstreams doch nicht verlassen hat.

Der schwimmende Markt hier ist leider nicht mehr allzu groß, auch hier übernehmen immer mehr moderne Großmärkte das Geschäft. Die Frachtschiffe sind schwer beladen mit Reis, Obst, Gemüse – und heute auch eins mit schnatternden Gänsen auf zwei Etagen unter Deck. Wenn ein Kunde interssiert ist, fährt er seitlich heran und die Fracht wird per Muskelkraft, oder mit eher kleinen Maschinchen von einem Schiff auf das andere umgeladen. Die Meisten leben auf ihren Schiffen, hinter dem Führerstand (wie heißt das eigentlich bei solchen Frachtkähnen?) hängt oft die Wäsche der Familie. Zwischen den Frachtkähnen schippern einige schwimmende Versorger herum, wie kleine Cafés oder Garküchen, die uns und die arbeitenden Menschen auf den Schiffen mit heißen und kalten Getränken und eben auch Eseen versorgen. Die meisten Kähne haben auf ihrem stumpfen Bug Augen aufgemalt. Lauter Flußgeister …

Na schön, zugegeben, so ganz ohne Tourikram haben wir es auch nicht hinbekommen. Nach der Fahrt über den schwimmenden Markt werden wir hilflos von unserem nichts verstehenden Käpt´n ein bisschen kaffeefahrtmäßig an verkaufsstrategisch günstigen Punkten zum Landgang aufgefordert. Aber es ist alles noch ganz spannend: ein Imker, eine Pop-Reis-Herstellung, eine Kokosbonbon-Manufaktur, ein paar Galerien daneben von einheimischen Künstlern. Und eine große , sehr vielfältige Plantage, in deren Mittelpunkt ein ansehnliches modernes Marmorhäuschen steht. Dort bekommen wir Tee und Obst serviert – und dann geht das Kulturprogramm der erweiterten Familie los, nur für uns. Volksliedchen mit typischen Instrumenten und eine wunderbar absurde laienspielmäßig untermalte Moritat aus dem fröhlichen Bauernleben. Großartig, diese Mischung aus Folklore-Kitsch und völlig überzogener Stand up Comedy!

In Rage versetzt hat uns dann allerdings zunächst die versprochene Fahrt mit dem kleinen Boot – sie ist 400 Meter und zehn Minuten lang. Bei unserer Rückkehr proben wir ein bisschen Aufstand bei unserem Bürschlein am Kai, so wenig haben wir nämlich für hiesige Verhältnisse nicht bezahlt, um uns widerspruchslos veräppeln zu lassen. Smartie ist entsetzt und reuig, wir weden noch einmal per Sampang zum Nebenflüsschen gefahren und nunmehr wenigstens eine halbe Stunde von einer Frau mit Kegelhut (den tragen hier tatsächlich noch ganz viele Frauen) durch den wirklich malerischen kleinen Wasserlauf gestakt. Friedlich, tropisch, idyllisch! (Man traut es sich kaum zu sagen: echt romantisch.)

Jetzt sind wir zufrieden, zumal Smartie uns nun auch noch zwei weitere bezahlbare Motorradtaxis vermittelt und abspricht, dass die Burschen mit uns das Gepäck aus dem Hotel holen und uns dann zum Busbahnhof bringen. Danke, Mekong, es war sehr schön, aber Saigon wartet!

23 Vietnam: Abenteuer Delta 1

Der Superdong bringt uns von Phu Quoc auf´s Festland, nach Rach Gia. Das Schnellboot wirkt irgendwie wie ein von der Sowjetarmee aus den 60er-Jahren geerbtes, auf Zivil umgerüstetes Personen-Transport-Schiff. Das Ding ist für die Insulaner die wichtigste Verkehrsverbindung, so sind neben ein paar Touristen vor allem Vietnamesen von der Oma mit der Gemüsekiepe bis zum Marinesoldaten auf Heimaturlaub an Bord. Das sorgt beim Ein-und Aussteigen für einiges Chaos, denn die Leute hier können ganz schön hektisch sein und werden dabei ganz schön laut! Wie ein verrückt gewordener Ameisenhaufen, der gerade das Sprechen entdeckt hat.

Bei fast arktischen Temperaturen in die alten Vinylsessel eingefercht, sind wir mangels Aussicht dazu verdammt, das Bordfernsehen zu genießen. Auf dem Programm steht neben einer Fünf-Minuten-Kurzfassung von Rambo 3 (in Asien!) ein nichtendenwollendes Ober-Super-Schnulzen-Schlagerprogramm mit Musikvideos von epischer Länge. Was zuerst noch skurril und lustig ist, geht einem nach gefühlten fünf, tatsächlichen zweieinhalb Stunden gehörig auf den Nerv.

Endlich sind wir in Rach Gia, wo wir mit einem kleineren Zubringerbus zum Busbahnhof gebracht werden, um von dort weiter ins Mekong-Delta zu fahren. Die meisten anderen wollen nach Saigon. Unser Ziel ist Cai Be, eine kleinere Stadt, wo es laut Reiseführer einen nicht zu überlaufenen, schwimmenden Markt geben soll sowie die Möglichkeit, einen Bootstripp auf Mekong und Nebenarmen zu unternehmen – ohne große Gruppen. Nach einer etwas nervigen Umsteigeaktion sind wir gut zehn Stunden nach unserer Abreise in Cai Be. In einem großen Busbahnhof irgendwo in Nirgendo, wo uns wirklich NIEMAND versteht.

Wir haben nicht mal eine Ahnung, ob es irgendwo eine Art Stadtzentrum gibt, ob das mit dem schwimmenden Markt stimmt, nichts. Und Auskünfte – Fehlanzeige. Irgendwann finden wir heraus, dass es ein Hotel gibt, einen knappen Kilometer vom Busbahnhof entfernt. Aber keine Motorradtaxis und auch keine Taxis – hierher kommt niemand. Und die Umgebung besteht aus einem vietnamesischen Highway und scheußlichen Häusern links und rechts davon. Na toll!

Wir hängen uns sämtliche Gepäckstücke um und keuchen los in der feuchten Hitze des Delta-Abends. Auf dem Standstreifen als Geisterläufer gegen den Verkehr. Aber bald hält eine Frau auf einem Roller an und bietet uns an, uns zu fahren. Einner nach dem anderen als Hallelujah-Tour mit schwankenden Gepäckbergen, vor und hinter uns. Gott – oder wem auch immer – sei´s gedankt, auch wenn sie anschließend ein unverschämtes Honorar verlangt.

Das Hotel ist ein versteckt liegender absurd großer Kasten, wo wir von drei nichts verstehenden Männern bestaunt werden. Immerhin ist klar, was wir wollen. Wir können uns ein Zimmer aussuchen, außer uns gibt es keine Gäste. Die billigste Kategorie verlassen wir nach fünf Minuten wieder – laut, schmuddelig, brutheiss, denn die Klimaanlage funktioniert nicht. Das zweite Zimmer ist auszuhalten, auch wenn wir Teddy-Bettwäsche ungenannten Waschdatums haben … wir haben ja Schlafsäcke mit.

Zum Abendessen laufen wir wieder zum Busbahnhof, in den örtlichen Lokalitäten trauen wir uns nicht zu essen. Danach versuchen wir im Internet herauszufinden, wie was wo wir morgen machen können … Ich gebe zu, ich bin etwas verzagt und nicht eben in Hochstimmung. Aber schließlich wird Miki fündig und findet den Namen des angeblichen Marktes, eine Art Karte dazu und ich lese in einem Reiseblog, dass in der Nähe eine Katholische Katedrale sein soll. Ob es uns nun morgen auch noch gelingt, das alles jemanden zu vermitteln und überhaupt eine fliegende Untertasse oder ein anderes Transportmittel zu finden?

