Thailand 13: Ab auf die Insel

Nachdem mich Mr. Bao höchstpersönlich vor Sonnenaufgang, mit einem Sandwich ausgestattet, an der Bushaltestelle abgeliefert hat, heißt es ein weiteres Mal Abschied nehmen von einem schönen Ort. Die aufgehende Sonne zeigt mir ihr Land und vor allem die Berge noch mal in magischem Licht, bevor es zurück in die Ebene von Surat Thani geht. Vor einer Agentur der Fährgesellschaft Lomphraya werde ich abgesetzt. Mein Briefchen von Mr. Bao scheint in Ordnung zu sein, einziger Beweis dafür, dass ich die Überfahrt nach Koh Tao bezahlt habe. Die Fahrpläne in Thailand bleiben mir ein Rätsel, mal gelten sie ganz exakt, oft aber scheinen es nur grobe Schätzwerte zu sein, selbst bei der Bahn. So auch heute.

Eine halbe Stunde nach dem mir bekannten Abfahrtstermin der Fähre kommt endlich ein verwirrend großer Reisebus und lädt uns ein. Ich dachte, wir würden nur eben zum Pier gebracht. Tatsächlich aber fahren wir anderthalb Stunden durch immer neue Ortschaften. Ich werde langsam ein bisschen unsicher, ob hier nicht ein Missverständnis vorliegt, sehe aber noch zwei Backpacker, von denen ich weiss, dass sie dasselbe Ziel haben.

Irgendwann taucht dann das Meer neben uns auf – das erste Mal auf meiner Reise sehe ich den Golf von Thailand – blau glitzernd im Sonnenschein. Irgendwo im Nirgendwo ein Pier und wir besteigen einen Highspeed-Katamaran. Die meisten Thais bleiben unter Deck und scheinen spätestens nach zehn Minuten allesamt zu schlafen. Das Meer ist aufgewühlt und das Boot kracht hart auf die Wellen und es schaukelt nicht wenig. Nach einer Weile beruhigt sich der Seegang. Ich gehe an Deck und nehme das erste Mal meine nicht-thailändischen Mitreisenden wahr. Schock! Was sind den das für Leute?! Ein völlig neues Publikum, das schon äußerlich so ganz anders wirkt, als die Reisenden, die ich bisher getroffen habe.

Da ist die typische Pauschalreise-Spezies , schneeweiss im knappen Ibiza-Beach-Outfit, dieSonnencreme in der Hand. Laut unterhält man sich darüber, bei welcher Internet-Agentur welche Reise mit welchem Komfort noch zwei Euro billiger angeboten wurde. Es werden flugs beruhigende Gruppenbildungsprozesse absolviert: „Ach, ihr seid auch auf unserer Insel in dem Ressort Asia Sun! Na super, wir sind auch da und die vier da drüben wohnen in der Anlage gleich nebenan! Da können wir ja schön was zusammenmachen!“ Dann, betont abgesetzt, die Distingierteren mit der Buchung im Luxusressort. Ein Kölner Pärchen um die Dreißig erzählt mir, sie seien direkt aus Bangkok weitergeflogen (interessiert uns nicht wirklich, die Stadt) und hätten alles schon klar gemacht, keine unnötigen Umwege, sie wollen nur relaxen -wer will schon Stress und allzu viel Neues im Urlaub. Ein toootal gutes Angebot: ein abgelegenes Strandressort mit allem Drum und Dran für nur 150 Euro die Nacht mit Halbpension, natürlich. 150 Euro in Thailand? Totaaal günstig? Nur nicht woanders hin, kein Stress? Ich glaub, ich bin hier falsch! Da sind mir ja die flattertuchbehangennen Öko- Hippie-Aussteiger-Eltern mit drei kleinen Kindern, zwei Kinderwagen und drei Tonnen Gepäck noch die liebsten.

Nach einem Zwischenstopp in Koh Samui legen wir nach etwa zweieinhalb Stunden in Koh Pha Ngang an, der Nachbarinsel von Koh Tao. Plötzlich wird klar, warum man einigen von uns beim Einsteigen rote Bändchen verpasst hat: Wir müssen hier umsteigen. Das Gepäck hat die Crew schon auf dem Landesteg verteilt ehe wir endlich vom Schiff runter sind – jeder rupft an seinem Teil herum, wunderbarer Weise landet nichts im Wasser. Eine Stunde Aufenthalt, brennende Sonne. Leider kein netter Hafen, sondern eine endlose Mole zum Land, der eigentlich Ort fängt erst dahinter irgendwo an. Ich zerre mein Taschenmonster durch den Sonnenschein (ja, ich habe gelernt: das nächste Mal brauche ich nur die Hälfte), nur um in einer hässlichen, aber immerhin schattigen heissen Schalterhalle eine Cola zu trinken.

