12. Große Tiere, kleine Tiere

Großer Safari-Tag! Aber erstmal ein Bad im Pool und Frühstück – heute drinnen, draußen ist es schon zu heiß. Auf dem Dach und im Baum vor dem Fenster tobt eine wilde Affenbande, es ist laut und witzig zugleich. Außerdem hängen die Fliegenfenster von außen immer voller Eidechsen, fast wie ein Dekor. Wie haben am Abend noch einen Berg leckeres Obst am Straßenrand gekauft und so ernähren wir uns momentan sehr gesund und lecker. Ach ja: LEKKER! Das ist das Wort, das man hier ständig hört. In Afrikaans bedeutet es alles von tatsächlich lecker über gut bis ausgezeichnet, bestens, prima, in Ordnung. Und das auf alles bezogen. Klingt lustig für unsere Ohren. Klappt immer.

Wir machen uns auf zum 60 Kilometer entfernten iMfolozi Game Reserve, dem ältesten Nationalpark des Landes. Ein 960 Quadratkilometer großes Schutzgebiet im nördlichen Zululand, das es schon seit 1885 gibt. Laut Lonely Planet eine echte Alternative zum berühmten, aber sehr teuren Krüger-Park. iMfolozi ist wesentlich kleiner, verglichen mit dem berühmten großen Bruder im Norden, aber ebenso artentreich und nicht so überlaufen. Eher der Geheimtipp. Der Eintritt kostet nur etwa 12 Euro. Nur Übernachtungen in den Lodges innerhalb des Parks sind natürlich teurer.

Der Weg dorthin führt am Rand der Stadt Mtubatuba entlang. Hier sieht es nicht ganz so idyllisch aus wie auf unserem Weg aus dem Inland, trotz viel Landschaft und Gärten um die Hütten. Die Häuser sind schäbiger, Müll liegt überall herum, viele Grundstücke sind zwar sogar mit Stacheldraht eingezäunt, aber ungenutzt. Weiße sind nicht zu sehen.

Als wir am Parkeingang unseren Eintritt zahlen (natürlich nach den üblichen Anmeldeformularen) erhält Nathalie sogar großzügig den Südafrika-Inlands-Rabatt, weil sie als Volunteer in einer Township arbeitet. Sie wird auch gleich von der Frau am Einlass vereinnahmt, ob sie nicht solche Hilfsprojekte für ihre Stadt vermitteln kann. Es gäbe gar keine Beschäftigungsmöglichkeiten für die Kinder, sie würden nur herumhängen und sich prügeln. Nathalie schreibt alles auf und verspricht, es weiterzugeben. Die Hoffnung ist aber Null. Die Hilfsorganisationen stapeln sich im schönen Kapstadt und ein paar wenige im härteren Johannesburg, vielleicht noch ein paar in Pretoria und Soweto, aber viel mehr ist dann auch nicht.

Endlich können wir uns losmachen und beginnen gespannt unsere Tour.

Ja! Eine Giraffe! Ganz nah neben der Straße würdigt sie uns keines Blickes beim Baumwipfelmahl. Und schon bevölkern ganze Kudu- und Impalaherden und Gnus die momentan üppig grünen Hügel neben uns. Was für elegante Tiere! Und kurze Zeit später dürfen wir ganz aus der Nähe zwei Elefanten dabei zusehen, wie sie sich genüsslich mit Schlamm eincremen. Später treffen wir noch viele ihrer Verwandten. Die afrikanischen Elefanten gefallen mir besonders, haben sie doch so riesige Ohren! Mit unerschütterlicher Ruhe stampfen sie durch die Gegend und fressen unentwegt, wenn sie nicht gerade ein Schlammbad nehmen. Und irgendwie wirken sie immer weise und in sich ruhend. Rutschen weit nach oben auf meiner persönlichen Hitliste der Tiere!

