Thailand 5: Einmal Paradies und zurück

Langsam wird es zur Gewohnheit: der Wecker ruft zur Urlaubspflicht: kurz nach rasselt der Wecker, dann das Bonbon: Pool im Sonnenaufgang. Eigentlich ist das Baden um diese Zeit noch nicht erlaubt, aber wir zwei kleinen Seeotter gleiten geräuschlos ins kühle Nass und bewundern nun im Hellen erstmal die Palmen, Orchideen und Bougainvillea, die hier angepflanzt sind. Die Hotelfrühstückssuppe ist allerdings nicht so gut, wie an den einfachen Straßen- und Markt-Ständen. Dauert aber dafür so lange, dass wir den ersten von zwei möglichen Bussen in den Erawan-Nationalpark verpassen.

Eine Stunde später geht es dann los mir einem mürrischen Opa am Steuer des Busses, der nicht viel jünger ist als er. Über dem Cockpit ist ein kompletter buddhistischer Altar eingerichtet, mir kleinen Buddas, falschen und echten Blütenketten, Glöckchen, Schleifen und wer weiß was noch alles. Dann kann uns ja nichts passieren. Die 70 km Fahrt führt zuerst am River Kwai entlang, dann geht sie westlich landeinwärts in die Berge. Nach reichlich anderthalb Stunden haben wir den Park erreicht.

Wir machen uns auf, die sieben Stufen des Wasserfalls zu erobern. Er liegt in einem endlosen, urwaldgeleichen Laubwald, in dem es sehr viele Tiere bis hin zu Raubkatzen und sogar Elefanten geben soll – die zu sehen, dürfte aber tagsüber in Wasserfallnähe schwierig sein, wegen der vielen Menschen. Besonders auf den ersten drei Etappen , die schöne, leicht zu erreichende Badegelegenheiten und viel Platz am Ufer bieten, ist es sehr voll. Hierher führen leicht zu erklimmende Wege, die zu meinem Entsetzen sogar mit Betonklötzen in Form nachgemachter Holzbohlen in den Waldboden gegossen wurden. Aber trotzem ist der klare Fluss mit seinen sprudelnden Kaskaden und Fischschwärmen wunderschön.

Am Anfang des Trails hat ein großes Plakat auf „Einhaltung von Kultur“ gedrungen, darunter waren durchgestrichene Menschen in Badebekleidung. Ich dachte, damit sei gemeint, dass man hier nicht in badehose und Bikini den Weg hochwandern soll. Aber nein, das Baden selbst war gemeint: die Thais gehen tatsächlich alle mit T-Shirts, Kleidern und zum Teil sogar Hosen und Oberhemden ins Wasser. Sehr merkwürdig. Zumal die Menschen mit den hauteng klebenden nassen Sachen ziemlich aufreizend nach Wet-T-Shirt-Kämpfen in einschlägischen Lokalen aussehen. Hier unten sieht man, wohl auch aus diesem Grund, eher wenige Touristen baden. Die halten zum größten Teil bis weiter oben durch, wo diese Etikette dann zunehmend missachtet wird.

Scheißüberströmt klettern wir bei 35 Grad eisern weiter. Nach dem dritten Level hört endlich der scheussliche Asphalt auf, was aber auch bedeutet, dass es jetzt richtig anstrengend wird, den Waldweg mit Felsbrocken, Löcherm, riesigen Wurzeln und Lianen über dem Weg hochzuklettern. Man muss sehr konzentriert bleiben, um nicht ernsthaft zu stürzen. Aber es macht auch Spaß, sich mal wieder so auf seine Körper zu konzentrieren und sich zu fordern. Mittlerweile gibts zwar noch Mitkletterer, aber keine Massen mehr.

Plötzlich machen wir eine kuriose Entdeckung. Zuerst glaube ich schon, dass hier tatsächlich ein Händler Kleider verkauft. Da ist aber keiner. Um einen großen Baum sind schöne , festliche Seidenkleider aufgehängt, aber auch Schals oder T-Shirts,, Schuhe. Und darunter stehen Kerzen, Opferschalen und Räucherstäbchen. Mitten im Wald. Keine Bilder oder Götterdarstellungen. Trotzdem ist klar, das auch das wohl irgend etwas Buddhistisches ist. Zu schade, dass man niemanden danach fragen kann. Manchmal ist dieses Sprachproblem wirklich ärgerlich. Es sieht jedenfalls ziemlich abgedreht aus , hier oben weit weg von allem, mitten im Wald. Vier solcher Opferstellen sollen wir auf dem Weg sehen.

