16. Bangkok – last call

Frühstück thailändisch: Gebratener Reis mit Gemüse und Cashew – und Chilli. Der Vormittag ist dem Kulturprogramm gewidmet: Tempelbesuch. Diesmal Wat Pho, eine der beiden größten Tempelanlagen der Stadt, berühmt durch den riesigen liegenden Buddha.

Zu erreichen ist mein Ziel am schnellsten mit dem Expressboot auf dem Chao Phraya, dem großen Fluß, der gleich neben dem Viertel von Nord nach Süd durch die Stadt fließt. Ahnungslose Neulinge lassen sich ein Ticket für das Touristenboot aufschwatzen, das 200 Baht pro Tag kostet. Wer schlauer ist, nimmt einfach die öffentliche Orange Flag Line, die vielen Einheimischen als normales, schnelles und staufreies Verkehrsmittel dient. Eine Fahrt kostet 15 Baht, ca 35 Cent.

Die Fahrt ist angenehm, selbst wenn man gelegentlich stehen muss, denn oft ist das lange Boot voll. Wenn der Fluss bei Wind unruhig ist, kann die Gischt auch schon mal für eine ordentliche Dusche sorgen. Das Boot legt mit heftigem vor-und zurückrangieren (und schwarzen Rauchwolken) jeweils an den schwimmenden Metallpiers an. Der Kapitän sitzt vorn, eingewiesen wird er per Pfiffen und Handzeichen des Bootsmanns hinten. Ein Schauspiel. Beim Ein-und Aussteigen muss man gut aufpassen, ganz schön wackelig so von einem schaukelnden auf den anders schaukelnden Untergrund!

Spontan entscheide ich, auf der anderen Flussseite zuerst den Wat Arun Tempel anzuschauen, ein rund 80 Meter hohes Bauwerk, dass über und über mit Mosaiken asiatischen Porzellans verziert ist. Die vier steilen Treppenaufgänge zum Turm sind jeweils von riesigen steinernen Wächterfiguren chinesischer Krieger bewacht, verschiedene Fabelwesen gesellen sich dazu. Beeindruckend.

Danach lasse ich mich auf die andere Seite übersetzen zu Wat Pho. Hier gibt es Schlangen an der Kasse, und wer ahnungslos mit kurzen Hosen, Röcken und ärmellosen T-Shirts gekommen ist, muss sich erstmal ordentlich verschwitzte lange Hemden oder Hosen ausleihen, um die Anlage überhaupt betreten zu dürfen. Passiert einem nur einmal, danach hat man seine Tempelkleidung garantiert immer bei sich! So wie ich…

Die Anlage ist riesig, unzählige Pagoden, kleinere und größere Tempel, Wandelgänge und Gebäude, ua. mit der ersten „offenen, demokratischen Universität“ und der ältesten Massageschule. Hauptattraktion ist natürlich der 45 m lange goldene Liegende Buddha, etwas zu groß für den Vorgarten. Untergebracht in einer Halle, deren Wände über und über  kunstvoll mit Szenen aus dem Tempellleben bemalt sind.

Auch die größte Sammlung von Buddhafiguren gibt es hier zu bewundern, mehr als 1000 Buddhas haben hier ihr Zuhause. A propos Buddha: Überall in der Stadt und an den Tempeln bitten Plakatwände und Schilder darum, Buddha nicht als Tatoo-Motiv zu benutzen. Er sei keine Dekoration und es verletze die religiösen Gefühle der Gläubigen.

Die Anlage mit ihren weißen, roten, goldenen, silbernen und bunt glitzernden Bauwerken ist wirklich wunderschön. Allerdings wimmelt es natürlich von fotografierenden Touristengruppen, Selfie-Machern und leider auch nervigen Schreihälsen darunter. Abseits der repräsentativen Hallen und Tempel werden hier und da Gebete von den Mönchen abgehalten, auch öffentlich, für jeden, der teilnehmen möchte.

33 Grad, pralle Sonne, lange Kleidung. Ich löse mich förmlich auf. Nach einer guten Stunde kann ich nichts mehr aufnehmen, ich habe einfach zu viele schöne Dinge gesehen. Ich verbringe noch eine meditative Viertelstunde in einem ventilatorengekühlten Tempel mit einer besonders schönen weiblichen Buddhafigur, der ich auch ein paar Lotosblüten und Räucherstäbchen zu Füßen lege. Dann verlasse ich die heiligen Hallen.

