Tag 2 in Chanthaburi. Diesmal zieht es mich in die von dichtem Dschungel bewachsenen Berge im Umland der Stadt. In die eine Richtung geht´s nach rund 20 km zu den 2 Stränden von Chanthaburi , in die andere Richtung in die Berge und den Urwald. Gleich drei Nationalparks hat die Provinz zu bieten, ich habe mich für Nam Tok Phlio entschieden. Das Hotel hat mir einen sehr teuren Taxitransfer angeboten, meine Mobilitäts-App machts zu einem Drittel.
Der Motorradfahrer setzt mich vor dem Eingang ab. Hier buhlen viele kleine Stände und die Gunst der Besucher: Essen, T-Shirts und der übliche Plunder. Der Park ist groß, aber ich habe es vor allem auf die Wasserfälle abgesehen. Inzwischen ist mir klar, dass die drei verschiedenen Wasserfälle hier nicht von einem einzigen Eingang erreichbar sind. Egal. Ich fange mit dem namengebenden Nam Tok Phlio an, was soviel wie „geschmeidige Wasser“ bedeutet. Außer mir sind nur Thais unterwegs, die meisten lassen sich von einem Golfmobil soweit wie möglich fahren, dabei ist es ein netter 25minütiger Spaziergang durch den Urwald. Von den vielen wilden Tieren, die hier laut Info-Faltblatt leben – von Bären, über Affen, Tiger, Schlangen und Mungos – ist erstmal nichts zu sehen, dazu müsste man wohl weiter in den tiefgrünen Dschungel mit den riesigen Bäumen reinwandern. Aber es ist zu heiss und schwül, eine Wanderung keine verlockende Vorstellung.
Unterwegs zum Wasserfall komme ich an einem Chedi und einem Stupa vorbei. Das sind klassische buddhistische Bauwerke, die Buddha selbst und seine Lehre, den Dharma, darstellen und die meist Teile eines Tempelanlage sind. Errichten ließ den Chedi hier einst König Rama IV. Ein Stupa beherbergt dazu meist die Asche eines Verstorbenen, in diesem Falle einer Königin, die sich im 19. Jahrhundert bei einem Besuch in diese Gegend verliebt haben soll. So hat sie hier ihre letzte Ruhe gefunden. Für die Thais eine Muss-Fotomotiv, die stehen Schlange, um einen Schnappschuss zu machen.
Der Pfad führt am Fluss entlang bergauf, in den kleinen, natürlichen Becken sitzen überall Menschen und versuchen, so der Hitze eine Weile zu entgehen, sicher aber nicht den Moskitos….
Dann endlich der Nam Tok Phlio! Der Wasserfall ist wirklich wunderschön! In zwei Abschnitten stürzt er aus den hohen grünen Bergen in die Tiefe, es glitzert und sprudelt, das Sonnenlicht spiegelt sich in der Gischt. Es könnte nur etwas einsamer sein… Vor dem günstigsten Aussichtspunkt auf einem Felsen steht die Schlange der social media – Fraktion, um jeweils das gleiche Poser-Foto mit wechselnder Besetzung zu machen….
Der Wasserfall mündet in einem kleinen Plateau in einem Becken voll kristallklarem Wasser und vielen Fischen. Es sind Riesenexemplare der Saugbarben, die als Minis in Deutschlands Kosmetikstudios für gut Geld zur Fischpediküre eingesetzt werden. Sie knabbern sanft abgestorbene Hautzellen ab. Ein komisches Gefühl, wenn man es noch nicht kennt. Ob man hier baden darf, weiß ich nicht genau, aber es sind sowieso zu viele Menschen hier.
