12 – Tanz auf dem Vulkan

Die Nacht ist superkurz: Um 0:45 klingelt der Wecker. Heute großes Programm: Um 1:30 Uhr werden wir abgeholt zu einem Aufstieg auf den Gunung Batur, Balis zweithöchstem Vulkan. 1717 Meter hoch und aktiv, das letzte Mal ist er 2000 ausgebrochen.

Zuerst werden noch ein paar andere Abholorte mit dem Kleinbus abgeklappert. was nervend ist, denn einige jüngere Teilnehmer mussten wohl erst aus dem Bett geholt werden. Dann fahren wir rund anderthalb Stunden zum Batur, der Aufstieg beginnt bei etwa 900 Metern.

Ich bin, ehrlich gesagt, doch ein bisschen nervös, denn das Internet sagt: „Der zweistündige Aufstieg ist für Nicht-Trainierte sehr sehr anstrengend und definitiv nicht zu empfehlen, wenn man nicht topfit ist.“ hmmm…. Wenn ich mich auf dem Basis-Parkplatz unter den Gruppen so umschaue, dann stelle ich zumindest fest, dass wir die Ältesten sind…mit Abstand. Aber irgendwie triggert das ja auch!

Los geht´s . Alle Teilnehmer bekommen für den Gipfel eine Frühstücksbox mit zwei Scheiben Toast, einem harten Ei und einer kleinen Marmelade. Hmpf. Und eine Kopflampe, denn es ist stockfinster. Auf geht´s.

Wir haben zwei Guides, einer vorn, einer hinten. Unsere Gruppe heißt „Bintang“, wie das populärste Bier hier in Bali. Den Namen muss man sich merken, falls die Gruppen unterwegs durcheinander gerät und man rufen muss, denn erkennen kann man beim Licht der Kopflampen kaum jemanden.

Die erste Etappe ist einfach. Ca eine dreiviertel Stunde geht es flott eine Straße hoch, die kürzlich befestigt wurde, damit Menschen mit Behinderungen wenigstens ein Stück hochgefahren werden können. Es riecht nach Zwiebeln! Der Guide erklärt mir, dass im dunklen Nichts neben uns Zwiebeln, Tomaten und Chilli angebaut werden, die in dieser fruchtbaren Erde, in diesem Klima besonders gut gedeihen.

Aber dann – geht es wirklich zur Sache. Ich frage den Guide an der Abzweigung, ob es keine Stöcke gibt, und er zaubert irgendwoher drei glatte Äste hervor, die wir und eine koreanische Teilnehmerin, die auch nicht mehr zu den twens gehört, bekommen. Wie sich bald herausstellt: eine rettende Idee.

Der Pfad führt jetzt, jenseits jeder Straße, steil nach oben in unzähligen Wendungen. Aber das schwierigste ist, dass er aus ausgewaschenem, scharfkantigem Lavagestein mit Kies, losen Brocken, kleinem fiesen Geröll und rutschigem Lehm besteht. Oft muss man sich an hohen scharfkantigen Abrüchen hochziehen . Bloß nicht fallen oder umknicken – ist mein Mantra. Aber die guides sind aufmerksam und reichen schon mal ein Hand von oben, wenn es heftig wird. Sieht ein bisschen verrückt aus, wenn man sich umschaut und überall die mäandernden Kopflampen in der Finternis sieht.

Fast meine größte Sorge ist es, dass ich hier wieder dieselbe Strecke ins Tal muss. Das wäre Horror! Ansonsten ist der Aufstieg zwar schweisstreibend und verdammt anstrengend, aber es läuft gut, bei meiner bessreren Hälfte auch. Er hat zwar mehr power und Ausdauer, aber dafür tritt er unsicherer als ich. Jeder muss mit seinem Blatt klarkommen. Es ist schon interessant, wie einen so eine Herausforderung auf das Wesentliche zurückwirft: einfach nur das nächste Wegstück scannen, stützen, hochstemmen, einen Fuss vor den anderen und weiter…

Am Horizont ist ein erster blasser Streifen zu sehen, aber der Guide ist zuversichtlich, dass wir es zum Sonnenaufgang bis oben schaffen. Knapp! Aber ja – geschafft! Und was für ein Panorama!

