Thailand 7: Von Massagen und Märkten

Guten Morgen, Chiang Mai. In meinem Zimmerchen am Ende der Altstadt mit Ventilator war es sehr angenehm. Nach einem Frühstück um die Ecke entdecke ich ein Schild: „Best massages by Ex-Prisoners“. Davon habe ich schon gehört. Es its ein Projekt, bei dem weibliche Strafgefangene eher entlassen werden, wenn sie eine Massageausbildung machen und eine bestimmte Zeit dort arbeiten. Resozialisierung auf thailändisch. Der Laden (sagt man so?) sieht sehr einladend aus und ich finde es irgendwie spannend. Also buche ich eine Stunde. Eine nette Frau wäscht mir die Füße, eine andere reicht mir weite traditionelle Kleidung und eine dritte ist dann meine Masseuse. Sie verbeugt sich, so wie man sich hier sehr häufig voreinander verbeugt und stellt sie als Toi vor, dann geht´s los. Sie macht das großartig. Sechzig Minuten lang knetet, streicht, drückt, klopft ,dehnt un d zerrt sie an mir herum – mit vollem Köpereinsatz: Finger, Hände, Unterarme, Ellbogen, Füße. Für Zartbesaitete ist diese traditionelle Thai-Massage wohl eher nichts. Für mich war es Entspannung pur. Ich gehe höchst zufrieden und innerlich und äußerlich entspannt ins Hotel packen.

Kleine Überraschung. Ich war im falschen Hotel. Eine No-Show-Cancellation-Mail scheucht mich auf. Ich zeige sie dem Chef meines Hotels und er erklärt mir grinsend, dass das Hotel nebenan meins gewesen wäre. Nur sind die Eingänge hier alle ganz dicht nebeneinander und der Aufsteller von meinem gebuchten Hotel „Sindy“ steht vor seiner Tür, dumm gelaufen. Der Smartie hat beim Einchecken und meinem Verweis auf die Reservierung nur „yes, yes“ gesagt, also war für mich alles klar. Er verspricht mir, mit dem nicht anwesenden Chef „meines“ Hotels zu klären, dass der die Meldung zurücknimmt….wenn das mal klappt. Zum Glück war es nicht so teuer.

Per Tuktuk reise ich in mein nächstes Guesthouse, das „Kavil2“. Der Chef ist ein seltsamer Vogel, nicht sehr freundlich, aber das Zimmer ist groß und sauber. Gleich gegenüber miete ich mir ein Fahrrad. Kindergröße (wie fast alle hier) nicht geölt und eine schreckliche Übersetzung. Ich bin schon nach den ersten drei Kilometern geschafft. Trotzdem nett, so hier hin- und herzugondeln und langsam ein Gefühl für die Stadt zu bekommen. Endlich geht mir auch ein Licht auf, wieso manchmal fast ein dutzend Straßen denselben Namen haben. Das System ist ganz einfach: Der Name der Hauptstraße wird mit einer Nummer versehen und gleich auf alle abgehenden Nebenstraßen übertragen. Da muß man erstmal drauf kommen. Und Straßennamen in lateinischer Schrift gibt es sowieso bestenfalls in der Altstadt oder großen Straßen.

Die meisten Häuser sind hier, bis auf ein paar neue Ausreisser, höchstens zwei Etagen hoch. Es ist schwer, sich an den Häusern zu orientieren, weil fast überall Geschäfte, Restaurants, Guesthouses untergebracht sind und alles mit Werbetafeln und Aufschriften zugekleistert ist,man sieht irgendwie nur noch: bunt. Auf den ohnehin winzigen Bürgersteigen davor parken dann oft noch Motorräder oder mobile Verkaufswagen und Garküchen. Eine Orientierung mithilfe der glitzernden goldenen Tempel will auch nicht so recht gelingen – es gibt so viele davon, Im inneren Stadtgebiet allein über 200. Die in orange Tücher gewickelten Mönche gehören überall zahlreich zum Straßenbild. Gar nicht so leicht, sie an die Regeln zu halten und sie nicht im Gedränge zu berühren. Vor allem als Frau geht das nämlich gar nicht.

Der Einbahnstraßen-Verkehr in der Straße am Kanal rund um die Altstadt, die man benutzt, um in eine anderes “Straßenbündel“ zu kommen , ist enorm und chaotisch. Und dann noch Linksverkehr. Ich muss mich schwer konzentrieren, um nichts falsch zu machen und nicht von den plötzlich auscheerenden Vehikeln aller Art unsanft ausgebremst zu werden. Anfänglich hupt es schon mal gehörig, wenn der Autopilot mich dann doch mal auf die falsche Seite lenkt. Aber ich bin wohl nicht die Einzige und wenigstens rase ich hier nicht mit einem Motorrad herum wie viele, die bei der Geschwindigleit schnell zum Geisterfahrer werden. Da wird einem wirklich manchmal schlecht.

