5 – Inseltour

Eigentlich wollte ich unbedingt ganz früh ans Meer…ganz so früh war es dann doch nicht. Aber ich habe inzwischen von meinem Nicht-Rasta-Opa einen Roller gemietet. Zusammen mit den Italienern will ich die Insel ein bisschen näher erkunden. Mein erster Thailand-Roller-Ausflug nach meinem Unfall letztes Jahr. Aber inzwischen ist alles anders: Ich bin fleißig in Berlin e-Roller gefahren als Mitglied der Emmi-Scooter-Sharing-Gemeinde. Sollte also besser klappen. Und Autos, die einen bedrängen könnten auf den schmalen Straßen, gibt’s keine auf der Insel.
Erst mal ist der Tank leer. Toll. Also, zum hundert Meter entfernten Restaurant schieben, die verkaufen auch Sprit. Inzwischen weiß ich ja, wonach ich suche. Wo Tankstellen fehlen, verkaufen Läden und Restaurants das Zeug, abgefüllt in leere Plastikflaschen. Früher dachte ich, das sei irgendwelches Speiseöl… Das Ganze wird dann mit Hilfe einer weiteren abgeschnittenen Plastikflasche als Trichter eingefüllt und fertig.
Und los gehtś. Die schmale Straße ist zwar theoretisch mit Betonplatten befestigt, aber die haben ordentliche Löcher, da heißt es aufpassen. Ich komme gut beim Guesthouse der beiden an. Erst noch eine kleine Runde Strand und dann gehtś los.
Zuerst zum Hafen, denn ich will morgen weiterziehen. Ich habe mir eine kleine Stadt gegenüber an der Golfküste ausgesucht, die noch ganz entspannt sein soll und einen Nationalpark in der Nähe hat. Aber wie kommt man da hin?
Das allwissende Internet nutzt hier in Thailand nur begrenzt. Hier läuft vieles anders. Ich entdecke eine Mini-Agentur von Asianair. Vielleicht wissen die was….Tun sie. Und nicht nur das, entgegen aller Voraussicht kann ich hier nicht nur ein Bootsticket aufs Festland kaufen, sondern die Frau telefoniert dreimal und schon habe ich eine kombinierte Verbindung mit Abholung am Hafen in Ranong und Minivan direkt nach Pratchuap Khiri Khan. Unglaublich – das ist Thailand. Nirgends gibt es einen offiziellen Plan, aber alles geht.
Erstens Ziel ist die entlegendste der drei großen Strandbuchten: Ao Kwam Peen. Zum Eingewöhnen geht es eine Weile über die schmale, aber überwiegend betonierte Inselstraße, wenngleich sich der Belag auch an vielen Stellen soweit verflüchtigt hat, dass die Drahtverstrebungen obenauf liegen oder sogar in netten Schlaufen freiliegend. Rechts und links jede Art von Grün, ein paar Häuser, viele davon Pensionen oder Minirestaurants, außerdem Hühner, Katzen und die allgegenwärtigen Hunde, denen man immer mir gebotener Vorsicht begegnen sollte, auch wenn sie fast immer friedlich sind. Fast…
Die überall in Thailand üblichen Hausaltäre sind hier weniger bunt und glitzernd als in anderen Ecken des Landes, hier sehen sie meist etwas verwittert aus und die Farbe blättert. Aber frische Blumenketten hängen immer daran, übrigens auch an einigen Bäumen am Strand.
Koh Phayam iat eine hügelige Insel, die fast über und über bewaldet ist, Landwirtschaft habe ich keine entdecken können. Tagsüber brütet die Sonne, nachts bleibt es sehr warm – die Zeit der Nachtvögel, die die eigenartigsten Schreie ausstoßen. Und natürlich der Geckos mit ihren seltsamen gackernden Lauten. Trotz wachsender Beliebtheit immer noch eine wirklich beschauliche kleine Insel. Vielleicht nicht mehr die vergessene Hippie-Insel von einst, aber immer noch sehr entspannt.
Schließlich führt die Straße bergan in einen Wald. Von Beton keine Rede mehr, Stufe zwei des Rollertrainings mit wachsendem Schwierigkeitsgrad. Die Spurrillen kreuz und quer in dem festgefahrenen Lehm und die losen Schottersteine flößen mir schon Respekt ein. Als es aber schließlich jenseits der Bergkuppe lehmig-schleimig mit extremen Löchern und Rillen steil bergab geht, links nur noch Bäume und Steilhang, drapiere ich mein kleines Gefährt dezent zwischen den Bäumen und wandere hinter meinen vorausfahrenden Gefährten her.