21 Vietnam: Da, wo der Pfeffer wächst 2

Der Tag beginnt mit Fremdschämen für die eigenen Landsleute. Unser frühmorgendliches Bad machen wir ein Viertelstündchen später als gestern – ein fataler Fehler. Im feineren Resort 500 Meter nördlich, wo das Wasser sauberer ist, herrscht nicht mehr Ruhe, sondern wie auf Kommendo kommen schlaftrunkene Menschen deutscher Herkunft aus allen Ecken im Dauerlauf, sich gegenseitig überholend, Richtung Strand gerannt, bewaffnet mit Handtüchern, Autobild und Superillu, um Liegen zu blockieren und dann wieder ins Hotel zu taumeln. Oh, Gott, niemand tut das außer den Deutschen! Wir sind völlig geplättet von dem peinlichen Schauspiel und hoffen, dass uns niemand diesen Menschen zuordnet.

Heute schwingen wir uns auf den Roller und düsen Richtung Süden. Einen ersten Stopp legen wir bei einem Park außerhalb der Stadt ein, wo – in der Regenzeit – ein Wasserfall zelebriert wird. Schön angelegt, mit seltsamen, aber ziemlich skurrilen Betonskulpturen und Wegen zum flanieren. Zur Zeit allerdings ist alles ausgestorben, da der Fluss trocken ist.

Die Fahrt geht weiter über die große Nord-Süd-Straße, die ein Erlebnis für sich ist. Oder besser ein absurdes Geheimnis, das sich uns nicht erschließen will: Ein paar Kilometer (oder auch nur einige hundert Meter) präsentiert sich diese Hauptverkehrsader als vierspurige Autobahn mit breiten Standstreifen, dann plötzlich wieder ist sie nur Sandpiste, dann mal Riesenbaustelle ohne Arbeiter, dann Kiesaufschüttung, schmaler Weg – das alles immer im Wechsel, so dass kein einziger längerer Abschnitt durchgehend befahrbar ist. Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht gesehen hat. Ist aber typisch für Vietnam, nur in dieser Konsequenz Spitze.

Auf unserer Touristenkarte ist etwas abseits der Hauptstraße ein weiterer großer Tempel eingezeichnet. Da es sonst nicht eben viele Sehenswürdigkeiten gibt, wagen wir uns dafür auf eine weitere Buckelpiste. Wir passieren eine wunderschöne kleine Strandbucht, deren Sand allerdings unter all dem Plastikmüll an keiner Stelle zu sehen ist. Es folgen etliche Kilometer Schotterpiste durch rotstaubigen Urwald.

Dann plötzlich gut 500 Meter frisch aufgeschütteter Kies, auf dem dekorativ, aber untätig eine museumsreife, verrostete Dampfwalze seht. Wieder so ein Straßenbau, bei dem keine Arbeiter zu sehen sind, der irgendwo in der Mitte einer Straße beginnt und willkürlich irgendwo endet. Aufgeben? Wir doch nicht. Mein Kamikazepilot kämpft den Roller und mich auf dem Rücksitz mit ganzem Körpereinsatz und mehrfach ausbrechendem Hinterrad auf die andere Seite. Schließlich landen wir auf einem Berg über der Küste vor einem Riesentempel, dessen Außenanlagen allerdings zum Teil noch im Bau und somit betongrau sind.

Ein Cao Dai Tempel, der ganz ungeniert mit seinen Spendern wie der Fluggesellschaft Vietjet, Banken usw. wirbt – seltsam. Die Nonnen und Mönche sehen hier ganz anders aus als in Tay Ninh: kahle Köpfe, einheitliches braun. Wir gehen zum Haupttempel, der bereits fertig ist. Kaum haben wir diesen betreten, erleben wir eine völlig absurde Vorstellung.

Ein lächelnder Mönch eilt uns entgegen, winkt uns hinein, nimmt uns die Kamera aus der Hand. Nun folgt ein schweigender, aber resoluter Marathon durch Haupt- und Nebentempel sowie den Hof. Wir werden von dem eifrigen Diener Gottes über 20(!) mal in fast dergleichen Pose vor so ziemlich jedem Buddha, Altar, schließlich sogar der linken und rechten Tee-Ecke (ohne Tee!) etc. aufgebaut und abgelichtet. Hintereinander weg, unterbrochen nur von einer unmissverständlichen Aufforderung zu Spenden an verschiedenen Stellen, bei denen der eifrige Fundraiser einfach in unser Portemonaie greift und sich herausnimmt, was ihm angemessen erscheint. Dann geht es immer weiter mit der absurden Fotosession, die darin gipfelt, dass wir vor einem heiligen Stein einen umgekippten alten Baum, auf dem mit Draht gelbe Plastikblüten befestigt sind, für´s Foto festhalten müssen um ihn verzückt anzuschauen. Nach dem Foto fällt das Ding zurück in den Dreck. Die Krönung: Der Mann ist offensichtlich schwul und fingert ständig an Miki herum, tätschelt seinen Arm und himmelt ihn an. Als wir zehn Minuten später wieder allein vor der Tür stehen, können wir gar nicht glauben, was wir gerade erlebt haben. Wir verbuchen die nicht eben freiwilligen Spenden als Vergnügungssteuer für das schräge Entertainmentprogramm an diesem Ort fernab im Nirgendwo.

Wir kämpfen uns wieder zurück auf die Hauptstraße und fahren weiter Richtung Südküste. Ich bin mittlerweile sicher: Bei unserer Abreise von Whale Island hatten wir das Zertifikat „Open Diver“ in der Tasche. Bei der Abreise hier steht uns nach gut 200 Kilometern Inselpisten auf dem Scooter das Zertifikat „Iron Ass“ zu …

An Thoi heißt das Städtchen am Südzipfel der Insel. Quirlig, staubig, ohne nennenswerte Sehenswürdigkeiten bis auf zwei Häfen: einen für Fischerboote und den für die Fähre auf´s Festland. Wir sind halbverhungert und suchen etwas zu essen, die Auswahl ist mäßig außerhalb der Hauptessenzeit. Ohne ins Detail zu gehen: Selbst der große Hunger bewirkt nicht, dass wir mehr als ein paar Nudeln aus der servierten Suppe fischen, die noch das ungefährlichste Gericht der Karte war. Der Rest in der Brühe besteht aus zerknackten Schweineknochen, harten Fleisch- und Fettstücken samt Schwarte mit Borsten. So nimmt man wenigstens nicht zu.

Doch das wirkliche Highlight des Tages kommt, nachdem wir schon aufgeben wollen. Die Zufahrt zu einem der beiden ausgewiesenen Strände auf dem Rückweg wird uns von einem Kalaschnikoff bewaffneten, freundlich grinsenden Soldaten eindringlich verwehrt – Sperrgebiet. Sag dass doch mal einer den Tourismuswerbern der Insel. Doch mit grimmiger Entschlossenheit versucht es Miki wenig später beim letzten, vor Duong Dong noch verbleibenden Strand wieder, obwohl ich und mein Hintern längst keine Lust mehr auf noch mehr staubige Kilometer zu einer weiteren möglichen Müllkippe haben.

Viktoria! Da ist er, der Traumstrand! Sao Beach ist einer der schönsten Strände, den wir je gesehen haben: Weißer Sand, Palmen, Hügel und ein helltürkises kristallklares Meer, auf dessen Grund sich die Sonnenkringel spiegeln. So schön! Und als Sahnehäubchen dürfen wir hier auch noch mal fliegende Fische bei ihrer silbernen Regenbogendarstellung beobachten. Der Tag ist gerettet. Wir verbringen hier drei entspannte, man möchte fast sagen entrückte Stunden und sind mit der Welt und Phu Quoc wieder im Reinen.