Richtig gut gefallen mir die vielen schmalen Nebengassen, die sich in Schlangenlinien durch die Viertel ziehen. Hier herrscht zum Teil dörfliche Ruhe. Nur normale Häuser, viele mit kleinen Gärtchen hinter Mäuerchen, hier und da ein kleiner Laden oder ein paar Restaurants und Guesthouses und ansonsten Vogelgezwitscher. Andere Gassen sind etwas belebter, aber auch hier geht alles seinen gemächlichen Gang. Laut werden kann es nur, wenn man in Tempelnähe ist. Am späten Nachmittag oder Abend (vielleicht auch morgens, das entzieht sich meiner Erfahrung) ist Messe. Und das ist richtig laut. Da wird getrommelt, gegongt und gesungen, allerdings in einem sehr fremdartigen und durchdrungenden Singsang, der sich oft Ewigkeiten wiederholt. Für meine Ohren ist das nach einer gewissen Zeit wirklich anstrengend.

Wenn man ein bisschen darauf achtet, kann man immer wieder traditionelle Lanna – Holzhäuser von Chiang Mai sehen, die ausgesprochen schön aussehen mit ihren charakeristischen, geschachtelten Dächern. Am hässlichesten sind Beton-Neubaublocks, die hier offensichtlich immer in weiß gestrichen werde, die aber aufgrund des Klimas nach kürzester Zeit von schwarzem Schimmel befallen sind und ganz schrecklich aussehen. Viele der kleineren Häuser sind bunt angestrichen und es gibt viele Rankenpflanzen, Palmen und Bambus lockern das allzu Urbane angenehm auf.

Ich umrunde und durchstreife die Altstadt, sehe mir die vier völlig unterschiedlichen alten Stadttore an, die alle aus Ziegelsteinen in verschiedenen Formen gemauert sind, und überquere den Kanal in östlicher Richtung. Ein etwas neueres, ebenfalls sehr geschäftiges Viertel, das aber weniger Charakter hat als die Altstadt. Plötzlich stehe ich vor einem Tor und weiss, auch hier gibt es eine kleine Chinatown. Aber keine besonders schöne. Ein paar Minuten später bin ich auch einem riesigen Markt angekommen, der sich über einige Straßenzüge am Fluss hinzieht.

Zuerst der Blumenmarkt. Das müsste man als Geruchsprobe verschicken, statt darüber zu schreiben. Da hier ein Hauptverwendungszweck für Blumen darin besteht, kunstvolle Gestecke und Ketten zu religiösen Zwecken zu binden, und diese dann vorzugsweise auch noch gut riechen sollen, kommt hier viele Duftpflanzen wie Jasmin zum Einsatz. Während ich zwischen den schnippelnden und knibbelnden Frauen herumlaufe und ungläubig die verrücktesten Gestecke im Entstehungsprozess bewundere, steigt mir der süsse Duft fast zu Kopf.

Der Rest des Marktes, der wiederum ein ganzes Viertel samt Tempel in ein Meer aus Buden und Ständen verwandelt, in das sich die hunderten geschäfte noch einsortieren, bietet eigentlich bis auf Großgeräte alles, was man sich vorstellen kann. Eine ganze Straße mit Stoffen, kleine Massschneidereien gleich inklusive, Schuhe für die halbe Menschheit, Gerätschaften….alles, die zahlreichen Essens-Stände nicht zu vergessen.

Der Rückweg führt mich an gefühlten fünfzig Tempeln vorbei, bevor ich erschöpft hinter einem der riesigen Eiscappuccinos, die hier verkauft werden, Deckung suche. Inzwischen habe ich mich entschlossen, eine zweitägige Trekking –Tour in die Berge gute 100 Kilometer nördlich von Chiang Mai zu buchen. Es ist meine erste Trekkingtour, sie schließt am Ende ein paar typisch touristische Zutaten wie Bambusfloßrafting und Elefantencamp ein, aber sie erscheint mir am interessantesten von den erschwinglichen Angeboten. Und Dschungel und Berge – das sind für mich die Zauberworte. Ich hoffe nur auf erträgliche Mit-Trekker – höchstens zehn gehören zu einer Gruppe.

Bezüglich des Abendessens überlasse ich mich dem Gespür meines einheimischen Drahtesels, mal sehen, wo er mich hinbringt. Nicht schlecht, altes Ross, ein Nachtmarkt. Es ist mit immer wieder schleierhaft, wo dieses ganze Essen bleibt, dass hier überall angeboten wird. Auf den Märkten essen nicht nur Fremde, sondern auch vorallem Einheimische, viele nehmen das Essen mit nach Hause.Für wahlweise gegrillte Hühnerköpfe (samt Augen und Schnabel), Füße oder Sterze kann ich mich nicht recht erwärmen, ich bleibe feige bei scharfem Schwein mit Basilikum und Knoblauch. Inzwischen finde ich Essen, was nicht ausdrücklich scharf ist, schon fast komisch – so als fehlte was. Aber die Gefahr auf lasches Essen besteht hier eigentlich nur bei Restaurants, die überwiegend von Europäern besucht werden.

Ich brauche eine halbe Stunde, bis ich mich vor dem Schlafen entschlossen habe, was ich in den Rucksack für morgen packe. Schließlich muss ich ihn zwei Tage lang beim Trekking selbst schleppen und es darf trotzdem nichts fehlen, denn kaufen fällt aus in der Wildniss. Aufregend!

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