5. Floating

Ein Tag zum Ausruhen nach dem anstrengenden Tieftauchtag gestern. Den werde ich brauchen, hat man mir gesagt und ja, es stimmt. Ich habe wunderbar geschlafen, frühsstücke in Ruhe mit einigen netten Unterhaltungen.

Ist spannend, was man für Leute trifft, bei dieser Art zu reisen. Zwei nette junge Franzosen aus Toulouse, die zwei Monate Thailand entdecken, ein paar Finnen und Dänen auf der Flucht vor der Dunkelheit, ein deutsches fast-Hippie-Paar mit zwei kleinen Kindern und Eigenheim in Ingelsheim, ein freundlicher Berliner Music-Biz-Unternehmer mit Allergien gegen alles außer das Leben und so weiter und so weiter. Und ein frisches Ehepaar aus Bochum auf Honeymoon- Trip mit kleinstem Budget, die das Angebot angenommen haben, hier für eine kleine Weile früh und abends mitzuarbeiten gegen freie Kost und Logie. Dazu die immer gut gelaunte Crew mit dem Unikum O – alles in allem ein netter Haufen.

Heute möchte ich mehr sehen als immer nur den Weg zum Dive Shop und zum Boot. Ich miete einen Roller und ab gehtś Richtung Süden. Heftig auf und ab durch tiefes Grün, nur gelegentlich ein Haus oder ein Laden am Straßenrand, dafür ein paar furchteinflößende steil abfallende, langgeszogene Haarnadelkurven. Aber alles bestens. Ich erreiche das Ende der betonierten Straße, lasse mein Gefährt lieber stehen und wandere durch Dünensand und lehmige Kuhlen die letzten 700 Meter zum Strand Ao Phrao. Mein erster Strand-Besuch!

Der Strand zieht sich an einer langgestreckten Bucht entlang, schmal, mit feinem weißen Sand und dem immer türkisfarbenen Meer vor Koh Kood. Gesäumt wird der Strand von Grün und hohen Palmen. Der Strand selbst ist sauber, aber an den bewachsenen Rändern und an beiden Enden: Plastikmüll. Was für ein trauriger Anblick. Aber hier leider überall – eins der großen Mankos der sonst noch so weitgehend ursprünglichen Insel.

Zwei Ressorts liegen direkt am Strand, sie haben Liegen für ihre Gäste aufgestellt und ein paar Hängematten zwischen die Palmen gehängt. Das zweite Ressort ist nicht bewacht, also „leihe“ ich mir eine Matte. Das Wasser ist klar und flach – und wunderbar warm. Ich schwimme eine große Runde, bis plötzlich etwas an meinem Arm leicht brennt, der Quallenalarm in meinem Kopf springt an und ich begebe mich schnellstens wieder ins flachere Terrain. Überall am Strand liegen Korallenteile, aber seltsamerweise kaum Muscheln.

Ich  noch eine Weile das schattige Faulsein mit Blick aufś Meer, und dann gehe ich zum Roller zurück, denn ich habe noch ein Ziel: das schwimmende Fischerdorf Ban Ao Yai. Es liegt an der südlichen Ostküste. Auf dem Weg dorthin turnen einige kleine Affen am Straßenrand herum, die hier aber eher scheu sind. Plötzlich tut sich auf einem Berg ein wunderbarer Ausblick auf eine große Bucht mit dem schwimmenden Dorf auf. Es wirkt so idyllisch, das man meinen möchte, es wurde nur zu diesem Zweck gebaut.

Das ist aber mitnichten so,  es ist eins der drei ursprünglichen Fischerdörfer der Insel, alles auf Stelzen und Stegen ins Meer gebaut. Wirkt es am Anfang durch seine auf Touristen lauernden Restaurants noch eher künstlich, muss man nur etwas weiter laufen um festzustellen, dass das hier tatsächlich der normale Lebensraum von Menschen ist. Ein Dorf mit z.T. etwas ärmlichen Wohnhütten, Lädchen, einer Werkstatt für Motorroller und mehr. Zum größten Teil sind die Häuser nach vorn zumindest halboffen und man erahnt das alltägliche Leben darin. In einem Haus liegen zwei in Tücher eingerollte buddhistischen Mönche und halten Mittagsschlaf. Überhaupt wird hier viel und durchaus öffentlich geschlafen. Das ist überhaupt nicht negativ.

