10. Wasserspiele

Zum Abschied genehmigen wir uns ein Edelfrühstück in einem schicken Öko-Farm-Café, der Valley Bakery. Wir werden uns später noch daran erinnern….

Vor der Weiterreise aber gönnen wir uns noch ein weiteres Vergnügen: Tubing – man lässt sich auf Autoreifen einen Fluss hinuntertreiben. Wir sind angemeldet und ein netter Guide erwartet uns bereits. Wir werden in Schwimmwesten und Helme verpackt, dann muss jeder seinen eigenen Tube auf den Rücken laden und los geht die Wanderung zum Start. Zu unserer Überraschung sind die Tubes hier keine alten Autoreifen, sondern eine Hightech-Variante: ein professionell für den Sport hergestelltes ovales, spitzes Minischlauchboot von knapp anderthalb Metern Länge mit zwei Schlaufen am Rand.

Mit den Tubes auf Kopf und Rücken vorwärts watschelnd sehen wir aus wie ein wandernder Schildkröten-Track. Ganz abgesehen von dem ohnehin besonders schicken Anblick, den wir mit Badesachen, Schwimmwesten und Helmen abgeben. Aber es sind kaum andere Menschen zu sehen. Ein Stück flussaufwärts ist endlich der Start, die Dinger sind ganz schön schwer…

Ich bin erst etwas irritiert und enttäuscht, kenne ich solche Unternehmungen andernorts mit wesentlich längeren Strecken, die man, träge im Tube lümmelnd, von der Strömung flußabwärts getrieben wird.

Aber schnell zeigt sich, dass das hier seinen eigenen Charme hat: das ist Sport! Die Strecke im Fluss ist voller Stromschnellen. Man muss versuchen, sich per Körperhaltung und Armkraft in dem kreiselnden, schlingernden Tube zu behaupten und es womöglich sogar zu kontrollieren, um nicht fortwährend umzukippen. Die Strömung ist stark. Schnell überschlägt sich das wackelige Gefährt und man landet kopfüber im Wasser. Nun gilt es, das Ding nicht loszulassen und sich selbst mit aller Kraft an den Pflanzen oder Wurzeln am Ufer festzuhalten, um nicht vom Fluss mitgerissen zu werden. Bei dem kämpferischen Versuch, dann wieder allein oder mit Hilfe in den Reifen zu kommen, bieten wir ein unterhaltsames und wenig graziöses Schauspiel.

Tückisch auch, dass viele große, abgerundete Steine fast unsichtbar kurz unter Wasseroberfläche liegen und man sie erst im letzten Moment entdeckt. Nicht immer schafft man es dann noch, sich in seiner sich ständig drehenden Schwimminsel zu halten, statt schon wieder auf Tauchgang zu gehen. Aber es macht wirklich einen Heidenspaß!

Unten angekommen gieren wir trotz einiger Kratzer und blauer Flecken nach einer zweiten Runde. Endlich sich noch einmal wie ein Kind fühlen… wäre es nicht für Kinder viel zu gefährlich. Eine kleine sportliche Herausforderung, die uns gut tut, sitzen wir doch gleich wieder für ein paar Stunden im Auto.

Letzte größere Station in den Bergen soll der Nationalpark Royal Kwazulu Natal National Park sein, laut Reiseführer das Schmuckstück der Drakensberge am nördlichen Rand. Noch einmal führt der Weg entlang des Gebirgszuges durch weite grüne Berglandschaften, getupft von den üblichen Dörfchen mit vielen Kühen, Ziegen und Hühnern. Langsam gewöhnt man sich daran, dass man nur ganz selten mal ein anderes Auto trifft.

Am Nachmittag erreichen wir den Park. Uns bleiben noch ein paar Stunden bis die Tore schließen. Der nette Ranger am Einlass empfiehlt uns eine gut 5 km lange Wanderung bergauf Richtung Tiger Falls, Wasserfälle hoch oben am Berg. Ein wunderschöner Spaziergang parallel zu einem Flüsschen, immer schön bergauf, durch den Wald, über Felsen und Wiesen. Wir wären gern bis zu den Tiger Falls gelaufen, aber das hätten wir nicht mehr geschafft vor der Dunkelheit. Und auch so ist das letzte Stück zum Outlook Rock mit Blick auf die Wasserfälle schweisstreibend.