Vorbei am Museum des berüchtigten Coconut Prison der Amerikaner, wo wieder im Stile von Madame Tussaud das Leiden der Inhaftierten dargestellt wird, begeben wir uns auf den Rückweg Richtung Hotel, die Sonne geht bald unter.

Noch eine kleine Abenteuereinlage: Auf den letzten Wegkilometern, von denen wir sicher wissen, dass der Asphalt durchgängig ist, setzt sich Motorbiene persönlich hinter den Lenker und Miki todesmutig aus den Rücksitz. Ziemlich genau 40 Jahre, nachdem ich auf einem niedlichen DDR-Moped meine Fahrprüfung gemacht habe, steure ich hochkonzentriert dieses Teil, das im Vergleich dazu eine schwere Maschine ist, ohne jede Fahrpraxis Richtung Hotel. Ich, der Roller und der Beifahrer haben es überlebt. Ist halt Abenteuerurlaub!

Aber ein Drink am Strand beruhigt die Nerven und das anschließende Barbecue daselbst verleihen uns die nötige Bettschwere.

Eines habe ich übrigens noch nicht erzählt: Angefixt von unserer neuen Passion und dem nagelneuen Zertifikat haben wir bei der örtlichen Rainbow Divers Filiale noch zwei Tauchgänge für morgen gebucht! Aufregend, das erste Mal ganz ohne Tauchmama Vivis schützende Eskorte. Wie war das alles nochmal? Ausrüstung zusammenbauen, Buddycheck, s.o.r.t.e.d … oh Mann! Mal sehen, ob wir die Realität bestehen. Mit einem Kribbeln im Bauch kriechen wir unter unser Moskitonetz.

Der nächste Morgen beginnt früh: Um sieben werden wir von einem Kleinbus eingesammelt, in dem schon andere verschlafene Diver und Divemaster sitzen. Über die hoppeligen Straßen geht es zum Südhafen und von dort per Schiff zum Archipel aus Inseln und Riffen südlich von Phu Quoc.

Yemanja hat für einen strahlenden Tag und ein ruhiges Meer gesorgt. Nur die riesigen Exemplare der blauen Quallen neben unserem Schiff versetzen mich in Panik. Aber die freundlichen Divemaster beruhigen mich: Die sind nur oben … Hoffentlich wissen die Quallen das auch. Trotzdem weicht meine leichte Nervosität fröhlicher Vorfreude, Miki geht es genauso.

Wir werden einem lustigen vietnamesischen Divemaster zugeteilt, der Huang heißt, aber Cooler genannt wird. Er ist ein alter Hase und erklärt uns, dass wir alles ganz easy nehmen sollen, er wäre ein lazy & slow swimmer, wie es sich für coole Taucher gehört. Die anderen Divemaster und Instruktoren sind übrigens ein wild und multinational zusammengewürfeltes Völkchen: USA, Russland, Frankreich, alles vertreten.

45 Minuten später wird es ernst. Nix mit Ausrüstung zusammenbauen – alles vorbereitet, full service, boah! Und nicht mal den Buddy Check müssen wir allein machen, Cooler macht das. Miki ist jetzt echt enttäuscht, er wollte mich damit überraschen, dass er sich inzwischen alles gemerkt hat. Vier Tauchergruppen à zwei bis vier Taucher und zwei „Lehrlinge in Ausbildung“ gehen an den Start. Erster Stopp: „Maritim Protected Area“, hier soll es auf 18 Meter gehen. Die Wassertemperatur beträgt 29 Grad.

Noch ein kurzes Flattermännchen an der Bootskante, Brille, Maske und Gewichtsgürtel festhalten und dann rein ins tiefe Blau. Ja, es funktioniert! Alles ganz locker, auch der Abstieg und alles weitere ist pures Vergnügen. Die Korallen präsentieren sich in voller Pracht, Fischschwärme lassen uns mitschwimmen, andere Flossengenossen starren uns misstrauisch an. Die Quallen halten sich an die Regeln … Wir bewegen uns ganz ohne Anfängerprobleme, keine Zappeleien wegen ungewollten Auf- oder Abstiegs – einfach nur genießen.

Dasselbe gilt auch für unserem zweiten Tauchgang an einem alten Riff, zwei Stunden später, nachdem wir zwischendurch noch eine Runde geschnorchelt haben. Diesmal begegnen wir in 15 Meter Tiefe unter anderem einem dicken Pufferfisch, der uns verdrossen aus seinem Versteck in einer alten Koralle anglotzt. Zum Abschied spielen wir noch mit ein paar lustigen Clownsfischen (Nemo) und verlassen die so lieb gewonnene Unterwasserwelt – bis zum nächsten Mal. Wir nehmen das tolle Gefühl mit, jetzt wirklich Taucher zu sein (bzw. immer mehr zu werden), nicht nur Tauch-Oldies, die irgendwie ihre Prüfung bestanden haben.

Nun gibt es den von der vietnamesischen Männer-Crew liebevoll in stundenlanger Arbeit zubereiteten Lunch. Zuvor haben die Jungs unterwegs bei einem schwimmenden Fischladen eingekauft, sehr kurios. Ihr ganzer Stolz (und Extraverdienst): frische Seeigel. Gekocht mit Erdnüssen und Kräutern oder roh mit Wasabi. Sie haben stundenlang an dem Viehzeug geputzt und wir fühlen uns verpflichtet, nun auch davon zu kosten. Mir graust es – aber es schmeckt gar nicht schlecht. Zumindest mal nicht zäh, wie sonst fast alles Fleisch in Vietnam. Keine Ahnung, warum man das hier nie weichkocht.

Bei Gesprächen mit Cooler über Vietnam und Europa bekommen wir übrigens noch mal ganz klar gesagt, was wir auch so schon begriffen haben: Kein (oder sagen wir: kaum ein) Vietnamese will sein Land verlassen. Und wenn, dann nur, um Geld zu verdienen, was hier nun mal wirklich sehr schwer ist. „Die Menschen da in Europa und Amerika – die verstehen uns sowieso nicht. Sie begreifen nicht, wie wir sind – innendrin.“

Was für ein schöner Abschluss unseres Inselaufenthaltes ist dieser Tag an und unter Bord vor der Küste von Phu Quoc im Golf von Thailand. Nun bleibt noch ein Ausflug zum Nachtmarkt von Duong Dong mit maritimem Nachtmahl, ein letzter Drink am Strand. Dann trennen uns uns nur noch acht Nachtstunden vom Inselabschied. Phu Quoc – die Insel wo der Pfeffer wächst – kein wirkliches Paradies, unberührt schon gar nicht, aber spannend allemal.

20 Vietnam: Da, wo der Pfeffer wächst 1

Nach einer letzten Bicycle-Abschiedsrunde durch die nächtliche Altstadt, einem Abschiedsessen bei den Schwestern und einer sehr kurzen Nacht bringt uns ein Taxi um Viertel vor Sechs nach Da Nang. Irre, so früh am Morgen , aber hier tobt seit Sonnenaufgang offensichtlich der Bär, vorallem in Strandnähe: Die Straßen und der Strand sind bevölkert von Vietnamesen, die alle irgendeiner sportlichen Betätigung nachgehen – von Tai Chi bis Laufen. Alte, Junge – viele sind offenbar schon plaudernd auf dem Heimweg.

Die Vietnamesen sind wie die Lerchen: Wenn die Sonne untergeht, dauert es nicht mehr lange bis sie ganz still werden und sich zur Ruhe begeben (einfache Restaurants außerhalb der Superstädte Saigon und Hanoi schließen oft um Neun, um Zehn sind die Bürgersteige hochgezogen), aber sobald sich die Nacht auch nur in ein lichteres Grau verwandelt, sind sie auf den Beinen.