Der Blick geht über einen riesigen Kratersee unten im Tal auf den höchsten Vulkan der Insel, den Gunung Agung, und noch ein paar andere Bergkuppen, hinter denen langsam die Sonne aufgeht. Wen man Glück hat (wir haben ein bisschen), dann ziehen unten, auf halber Höhe, Nebelschwaden durch das Panorama. Ein wunderschöner Anblick! Das sind Bilder, die man mitnimmt. Die im Kopf bleiben. Und ein… Hochgefühl ! Verschwitzt, mit zitternden Knien, aber voller Andacht.

Leider können wir auf der anderen Seite nicht in den Krater schauen, der Nebel hat sich darin eingenistet. Aber wie ich höre, ist es ohnehin nur ein riesiges Felsloch, da der Batur im Moment schläft. Die einzigen Einwohner hier sind ein paar Makaken, die natürlich täglich ordentlich von den Besuchern gefüttert werden.

Zu meiner großen Erleichterung geht der Weg bergab tatsächlich über einen anderen Pfad, der zwar nicht unanstrengend und streckenweise steil ist, aber nicht so extrem wie der Weg nach oben. Auf einem Teil der Strecke kommen einem dann tatsächlich Enduro-Motorräder entgegen, man glaubt es kaum! Auf halber Strecke gibt es eine sogar eine engtsprechende Station, diese Strecke ist tatsächlich offiziell freigegegeben. Mir wird ganz schlecht, nur vom hinsehen. Tja, Trendsport am Vulkan…

Irgendwann haben wir es geschafft und auf einem kleinen Parkplatz sammelt uns der Fahrer wieder ein. Erschöpft sinken alle in die Sitze, die meisten legen ein Nickerchen ein. Es ist acht Uhr morgens.

Aber Bali lässt seine Kundschaft nicht so schnell aus den Fängen, zum Paket mit der Batur-Wanderung gehört noch ein Abstecher zu einer Kaffee-Plantage. Hier gibts einen Naturlehrpfad mit vielen Pflanzen, aus denen man Tees, Gewürze und natürlich Kaffee machen kann. Arabica und Robusta wird hier angebaut.

Die Endprodukte, an die 20 Tees und Kaffees, von denen wir viele noch nie getrunken hatten, dürfen am Ende verkostet werden. Spannend. Aber da wir nun den ganzen Bauch voll haben und die Geschmacksnerven fast überfordert sind, verschieben wir eine besondere Verkostung auf einen späteren Zeitpunkt : den Luwak-Kaffee.

Das ist der teuerste, weil… ausgekackt! Ja, das ist kein Verschreiber! Er wird von hübschen, großäugigen, katzenähnlichen Tieren, die hier im Wald und auf den Plantagen leben – den Luwak – von den Bäumen gefressen, im Ganzen geschluckt, fermentiert und wieder…freigegeben. Dann wird er gereinigt und geröstet. Dieser Kaffee gehört zu den teuersten der Welt. In Brasilien gibt es noch ein Pendent , da erledigen Vögel das Fermentieren. Aber wie gesagt – wir kosten später und ausgeschlafener…

Gegen halb elf sind wir in Ubud zurück, machen wir ein kurzes Koma-Schläfchen. Dann muss ich mich um mein Ersatzhandy kümmern, das nun auch kaputt ist und heute ein neues Teil bekommen soll. Die Filiale ist 9 km entfernt – das dauert… Mir fällt dabei ein, was meine Indonesien-spezialisierte Freundin und Kollegin gesagt hat: „In Bali dauert jede Fahrt einen Tag. Egal ob 10 km, 40 oder 80. “ Ja, sie hatte recht.

Vom Tag bleibt gerade noch ein kleiner Bummel durch die Innenstadt und ein seeehr leckeres Abendessen. Selamat malam! Gute Nacht!