Auf der meerzugewandten Seite ankern etliche bunt angestrichene Fischkutter, die Fischer bereiten den nächsten Fischzug vor. Ein paar eher spärlich bestückte Läden bieten unter anderem vor dem Laden getrocknete Krabben, Fischsoße oder alles mögliche andere aus Fisch Hergestellte an. Und natürlich echtes Kokos-Öl aus Koh Kood.

Ich kehre im allerletzten Restaurant am Ende ein, daneben sind einige ins Meer gebaute Becken, in denen Meerestiere auf den Verzehr warten. Unter dem Holzdach kann ich im Schatten gemütlich auf mein Essen warten, das hier zwar überall etwas teurer ist als sonst auf der Insel, aber dafür so frisch wie nirgends sonst. Ich habe gedämpften Fisch mit Ingwer, Koblauch und Limetten bestellt, dazu Wokgemüse. Ein Genuss!

Und schon muss ich mich auf dem Rückweg machen, denn heute ist noch mein letzter obligatorischer Tauchgang, dann fehlt nur noch der verbliebene Theorieteil für meinen Advanced Open Water Diver. Die heutige Disziplin ist mein ausdrücklicher Wunsch: Nachttauchen.

Eine Stunde vor Sonnenuntergang treffen wir uns, Briefing, Ausrüstung und schon gehtś los zum S-Beach, unserem Ausgangspunkt, denn wir gehen heute vom Ufer aus ins Wasser. Das anstrengende daran ich, man muß mit voller Montur, Gasflasche und Bleigurt zum Strand und – da Ebbe – auch weit ins Wasser laufen, ebenso nach dem Tauchgang, was irgendwie noch schwerer fällt.

Endlich können wir abtauchen. Anders als manch einer meint, finde ich es nicht im geringsten gruselig im dunklen Meer, wo man nur den Lichtkegel seiner Lampe hat. Es ist Magie. Eine andere Welt. Am Riff leuchten überall die Äuglein der Garnelen auf, Krabben huschen schnell davon. Zuerst begegnet uns ein Oktopus, der sich nicht sonderlich stören lässt, ebenso wie sein Kollege Sepia kurz darauf. Eine kleinere Fische sind immer unterwegs, rote, silberne, blaue.

Übrigens: Fische schlafen auch. Und so sollte man sie nie direkt anleuchten, denn sie erschrecken sich dann. Außerdem könnten schlaue Barracudas in der Nähe die Gelegenheit nutzen, ihr Nachtmahl auf diese Weise gut illuminiert serviert zu bekommen.

Wir schweben in Zeitlupe am Riff entlang. Ich entdecke einen gut getarnten Scorpionfisch, der etwas genervt ist, aber letztlich einfach, an einen Stein geschmiegt, sitzen bleibt. Besonders lustig ist ein dicker Kofferfisch mit einem Fahrgast auf dem Rücken, einem langen, schmalen silbernen Fisch, der sein Taxi auch nicht beim Schein unserer Lampen zu verlassen gedenkt.

Etwas besonderes ist auch das leuchtende Plankton, dass man nur sieht, wenn man das Licht unterdrückt. Glitzernde kleine Teilchen im schwarzen Meer. Als wir nach fast einer Stunde auftauchen, verabschiedet uns noch ein kleiner Rochen und entlässt uns zufrieden und fröhlich in die Welt oberhalb des Meeresspiegels.

Bleibt nur noch ein leckeres Abendessen vom Grill und ein bisschen Taucherlatein und schon ist der nächste ereignisreiche Tag zu Ende.

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