Am Flughafen geht diesmal alles gut. Da Nang ist eben doch deutlich internationaler und man ist ausländische Pässe gewöhnt. Bei der Ankunft in Saigon, wo wir einen Umsteige-Stopp haben, trifft uns die Hitze wie ein Keulenschlag, und das, obwohl wir aus dem sommerlichen Hoi An kommen – 37°C. Mit etwas Verspätung geht es dann weiter nach Phu Quoc, 365 km südlich: Die Insel, wo der Pfeffer wächst. Von Hanoi trennen uns schon jetzt fast 1900 Kilometer.

Heiß! Staubig! Das sind die ersten Eindrücke. Hier geht gerade die Trockenzeit dem Ende entgegen. Die Insel ist 28 Kilometer breit und 48 Kilometer lang und hat 70.000 Einwohner. Hier wird angeblich die beste Fischsoße Vietnams hergestellt und wie gesagt Pfeffer angebaut. Aber es gab auch ein düsteres Kapitel in der Geschichte der Insel: Phu Quoc war in der Zeit des Vietnamkriegs Gefängnis-Insel, wie auch schon zu Zeiten der französischen Kolonialverwaltung. Jetzt beschreiben sie Reiseführer als paradiesisch, was ich doch für etwas übertrieben halte. Dennoch ist es eine schöne Insel, mit langen Stränden und mäßig hohen, bewaldeten Bergen im Nordosten.

Wir haben nichts vorgebucht. Wie sich herausstellt hatten wir in diesem Falle kein rechtes Vertrauen zu Reiseführer und Internet, die die abgelegenen Strände im Norwesten und Südosten preisen. Irgendwie zu weit weg, um dann auf ein oder zwei Ressorts angewiesen zu sein. Wir haben uns entschieden, doch lieber in der Hauptstadt Duong Dong zu bleiben und uns per Scooter an einsamere Orte zu bewegen. Wir lassen uns am abgelegenen Flughafen auf einen Hotelschlepper ein, der sich später als Besitzer entpuppt. Er bietet uns einen freien Transfer nach Duong Dong an, ohne Verpflichtung bei Nichtgefallen bleiben zu müssen.

Ich will die Sache nicht ausdehnen. Das mit dem kostenlosen Zubringer war ok, die Verhandlungen über einen Aufenthalt letztlich eher ärgerlich. Viele der schöneren am nördlichen Ende der endlosen Long Beach gelegenen Ressorts kommen für unser Budget nicht in Frage. Wir wandern eine Weile am Strand entlang zum volkstümlicheren Ende, dann entschließen wir uns zu einer sehr pragmatischen Lösung: billig und passabel. Wir mieten einen Bungalow in einem einfachen Familien geführten Strandressort für 12 Euro: klein, ein sauberes Bett, Moskitonetz, Tisch, Stuhl, alter kleiner Kühlschrank, Ventilator, Dusch-Klo mit Kaltwasser und sauberem Fliesenboden (Blick an Wände und Decke vermeiden), Miniterrasse. Die Kategorie schön kommt nicht vor, aber zweckmäßig. Es gibt ein eigenes nettes Restaurant am Strand sowie hübsche Bäume, flitzende Geckos, zwitschernde Vögel und nächtliche Fledermäuse zwischen den Bungalows. Hoang, die stattliche Stubenschabe im Bungalow, möchte anonym bleiben.

Die Bungalow-Anlage Lien Hiep Than ist eine von vielen hier am Strand, im „mittleren Westen“ der Insel, aber wir haben uns entschlossen, kein Risiko einzugehen und uns per Taxi an einen der einsameren Strände bringen zu lassen, denn wenn die Anlage da schlecht ist, dann ist man weit weg von allen Alternativen. Und das, was die Internetportale als Beschreibung und Fotos bieten, ist in 80 Prozent der Fälle Phantasie plus viel Photoshop hier in Vietnam.

Drei Kilometer von hier ist das das Zentrum der Inselhauptstadt Duong Dong. Die City sozusagen, auch wenn das stark übertrieben ist. Allerdings ist die kleine Stadt wieder viel geschäftiger und quirliger als manche zehnmal so große deutsche Stadt. Die Attraktionen sind ein großer Cai Dai Tempel, ein paar kleine buddistische Tempel, ein Tagesmarkt und – der Nachtmarkt. Eine in Vietnam sehr beliebte Einrichtung: Shoppen und Essen als Volksvergnügen auf der Straße am Abend (Nacht ist hier ein relativer Begriff, siehe oben).

Am Ankunftsabend sind wir faul nach all dem Stress, lassen uns mit einer Massage zwei Meter neben den Wellen im Sonnenuntergang verwöhnen und nehmen anschließend einen Platz am noch mal fünf Meter entfernten Restauranttisch unsreres Hotels ein. Es gibt hier jeden Abend Barbecue am Strand: ein Fleischmenue oder ein Fischmenue. Wir entscheiden uns für je eins: ein kleiner Schweinefleischspieß mit Zwiebeln und Chilischoten und ein Hühnchenspieß mit Ananas, dazu gegrillte Auberginen, Okra und Kartoffeln plus Knoblauchbrot, das andere Menue unterscheidet sich durch in Folie gegrillten Barracuda. Lecker! Und die ganze Zeit das Meer daneben – das ist Luxus!

Kurz nach Sonnenaufgang nehme ich mein Bad im Meer, allerdings laufe ich dazu ein ganzes Stück den Strand entlang, aus gutem Grund: Ich habe Rohre entdeckt, die hier bei einigen Ressorts ins Meer gehen: Beharrliches Nachfragen ergibt, dass da das vorgereinigte Abwasser ins Meer geht. Uups … remember: You are in Vietnam! Zwar kann es nicht wirklich übel sein, denn dann wären hier alle Touristen krank, aber ich finde es trotzdem eklig und wandere lieber ein bisschen.

Frühstück am Strand und dann auf zur Entdeckertour. Gleich nebenan mieten wir für drei Tage einen Automatik-Motorroller für ingesamt 13 Euro und machen uns auf, den Norden Phu Quocs zu entdecken. Nachdem wir uns erstmal in den Nebenstraßen am nördlichen Stadtrand von Duong Dong verfranst haben und uns ein paar clevere Rotzlöffel für strikt eingefordertes Honorar auf den rechten Weg gebracht haben, passieren wir zunächst eine stadtteilgroße, planierte Baustellen-Mondlandschaft, wo offenbar ein ganzes neues Viertel?/Ressort? entstehen soll. Das prachtvolle Eingangstor steht schon – als Einziges. Danach folgt die vor sich hin qualmende städtische Müllkippe (die 15 Sekunden Fotostopp füllen unsere Lungen mit reichlich Dioxin).

Aber dann kommt immerhin Landschaft. Bald endet die asphaltierte Straße, weiter gehts über rotstaubige Schotterpisten. Links immer wieder das strahlend türkisblaue Meer, sonst staubiger undurchdringlicher Wald, im nächsten Monat beginnt endlich die Regenzeit. Wie bereits erwähnt gibt es in Südvietnam nur zwei Jahreszeiten: die trockene und die nasse.

Die wenigen menschlichen Ansiedlungen sind ziemlich ärmlich. Vorwiegend Blechhütten, manche der Bewohner sitzen vor den Häusern, dösen in Hängematten, spielen Brettspiele. Oft sitzen die Frauen auf der Erde und hacken mit Messern irgendwelche Lebensmittel auf alten Blechen oder Brettern. Gelegentlich habe ich beobachtet, wie sich jemand wäscht, indem er sich samt Kleidung vor eine Wassertonne hockt, sich mit einem Kochtopf Wasser überschüttet, die Bluse oder Hose ein wenig lüpft, mit der Hand darunterfährt und rubbelt – fertig. Ein Bad ist ein ungekannter Luxus.

