Thailand 3: Von Märkten und Tempeln

Seit nunmehr bald acht statt fünf Stunden schmoren wir in der Holzklasse des historischen Zuges, der nach wie vor fahrplanmäßig zwischen Bangkok und Kanchanaburi – River Kwai – Nam Tok verkehrt. Ende ungewiss. Es gibt Leute, die behaupten, diese Eisenbahnfahrt von Bangkok zum River Kwai sei eine besonders schöne Fahrt. Ich weiß gerade ziemlich sicher, dass ich mich dieser Meinung nicht anschließe. Bei stundenlanger Verspätung, steifem Nacken und schmerzenden Sitzteilen auf den tollen nostalgischen Holzbänken und gefühlten 40 Grad. Holzklasse….Die Busfahrt hätte drei Stunden gedauert…

Aber ich will den Geschehnissen nicht vorgreifen, es gibt schließlich einen Anspruch auf Chronologie. Und dementsprechend fehlt noch ein Tag bis zum Leben in der Holzklasse.

Tag 3 in Bangkok beginnt trotz extremen Schlafmangels mit pünktlichem Aufstehen und sofortigem Abmarsch zum Boot. Unterwegs noch einen frischen Saft kaufen – nun trage ich endlich auch eines dieser kleinen Plastiktütchen mit etwas Ess- oder Trinkbarem in der Hand, wie 80 Prozent aller Thais unterwegs. Überhaupt scheinen sie den größten Teil des Tages damit zu verbringen am Wegesrand , im Bus, auf dem Boot oder wo sie sonst gerade unterwegs sind zu essen und zu trinken.

Aber ich schweife ab. Ich kaufe mir ein 15 Baht-Ticket für das Orange-Flag –Boot und fahre diesmal nach Norden ein halbe Stunde flußaufwärts. Mein Ziel ist der Markt in Thonanburi. Wenn ich mir vorher noch Gedanken gemacht hatte, ihn vielleicht nicht gleich zu finden, scheint das nun lächerlich, denn die ganze Stadt – zumindest ab Hafen – ist in einen Markt eingebettet, scheint es mir, nicht umgekehrt.

Alle Bürgersteige sind überdacht und darunter Stände, Stände, Stände. Und ein paar Straßenzüge weiter endlich beginnen auch die Gänge mit den Obst-, Gemüse-, Fleisch-, Fisch- und Gewürzständen, von denen ich gelesen habe. Großartig, was es hier alles gibt. Nicht, dass ich alles essen möchte und ich erkenne nicht mal die Hälfte, aber es ist toll. Und dass in Asien so ziemlich alles Kaubare gegessen wird, habe ich ja schon in Vietnam gelernt, also wundert mich nicht, welche Fleischsorten ich hier so sehe.

Aber dann wird mir doch noch schlecht. Ich sehe ja nicht besonders gut ohne Brille und so brauche ich einen Moment, um zu erkennen, warum sich der Fleischberg in einer Riesenschüssel bewegt…Es sind dicke, bereits aufgeschlitzte Frösche, die noch leben, während die Eingeweide herausquellen! Ich musste einen Moment beiseite gehen und mich darauf konzentrieren, nicht zu kotzen. Das geht nun doch zu weit für mein ethisches Empfinden.

Aber dann erfreue ich mich an Blumen und Gemüseständen ohne Ende, schnuppere an allerhand Kräutern …und eine halbe Stunde später erinnert mich mein Magen, dass er noch kein Frühstück hatte. Aber all die Snacks am Wegesrand kenne ich nicht – bis auf ein paar Fleischspieße und Gebäckteile und außerdem will ich nicht im Stehen essen. Schließlich finde ich den „Foodcort“ wie das in den USA heißen würde. Hier ist das eine Ecke im Markt, wo es ein paar Tische und Stühle gibt, und mobile Küchen mit dampfenden Kesseln und Grills.

Ich schnüre an den Ständen vorbei mit großen Augen und knurrendem Magen. Außer mir sehe ich keinen einzigen Touristen und ich schaue wohl ziemlich unsicher drein. Da ruft mich eine junge Suppenköchin, lädt mich ein, zeigt auf alle möglichen Zutaten, von denen ich zumindest Reisnudeln, Lauch, Möhren und Fleischklöschen identifizieren kann. OK, dann soll´s so sein, denke ich und setze mich. Anerkennendes Kopfnicken und Lachen von allen Seiten, eine alte Frau klopft mir fröhlich auf die Schulter. Langnasen haben sie hier offensichtlich nicht oft. Die Suppe mit 12 verschiedenen Einlagen kommt, ich habe sie gezählt. Da ist alles dabei von Gemüse über verschiedene Fleischscheibchen unbekannter Herkunft, Klöschen und Fischbällchen. Und – es schmeckt sehr lecker.Die Suppe ist sehr heiss, aber seltsamerweise lässt mich das nicht mehr schwitzen als vorher. Es sind mittlerweile 33 Grad. Morgens um neun. Ich schlendere zum Boot zurück und bin sehr zufrieden.

