11 – Die Insel und das Meer

Die nächsten Tage verschmelzen alle zu einem wunderbaren entspannten Gesamtpaket, als was ich sie hier auch zusammenfassen möchte, denn wer möchte schon so viel tauchen, Boot fahren und Müßiggang im Einzelnen aufgelistet haben…
Trotzdem ist das Eine oder Andere vielleicht doch erzählenswert. Zwei meiner fünfeinhalb Tage hier habe ich der Insel selbst gewidmet und sie nochmal in Ruhe per Roller erkundet – unfallfrei im beruhigenden Gegensatz zum Vorjahr. Immerhin 25 Kilometer Länge und 12 Kilometer Breite misst diese Insel, die ganz nah an der kambodschanischen Grenze liegt. Der höchste Berg bringt es auf 315 Meter.
Und das ist gar nicht so einfach, denn die wenigen befestigten Straßen, die es auf der Insel gibt, sind der Lebenstraum jeden Achterbahnbauers. So jedenfalls kommen fühle ich mich des Öfteren, wenn ich steil bergauf gefahren bin, möglichst noch im Bogen, und oben plötzlich der Blick in den S-Kurvenförmigen Abgrund das Herz erstmal zwei schnelle Schläge machen lässt, bevor man sich auf alles konzentriert, was helfen könnte, gut unten anzukommen.
Aber die (nicht ganz) kleine Urwaldinsel ist es wert. Es gibt kaum ein richtiges größeres Dorf hier, eher ein paar Stellen, wo sich einige Häuser angesammelt haben, etwas kompakter als die sonst eher locker gelegentlich am Straßenrand auftauchenden Gebäude, wobei einige davon auch nur eher hüttenartige Restaurants sind. In Strandnähe, von der Straße kaum zu sehen, sind einige Ressorts versteckt, aber auch das hält sich noch in Grenzen. Größte Sehenswürdigkeiten sind ein schöner Tempel und, am Pier auf dem Berg thronend, ein riesiger goldener Buddha, der über die Insel wacht. Ansonsten eben – grüne Achterbahn mit Hunden, Hühnern und Affen als Begleitpersonal.
Der Urwald ist da, wo es keine Häuser gibt, so dicht, dass nur ganz wenige, eher versteckte Wege hineinführen, sonst kann man oft nicht mal hineinsehen. Ein paar wenige Schotterstraßen führen auch noch hinein.
Zum Beispiel zu den beiden berühmtesten Bäumen der Insel: der berühmteste ist der Makayuk Saiyai. Der über 500 Jahre alte Gigant versteckt sich tiefen Wald im Norden der Insel. Eigentlich erscheint er fast wie ein riesiges Gebäude, das so weit in den Himmel ragt, dass man das Ende von unten gar nicht sehen kann, zumal mit all den anderen Bäumen rundherum. Ein riesiger glatter Stamm, der sich mit zum Teil meterhohen, verschlungenen Wurzeln im Boden hält, bildet den Mittelpunkt und rund herum wachsen wie kleine Stützpfeiler Nebenstämme aus dem Boden, die dann wieder mit dem Hauptstamm verschmelzen. In der Baumkrone oben hat sich nochmal ein ganzer eigener Ökotop gebildet aus Farnen, Schlingpflanzen und wer weiß, was noch alles für Pflanzen. Einfach unglaublich.
Und dies wäre nicht Thailand, wenn der Baum nicht auch einen eigenen kleinen Altar hätte, an dem irgendwelchen Geistern und Gottheiten gehuldigt wird. Auf einer Wurzelmulde liegen Geldstücke und andere Mitbringsel. Blumenketten, Seidenschleifen und andere Geschenke liegen dem großen Waldgeist zu Füßen.
Bei meinem letzten Besuch habe ich auf den Besuch hier schweren Herzens verzichtet, denn meine damaligen Fahrkünste ließen die letzten Kilometer Schotterweg durch den bergigen Wald eher als grob fahrlässig erscheinen.
Diesmal reicht es sogar noch für den nur wenige Kilometer entfernten großen Tschai-Baum. Auch der ist ähnlich beeindruckend und schlägt zumindest in Sachen Altar den Konkurrenten. Der Altar besteht hier aus einer kopflosen Kleiderpuppe, die in einer Mulde an ihn gelehnt ist, angetan mit einem rotgoldenen Kleid, behängt mit glänzenden Schals und Blumenketten. Ihr zu Füßen Blumen und Münzen.
