10 – Wiedersehensfreuden

Noch einmal die gewundene, oft steile Inselstraße im vollgestopften Sammeltaxi entlang, diesmal bis zum Bang Bao Pier am Südende. Und diesmal plagt mich kein Abschiedsschmerz…
Am Pier angekommen, werden wir eilig an etlichen Buden und Restaurants vorbeigescheucht, trotzdem ergattere ich noch einen Eiscappuccino. Am Anleger warten bereits zwei Motorboote, die Speedboats. Auf meinem Boot ist jedes Stückchen Bank eng besetzt, ob am offenen Bug, oder im überdachten Raum hinten, der ohne echtes Geländer am Heck endet. Unter den Bänken und zwischen uns türmt sich das Gepäck. Ich sitze ganz hinten und hoffe, dass ich nicht irgendwann im Wasser lande.
Kaum gibt der Käptn Gas, geht der Bug hoch und die bewegliche Gepäckmasse bewegt sich in die Gegenrichtung, das heißt auf meine Beine und die meines Nachbarn. Das Wegschieben und Zurückrutschen bleibt die nächsten drei Stunden das angesagte Spiel. Fast alle Passagiere an Bord sprechen Tschechisch oder Russisch.
Nach gut anderthalb Stunden und einigen kleineren und wohl unbewohnten Inseln, die vorbeigezogen sind, erreichen wir Koh Mak, die kleinere Nachbarinsel von Koh Kood. Die Viertelstunde Pause nutzen wir zu einem kleinen Landgang, bei dem sich die Insel als ausgesprochen lauschig präsentiert. Ein herrlicher Palmenstrand, ein paar Bungalows, aber trotzdem alles entspannt, ruhig und fast malerisch. So ganz anders als Koh Chang. Koh Mak ist außerdem ganz flach. Hier könnte ich mir auch ein paar faule Tage vorstellen. Ich merke, wie ich anfange mich langsam zu entspannen.
Aber erstmal geht es noch eine gute Stunde weiter über den Golf Richtung Osten, bevor die nebelblaue bergige Silhouette am Horizont näherkommt und mir ganz warm ums Herz wird: Koh Kood, my little island in the sun... Anders als die großen Fährschiffe hält das Speedboat an verschiedenen Ressorts, bevor der Rest der Fahrgäste am letzten hölzernen Anleger in einer sehr wackeligen Turnübung aus dem Boot steigt. Eine ältere Dame mit Stock wird von vier Leuten an Land gehoben und gezogen. Nicht wirklich seniorenfrundlich, diese Reiseart.
Anders als auf Koh Chang kosten hier die Sammeltaxis vom Boot zur entsprechenden Unterkunft nichts. Wie immer und überall sind es auch hier offene Pickups, das Gepäck kommt aufs Dach. Ich wundere mich immer wieder, dass trotz der ewigen Auf-und Abs nichts von den lose gestapelten Gepäckmassen herunterfällt.
Jeder wird der Reihe nach abgesetzt, daher dauert die Fahrt etwas länger, denn viele Ziele liegen nicht direkt an der Straße. Eine knappe halbe Stunde später zerre ich meine Tasche vom Auto und stehe vor Eve´s House. Die Unterkunft meiner Wahl – hier habe ich mich im vergangenen Jahr sauwohl gefühlt. Eher schlicht und nicht am Strand, aber dafür herrlich ruhig und ein Ort zum Wohlfühlen. Erstaunt bemerke ich, wie mir ganz warm ums Herz wird – es ist fast ein bisschen wie nach Hause kommen…. .
Kaum kurve ich auf die Rezeption zu, die aus einem Papierüberhäuften Tisch am Eingang zum offenen Restaurant besteht, stürzt auch schon die Besitzerin auf mich zu und umarmt mich überschwänglich. Was für ein Empfang!
Ich bin total überrascht, wirkte sie auf mich immer eher etwas kühl, neben ihrem Gatten, der ein echtes Original ist. Langer Zopf, freier Oberkörper, immer nur mit halblanger Hose und einem Schal um den Hosenbund bekleidet, immer ein Schmunzeln im Gesicht. Ein Künstler, wohl auch Ex-Musiker, brillianter Koch – aber leider auch Alkoholiker. Nach 21 Uhr ist er meist mehr oder weniger betrunken und vor halb neun morgens nicht zu sehen. Aber eine Seele von Mensch. Alle lieben ihn.
Es gibt ein bisschen Verwirrung, meine e-mail ist untergegangen, aber die beiden erinnern sich daran. Ich bekomme einen Mandarinensaft aufś Haus und muss ein Weilchen warten, während die beiden aufgeregt am Computer Reservierungen hin und herschieben und ich am Ende sogar einen Bungalow bekomme, obwohl ich nur mit einem Zimmer gerechnet hatte.
Großartig! Ich liebe diese winzigen Holzhäuschen, mit angemauertem Duschklo, die auf einem leicht hügeligen Gelände zwischen Palmen und Grünzeug verteilt liegen. Ganz schlicht, aber sauber und mit einer guten Matratze und einem Bänkchen vor der Tür. Ich bin wirklich glücklich!
Auf einen Anruf hin werde ich noch per Roller von der Tauchbasis Paradise Divers, bei der ich im vergangenen Jahr meinen Advanced Open Water Diver gemacht habe, zu einem ersten Plausch abgeholt. Auch hier freue ich mich, bekannte Gesichter wiederzusehen, wenngleich ich auch meinen Tauchlehrer und Lieblingsbuddy sehr vermisse – er ist weggezogen. Mike, der Besitzer, ist ein ausgewanderter Bayer, manchmal brummig, aber eigentlich sehr nett. Er führt den Laden auf deutsche Art – was ausnahmsweise in Verbindung mit der chaotischen thailändischen Mentalität eine gute Mischung ergibt. Ja, auch wir Deutschen haben auch einige schätzenswerte Qualitäten, ich gebe es ja zu….
Zurück im Eve´s verbringe ich den Rest des Abends mit einem chronischen Grinsen im Gesicht mit Fisch vom Grill, gekühltem Chang und meinem Blog. Ländlich sittlich liege ich halb elf im Bett und höre den Nachtvögeln und dem Gegnäcker der Geckos zu, die einzigen Geräusche, die es hier gibt.