Thailand 4: Irgendwann geht alles vorbei…

Kurz nach fünf hat mein Wecker geklingelt – auf zum River Kwai. Der Mann an der Rezeption hat mir geraten, ein Tuktuk zum Bahnhof Bangkok Noi zu nehmen, das wäre am einfachsten. Theoretisch. Nur dass die Tuktuk-Fahrer wohl noch schlafen. Kein einziger ist zu finden. Und mit den ersten beiden Taxifahrern gibt es wiedermal Stress wegen des Taxameters. Der dritte macht´s. Wir müssen ein bis zwei Stunden früher da sein, um sicher sein zu können, ein Ticket zu bekommen, und es gibt nur zwei Züge am Tag.

Direkt neben dem Bahnhof ist ein riesiger offener Großmarkt. Die Erleuchtete Sszenerie vor Sonenaufgang wurkt völlig surreal. Es herrscht riesiges Getümmel und allein das kurze Anhalten zum Aussteigen und Tasche aus dem Kofferraum hieven verursacht fast einen Tumult und Verkehrsstau. Knut kommt kurz nach mir an, wir kaufen Ticktes und beschließen, auf den Markt zu gehen und zu frühstücken. Ich zerre meine Reisetasche durch das Chaos und wir finden wieder einen Suppenstand. Reissuppe mit verschiedenen Fleischsorten und Gemüse. Ich koste alles, esse fast alles mit großem Appetit – außer den Hühnerblutpudding, der ist dann doch nicht so ganz mein Geschmack, den verzehrt mein junger hungriger Begleiter (der übrigens Koch ist). Gesättigt zuckeln wir durch das Gewusel zurück.

Der 2. Klasse-Zug ist tatsächlich kurios anzuschauen mit seinen Holzsitzen und der dritten Klasse, die Sitze überhaupt nur an den Längsseiten hat, sonst nur Halteschlaufen. Und das für einige Stunden Fahrt. Alle Fenster sind offen und lassen sich auch nicht schließen, aber die Hitze ist schon jetzt um kurz vor acht enorm. Eigentlich wollen wir nach Kanchanaburi und in zwei Nationalparks. Aber da die spannende und steile Strecke der sogenannten Todesbahn vom River Kwai erst hinter Kanchanaburi liegt, haben wir beschlossen,zunächst bis zur Endstation Nam Tok zu fahren. Sieht auf der Karte aus wie ein Stündchen mehr und liegt in der Nähe eines derNationalparks, Sai Yok.

Es ist ziemlich voll, die Touristen sind in der Unterzahl. Immer wieder kommen Händler durch den Zug und bieten Essen an: Gebäck, mundgerecht geschnipseltes Obst mit gewürztem Salz in kleinen Tütchen(schmeckt schrecklich), Tapioka – Chips und komplette Gerichte, pfiffig verpackt in-Kokos- oder Bananenblätter oder einfach in Plastiktütchen oder Plastikfolie mit Zeitungspapier. Es ist verrückt, wie die Thais es schaffen, das alles so zu verpacken- und jeder ist das gewohnt und futtert mit Holzspießen, Stäbchen oder einfach den Fingern. Und die meisten kaufen ständig etwas Neues! Sie kauen fast die ganze Fahrt über.

Uns genügt ein bisschen Obst und Wasser, Wasser, Wasser. Wir sitzen schweissgebadet mit schmerzenden Gliedern auf den unbequemen Holzsitzen und unsere Hoffung auf baldige Erlösung schwindet zusehens. Erstens erfahren wir, dass es bis Nam Tok gut fünf Stunden dauert und zweitens – soll sogar das ein großer Traum bleiben. Irgendwas, was wir nicht erfahren und verstehen, ist passiert, der Zug steht viermal eine Ewigkeit auf der Strecke. Auf den Bahnhöfen wuseln Militärs und Bahnangestellte wichtig herum, aber eigentlich tun sie nichts, außer ständig in ihre WalkieTalkies zu quasseln.

