7. Weiter geht´s

4:30 Uhr klingelt der Wecker. Und das nach nur zweieinhalb Stunden Schlaf. Nach unserem Abschiedsabendessen gestern haben wir noch mit unseren Mitbewohnern im Hof gesessen und geschwatzt. Aber es hilft nichts, halb fünf müssen wir los zum Flughafen, jetzt beginnt unsere kleine Rundreise outside of Capetown.

Wir fliegen zwei Stunden Richtung Nordosten nach Durban, dem Ausgangspunkt unserer Tour, die Berge, Meer und mehrere Nationalparks einschließt. Beim Kaffee auf dem Flughafen mit Blick auf die Tafelberge, die in frühmorgendliches Orange getaucht sind, werde ich tatsächlich ein bisschen wehmütig. Es war schön in dieser Stadt, die auf den zweiten und dritten Blick immer interessanter wird. Gern hätten wir noch mehr davon genossen und erschlossen. Vielleicht bekommen wir ja noch eine zweite Chance…

Nach zwei Stunden Flug landen wir in Durban in der Provinz Kwazulu Natal. 23 Grad, schwül, grau, Dauerregen. Wir mieten ein Auto, so ganz ohne Macken und Alterschwäche, denn wir wollen in die Berge und ans Meer und die Straßen sollen zum Teil eine echte Herausforderung sein. Wie glauben, dass wir ein Auto mit Vierradantrieb gemietet haben, einen SUV, was sich später als böser Irrtum entpuppen soll.

Wir reisen zu dritt und wollen gleich weiterfahren Richtung Drakensberge, dem zweithöchsten Gebirge Südafrikas. Erstes Ziel ist der südliche Teil mit dem Sani-Pass zwischen Südafrika und dem Königreich Lesotho.

Zunächst bin ich etwas verwirrt von der Landschaft rund um Durban, es sieht ein bisschen aus wie im Bergischen Land: grün, hügelig, wenig exotisch. Das erste wirklich „Andere“ sind die kleinen Rundhäuser der Zulus, die plötzlich in kleinen Grüppchen zusammenstehen oder sich einzeln im hinteren Teil von offensichtlich „weißen“ Grundstücken befinden – offensichtlich wohnt da das Personal.

In Kapstadt waren die meisten Afrikaner Xhosa, hier leben die Zulu. Deren Sprache, das Zulu, klingt ähnlich wie Xhosa, diese Klacksprache mit den eigenartigen Klack-, Schnalz- und Zischlauten.

Nach rund drei Stunden sind wir in Himeville, einer kleinen Stadt am Fuße des Sani-Passes, ein verschlafenes Nest in rund 1600m Höhe. Es ist erst drei Uhr am Nachmittag und der Pass ist nur etwa 30 Kilometer entfernt. Was sollen wir mit dem angebrochenen Tag – da fahren wir doch gleich noch hoch! Mit Gepäck im Auto, eine Unterkunft können wir auch später suchen.

Der Pass liegt in 2885 Meter Höhe. Die Straße ist, wie so viele hier, nicht asphaltiert. Los geht es, immer noch im Regen. Der Boden besteht aus Lehm und Steinen. Die Straße führt durch ein wunderschönes Tal, dass von steil ansteigenden grünen Bergen begrenzt wird, die majestätische, steinerne Kronen tragen. Es geht steil bergauf. Nach einigen Kilometern wird die Straßensituation dramatischer: Pfützen, Schlamm, Felsbrocken. Aber wir sind guten Mutes: Ein erfahrener Fahrer und ein super Auto!

Es wird steiler und der Schlamm tiefer, von oben kommen uns zwei, drei Wagen entgegen, die heftig rutschen und schlenkern. Und dann ist es so weit: eine Kurve, die linke Seite höher und steinig, die rechte Seite Pfütze und Schlamm. Miki steuert nach links auf festen Untergrund – aber das Auto rutscht rechts ab, mitten in den Schlamm.

Kein Problem, da kommen wir wieder raus! Aber mit jedem Versuch versinken die Räder tiefer im Schlamm. Wir wollen schieben und versuchen auszusteigen, in Gummilatschen, denn für andere Schuhe wäre das das Todesurteil. Es gelingt mir erst nach einigen Versuchen überhaupt aus dem Auto zu kommen, ohne hinzufallen. Der Versuch mit dem Schieben entpuppt sich als lächerliches Aufwirbeln von Schlammfontänen, die Räder bohren sich immer tiefer.

Von der Hügelkuppe vor uns kommt ein Mann zu Fuß und schaut besorgt: Fahrer und Scout für zwei Geländewagen, die von oben von der Pass-Tour zurückkommen. Die Autos stehen hinter der Kurve und können bei den Bedingungen nicht weiterfahren, weil wir gefährlich im Weg stehen und sie selbst auch nicht wirklich kontrolliert lenken können. Die finnische Großfamilie an Bord ist inzwischen ausgestiegen. Die nun am Straßenrand versammelten Männer kommentieren und geben schlaue Tipps, von denen keiner funktioniert. Sicher ist inzwischen nur: unser Auto hat keinen Vierradantrieb!

Die beiden schwarzen, erfahrenen Fahrer versuchen schließlich, uns mit einem Seil herauszuziehen, das zweimal reißt. Vorbeifahren können sie aber nicht, ihre Autos schliddern bergab gefährlich auf unser Auto zu. Wir richten uns inzwischen langsam auf eine Nacht im Auto ein. Aber Miki gibt nicht auf und versucht unermüdlich mit verschiedenen Anfahrmanövern die Karre im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Dreck zu ziehen. Er muss dabei aufpassen, nicht auch noch in den beachtlichen Graben neben der Straße zu rutschen. Aber – er schafft es! Victoria!

Wir und das Auto sehen aus wie schlammgeboren, aber wir sind frei! Eine Ecke tiefer fließt ein kleiner Fluss über die Straße, wie halten mittendrin und waschen uns und das Auto mit Händen und Blättern notdürftig ab.

Fröhlich fahren wir nun ins Tal und finden sogar auf Anhieb eine preiswerte Unterkunft für Backpacker in einem sonst recht teuren Hotel. Es stammt tatsächlich aus der Gründungszeit des Ortes 1904 : das Himeville Arms. In einem sehr schlichten Extra-Gebäude gibt es ein paar einfache Zimmer für wenig Geld.

Wir gönnen uns ein oppulentes Abendessen mit großen Bieren nach unserem Abenteuer, hängen noch vor dem offenen Kamin in der Lobby ab – schließlich sind draußen nur 12 Grad. Dann fallen wir müde ins Bett und freuen uns über diesen Luxus – statt einem Autositz! Morgen machen wir das Ganze nochmal … aber diesmal im Gelände-Jeeb mit dem Fahrer, der uns heute helfen wollte. Ist dann wohl doch schlauer…..

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