17 – Go east: Amed

Mit einem Knockout-Tag Verspätung (wären wir in Südamerika, könnte ich sagen: Montezumas Rache….) ist meine Reisefähigkeit wieder halbwegs hergestellt. Auf geht´s, immer (mehr oder weniger) an der Küste lang, nach Osten. Wieder mit einem privaten Fahrer, mangels eines öffentlichen Verkehrsnetzes, das den Namen verdient.

Aber das hat, außer persönlichem Komfort noch andere Vorteile – da die Fahrten auch immer eine Quelle der Erkenntnis in Sachen Landeskunde sind. Die Fahrer und dive guides sind meine Hauptinformanten in Sachen Lang und Leute, so haben die langen Fahrten oft noch was gutes. Und die meisten Menschen hier sind auskunftsfreudig, wenn auch nicht alle gleich gut englisch sprechen und man manchmal etwas Phantasie braucht, um alles zu verstehen.

Außerdem haben die Fahrer oft Vorschläge, was man unterwegs noch besichtigen könnte, Restaurant- Tipps (wo sie vermutlich einen Imbiss dafür bekommen) und sind nie genervt von Sonderwünschen wie „Können Sie mich bitte zu einer Apotheke bringen…ich muss noch mal zum dive center“, etc pp. Auch durchaus etwas zeitaufwändige extra Abstecher zu interessanten Orten sind gratis, der Gesamtpreis, der ausgemacht ist, gilt.

Diesmal habe ich es wirklich unabsichtlich ausgereizt – beim Zwischenstopp im Tauch Center wegen vergessener Stempel, habe ich meine Tasche mit Pass und Kreditkarte liegen lassen… Gemerkt habe ich es bei einem spontanen Abstecher zu einer Perlenfarm, 10 km und eine gute halbe Fahrtstunde später… Ohne jedes Zeichen von Genervtheit lässt uns der Driver im Schatten der Farm zurück und fährt allein die Tasche holen – er ist mein Held!

Die Verzögerung hält ihn auch nicht davon ab, uns später einen weiteren Abstecher vorzuschlagen: Es gibt hier heiße Quellen! In der Nähe der Küstenstadt Lovina sind die Banjar Hot Springs von Buleleng. Inmitten des blühenden Dschungels liegen diese heißen – natürlich „Holy„- und sehr schwefelhaltigen Quellen, was das Atmen in der brütenden Hitze nicht unbedingt angenehmer macht. Bewacht von Göttern und Geistern am Beckenrand, dreht mein Tandempartner beherzt ein paar Runden, dann wird es auch ihm zu heiß.

A propos Küstenstädte, bzw. Ortschaften im Allgemeinen: Abgesehen von besonderen Städten wie Ubud oder Denpasar, sehen die meisten Ortschaften hier anders aus, als in unseren Breiten. Ein Stadtzentrum, Plätze, Viertel findet man hier kaum. Meist zieht sich die endlose Ansammlung von Häusern kilometerweit an der Straße entlang, selten gibt es mal eine Nebenstraße und sowas ähnliches wie Wohnviertel.

Da das Klima erbarmungslos feucht ist, ist schwarzer Schimmel die vorherrschende Wandgestaltung, vorallem der einfachen Behausungen. Die bestehen in der Regel aus Ziegeln, Betonklötzen oder Blech, sind bestenfalls mit einer Art Schmierbeton verputzt und der ist in der Regel dann eben schnell grün und schwarz. Übrigens sind die meisten dieser einfachen Häuser , die oft nur ein oder zwei Räume für alle Bewohner haben (und kaum Fenster), auch innen nach meiner Beobachtung kaum jemals gestrichen. Unnötig zu sagen, dass das für „bessere Häuser nicht gilt.

Wer es sich leisten kann, ein richtiges gemauertes Haus mit mehreren Zimmern zu bauen, der leistet sich dann meist auch eine dieser Tempelmauer-ähnlichen Umfriedungen mit kunstvollen Ornamenten und Figuren und eigenem Opferaltar. Hier konnt dann wiederum wieder Farbe zum Einnsatz- immer Gold, gern auch zusätzlich rot, Gelb, Orange und Schwarz . Ich hatte diese wunderbaren Häuser schon im Kapitel über Ubud beschrieben. Doch solche Häuser stehen natürlich kaum an den Tag und Nacht brummenden, dröhnenden, stark befahrenen Hauptstraßen.

Für die 124 Kilometer, die Banjuvedan von Amed trennen, haben wir fast fünf Stunden gebraucht. Auch Amed gehört zu den Orten, die sich ewig lang an der Straße entlangziehen. Immerhin ist es hügelig und man sieht immer wieder das Meer. Auch so macht der Ort einen entspannten Eindruck. Etwas überrascht lese ich Wörter wie work space… Wie sich später herausstellen soll, haben auch die Hipster und mobile office– Leute den Ort für sich entdeckt. Hier lässt es sich angenehm leben mit ein paar Stunden am PC oder Mac – neben beachen und tauchen…

Unsere hiesige Unterkunft, das Ary Warung & Homestay, liegt direkt an der Straße, was allerdings nicht weiter schlimm ist. Die einzelnen Zimmer sind terassenartig an den Berg gebaut, unserers hat sogar noch ein paar Stufen zu einem extra Sonnendeck, von dem aus man den wunderbaren Sonnenaufgang über dem Meer sehen kann… Ich schäme mich zu sagen, dass wir den jedesmal verpasst haben… Aber auch so ist die Aussicht herrlich, das Zimmer gr0ßzügig, samt mitgeliefertem Kuscheltier…

Vor uns hat eine Amerikanerin hier vier Jahre Covid-Exil gesucht. Sie hat eine kleine, von Geburt an schwanzlose Katze adoptiert, die sie dann einfach zurückgelassen hat. Die sitzt nun jeden Tag mehrmals vor dem Zimmer und jault nach Mama… Da wir ja bekennende cat lovers sind, sagen wir den Vermietern, sie darf ruhig zu uns kommen. Seelig schläft Miez nun ein paar Tage in unserem Zimmer…

Miki geht zum Sonnenuntergangschauen in ein Hipster-Lokal auf dem Berg, ich muss mich noch etwas schonen. Eine Hühnersuppe mit Reis ist aber immerhin schon möglich und ein fauler Abend tut auch gut. Ein Gecko singt das Schlaflied – ich weiß jetzt schon, dass ich diese seltsamen Ge-cko Ge-cko Rufe vermissen werde.