Da der Weg hier nicht weitergeht, entscheide ich mich, angesichts der extremen Schwüle, keinen anderen Wanderrundweg zu nehmen, sondern stattdessen zu versuchen, zu einem der anderen Parkzugänge und von dort zu einem der großen Wasserfälle zu kommen. Ein Ranger hat mir den Nam Tok Trok Nong im Südosten des Parks empfohlen, erreichbar über einen der anderen beiden Zugänge zum Park. Mir war allerdings nicht klar, wie weit es bis dahin ist, auf dem Info-Folder wirkte es überschaubar…
Es ist ein weiter Weg dorthin und wie sich herausstellt, gibt es keinen shuttle, und ich finde hier kein Taxi – weder über App noch live. Auch nicht zurück in die Stadt. Die Thais sind offensichtlich alle mit dem eigenen Auto oder einem Mietroller gekommen. Ich habe das total falsch eingeschätzt.
Nach einer halben Stunde sinnloser Versuche hat der Ranger ein Erbarmen und telefoniert herum. Es gibt ein Angebot zu einer astronomischen Summe, ich lehne ab. 20 Minuten – und tausend erfolglose Versuche, ein Taxi zu bekommen, später – 2. harte Verhandlungsrunde: Es gelingt mir den Preis um einiges zu schrumpfen, aber es ist immer noch relativ teuer. Aber dafür wird der Fahrer dann auch dort auf mich warten und mich wieder ins 40 km entfernte Chanthaburi zurückfahren. Um herzukommen, hat er erstmal eine lange Anfahrt.
Endlich sitze ich im kühlen Auto, schweissgebadet. Das kalte Wasser, dass mir der Fahrer schnell an einem Stand kauft, ist eine nette Geste. Er redet viel auf der Fahrt in einer anstrengenden Englisch-Thai-Mischung. Aber als er anfängt, mir allzu nette Komplimente zu machen, wird es komisch. Erst recht, als er an einem Restaurant anhält, um mich einzuladen. Irgendwie biege ich es ab und er fährt weiter, aber ganz wohl ist mir nicht, hier im Dschungel. Nur – aussteigen ist auch keine Variante.
Endlich erreichen wir den Eingang zum Park. Ich wandere los. Im Gegensatz zum anderen Eingang herrscht hier gähnende Leere, aber die Ranger kontrollieren nickend mein Ticket, alles ganz normal. Ich begegne seltsamerweise nur einer einzigen Familie, die hier Picknick macht. Nach einer guten halben Stunde einsamer Wanderung durch den Urwald höre ich es zwar laut rauschen, aber der Weg ist gesperrt, weil er wegen umgestürzter Bäume völlig unpassierbar ist. Und das offenbar nicht erst seit kurzem. Die Ranger hätten mich ruhig darüber informieren können… Nun ist auch klar, wieso ich hier so einsam bin…
Immerhin finde ich eine Möglichkeit, zum rauschenden Fluss hinunterzuklettern. Super. Nun kann ich wenigstens ein kleines Stück Wasserfall erspähen und stehe auf Felsen mitten im Fluss vor einem tiefen, klaren Becken mit hunderten Fischen. Yes! Scheint fast wie eine Fata Morgana angesichts der Hitze und des Frustes. Ich gönne mir ein ausgiebiges Bad mit den Fischen und noch etwas Träumen auf den Felsen mitten im rauschenden Wasser mit Blick in die Baumkronen. Es ist so schön und friedlich, dass mein Frust schnell in den Stromschnellen wegschwimmt. Das Taxi hat brav gewartet und die Rückfahrt mit dem spürbar angesäuerten Driver durch´s grüne Nirgendwo verläuft still, aber ohne weitere Peinlichkeiten. Trotzdem atme ich auf, als wir die Stadt erreichen und ich aussteigen kann.
Den Rest des Nachmittags spaziere ich noch ein bisschen durch die Straßen, gönne mir eine wunderbare Massage und ein leckeres, superbilliges Essen in einer der Garküchen, die abends plötzlich am Straßenrand aus dem Boden zu schießen scheinen. Das war´s dann auch schon mit der Stadt der Hasen, Edelsteine und dem großen grünen Dschungel rundherum – morgen früh geht´s wieder nach Bangkok für drei weitere Tage, bevor ich meinen Solopart dieser Reise beende und nach Indonesien weiterfliege.