Der Blick zurück in unendliche Weiten lässt einen ganz winzig werden. Überall blühen herrliche Bergblumen, manche sehen aus wie Edelweiss, und hübsche bunte Vögelchen zwitschern. Sonst ist absolute Stille. Auf dem Weg sonnen sich kleine Eidechsen.

Wir machen uns nach einer Verschnaufpause mit Blick auf die hohen Tiger Falls auf der einen Seite und zwei sich vereinigenden, steil ins Tal stürzenden Flüssen auf der anderen Seite auf den Rückweg. Denn dafür haben wir uns ein Bonbon aufgehoben: ein Bad in den malerischen Kaskaden des Flusses, die auf halber Strecke liegen und dort einen wunderschönen natürlichen Pool mitten im Wald bilden.

Das Wasser ist ziemlich kalt, aber das tut gut und wir genießen das Bad und den kleinen Wasserfall inmitten des dichten grünen Uferwaldes. Inzwischen lässt die tieferstehende Sonne die steinernen Bergkämme über uns in leuchtendem Braun-Orange erstrahlen.

Es ist nicht so ganz einfach, in vertretbarer Nähe des Nationalparks eine bezahlbare Bleibe zu finden, die wenigen näheren Lodges sind richtig teuer. Rund 25 km entfernt gibt es ein großes Backpacker Hostel, die Amphitheatre Backpackers Lodge, mitten in der Pampa, 15 km entfernt von der nächsten kleinen Stadt. Ein schönes weitläufiges Gelände mit Bungalows, eine Bar, die von lauter Musik beschallt wird und die überflüssigerweise einen schmuddeligen Jakuzzi und einem ebenso schmuddeligen Pool hat, in dem sich aufgeregte Jungtraveller tummeln. Außerdem gibt es einen schummrig erleuchteten Speiseraum für die, die hier nicht selbst kochen möchten.

Der Preis ist in Ordnung, wir bleiben. Mit einigen kleineren Ärgernissen, denn zuerst muss das Schloss zum Bungalow aufgesägt werde, Stunden später erst bekommen wir die Chance auch wieder abzuschließen. Handtücher gibt’s erst am nächsten Nachmittag. Warmwasser ist auch kaputt – kurz: der Service lässt zu wünschen übrig.

Aber das Essen zumindest ist lecker. Ich kann es noch genießen, Frau zwei fühlt sich schlecht…und schlechter. Mir wird erst ein paar Stunden später übel. Das Frühstück – der Lachs, unser gemeinsamer Nenner. Nein, nicht das Essen im Township hat uns umgehaun, sondern fine sophisticated food … Was folgt, sind zwei üble Nächte mit einer Fischvergiftung vom Feinsten. Unsere Pläne für den nächsten Tag sind erledigt, wir verbringen ihn im Halbkoma zwischen Bad und Bett.

Wir dürfen uns später nur Neid erfüllt die Fotos von der einsamen Wanderung unseres dritten Mannes anschauen: 14 km extrem anstrengend, steil, mit durchquerten Flüssen, überkletterten Felsen, und sogar einer halsbrecherisch aussehenden Metall-Strickleiter am Felsen. Eine wirkliche Herausforderung! Aber schon die Bilder und Schilderungen machen klar, dass sich die Anstrengung absolut gelohnt hat.

Ziel war das Amphitheatre, eine spektakuläre Felsformation hoch oben in gut 3000 m Höhe und der Blick auf die zweithöchsten Wasserfälle der Welt, die Tugela Falls, mit 2972 Metern Höhe. Wirklich spektakulär! Und unterwegs immer neue imposante Aussichten. Schade, wenn man so nah dran, aber nicht selbst dort war!

Aber immerhin sind wir am kommenden Tag wieder einigermaßen reisefähig, wenn auch noch nicht wirklich fit, und können unsere Reise fortsetzen. Auch wenn das bedeutet, uns von den wunderbaren Drakensbergen verabschieden zu müssen. Was für ein phantastischer Ort auf dieser Erde! Der Kurs: Ost-Nordost, Richtung Küste, Entfernung: rund 400 Kilometer.

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