Wilder Westen mal anders

Der Tag ist nach dem Abenteuer doch noch nicht vorbei. Zurück im Hotel schallt ein gebrüllartiger, unidentifizierbarer Lärm auf unseren Hügel am Ende des Ortes. Der smarte Boy an der Rezeption bekommt glänzende Augen als wir danach fragen. Das sei doch der große jährliche Lassowerfer-Wettbewerb! Drei Tage dauert das Fest immer und es ist hier mindestens so wichtig wie Fußball! Das will was heißen. Lassowerfer? Vaqueiros? (Cowboys) Also doch Texas!

Wir schleppen uns durch die glühende Nachmittagssonne zum Festgelände an der Ausfallstraße. Hinter einer wenig einladenden Mauer verbirgt sich eine riesige, staubige Arena, ein mit Planen überdachter Zuschauerbereich und ein großer überdachter Tanzboden mit Bühne. Außerdem ein abgesperrter Bereich voller Pferde und Cowboys, die auf ihren großen Moment warten. Unglaublich!

Wie sind umgeben von Menschen im Festmodus. Die Atmosphäre macht klar: Hier muss man sein, das ist ganz eigene Welt der Menschen hier. Die Männer tragen Jeans und Hemden mit dem Logo ihrer Fazenda, für die sie ins Rennen gehen, dazu oft riesige silberne Gürtelschnallen und natürlich den unverzichtbaren Stetson auf dem Kopf (keine Ahnung wie der hier heißt). Einige tragen Wildleder-Überhosen und Sporen. Echte Kerle halt! Die oft ziemlich üppigen Frauen und Mädchen haben sich schwer herausgeputzt, mit knallengen Jeans, Fransenhemden, Rüschenblusen oder wurstpellenähnlichen Kleidern und Cowboystiefeln. Dazwischen wimmeln unendliche viele Kinder herum.

In der Arena tobt der sehr ernst genommmene mehrtägige Kampf der Männer auf den Pferden, die vor den Argusaugen der gestrengen Jury eine Kuh durch die Arena treiben, bevor sie sie mit einem möglichst eleganten Lasso-Wurf im rechten Moment einzufangen versuchen. Dazu brüllt ein völlig irrer Kommentator einen rasend schnell abgespulten Ereignisbericht samt Ansporn und erster Einschätzung über die Lautsprecheranlage – es ist nicht zu fassen, dass der Mann das über Stunden ohne Unterlass tut und dabei noch Atem und Stimme hat. Man muss es einfach gehört haben, um es zu glauben.

Derweil spielt nebenan auf der Bühne eine Live-Band (im passenden Outfit natürlich). Die Musik erinnert mich sofort an die USA, Twostep, Texas Walse. Hier heißt das allerdings Chamamé und Vanerao. Super! Der Rhythmus geht in die Beine und es sieht auch lustig aus, wie dazu getanzt wird. Würde ich glatt versuchen. Wenn mich einer fragen würde…

Wir sind die einzigen Gringos weit und breit. Hierher verirrt sich kein Tourist, auch kein brasilianischer. Das ist Fazendeiro – Kultur, und mit der working class hier macht sich kein wohlhabender Reisender hier gemein. Wir werden erstaunt beäugt, da wir aber sichtlich Spaß haben, werden wir freundlich akzeptiert. Einfach großartig, dass wir das miterleben dürfen. Drei besonders schicke Vaqueiros posieren sogar für ein Foto, nachdem ich ihnen gesagt habe, dass ich ihre Gürtel und Hüte so toll finde.

Irgendwann trollen wir uns dann verschwitzt und staubig vom Gelände in Richtung Stadt und kühlen uns im Schatten bei Bier und Abendessen. Hier treffen wir auch Matias, unseren jungen Freund von der Agentur Bonito Way, und Jackson, einen unserer netten Kletterguides wieder und lassen es uns zusammen gut gehen, bis wir totmüde in unser Hotel wanken.

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