Die Thais bleiben gelassen, kaufen sich noch was zu essen und dösen. Uns tut inzwischen alles weh. Kurz zusammengefasst: wir sitzen fast neun Stunden in diesem Holzbackofen! Wehe, mir erzählt noch einer, dass das eine schöne Fahrt ist! Die überwiegend unspektakuläre Landschaft wechselt wenigstens zum Schluss ein bisschen, am Horizont zeichnen sich beeindruckende Berge ab, aber wirklich aufregend ist es nicht. Bis auf die paar Kilometer am River Kwai, wo der schuckelndeZug wirklich auf den alten Wackelschienen an einem steilen Abgrund entlang fährt. Bilder aus dem Filmklassiker fallen mir ein. 100.000 Häftlinge sind bei Bau dieser Trasse durch die Japaner 1943 gestorben.

Beim letzten endlosen Halt in einem Dorf springe ich über die Gleise, wie die Einheimischen, hoffe, das der Zug nicht gerade weiterfährt und hole uns wenigstens ein Eis als Psycho-Tranquilizer. Wir sind mittlerweile klatschnass, haben auf dem jeweiligen Fenster-Arm Sonnenbrand und eigentlich ist schon alles egal. Ein paar mitreisende Teenies holen sich Cola mit Eis: der Verkäufer nimmt eine warme Cola, schüttet sie in eine Plastiktüte, schippt Eis aus einer Kiste dazu, Strohhalm rein – fertig. Oma neben uns gräbt mit beiden Händen in einer anderen Plastiktüte und isst ganzhändig Reis mit fettiger Soße, gebratenes Gemüse und Hühnerfüße. Keiner scheint sich dafür zu interessieren, wann es weiter geht. Nach fast neun Stunden fahren wir dann tatsächlich in Nam Tok ein. Wir sind da!

Ja…Wo eigentlich? In einem verschlafenen, entspannten Provinznest, wo sich die Hähne ankrähen. Das ist eigentlich nicht das Problem, denn von hier aus wollten wir ja in den Sai Yok Nationalpark weiter. Aber um 17 Uhr ist der geschlossen und jetzt ist es 16:30 Uhr und es fehlen noch 40 km. Wir sondieren die Lage bei einem Eiskaffee und finden eigentlich allesso absurd, dass es schon wieder lustig ist. Immerhin sind wir die hölzernen, ach so nostalgischen Folterinstrumente los…Schließlich schnappen wir unser Gepäck, und spazieren einen guten Kilometer durchs Dorf zu Hauptstraße, um da irgendwann einen Bus zu erwischen. Zurück nach Kanchanaburi, wo wir vor vier Stunden durchgefahren sind.So kann man den Urlaub auch ausfüllen!

Alles wird gut!! Ein Stündchen später sammelt uns der klapprige Lokalbus ein und bringt uns für 1,30 Euro in anderthalb Stunden an Ziel. Auf dem Busbahnhof telefonieren wir dann mit möglichen Unterkünften. Ohne viel Erfolg.

Dann treffen wir die Entscheidung: Im lonely planet steht hinter einer Empfehlung das Zauberwort: Pool!!!! Wir haben es uns verdient! Nobel geht die Welt zugrunde. Es klappt. Zwischen uns und dem Paradies liegen nur noch vier Kilometer und das Problem, dass es hier keine Taxis zu geben scheint. Nicht eins ist zu sehen. Auch TukTuks kommen keine vorbei. Wir stehen vor einem Problem. Kurzentschlossen gehe ich zur Polizei. Und nun passierts: ein Motorrad-Polizist schwingt sich aufs ein Bike und kommt wenig später mit einem Taxifahrer im Schlepptau wieder! Die Polizei dein Freund und Helfer!

Eine halbe Stunde später liegen wir im Mondenschein unter dem Sternenhimmel verträumt im Pool des ruhigen und hübschen Hotels „Pong Phen“ und genießen. Ein Bummel durch eine etwas ballermannähnliche Straße beschert uns noch ein nettes Essen und einen Drink zum Mitnehmen. Uns geht´s gut!

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