Man wird angeschaut, aber nie unfreundlich, manchmal winken Frauen und Kinder sogar. So richtig wohl fühle ich mich dabei aber nicht, zumal man meistens in die ärmlichen Behausungen direkt hineinschaut. Und immer wieder überall diese Unmengen von Müll.

Dann  ein paar versprengte Ressorts, allerdings ziemlich gammelig, ebenso wie der zwar schöne , aber ungesäuberte Strand. Uns ist rätselhaft, wie Reiseführer das alles loben können. Gut, das wir hier keine Unterkunft gebucht haben. Wir treffen ein paar Schweizer, die ähnlich reisen wie wir. Sie kennen noch mehr von Asien und Vietnam. Angenehm sauber und müllfrei hätten sie es nur in den Bergen abseits der Touristenrouten erlebt, erzählen sie. Schade, die Bergregionen haben wir dieses Mal nicht geschafft, wir mussten uns entscheiden, wie haben so schon über 4000 km zurückgelegt.

Ganz im fast unbewohnten Norden der Insel passieren wir eine gigantische Baustelle, hier entsteht ein Las Vegas ebenbürtiges Riesenressort. Gerade ist Schichtwechsel und es marschieren ganze Heerscharen junger Menschen zur Arbeit: Wir tippen auf staatlich verordneten Arbeitseinsatz der Studenten. Wie sie untergabracht sind, sehen wir wenig später: Offene Holzhütten mit Hängematten und einem abgehangenen Kabuff – vermutlich zum Umziehen. Erinnert irgendwie an China.

Das Rollerfahren wird langsam zur Super-BMX-Rallye, nur Sand, Kies und Schotter. Dann kommen noch ein paar schöne Blicke aufs Meer, aber die Strände sind ziemlich gammelig und weitgehend verlassen. Schließlich fahren wir noch zu einem Nobelressort, Peppercorn Beach. So nobel, dass wir nicht in Sicht der zahlenden Gäste baden dürfen! Aber das Wasser ist toll hier, eigentlich schon zu warm und ganz klar! Und man kann Kambodscha sehen! Übrigens, nobel heißt hier: Am Strand vor den Bungalows und dem Restaurant tritt man auch schon mal in Hundescheisse oder Glas – und das für deutlich mehr als hundert Dollar …

Unser weiteter Weg führt uns noch zu einem etwas langweiligen Urwaldtrail und irrtümlich in das elendste Dorf, was wir überhaupt gesehen haben. Man kann gar nicht glauben, unter welchen Umständen Menschen leben können. Und dazu der ganze Abfall, sie leben darin, ohne sich daran zu stören. Es ist wirklich erschreckend, wie wenig Sinn für Schönes und Kultur dem Menschen wirklich eigen ist, wenn er nicht so sozialisiert wird. Es ist einfach kein Bedürfnis nach einer anderen Umgebung da, wenn man immer so gelebt hat. Denn sicher, diese Menschen sind superarm, aber so müssten sie nicht leben. Sie tun nichts dagagen. Sie spannen ihre Hängematte über dem Müll, die Babys spielen daneben und das war´s. Ich urteile hier nicht darüber, ich konstatiere nur die totale Agonie und Abwesenheit jeglichen Bedürfnisses nach Veränderung. Es ist schrecklich anzusehen.

Nach gefühlten 500 Kilometern über Schotterpisten (tatsächlich vielleicht 50) erreichen wir dann wieder die „Zivilisation“ der Insel in Form einer leeren, völlig überdimensionalen vierspurigen Autobahn. Es gibt drei Nutzergruppen: ein paar Zweiräder, ein paar weniger LKW und Taxis und – Kühe, die hier allein herumspazieren.

Wir fahren jetzt vorallem an Pefferfarmen vorbei, denn schließlich ist Phu Quoc die vielzitierte Insel, wo der Pfeffer wächst. Er wächst auf großen Rankenpflanzen. Die Bauern trocknen ihn meist auf Folien auf der ebenfalls überdimensionierten Kriechspur der Autobahn – die braucht hier sowieso keiner. Es sieht sehr lustig aus.

Schließlich erreichen wir wieder Duong Dong und der Kreis schließt sich nach einer aberwitzigen Kamikaze-Fahrt durch die Straßengroßbaustelle ín der Stadtmitte, durch die sich  Motorräder, Fußgänger mehr oder weniger mittendurch oder an den Bauzäunen entlangdrängeln – alle gleichzeitig.

Eine Massage am Strand und ein Bad belohnen unsere Hoppelpisten gestressten Wirbelsäulen und Weichteile. Es war eine spannende Entdeckungsfahrt, aber keine, die nur Schönes und Erbauliches gezeigt hat. Keine Ahnung, welcher Marketing-Selbstläufer alle Reiseführer zu der Behauptung verleitet, Phu Quoc sei ein fast noch unberührtes Paradies. Ein paar sehr schöne Strände allein reichen dafür doch nicht so ganz.

19 Vietnam: Entspannter Zwischenstopp

Was haben wir doch für ein Glück! Hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, weil ich im Ausland mit Landsleuten ein Abteil teilen darf. Aber angesichts des Schocks, dass in den Nachtzügen hier in den teuersten Vierer-Schlafwagenabteilen auch oft mal eben fünfköpfigen Familien zwei der vier Betten belegen und man dann die Nacht unter unerträglichen Umständen verbringen darf, empfinden wir es als Geschenk, ein junges Paar aus Brandenburg in unserem Abteil zu treffen. Leicht panisch verriegeln wir schnell das Abteil, weil der Schaffner auf der Suche nach weiteren Plätzen ist.

Das Soft-sleeper-Bett erweist sich als knochenhart, aber immerhin gibt es sauber bezogenes Bettzeug – so weit alles gut. Bestens gelaunt durch unser Reiseglück zu viert tauschen eine Weile unsere Vietnam-Erlebnisse aus und fallen dann gegen Mitternacht in einen von lautem Ruckeln begleiteten Fakir-Schlaf, bis um kurz vor sechs über Bordfunk dröhnende Revolutionslieder und eine vermutlich flammende Rede alle möglicherweise noch Dösenden senkrecht stehen lassen.

Kurz darauf kommen ein paar Frauen mit Frühstücksangeboten suboptimaler Güte auf schmuddeligen alten Karren durch die Gänge. Zuerst beschränken wir uns auf Tee und Vietnam-Kaffee, aber dann macht mich der Hunger mutig und ich traue mich an einen mittelmäßig schmeckenden, mit Fleisch gefüllten Hefekloß, den ich auch überlebe.

Um kurz nach zehn hält der Zug in der alten Kaiserstadt Hue. Wir hatten uns entschlossen, sie auslassen Unsere netten Reisegenossen steigen aus. Draußen sieht es immer noch trübe aus, aber die Wetterscheide, der Wolkenpass, kommt erst noch. Im Gang toben inzwischen brüllende Kinder, niemand scheint hier was zu sagen. Gut, dass wir die nicht im Abteil haben. Inzwischen sitzen wir seit 15 Stunden im Zug. Miki findet solche Zugfahrten sehr spannend … mir tun langsam die Knochen weh. Aber die letzten zwei Stunden sollen landschaftlich sehr schön sein. Bisher gab´s vor allem Reisfelder, in denen eingestreut immer wieder gemauerte Grabstellen zu sehen sind, die manchmal wie Mini-Tempel geschmückt sind. Was es damit auf sich hat, konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen.