Inzwischen kleben uns unsere Sachen genauso nass am Leibe als hätten wir gebadet. Aber der Lohn bleibt nicht aus. Die letzten vier Abschnitte und Wasserfälle sind wunderschön! Und als wie endlich in fast 1000 Meter Höhe knapp unter der Bergspitze ankommen, werden wir gleich mehrfach belohnt: dieser phantastische Anblick blass türkiser Wasserbecken und -kaskaden inmitten des dichten Grüns hat haut einen um! Und nach unten hat man auf das grüne Dach des Waldes einen großartigen Ausblick.

Wir können gar nicht schnell genug in diesen Paradiespool kommen. Das Wasser, was direkt von der knapp über uns gelegenen Berspitze kam, ist erstaunlicherweile gar nicht kalt. Kristallklar, wenn auch in dem unteren Pool, wo man am besten baden kann, der Kalksand etwas aufgewühlt ist und es dadurch etwas milchig wirkt. Es sieht fast surreal aus. Die helle Türkisfarbe entsteht dadurch, dass das Wasser über Felsen fließt, die weiß verkalkt sind.

Wir sind überdie glitschigen Felsen gerade so schön in der Mitte des Beckens als wir fast gleichzeitig erschrocken hochhüpfen und aufschreien. Was war das? Da beißt was! In die Füße und die Waden. Nicht ständig, aber öfter. Wir müssen sehr putzig ausgesehen haben, erschreckt kichernd und hüpfend. Schnell war uns klar, dass es Fische sein müssen. Aber mit Zähnen! Die meisten Asiaten haben es ganz gelassen genommen, aber wir hatten nachher sehr viel Spaß, die ahnungslosen Ausländer zu beobachten…

Wir sind dann ein Becken höher geklettert, wo das Wasser klar war, da konnte man die kleinen Schelme dann beobachten, wie sie an den Füßen und Beinen entlang geknabbert haben. Es sind dieselben Fische, die man für viel Geld in den Spezialbecken schicker Spas als Fisch-Peeling erleben darf oder als Therapie bei bestimmten Hautkrankheiten. Sie fressen die alten Haut- und Hornhautpartikel ab. Ist superangenehm, wenn man erst mal weiss, was es ist. Und gratis!

Wir verbringen eine kleine Ewigkeit dort, im Wasser planschend und uns zwischendurch auf überspülten Felsen in der Sonne aufwärmend. Wir bemerken gerade noch, dass es höchste Zeit für den Abstieg war, denn der letzte Bus fuhr um 16 Uhr, danach hängt man dort bis zum nächsten Tag fest. Im Sturmschritt bringen wir die ca vier Kilometer Abstieg hinter uns– erstaunlicherweise ohne größere Stürze. Gerade noch rechtzeitig sind wir am Bus, um auch noch einen der winzigen Sitzplätze zu ergattern.

Schlauerweise lassen wir uns in Kanchanaburi schon eher in der Nähe des Hotels absetzen. Wie sich herausstellen sollte, hatten uns die Tuktukfahrten etwas getäuscht und so dürfen wir mit unseren müden Knochen noch einen weiteren längeren Spaziergang machen, bevor wir uns glücklich und erschöpft in unseren nicht ganz so natürlichen, aber ebenfalls wunderbar erfrischen Hotelpool legen können. Ein Tag im Paradies, ein Sonnenuntergang im Pool, einen echten Cappuccino am Beckenrand – die Welt ist schön!

Auf dem Weg zum Essen will eben schnell meine Abholung morgens um halb sechs vom Hotel zum Busbahnhof organisieren und erlebe eine Überraschung: wo ich auch frage, ernte ich ein müdes Lächeln, selbst an der Rezeption und bei einem Taxiunternehmen: zu früh. Nicht vor sechs.Ich kann es nicht fassen. Als ich dann endlich mal eine Tuktuk- Fahrerin sehe, ist mir klar, wenn mich einer rettet und nicht zu faul zum Aufstehen ist , dann eine Frau. Und – tut mir leid, liebe Männer – so ist es. Ich biete ihr einen leicht erhöhnten Preis an und die Gute verspricht, mich abzuholen. So kann ich in Ruhe die verbleibenden fünf Stunden in mein übergroßes schickes Hotelbett klettern.

Es waren drei tolle Tage, die wir als für einige Außenstehende etwasseltsam anmutendes Traveller-Päärchen miteinander verbracht haben. Wir hatten viel Spaß. Knut wird nun in Bangkok auf eine Freundin warten und ich will nun in den Norden nach Chiang Mai.

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