Unten erwartet uns eine mit hohen Urwaldbäumen bewachsene weitere schöne sichelförmige Strandbucht. Ein paar Zelte verstecken sich zwischen Büschen und weiter hinten kleben ein paar kleine Bungalows am Hang. Hier steigen offenbar alle ab, die hinterher erzählen, dass sie ganz weit weg von allem in der puren Natur gewohnt haben. Und sie sehen auch so aus: Blonde Rastalocken, verstrubbelte Haare, viele Tücher, leicht abgerissen, die weiße Haut rot von der Sonne, in Tragetüchern herumgeschaukelte Babies. Oft ein eher etwas ungesundes Aussehen, warum auch immer. Einziger Verpflegungspunkt ist ein Strandrestaurant.
Aber es ist wirklich wunderschön, das blaugrüne Wasser, die üppigen Bäume und Pflanzen, die knorrigen Wurzeln der alten Bäume, die bis ins Wasser reichen. Aber für einen ganzen Urlaub hier wäre mir das dann doch zu abgelegen. Abgesehen davon, dass angesichts der ewigen Tagesbesucher von echter Abgeschiedenheit nicht die Rede sein kann. Wir schlürfen eine kalte Kokosnuss, blinzeln auf´s Meer und machen uns auf den Rückweg – erstmal zu Fuß, die beiden haben ihren Roller auch vor dem letzten halsbrecherischen Wegstück stehen lassen. Aber hier fahren wirklich ein paar Verrückte, zum Teil zu dritt auf einem Roller, mit Kind, mit dem Bike rauf und runter….
Eine knappe Stunde gemütlichen Cruisens später sind wir an Koh Phayams größten Strand Ao Yai. Die Strandbucht gehört zu den längsten, die ich je gesehen habe, je nach Gezeiten auch extrem breit oder nur normal breit. Strahlend weißer Zuckersand. Palmen und hohe Bäume mit extrem langen Nadeln, Lianen und wieder Mangroven spenden Schatten für die vielen Bungalowanlagen, die sich angenehm dezent im Grün verstecken. Etliche Restaurants und Strandbars stehen zur Auswahl.
Aber das klingt anders als es tatsächlich aussieht, trotz der vielen Unterkünfte und eben auch Menschen, wirkt der Strand nicht voll. Er ist einfach so groß, dass er das alles schluckt. Trotzdem stelle ich für mich fest, dass mir unser Hausstrand, der Buffalo Beach, am besten gefällt.
Ich liege unter ein paar hohen Bäumen und beobachte kleine gelbschwarze Kolibris, bis ich einnicke. Dann ein ausgiebiges Sitzbad, denn auch hier ist das Wasser flach. Und auch hier – trotz Tourismus: keine Jetskis! Übrigens habe ich außer den Longtailbooten hier auch noch keine Yachten gesichtet. Das erscheint mir eher ungewöhnlich. An allen Stränden fällt auf, dass es sowohl am Ufer selbst wie auch im Wasser sehr sauber ist. Kaum der sonst übliche Plastikmüll. Schön, dass es das noch gibt.

Übrigens kann man hier an versteckten Stellen auch noch gelegentlich Moken antreffen, die Seenomaden der Andamanensee, die fast das ganze Jahr auf dem Wasser leben und fast nur zum Handeln oder bei Unwetter an Land kommen.
Hunger! Das Bamboo, ein ausgesprochen nettes Restaurant mit einer großen Holzterrasse, stillt unsere kulinarischen Bedürfnisse auf das Angenehmste. Träge schwatzen wir dem Sonnenuntergang entgegen, erscheint uns doch diese gigantische Bucht, mit dem mittlerweile wegen der beginnenden Ebbe bereits fast 100 Meter breiten spiegelnden Strand, als Must-See-Kulisse für den nahen Sonnenuntergang. Und wir werden nicht enttäuscht….So schön, so kitschig, so bunt! Man kommt sich wiedermal ganz klein vor. Übrigens hängt die Mondsichel hier immer wie eine Schaukel nach unten, selbst die ist hier eben anders.
Wir müssen zurück, meine Rollermiete läuft ab, die beiden haben einen Tag mehr Zeit. Das Abendessen ist in einem Restaurant mit offenem Grill geplant, da werde ich wohl mit Taschenlampe hinwandern müssen…Aber der Rasta House – Chef, der unsere Verabschiedungs- und Verabredungsszene, laut furzend, von seiner Hängematte aus beobachtet, winkt mich huldvoll zu sich, um mir zu sagen, dass er mir zwei Stunden Miete schenkt und ich mit meinen Freunden essen fahren soll. Nett!
Mit gegrilltem Snapper und Barracuda geht dieser schöne letzte Tag zu Ende. Abschied von neuen Freunden und schon wieder Taschepacken. Noch ein letzter Kampf mit dem Ventilator und ein Tète a Tète mit einer süßen Eidechse in meiner Dusche und dann schließt sich das rosa Moskitonetz zum letzten Mal um mich.