Ja, der letzte Streckenabschnitt ist wirklich schön. Rechts grüne Berge, links Dschungel und immer wieder tief unter uns das blaue Meer. Kleine und große Buchten, mal schroff und felsig, mal lange Sandstrände, verträumt und menschenleer, weil kaum erreichbar. Zwischendurch düsen wir durch Tunnel, wenn die Berge zu hoch werden. Im Wald über uns tauchen immer mal wieder Ruinen von Bunkern und Schießscharten auf. Der Reiseführer schreibt, große Gebiete dürfen immer noch nicht nicht betreten werden, weil hier immer noch alles voller Blindgänger-Bomben ist – fast 40 Jahre nach Kriegsende!

Endlich: Da Nang! Beim Aussteigen schlägt uns schwüle Wärme entgegen, das tut gut nach so viel Kühle und Regen!

Wir teilen uns mit einem australischen Paar ein Taxi nach Hoi An, das eine halbe Stunde entfernt ist. Da Nang selbst bietet im Vorbeifahren wieder ein ganz anderes Vietnambild: ganz modern, eine neue Stadt mit Skyscrapern in teilsweise futuristischer Architektur und einer schönen drachenförmigen Brücke. Boomtown – die Stadtränder fransen überall aus und bestehen nur aus Baustellen und Industrieansiedlungen. Auf der Strandseite die ersten nagelneuen Riesen-Ferienressorts, die überall auf der Welt stehen könnten, völlig gesichtslos. Scheusslich. Tschüss Vietnam, die Globalisierung ist angekommen.

Gut 30 Kilometer entfernt unser Ziel: Hoi An gilt als eine der schönsten Städte des Landes: eine gemütliche Küstenstadt mit einer malerischen, gepflegten (fast müllfreien!) Altstadt, die abends von hunderten Lampions erleuchtet wird. Es ist wirklich sehr hübsch und angenehm beschaulich nach all dem Hanoi-Stress. Allerdings ist die Altstadt selbst schon ein echtes Touristenmekka für In-und Ausländer, wobei aus dem Inland sichtlich nur Neureiche kommen – die ersten übergewichtigen Vietnamesen übrigens, die ich auf dieser Reise sehe. Doch obwohl sehr touristisch, sind die Straßen der Altstadt immer noch ursprünglich, mit alten Häuschen, die alle mit bunten Laternen geschmückt sind. Alle beherbergen inzwischen Geschäfte, Galerien und Restaurants. Sehenswürdigkeiten sind einige Versammlungshäuser und Tempel, sowie eine sehr hübsche japanische-chinesische Brücke.

Heute ist ein besonderer Tag: Vollmond. An diesem Tagen wird immer eine Art Lichterfest gefeiert, bei dem die Menschen schwimmende Lampions mit kleinen Kerzen darin auf den Fluss gleiten lassen, der die Stadt teilt. Sie schwimmen dann flackernd auf dem nächtlichen Wasser, zusätzlich zu all den anderen Lichtlein, die die Häuser und Straßen rundum beleuchten. Wir schlendern gemütlich ein bisschen herum – überall werden Glücks-und Geschicklichkeitsspiele gespielt, die Vietnamesen sind ganz aus dem Häuschen, wie kleine Kinder. Das ist überhaupt sehr süß: Die Menschen in Vietnam lachen allgemein unheimlich gern, überall wird geneckt und gekichert, selbst Kellner jagen sich schon mal durch die Tischreihen oder zwicken sich. Fröhliche Menschen, die einen Sinn für´s Kindliche erhalten haben.

Wir schaffen es, abseits der vielen, zum Teil schon etwas überkanditelten Restaurants einen billigen einfachen Foodcourt zu finden, wo winzige Restaurantzwerge nebeneinander aufgereiht sind, alle haben nur einen langen Tisch. Billig, authentisch, gut! Wir landen bei zwei Schwestern, die sehr charming sind und uns auch an den folgenden Abenden wieder strahlend mit sanfter Gewalt in ihre Tischreihe bugsieren, zum Ärger der Nachbarwirte. Aber es ist lecker, auch wenn man gelegentlich etwas anderes bekommt als bestellt. Das mit dem Englisch ist hier so eine Sache und viele Vietnamesen sagen immer yes, auch wenn sie partout nichts verstanden haben. So sitze ich an einem Abend vor mehreren frischen Säften, obwohl ich einen Ananassaft und einen Mangosalat bestellt habe. Bekommen habe ich Melonensaft und Mangosaft. Als die beiden das kapieren, lachen sie sich halb tot und klopfen mir immer wieder kräftig auf die Schulter vor Vergnügen.

Am nächsten Morgen leihen wir uns für zwei Tage jeder ein Fahrrad (80 Cent pro Tag ) und los geht´s, quer durch die alte und „normale“ Stadt Richtung Strand, der etwas drei Kilometer entfernt ist. Das sehr gemäßigte Motorradaufkommen ist hier für uns nach fast drei Wochen Übung gut händelbar. Alles ist hier für vietnamesische Verhältnisse sehr licht und übersichtlich, mit erstaunlich breiten Straßen. Zumindest erscheinen sie uns nach der klaustrophobischen Enge von Hanoi so.

Der Tourismus explodiert hier gerade, überall außerhalb der Stadt sind schon die neuen Baugelände abgesteckt. Alte Fischerhütten werden plattgemacht, man kann nur hoffen, dass nicht nur gesichtslose Hotelklötze gebaut werden. Aber sicher ist: In fünf Jahren wird es hier zwischen der Stadt und dem kilometerlangen Strand kein unbebautes Land  mehr geben. Die Frage ist nur: Ballermann oder Biarritz?!

Aber bei allem westlichen Bedauern über den Verlust der Unschuld muss man einfach sagen: Den Menschen hier in Hoi An tut es sichtlich gut. Es ist die erste Stadt in Vietnam, wo die Menschen überwiegend in vernünftigen Häusern unter meist einfachen, aber menschenwürdigen Bedingungen leben. Und: Es ist die bisher sauberste Stadt. Kaum noch Müll auf den Straßen und in den Gärten. Das alles natürlich in einem anderen Bezugsrahmen als dem europäischen, aber sehr auffällig für vietnamesische Verhältnisse. Alle arbeiten hart, jeder versucht auf seine Weise ein Stück vom Kuchen abzubekommen, als Verkäufer, Restaurantbesitzer oder Anbieter irgendwelcher Dienstleistungen.

Wir verbringen mal wieder zwei ruhige und beschauliche Tage in dieser heimeligen Stadt mit Strand. Neben leckerem vietnamesischen Essen endlich auch mal wieder echter Cappuccino und Baguette. Als Highlight gibt es eine blind body massage. Blinde, professionell ausgebildete Masseure bearbeiten uns eine Stunde lang für fünf  US-Dollar nach allen Regeln der Kunst. Nichts für Weicheier oder Liebhaber westlicher Wellness-ChiChi! Die packen richtig zu und turnen sitzend und stehend auf den alten Liegen über und auf einem herum. Sie kneten, strecken und dehnen einen, dass die Schwarte knarrt und kracht. Herrlich, aber sehr anstrengend. Miki hat am Folgetag einen schrecklichen Muskelkater, mir tut endlich mal nichts weh!

Wir sind wirklich froh, dass wir dem Rat gefolgt sind, Hoi An in unseren Tourplan aufnehmen. Eine schöne und entspannte Erfahrung – sehr zu empfehlen.

Und morgen geht es dann weiter mit dem Flugzeug in den tiefen Süden, auf die Insel Phu Quoc!