Es folgt der sehr weltliche Teil des Tages: Geschenke Einkaufen im allseits bekannten Shoppingcenter MBK. Ich entscheide mich wieder für ein Tuktuk. Bloß gut, dass die Dinger nicht so schnell umkippen können: Die Fahrer rasen damit wie die Verrückten durch den dichten Stadtverkehr. Wofür es Fahrtrichtungspfeile gibt, ist mir schleierhaft, niemand richtet sich auch nur annähernd danach. Und wenn irgendwo das Abbiegen verboten ist oder der Stau zu dick wird, dann saust man eben mal schnell über eine Hotelzufahrt und über einen Liefereingang verbotener Weise durch Gebäude und Grundstücke – Hauptsache schnell.

Die Schilderung der folgenden zwei Stunden Konsumwahnsinn wäre zu öde, ich kaufe kaum etwas, der Overkill an Angebot lähmt mich. Aber ein Tipp: die Foodcourts im 6. und 7. Stock des Gebäudes sind – der Hammer! Küche aus aller Welt, edel präsentiert, in offenen Küchenblöcken zubereitet und trotzdem nicht besonders teuer.

Für den Rückweg entscheide ich mich für das diesmal noch fehlende Verkehrsmittel: das Motorradtaxi. Sicherlich das riskanteste Verkehrsmittel, denn das sind die echten Großstadt-Desperados unter den Fahrern. Sie preschen gnadenlos zwischen den Bussen, Autos und Tuktuks durch, gern auch mal auf der Gegenfahrbahn durch den ohnehin aberwitzigen Verkehr. Aber einmal muss ich auf jeden Fall. Diesmal mit einer ungewöhnlichen Variante: einer Frau! Und die überzeugt. Auch sie gehört zu den Verrückten, aber ich kneife nicht einmal die Augen zu, wie so oft bei den männlichen Kollegen. Und sie fährt eine richtig schöne Sightseeing Route zurück. Eine halbe Stunde mit vielen Sehenswürdigkeiten: Parks, Tempel, das Nationalmuseum, das Nationaltheater. Klasse!

Nach einem Bad im Hotelpool mache ich mich für meine Abendrunde zurecht. Eine Schleife über die Rambuttri und immer wieder Fassungslosigkeit, wie sehr man sich zum Affen machen kann. Und, sorry, liebe Landsleute, die deutschen Männer können das am besten. Besonders peinliche Exemplare sind die zu Hause garantiert oberbiederen 40+Modelle, die hier auf einmal total cool mit blondiertem Iro oder Rastazöpfen und Dutts in geschmacklosen bunten Wallehosen und Tanktops herumlaufen und irre gut drauf sind. Boah, eh!

Schnell verschwinde ich um die Ecke in die echte Stadt und mache mich auf über die Klong Banglamphu Bridge in den mir bis dahin unbekannten Nachbarbezirk Phra Sakhon. Verrückt. Schon wieder ein ganz anderes Straßenbild. Alles eine Nummer kleiner und gemütlicher, aber durchaus großstädtisch. Auch hier gibt es etliche Unterkünfte für die Touristen, aber hier leben auch viele Thais und alles wirkt entspannt. Auch an den Suppenküchen essen hier viele Einheimische.

Nach einem kleinen Spaziergang suche ich mir einen kleinen Massagesalon. Noch einmal genüsslich-leidvoll entspannen… Nach dem anschließenden Essen ist es bereits gegen elf und eigentlich bin ich müde. Aber da war doch noch die Sache mit dem Blues-Club…

Und tatsächlich, da ist er, gleich in der Nähe der Brücke, in der Rama VIII Rd . Davor sitzen einige Leute draußen, denn der winzige, schlauchartige und urgemütliche Laden ist rammelvoll.  Sieht tatsächlich aus wie eben so ein Musikclub aussehen muss. America in Bangkok. Ich finde noch ein Stühlchen, bestelle mir ein Chang und schon beginnt ein neues Set der jungen Bangkoker Band „The Heritagers“.

Super! Ich kann´s nicht fassen, die sind einfach toll. They got the blues! Mit einem älteren amerikanischen Banjospieler als Gast spielen sie viele Klassiker, aber das richtig gut! New Orleans ist überall! Der Laden tobt, ich kann mich nicht losreißen und halte bis zum bitteren Ende durch. Halb zwei mache ich mich glücklich auf den Heimweg. So ein schöner letzter Abend! Denn morgen heißt es Abschied nehmen, für dieses Mal.

Eine tolle Zeit geht zu Ende. Sawaddee káh, Thailand! Bis zum nächsten Mal.

 

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