Immer wieder entdecken wir Nashörner, sogar mit Babies! Und schon wieder eine Büffelherde! Und so soll es über Stunden weitergehen. Kaum, dass fünf Minuten vergehen, ohne dass wir irgendwelche Tiere sehen: natürlich auch wieder Hippos, Büffel, Affen, Krokodile, alle möglichen Vögel. Unbedingt eine Extra-Erwähnung verdienen die Warzenschweinfamilien mit ihren unglaublich lustigen, kapriolenschlagenden zahlreichen Ferkeln. Kaum zu glauben, dass Schweine so lustig sein können! Und es ist schon verdammt viel schöner und interessanter, sie freilebend und ohne Gitter so aus der Nähe zu beobachten, als im Zoo. Aussteigen ist natürlich unter Lebensgefahr und auch zum Schutz der Tiere streng verboten.

Irgendwann entdecken wir plötzlich Zebras, für mich ein Synonym für Afrika. Und mehr noch, sie blockieren mal eben die Straße, das Auto interessiert sie wenig. Nicht, dass wir unbedingt weiterfahren wollten – wann kann man schon mal diese perfekt von Mutter Natur gestylten, großäugigen Tiere so in Ruhe beobachten!

Fast noch verrückter ist unsere nächste Begegnung mit Giraffen. Wir entdecken gleich mehrere neben der Piste, aber plötzlich kommt uns ein besonders großes Exemplar direkt entgegengelaufen. Ganz ruhig und selbstbewusst schaut sie auf uns Zwerge im Blechkäfig herab, bevor sie dann beschließt, dass Zweige spannender sind und sowieso besser schmecken.

Drei von den legendären Big Five, also Giraffe, Nashorn und Büffel haben wir also an einem einzigen Tag ausgiebig bewundern können. Nur die Löwen und die Leoparden halten sich im zur Zeit ungewöhnlich dichten Grün versteckt – da waren sie garantiert, nur leider für uns unsichtbar. Damit wir nicht traurig sind, schicken sie uns Cousine Hyäne kurz vor Schluss vor das Auto. Von Nathalie hören wir, dass es sogar im Krüger-Park durchaus vielen Besuchern passiert, dass sie tagelang kaum ein Tier zu sehen bekommen. Unsere Wirtin versichert uns allerdings abends, dass wir auch wirklich viel Glück hatten, so extrem viele Tiere an einem Tag zu sehen.

Der iMfolozi Park ist übrigens auch landschaftlich wunderschön, er hat Berge, Wälder, savannenähnliche Ebenen und breite Flussläufe. Das einzige Problem auf unserer acht Stunden-Safari: Man kann irgendwann nicht mehr sitzen und auf den ausgewaschenen, mal steinigen, mal sandigen Lehmpisten tut irgendwann mal auch das beste natürliche Sitzposter vom Geruckel weh. Aber das ist Jammern auf ganz hohem Niveau…. Was für ein Tag! Eigentlich eignen sich die heutigen Erlebnisse kaum zum Schreiben, denn das, was man wirklich mitnimmt, lässt sich nicht in Worte fassen, man erlebt es einfach. Jeder für sich.

Kleiner Nachsatz: In der Nacht hören wir in unserer Wohnung plötzlich lautes Gebrüll, fast unheimlich. Es ist klar, dass das die Hippos sind, aber wir glauben, es schallt vom Fluss unterhalb des Grundstückes herüber und schlafen erschöpft ein. Erst am nächsten Morgen erfahren wir, dass es einen Kampf auf Leben und Tod zwischen einem alten Bullen und einem jungen gab. Der alte Platzhirsch (wohl eher Platz-Bulle…) wollte den jungen Konkurrenten töten, der daraufhin geflüchtet ist: laut trampelnd durch den Garten um unserer Haus herum! Es stimmt also tatsächlich, dass die gefährlichen Kolosse gelegentlich die Gärten unsicher machen! Wir konnten es kaum glauben!

Was soll dieses Kapitel dem geneigten Leser sagen? Wer Tiere sehen will in Südafrika und weder Lust noch Budget für den Krüger-Park hat, dem sei iSimangaliso und iMfolozi heiss empfohlen! Eine echte Alternative.

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