11 Vietnam: Abgetaucht 2

Ich beginne den Tag um kurz nach sechs mit einem meditativen Bad im ersten Sonnenlicht am menschenleeren Strand. Ich konnte ab fünf Uhrnicht mehr schlafen, wegen des unaufhörlichen Getuckers der gefühlten 10.000 Fischerboote, die von nächtlichen Fang auf dem Weg nach Hause sind. Ich bin sicher, die fahren ALLE an dieser Insel vorbei! Aber so kann ich mich immerhin nochmal im kristallklaren Wasser schwebend auf einen neuen Tauch-Tag vorbereiten – mit dem Kopf über dem Wasser.

Nach dem Frühstück dann antreten zum Tauchtraining. Zum Glück brauchen wir unsere Übungen hier nicht in einem Pool mit Chlorwasser zu machen, wie sonst üblich, sondern dürfen gleich ins Meer. Frischen Mutes und bestens gelaunt erscheinen die Tauchlehrlinge an der Rainbow-Basis. Die Taucheranzüge schaukeln schon erwartungsvoll auf ihren Bügeln vor dem Haus …

Und schon geht´s wieder von vorn los. Ganz einfach, wir sollen nur alles genauso machen wie gelernt und dazwischen noch Fragen beantworten. Klingt super. Aber wie war das alles noch mal: Zuerst diesen Hahn und dann jene Schnalle oder doch erst jenen Schnappverschluss am Schlauch? Wann darf ich noch mal den Sauerstofftank öffnen, ohne dass uns alles um die Ohren fliegt? Heute gibt´s keine Hilfestellungen mehr, nur noch Argusaugen und ein gelegentlich eingeworfenes „Are you really sure, that you wanna do THIS?!“

Die nächsten Merksätze sind ebenso einfach wie alles andere: Ohne S.O.R.T.E.D. darf man nicht abtauchen. Ah ja … Müssen wir uns nur noch schnell alles merken, samt der Handzeichen dazu: Signal-Orientate-Regulator-Time-Elevate-Deflate&Descent. Alles klar. Vor allem die Pantomime dazu liegt Miki besonders! Dann noch mal schnell die anderen Zeichen abfragen – fällt mir nicht schwer.

Aber der Pferdefuß folgt sogleich: Wir üben mit dem Kopf unter Wasser schwimmend ständig zwischen Schnorchel und Regulator zu wechseln ohne Aufzutauchen. Ich HASSE Schnorchel! Wie soll ich denn mit meiner armen schwachen Lunge beim Schwimmen noch ständig so da reinblasen, dass das verdammte Wasser raus und Luft reinkommt?! Ich saufe mindstens einen Liter Salzwasser, aber Vivi kennt da nix: Da muss ich durch. Da tauche ich lieber ganz unter und nehme den Regulator aus dem Mund und kriege ihn fehlerfrei wieder ´rein – ohne Wasser.

Ach ja, hatte ich Regel Nr. 1 eigentlich schon gesagt? Man darf niemals aufhören zu atmen, auch nicht ganz kurz, das ist lebensgefährlich. Also auch nicht ohne Mundstück oder wenn man gerade konzentriert was macht  – oder die Oberfläche schon über sich sieht und den Regulator aus dem Mund nehmen muss. Gar nicht so einfach, daran zu denken, denn wie oft hält man mal kurz die Luft an! Es ist sozusagen ein Fehler mit Todesstrafe, weil gerade beim Aufsteigen oder in großer Tiefe sonst der Druck im Körper bzw. der Lunge zu groß wird.

Lustig wurde es, als wir unsere Schwebfähigkeit (heißt das so auf Deutsch?) am Grund trainieren mussten. Man muss es erstmal als Angfängertrottel schaffen sich gemütlich kurz über dem Grund  auf den Bauch zu legen und dann nur per Atmung auf und ab zu bewegen. Statt gemütlich und Algengleich da zu schwingen wie Vivi purzeln wir mal runter, mal mit den Beinen nach oben, schießen plötzlich nach oben, kommen nicht wieder runter, drehen uns unkontrolliert wie ein Rollmops um die eigene Achse und andere lustige Veitstänze. Man hat seinen verdammt Erdgravitations-gewohnten Körper einfach nicht unter Kontrolle. Jetzt weiß ich ungefähr wie es für Kinder sein muss, laufen zu lernen. Man stellt sich sooooo doof an. Aber es ist lustig!

Eine Übung heute soll neben unerwähnten hier noch gewürdigt werden: Auf dem Grund vierzig Sekunden ohne Regulator ununterbrochen ausatmen, dann das gleiche, wenn man dabei noch neun Meter horizontal und sechs Meter vertikal schwimmen muss. Verrückterweise war es viel schlimmer nach oben zu schwimmen, weil es anstrengender ist und man andererseits trotz Luftnot nicht schneller als 18m/min sein darf, wegen des Druckausgleichs. Ihr findet das alles langweilig? Für uns war´s eine echte Herausforderung. Ebenso wie der Notfallaufstieg allein oder zu zweit wegen out of air. Da wird einem bei allem Spaß klar, dass man gerade einen ziemlich gefährlichen Sport lernt!

Aber zum Schluß gibt´s dann noch ein Leckerli, was alles vergoldet! Wir tauchen auf neun Meter und dürfen einfach nur Korallen und Fischchen anschauen. Willkommen in Neptuns Welt!

Miki hat sich so darin verliebt, dass er gleich mit den hier sehr großen Seeigeln knutscht und einige Stacheln unter die Haut bekommt. Tja – true love hurts!.

Nach dem Nachmittagtraining dürfen wir dann die Zwischenprüfungen eins bis drei schreiben.

Und wieder ist ein langer Tauchtag zu Ende. Eigentlich sollte der erste Kurs (Tauchen bis zwöf Meter) heute zu Ende sein, wir genießen das Privileg, einen Tag geschenkt zu bekommen. Aufregend war´s und soo schön! Danke Vivi, für deine Geduld mit uns. Uns tröstet in unserer Scham nur die Tatsache, dass es wohl nur sehr selten Menschen unseres Alters gibt, die sich noch an diesen Sport wagen. Das stellt das Ego der Bummel-Letzten wieder her, oder?

Heute schmeckt das leckere Abendessen gleich nochmal so gut und dann winkt auchschon wieder der Bettzipfel im Bambushüttchen, begleitet vom exotischen Nachtgesang nie gehörter Vögel.

2 Gedanken zu „11 Vietnam: Abgetaucht 2“

  1. …als wenn man selber dabei gewesen ist. Nun muss ich bloß noch die Theorie bestehen. werde nach den Formularen suchen. Die Atemtechnik lass ich mir von dir später nochmal genau erklären Wenn ich deine Berichte lese kann ich mir ein herzerfrischendes Lachen nicht verkneifen. Meine Kollegen sehen dann auf und wundern sich. Ich bin dann immer sehr fröhlich.
    Liebe Grüße an euch Weltenbummler von AnFu

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