Endlich erreichen wir dann Mae Haad auf Koh Tao. Ich will eigentlich auf die abgelegene Ost-Seite der Insel, in die Tanote Bay. Doch es ist offenbar etwas beschwerlich dorthin zu gelangen, deshalb will ich eine Nacht an der betriebsamen, extrem touristischen Westküste verbringen und ein bisschen fröhliches Badeort-Leben anschauen. Ich habe keine Ahnung, wohin ich mich wenden soll. Ich schubse Heerscharen von aufdringlichen Taxifahrern und Schleppern weg und marschiere einfach drauf los. Müde, heiss, ich habe keine Lust mehr weiterzusuchen. Eine schweißtreibende Stunde später habe ich Rückenschmerzen und lahme Arme, weil ich meinen Hackenpanzer ständig durch den Sand und über Steine ziehen musste. Endlich ein freies Zimmer, das weder ein Schlafsaal, noch ein teures Hotel ist. Allerdings – es ist scheußlich, schimmelig, schmuddelig und dafür zu teuer. Aber aus meiner Zimmertür kann ich immerhin direkt auf den Strand. Zwar habe ich auf dem Schiff meinen lonely planet befragt, wo ich denn wohl bleiben sollte, aber da ich keine Ahnung von den geografischen Gegebenheiten und Entfernungen hatte, hat das nicht viel genutzt.

Um meinen Frust gar nicht zum Zuge kommen zu lassen, mache ich mich nach einem ersten kurzen Bad auf, Mae Haad zu erkunden. Anderthalb Stunden laufe ich durch den lauten, chaotischen, ziemlich vermüllten und gesichtslosen Ort voller Tauchbasen, Hotels, stinkender lauter und stinkender Motorräder und Quads, die einem fast über die Füße fahren. Meine Laune ist im Keller. Ich will hier weg.

Schließlich treffe ich zwei Engländerinnen, Mutter und Tochter, die auch in meinem Hotel wohnen. Sie fragen mich, ob wir nicht zusammen essen wollen. Ich nehme das gern an und wir finden sogar ein nettes Restaurant. Die junge Frau ist Tänzerin und hat eine Charlston- Dance Compagnie. Ihre Mutter hat gerade aufgehört zu arbeiten. Sie hatte einen Second Handladen und hat Kostüm-Ausstattung für Filme gemacht. Die Ladies sind beide very english, ein bisschen schräg und ich finde, wir bilden einen netten kleinen Damenclub. Das rettet mir den Abend und lässt mich den Ort Mae Haad vergessen.

Um es vorwegzunehmen – man möge mir den Bruch der Chronologie verzeihen, einige Tage später unternehme ich einen weiteren Versuch, mich mit der Ostküste anzufreunden und fahre in den Hauptstrandort Sairee Beach. Einzige Möglichkeit von Küste zu Küste zu kommen ist eins der fünf Shuttle-Sammel -Taxis aus Tanote Bay, die viermal am Tag zur Fähre fahren und für einen kleinen Aufpreis dabei auch Gäste mit in die angrenzenden Orte nehmen. Das Ganze kostet dann pro Fahrt und Kopf 100 bis 150 Baht, ein reguläres Taxi verlangt 500 bis 600 Baht.

Eigentlich möchte ich an dieser Stelle nur ganz kurz auf Sairee Beach eingehen- denn, soviel sei vorweggenommen, es lohnt kein eigenes Kapitel. Es ist etwas sanfter als der geschäftigeHauptort Mae Haad, aber trotzdem nicht viel mehr als eine Ansammlung von Hotels, Hostels, Tauchbasen, Geschäften und Restaurants mit einem Palmen gesäumten Strand. Eine eigene Atmosphäre läßt der Ort in meinen Augen aber vermissen. Nach anderthalb Stunden weiss ich nichts mehr mir mir anzufangen und bitte per Handy-Nummer um Rückholung – as soon as possible.

Etwas netter, zumindest auf der Durchfahrt, sieht der südlich gelegene Ort Chalok Baan Kao aus. Dies alles halte ich nur für eventuell nachfolgende Thailandreisende fest. Nach diesen ersten Erfahrungen setze ich nun alle Hoffnungen auf meine Weiterreise nach Tanote Bay.

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