Not amused…

170 Kilometer Nord-Nordwest liegt unser nächstes Ziel: Bom Jardin. Zum Glück ist die Überlandstraße seit zwei oder drei Jahren asphaltiert, sonst wäre dies ein sehr anstrengender Trip geworden. Wir fahren am Spätnachmittag los, in der Hoffnung, am frühen Abend anzukommen. Aber 15 km weiter bemerke ich, dass mein Handy noch an der Rezeption liegt und wir dafür den Zimmerschlüssel noch haben. Also im Sturzflug all die Serpentinen zurück und dann das Ganze auf Anfang. Aber als wir endlich in Bom Jardin sind, ist es bereits stockfinster. Keine Ahnung, wo die Pousada liegt, die wir reserviert haben.

Die Militärpolizei, die in Brasilien auch für den Verkehr zuständig ist, erklärt uns, dass wir gar nicht hier wohnen, sondern ein Dorf weiter, so circa 8 km entfernt. Klingt ja harmlos…ist es aber nicht, denn nach etwas fünf Kilometern hört die asphaltierte Strecke auf und es geht über eine unbeleuchtete Buckel-Lehm-Schotterpiste irgendwo ins Dunkle. Und das ohne Ende. Das Auto war fast neu. Das dürfte sich nun dank Steinschlag und ewig aufschlagendem Unterboden erledigt haben. Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit schon nicht mehr daran glauben, dass dieser Weg irgendwohin führt, tauchen ein paar fahle Lichtlein auf.

Ein Dorf, ein Dorf! Naja, so was ähnliches jedenfalls. Immerhin ein paar bewohnte eher schäbige, kleine Häuser und ein Ortsschild mit dem blumigen Namen: Vila da Rota da Agua – Dorf an der Route des Wassers. Der Beschreibung nach sollten wir jetzt eine idyllisch gelegene, kuschelige Pousada finden. Als das Funzeln einer der wenigen Straßenlaternen auf ein kleines Gebäude mit dem Namen „Estancia da Mata“ ( Waldfarm) auf einem total chaotischen, nach Großbaustelle aussehenden Grundstück fällt, sind wir erstmal stumm und geschockt. Nach DER Fahrt DAS…

Von Idylle keine Spur. Wie kommen bloß die guten Bewertungen ins Internet?! Aber immerhin kommt sofort ein strahlender Mann nebst lächelndem Teenager heraus und freut sich, dass wir nicht verloren gegangen sind. Herzliches Händeschütteln, trotz unserer immer noch finsteren Minen. Das Zimmer ist pieksauber – Bett, Minitisch, Fernseher an der Decke und Dusche.

Aber draußen halt eine Baustelle. Der Regen, der viele Regen sei Schuld, dass die Neugestaltung des Grundstücks nicht fertig sei, die Baumaschinen kommen nicht durch. Tröstet uns immer noch nicht.

Der Sohn des Hauses erbietet sich sofort, uns per Motorrad Wasser und eine Kleinigkeit zu essen zu holen. Nett, aber bessert die Laune auch nicht so recht, lässt es doch auf die Abwesenheit von Restaurants schließen. Danke nein, wir gehen ein bisschen spazieren. Skeptische Blicke. Der Chef erscheint und kündigt an, uns zu begleiten, weil es so dunkel ist. Er hat eine Taschenlampe.

Was soll´s – wir lassen wir uns darauf ein, vom ihm nebst Tochter durch diesen Vorposten der Zivilisation zur einzigen Lanchonete des Dorfes gebracht zu werden, die noch etwas zu essen hat. Lanchonete – das ist mehr als ein Imbiss und weniger als ein Restaurant. Wir entscheiden uns für Pastel, mit Fleisch, Huhn, Käse oder Gemüse gefüllte, frittierte Teigtaschen. Und Bier.

Der Mann, der sich als Senhor Anselmo entpuppt, ist ein so symphatischer Mensch, dass sich unser Schock langsam etwas abkühlt. Er hat auch schon gleich ein paar Ideen für Unternehmungen, die sich in etwa mit dem decken, was uns der Lonely Planet empfiehlt. Und er hat auch gleich Führer an der Hand, ohne die nichts geht hier, das haben wir schon gelesen. Vielleicht ist es hier ja doch nicht so schrecklich…

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