18 Vietnam: Zurück in Hanoi

Nett, mal so in einer Schiffskabine aufzuwachen, noch dazu mit Blick auf die Ha Long Bay! Da kann man das Getucker des Generators nebenan und die Tatsache, dass das Duschwasser beinahe in die Kabine läuft, weil das Schiff leider so liegt, dass das Wasser nicht in Richtung Ausfluss sondern Richtung Türschwelle läuft, durchaus verkraften. Aber mit fortwährenden Wischbewegungen der Beine ist das Schlimmste zu verhindern und Frühsport ist auch gleich erledigt.

Nach dem recht vietnamesischen Frühstück (Reis, Eier, Obst, etwas Weißbrot) werden wir noch mal ausgebootet, um eine  Perlenfarm zu besichtigen. Ganz interessant, wie die  verschiedenen Austern mit mehrjähriger Pflege und viel Handarbeit gezüchtet werden, bis man dann endlich das begehrte Schmuckstück bewundern kann. Nur 30 Prozent bilden eine Perle, nur zehn Prozent eine perfekte, die zu edlem Schmuck verarbeitet wird. Aus den restlichen 2o Prozent wird Modeschmuck, Kosmetik und Medizin. War durchaus eine Versuchung, ein dezentes, aber elegantes Schmuckstückchen zu kaufen – so eine kleine schwarze Perle etwa?!

Nach dem Abschiedslunch auf dem Schiff (die Frühlingsrollen haben wir unter Anleitung selbst gebastelt!), geht´s gemächlich wieder zurück zwischen den grünen Bergen Richtung Hafen. Das Wetter ist heute schlechter, die Sicht nimmt von Minute zu Minute ab. Wir hatten also noch Glück mit unserer Tour.

Auf den langen viereinhalb Stunden Heimfahrt durch endlose Reisfelder und triste Ortschaften habe ich das Glück neben unserer kleinen Orchidee (Lan) zu sitzen. Sie ist sehr neugierig und will viel über Europa und Deutschland wissen, was mir umgekehrt Gelegenheit gibt, endlich mal alles über Vietnam zu fragen, was in keinem Reiseführer steht.

Sehr spannend und erschreckend! Warum sich das Ganze hier „sozialistisch geprägte Marktwirtschaft“ nennt, bleibt mir ein absolutes Rätsel. Die hängen sich nicht mal mehr ein soziales Feigenblättchen um, geschweige denn irgendwas Sozialistisches – außer vielleicht die allmorgendliche und allabendliche Beschallung der öffentlichen Straßen und Plätze mit Revolutionsliedern und flammenden Appellen. Das hat sich nicht mal die DDR in wildesten Zeiten getraut.

Nicht mal mehr Bildung oder Gesundheitsversorgung ist hier umsonst – und das in diesem armen Land! Das heißt nichts anderes, als dass es Heerscharen von Analphabeten und ahnungslosem menschlichen Arbeitsmaterial gibt. Die Superreichen (und die sind wirklich SUPERreich) zahlen selten Steuern, und wenn dann fünf Prozent. Überall im Land hängen noch die Parolen und Revolutionshelden-Poster á la Arbeiter- und Bauernstaat 1960. Die Partei ist mächtig und allgegenwärtig und tut offensichtlich nicht mehr, als alle zu überwachen, sich selbst an der Macht zu halten und die Abzocker und ausländischen Investoren zu hofieren. Die jährliche Inflationsrate beträgt über 22 Prozent.

Ein Auto muss importiert werden und kostet zusätzlich 200 Prozent Importsteuer. Wohnen ist so teuer, dass sich Lan mit zwei Feundinnen ein Durchgangszimmer teilt. Kochen können die meisten so gar nicht zu Hause, was erklärt, warum alle auf den Straßen essen. Wer ein Visum nach Europa will, muss ein Deposit von 5000 US-Dollar, einen gut bezahlten Job, Ehegatten und Familie nachweisen. Bei den Einkommen hier fast ein Schönefeld-Projekt (zeit- und finanztechnisch gesehen). Gesetzlichen Urlaubsanspruch gibt es neben den gesetzlichen Feiertagen keinen.

Die Gesellschaft selbst ist immer noch extrem hierarchisch und patriachalisch. Männer tun außer zu arbeiten absolut nichts innerhalb der Familie und des Hauses, die Eltern bestimmen im Allgemeinen, was die Kinder zu studieren haben (wenn sie es sich denn leisten können), wen sie lieben dürfen usw. Lan kriegt ganz große, glänzende Augen und kichert ungläubig, als sie hört, dass Männer in Deutschland auch kochen, einkaufen, putzen und Kinder aus dem Kindergarten abholen. Gar nicht so einfach hier, schon gar nicht für die jungen Leute, die durch Touristen und Internet sehr wohl informiert sind, wie die Welt „da draußen“ aussieht.

Am Abend hat uns der Moloch Hanoi wieder und dreht uns durch die Lärm-Abgas-Überbevölkerungsmühle. Nicht, dass es nicht interessant wäre, aber es ist wirklich knallhart und extrem anstrengend.

Am folgenden und letzten Tag versuchen wir uns trotz tiefgrauem Dauernieselregen und Dreck noch mal in Sightseeing. Ins Oberheiligste, das Ho-Chi-Minh-Mausoleum lässt man uns morges um halb elf nicht mehr rein. Direkt gegenüber vom Taxi abgesetzt, werden wir erst rund ums Viertel geleitet, um dann 100 Meter vom Ausganspunkt entfernt durch die Eingangskontrolle gehen zu dürfen. Leider fünf Minuten zu spät, um uns in die lange Schlange aus Touristen, Veteranen und auch jungen Vietnamesen aus dem ganzen Land einreihen und den ausgestopften Helden bewundern zu dürfen. Der wollte das übrigens nicht. Sein letzter Wille war, einfach nur als Urne traditionell begraben zu werden. Heerscharen von Wachsoldaten geleiten uns immer wieder im Kreis, kein Schritt links oder rechts auf dem Bah-Dinh-Platz, auf dem Onkel Ho 1945 die Unabhängigkeit ausgerufen hat, rund ums Revolutionsmuseum und dem ganzen anderen Krams im Umkreis. Meine Laune wird von Minute zu Minute schlechter, eine Weile versuche ich es noch mit dummen Witzen und Zynismus, dann bin ich nur noch stinkig.

Als sich dann auch noch der benachbarte Botanische Garten als eingezäunte, langweilige Grünanlage entpuppt – das alles immer noch im Nieselregen mit nassen, völlig verdreckten Füssen – reicht´s. Ich bestehe auf Taxi und Altstadt.

Dort angekommen rettet mich die Entdeckung eines winzigen Cafés mit echtem Espresso und netten jungen Besitzern. Meine Laune steigt mit dem Koffein-Spiegel. Wir nehmen uns eine Rikscha und lassen uns für 100.000 Dong (gut drei Euro) eine Stunde durch das alte französiche Viertel – vorbei an der Oper und dem Hoan-Kiem-See – kutschen und genießen das träge Vorbeifließen der Stadt.

Schließlich besuchen wir noch den Wahnsinn des städtischen Marktes, wo die Hanoier Handeltreibenden selbst einkaufen. Völlig erschlagen davon treiben wir noch eine Weile durch die Gassen, die früher von den einzelnen Handwerks-Gilden bevölkert wurden. Ein bisschen ist es auch heute noch so. In einer Straße gibt es alles aus Seide, in den nächsten werden Schlosser-, Tischler-, Leder- oder Bambusarbeiten angeboten. Und natürlich bergeweise lächerlich billige Markengarderobe, die überwiegend sogar echt ist, da sie hier hergestellt wird und Überproduktion oder Mängelprodukte hier verkauft werden dürfen.

Aber am Ende des Tages sind wir völlig geschafft von all dem und froh, als wir ins Taxi steigen dürfen zum Nachtzug, der uns in 18 Stunden nach Na Trang an die Küste bringen soll – jenseits der Wetterscheide zurück in den Sommer.