Mein Smartphone verrät mir, das ich nun Gesellschaft bekomme. Knut alias Gerret, der Sohn von meinemn Freund Thorsten, reist gerade ei n paar Monate durch Asien. Wir treffen uns zur gemeinsamen Besichtigung des Großen Palastes und des Smaragd-Buddha-Tempels (heute rechtzeitig). Ich habe mir extra wadenlange Hosen angezogen und einen breiten Schal mitgenommen, um meine Oberarme zu bedecken und so der Tempe-Etikette zu entsprechen. Knut kommt in kurzen Hosen…Prompt werden wir aufgehalten, eine gestrenge Dame befindet mich für…ok undschickt Knut umgehend zur „Kostümausleihe“. Es dauert eine heiße Viertelstunde Wartezeit und plötzlich bin auch ich nicht mehr genügend bedeckt und werde genötigt, mir unter Protest ein häßliches, verschwitztes Herrenhemd auszuleihen. Mann, wenn Buddha hier was zu sagen hätte…Die Hemdsärmel lassen übrigens mehr Arm frei als mein Schal.

Aber der Stress ist schnell vergessen, angesichts der Pracht, die uns hier erwartet. Es funkelt, glitzert und strahlt, wohin man nur schaut. Schon die dem Himmel zustrebenden wunderbaren Formen der Pagoden und anderen Gebäude sind wunderschön anzuschauen mit ihren spitzen, schwanenhalsförmigen Giebeln. Und dann diese gigantischen Mosaike! In allen Farben und immer wieder mit Gold und Silber. Was für eine Pracht! Irgendwie kann man es nicht beschreiben, man muss einfach nur schauen. Es ist so brütend heiss, dass wir uns fast die nackten Füße auf dem Marmor verbrennen, die Schuhe müssen natürlich an den Gebäuden schon im Vorfeld ausgezogen werden. Der Smaragd-Buddha, der eigentlich aus Jade besteht, ist ebenfalls in goldene Gewänder gehüllt und gar nicht auf den ersten Blick zu erkennen, in all dem ihn umgebenden Zierrat und den tanzenden Gottheiten und Fabelwesen.

Wir streifen eine Weile kreuz und quer und staunen, wobei für mich letztlich die Tempelanlagen wesentlich beeindruckender waren, als der Große Palast des Königs. Am Ende des ausgieben Rundgangs erscheint uns das Eis im geschäftstechnisch perfekt plazierten Café wie die Krönung des Ganzen. Nach soviel Sonne pur in diesen Mauern sind wir einfach – gar. Also, abkühlen, denn nach einem Erholungspäuschen haben wir schließlich noch mehr vor.

Chinatown. Wieder by boat.Und noch mehr Markt. Aber der findet hier in den eher schmucklosen, schmuddeligen Straßen immer statt, das ist hier Alltag. Die Athmosphäre ist schon etwas anders als in anderen Vierteln Bangkoks, es wird chinesisch gesprochen und geschrieben und sicher auch gedacht. Hier dreht sich alles ums Geschäftemachen, man spürt in allem, dass das hier das oberste Gesetz ist.

Nur schwer finden wir überhaupt ein Café, wo man sich auch mal hinsetzen kann, es gibt kaum Orte zum ausruhen. Die letzte Spazierrunde gilt dann dem Lebensmittelmarkt, hier wollen wir uns etwas zum Abendessen aussuchen. Aber das ist viel schwerer als gedacht, wenn man nichts versteht und fast nichts identifizieren kann.Es gibt wiederum eine solche Fülle von Essen, das wie fast noch eine Stunde im Kreis irren, bis wir uns entschließen, in eines der wenigen Restaurants zu gehen. Erstens kann man hier richtig sitzen und zweitens gibt es eine Karte in Englisch. Wir merken schnell, dass wir ein gute Wahl getroffen haben und stopfen uns zufrieden auch noch den letzten Reiskrümel in den Bauch, bevor wir unseren gemeinsamen Tag beenden. Dummerweise wohnen wir ziemlich entgegengesetzt.

Ich versuche, ein Taxi zu bekommen, aber entgegen dem, was mein lonely planet versprochen hat, wollen die meisten Taxifahrer hier eben doch nicht nach Taxameter fahren. Meine bisherige Statistik steht 9:1. Dann fahre ich eben wieder Tuktuk, das ist dann auch nicht teurer und viel netter, so mit Wind um die Ohren durch das nächtliche Bangkok.

Morgen heißt es erstmal Abschied von Bangkok. Knut und ich werden noch zwei weitere Tage gemeinsam verbringen und zur Brücke am River Kwai und in zwei Nationalparks fahren. So der Plan…

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