Die Zeit vergeht viel zu schnell. Also heißt es wieder packen und weiterziehen. Krabi war gestern. Mein Ziel ist Khao Lak. Bei den meisten wird jetzt sicher sofort die Erinnerung an den Tsunami Weihnachten 2004 geweckt, der diese Region besonders getroffen und verwüstet hat.
Khao Lak liegt gut zwei Stunden nördlich von Krabi und ist eigentlich ein Berg. Aber auch die noch relativ junge Urlaubsregion westlich davon an der Küste des Indischen Ozeans heißt so. Von Phuket ziehen sich endlos immer neue Sandstrände nach Norden bis hier her.
Aber bevor ich das alles in Augenschein nehmen kann, muss ich erstmal hinkommen. Der gebuchte Minibus kommt eine dreiviertel Stunde zu spät und befreit mich endlich vom endlosen Gelaber der schon wieder beim Bier sitzenden Männertruppe im Baan To Guesthouse. Ich freue mich, dass der Van mal nicht überfüllt ist. Zu früh gefreut. Es ist nur ein Shuttle, der uns zu einem außerhalb von Krabi gelegenen Dorf bringt.
Hier ist die Abfahrtstation von Minibussen und ein paar großen Überland-Bussen. In einer überfüllten Traglufthalle an einer staubigen Dorfstraße drängeln sich schwitzende Touristen mit ihrem Gepäck. Ein riesiges Chaos auf den ersten Blick. Aber wie fast immer hier – eines mit System. Jeder bekommt bei Ankunft einen handbeschrifteten Papieraufkleber mit seinem Ziel angeklebt. Alles funktioniert über handgeschriebene Listen und laut gebrüllte, aber oft kaum verständliche Aufrufe, wenn wieder einer der Vans vollgestopft wird. Statt 10 Uhr dreißig, werden wir um 12 Uhr endlich aufgerufen.
Eigentlich überflüssig zu sagen, dass auch der allerletzte Platz besetzt ist und das Gepäck nicht reinpasst. Die letzten Gepäckstücke werden in den Sitzraum gequetscht, ehe die Tür davor geschlossen wird. Wir haben ein besonders altes, lädiertes, ziemlich schmutziges Gefährt erwischt. Auch der Fahrer entspricht dieser Beschreibung. Ich bin trotzdem froh, dass ich auf dem Sitz ganz vorne einsteigen darf, auch wenn ich mir vornehme, meine Sachen sofort nach Ankunft zu waschen…
Langsam schiebt sich unsere Transportrostlaube durch die Landschaft, wir passieren eben jene Berge, die ich gestern entdeckt habe. Plötzlich habe ich das sichere Gefühl, dass meine Füsse nass sind. Die alte, kaputte Klimaanlage flutet meinen Fußbereich mit schmierigen Wasser! Und mein kleiner Rucksack mittendrin. Toll!
Nach anderthalb Stunden wird Essenspause verordnet. Wir wollen eigentlich alle schnell weiter, aber der Fahrer hat Hunger und will Mittagessen. Eine kleine, schäbige Raststätte, bei der alles ziemlich rott aussieht – außer der Tisch, an dem das Essen nach Thai-Art aus den vorbereiteten Zutaten frisch zubereitet wird. Der ist tadellos sauber.
Ich nutze die Gelegenheit, den Müll neben dem Haus zu sichten und finde zwei leere Pappkartons, die ich zum Isolieren meiner Füße von der Überschwemmung benutzen kann. Der Fahrer klopft mir anerkennend auf die Schulter. Weiter gehtś.
Die Landschaft ist grün und wird zunehmend wieder bergig: Der berg Khao Lak. Aber bis wir in der gleichnamigen Urlauberregion sind, dauert es noch eine Weile. Schließlich kann man das Meer linksseitig durch die Bäume ahnen. Die mehr oder weniger ineinander übergehenden Strände und dazugehörigen kleinen Orte liegen an einer 25 km langen Straße, es ist kaum auszumachen, in welchem Ort man gerade ist. Hauptort ist La Ohn.
Endlich darf ich aussteigen, mein Hotel Sri Chada liegt direkt an der Straße und sieht eher wenig einladend aus. Der Eindruck täuscht: Das Zimmer ist super! Aber diesmal habe ich nur eine Nacht gebucht, weil ich nicht sicher war, ob es mir gefällt. Und prompt kann ich nicht verlängern, alles ausgebucht. Egal, das ist erst morgen.
Ich mache mich zu einem ersten Erkundungsgang auf. Vorbei an Dutzenden, sich aneinanderreihenden Restaurants, Bars und kleinen Geschäften. Trotzdem wirkt das alles nicht so unangenehm, wie in Phuket oder Ao Nang. Ich halte nach einer Möglichkeit Ausschau, an den Strand zu kommen. Endlich finde ich eine Gasse und den Hinweis auf den Nang Thong Beach. Allerdings ist das Meer viel weiter entfernt als angenommen. Nach einer Viertelstunde Fußweg sehe ich endlich den Ozean schimmern.
Aber – eigentlich darf ich hier nicht weitergehen, ein Zaun trennt das Grundstück eines Ressorts ab, das vor dem eigentlich öffentlichen Strand liegt, und der nimmt kein Ende. Schließlich ist mir das zu dumm und ich klettere durch ein Loch. Der Strand ist dunkelgelb, nicht besonders breit und es ein paar Felsen thronen halb im Wasser, halb auf dem Strand. Nang Thong Beach landet auf einem Mittelplatz meiner Wertescala.
Nach einem kleinen Spaziergang ist Anbaden in Khao Lak. Ich mache mir einen Spaß daraus, danach die Security-Leute am Zugang zu einem Edelressort auszutricksen und die Dusche hinter der Mauer zu benutzen. Und da ich bemerkt habe, dass es für die allgemeine Öffentlichkeit nur wenige, weit voneinander entfernte, anderthalb Meter breite Tsunami Evacuation Routes als Zugang zum Strand gibt, beschließe ich, einfach durch das Ressort zurück zur Straße zu gehen.
Großer Fehler. Ich irre fast zwanzig Minuten über ein schier endloses Gelände – eine eigene kleine Stadt, hermetisch abgeriegelt. Endlich finde ich einen gut bewachten Lieferantenzugang. Mit Charme und wide smile schaffe ich es, aus dem Leben der Schönen und Reichen zu verschwinden.
In dem quirligen Straßenort findet sich so ziemlich alles – kulinarisch gesehen. Skandinavisches Frühstück, italienische und französische Küche, japanische Sushi – und eine deutsche Bäckerei. Die ist zwar groß genug, um ein nettes kleines Frühstückscafé zu beherrbergen, ist aber nüchtern nur mit einem Ladentisch, einer Glasvitrine mit Gebäckteilen und zwei trostlosen Tischen und einem muffeligen Schwaben eingerichtet. Kaffee gibt es, aber dazu nur die Gebäckstücke, so wie sie sind. Wenig einladend.
Ich bin müde, esse einfach gleich hier, statt – wie schon traditionell nach Ankunft – auf dem Nachtmarkt, der drei Kilometer entfernt ist. Morgen werde ich andere Strände erkunden, Coconut Beach ist der, der mir am interessantesten klingt.