17 Vietnam: Naturerbe Ha Long Bay

Zu unserem Erstaunen bietet das kleine Frühstücksbuffet im Hotel Brot, Butter (!) und Marmelade, neben Obst, Pfannkuchen, Bacon, gebratenem Reis und Eiern nach Wunsch. Ist ja schon fast wie zu Hause.

Um Punkt acht Uhr  hetzt der Hotelboy an unseren Tisch und zerrt uns hektisch zur Tür: Der Tourbus wartet und der darf hier offiziell nirgends anhalten. Schwupp-di-wupp ist unser ganzes Gepäck verstaut und wir werden in einen kleinen Bus verfrachtet. Hier empfängt uns eine ebenso hübsche wie charmante Reiseleiterin, sie heißt Lan, was Orchidee bedeutet.

Der Bus dreht noch eine halbe Stunde Runden durch das Gewirr der großen Altstadt und sammelt unsere Mitreisenden für Ha Long in den verschiedenen Hotels ein, immer auf der Flucht vor der gefürchteten Polizei. Eine echt sportliche Übung: Lan springt schon jeweils eine Ecke vorher aus dem Bus. Während der sich noch durch das Chaos drängelt sprintet sie zum Hotel, flitzt mit den Touristen im Schlepptau und deren Gepäck Richtung Bus, damit der möglichst nur ein paar Sekunden halten muss. Wenn die Polizei sie erwischt, muss der Busfahrer sie aus eigener Tasche schmieren, um üblere Strafmaßnahmen abzuwenden. Ein täglich tausendfach gespieltes Spielchen hier. So bekommen wir quasi noch eine gratis Stadtrundfahrt.

Wir sind 20 Leute aus sechs Ländern, alle Altersklassen, aber irgendwie eine passende Zusammenstellung: keine party people, keine Schnösel, keine unerzogenen Kinder, nur ein süßes adopotiertes vietnamesisches Mädchen. Das ist ja schon mal was.

Auf der viereinhalbstündigen Fahrt gibt es eine Pause. Wir haben an einer schicken neuen Halle auf einem großen Gelände gehalten, vor der kunstvolle Steinstatuen stehen. Innen gibt es Kunst, Kunsthandwerk, Schmuck und handgenähte Kleidung von bester Qualität und mit viel Stil. Es sind wunderschöne Dinge dabei. Hergestellt wird alles vor Ort zum Zuschauen – von körperbehinderten jungen Menschen. Und jetzt kommt der gruselige Teil: Sie alle sind in dritten Generation Opfer von Agent Orange, mit dem die Amerikaner im Krieg die Wälder entlaubt haben, um die Vietnamesen besser aus der Luft orten und bombardieren zu können. Das Zeug hat das Erbgut geschädigt.

Endlich sind wir an der Ha Long Bay. Allzuviel sieht man vom Hafen noch nicht, es ist zu neblig für eine weite Sicht, aber wenigstens fällt kein Regen und es ist auch nicht tiefgrau. Immerhin können wir schon etwas weiter draußen einige der Karstberge sehen, die so ungewöhnlich aus dem Meer aufsteigen. Wir sind sehr gespannt, die Ha Long Bay war für uns einer der Orte, die wir unbedingt sehen wollten. Eine klapperige Barkasse bringt uns schließlich zu unserem Schiff: Alle aus unserer Gruppe gucken zunächst ziemlich entgeistert auf das scheußliche alte Schiff mit der blätternden Farbe, das sich unter den Dutzenden als unseres herausstellt. Mit dem strahlenden weißen Schiff aus dem Prospekt hat dieser alte Kahn überhaupt nichts zu tun. Aber es gibt noch üblere Kähne, auch wenn das nur ein kleiner Trost ist.

Unser Schock neutralisiert sich aber etwas als wir das Innere sehen, das sieht noch ganz passabel aus. Die junge Schiffscrew gibt sich wirklich alle Mühe, die Schiffsmängel durch Service, gutes Essen und Freundlichkeit wettzumachen. Unsere Kabine ist ganz kuschelig, abgesehen vom Geräusch des Schiffsgenerators, aber das ist auszuhalten.

Je tiefer wir in das Archipel der hohen grünen Felsinseln von Ha Long fahren, desto schöner wird es. Die Formen der so unvermittelt hoch aus dem Meer aufsteigenden Berge sind so ungewöhnlich, dass man sich nicht satt sehen kann. Zwischen den Inseln und auf ihren dicht bewaldeten Wipfeln wabern Nebelschwaden – wie eine japanische Tuschzeichnung.

Wir sind längst versöhnt mit der Tatsache, dass wir keinen strahlenden Sonnenschein und kein türkises Meer sehen werden. Das hier ist genauso schön, anders schön. Mysteriös und geheimnisvoll. Keine Frage, warum die Ha Long Bucht zum Weltnaturerbe gehört, sie ist wirklich einmalig. Viele der Berge sind haben große Höhlen, in denen teilweise Fischer gelebt haben – und es in einigen Fällen vielleicht noch tun.

Der Name der Bucht bedeutet auf vietnamesisch „Der landende Drache“. Der Legende nach wollten die Chinesen, die Vietnam ohnehin über 1000 Jahre lang beherrscht haben, wieder einmal die Küste überfallen. Der Drache, der hier lebte, war darüber sehr böse und ließ über tausend Juwelen vom Himmel ins Meer fallen, die sich unten in diese Inseln verwandelt haben. Mit diesem Schutzwall konnten sich die Vietnamesen dann besser gegen Angriffe verteidigen. Die geologische Erklärung vom Auf und Ab der Erdteile ist mir zu prosaisch, als dass ich sie hier weiter ausführe.

Nach einem Lunch an Bord fahren wir noch etwas tiefer in die Bucht, dann bringt uns die mitgeschleppte Barkasse ans Ufer einer der Inseln. Von unten sehen wir durch einige freie Stellen im dichten Grün am Berg, dass ein Weg bzw. Treppe nach oben führt. Er endet am Eingang zur Höhle „Amazing Cave“, denn auch dieser Berg ist hohl. Sie ist riesig und erinnert an eine Tropfsteinhöhle, obwohl sie damit nichts zu tun hat. Das Wasser hat diese Formen in die Kreidefelsen gespült. Eine bizarre Schönheit! Früher haben die Fischer auch hier gelebt. Dann wurden diese Höhlen für die Öffentlichkeit freigegeben und seither leben sie in ziemlich ärmlichen schwimmenden Häusern in der Bucht zwischen den Inseln.

Nach dem Höhlenbesuch können die, die wollen mit Kayaks die Stunde bis zur anbrechenden Dunkelheit zwischen den Inseln herumpaddeln. Ein feuchtes Vergnügen, vor allem angesichts des wenig sommerlichen Wetters. Aber die meisten nutzen die Chance – wie wir auch.

Die Barkasse bringt und an Bord unserer Imperial Junk zurück, die inzwischen mitten in einer der „Schlafbuchten“ geankert hat, wo wir, wie Dutzende anderer Schiffe, übernachten werden. Wir hatten uns das einigermaßen schrecklich vorgestellt, wegen der vielen Schiffe und des Massenbetriebs. Aber es gibt viel Platz und so ist es doch sehr friedlich und in der Dunkelheit sogar richtig idyllisch und richtig stimmungsvoll mit all den erleuchteten Schiffen zwischen den nächtlichen Inseln. Ganz ohne Motorradgeknatter! Ein sehr leckeres, mehrgängiges Dinner und nette Gespräche auf und unter Deck beschließen unseren Tag an Bord. Von unserem Bett in der Kabine am Oberdeck können wir auf Ha Long Bay blicken, bevor uns die Augen zufallen.