Der Ausflug führt mich auch zu einem der drei Wasserfälle der Insel, dem Klong Chao, der einzige, der auch jetzt in der Trockenzeit Wasser führt. Mitten im Wald in einem felsigen Fluss gelegen, bildet er einen kleinen Pool, in dem man sich vom kurzen, aber steilen Abstieg wunderbar abkühlen kann. Im Idealfalle erwischt man eine besucherarme oder gar -freie Zeit. Dann kann man dem Bad auch noch eine Runde Wellness hinzufügen und seine Füße den kleinen Fischen zur Verfügung stellen, die genüsslich alle alten Hautteilchen abknabbern. In Deutschland zahlt man viel Geld für so eine halbe Stunde Fisch-Spa!
Strände hat Koh Kood einige, man findet sie aber nicht immer ohne weiteres, denn einige sind nur über sandige Wege zu erreichen, andere beanspruchen Ressorts für sich. Aber wenn man sie erst mal geortet hat, sind die meisten wunderschön! Die Strände selbst sind eigentlich auch sauber. Nur dahinter liegt oft der Müll in den Bäumen und Sträuchern, einmal, weil es keine Container dafür gibt, zum anderen, weil die Flut oft den Plastikmüll – hauptsächlich Flaschen- aus dem Meer anschwemmt. Dabei ist das Wasser selbst von einer wunderbaren Klarheit und Transparenz.
Es gibt hier in Thailand eine neue Umwelt- Bewegung: Die Trash Heroes sind Freiwillige, die auch hier immer wieder Müllsammelaktionen machen. Und sie stellen in allen Hotels Wasserspender auf und verkaufen dazu wiederverwendbare Metall-Flaschen, damit die Leute keine Plastikflaschen mehr kaufen.
Ein anderer Ausflug führt mich noch mal ganz in den Südosten zum schwimmenden Fischerdorf Ao Yai. Die Menschen leben hier tatsächlich schon immer auf ihren Pfahlhäusern, teilweise ziemlich ärmlich und bestreiten ihren Lebensunterhalt vom Fischfang, einem der drei Erwerbszweige auf der Insel, neben Kokosnussanbau (und Kokosöl-Herstellung), Ananasanbau und seit einigen Jahren eben dem Tourismus. Und aus letzterem Grund gibt es jetzt auf den wackeligen Stegen auch ein paar Restaurants, die hervorragenden Fisch und Meeresfrüchte servieren. Muss man unbedingt gegessen haben. Und außerdem sieht es verrückt aus, so ein Dorf auf dem Wasser.
Und eine Neuentdeckung habe ich auch gemacht, die ich zu meinem Wohlgefühl hier noch dazuzählen kann: das Viewpoint café,ein paar Kilometer nördlich von meinem Ausgangspunkt. Auf einen Steg gebaut, mit einer hölzernen Terrasse bietet es nicht nur leckere Dinge zum Essen und Naschen, sondern auch echten Kaffee. Und das alles kann man markisenbeschattet an der Balustrade sitzend genießen, während man auf einen kleinen Salzsee schaut, an den sich ein schmaler Palmen bewachsener Strand anschließt, hinter dem das Meer wie eine Vision glitzert. Leider für mich nur an Roller-Tagen erreichbar….
Und natürlich habe ich auch noch ein paar wunderbare Tauchtage erlebt, direkt um Koh Kood, aber auch weitere Ausflüge. Einer davon ging in den Marin Park vor Koh Rang, einem Naturschutzgebiet, in dem es vor allem viele Schwarmfische und Korallen zu sehen gibt, aber auch unzählige andere Schuppenträger. Aber auch vom Boot aus ist die Gegend ein Erlebnis. Durch den hellen Sand, der um die Inseln herum zum Teil den Meeresboden bildet, strahlt das Meer in verschiedenen Farben von grell türkis bis dunkelblau.
Der weiteste Ausflug dauert allein drei Stunden Hinfahrt: Das Schiffswrack der HTMS Chang. Es ist ein amerikanisches Kriegsschiff, dass Thailand nach dem Ende des Krieges dort sinken lassen hat – eine Art künstliches Riff. Mittlerweile nicht nur von Rost, sondern auch Korallen und Algen überzogen, ist es Lebensraum für tausende Fische. Ein Paradies für Fische und ein Traum für Taucher!
Ich habe das Glück, dass im Moment nicht so viele Taucher da sind, und habe dadurch meistens meinen eigenen Guide, nur am Wrack sind wir zu dritt. Die anderen Taucher sind eher unerfahren und tauchen extra. Auch, weil wie am Wrack tiefer gehen, einmal auch durch seinen Bauch schwimmen und auch entlang der Reling, wo man schon aufpassen muss, um sich nicht zu verletzten. Ich kann gar nicht alle Fischarten aufzählen, die hier in gigantischen Schwärmen als Ballett um uns herumtanzen, von Barracudas bis zu Papageienfischen – aber ein Exemplar ist mir in Erinnerung geblieben: Ein gigantischer alter Schwarz-Braun-Grau gefleckter Grouper! Mindestens anderthalb Meter lang und entsprechend dick hat er sich wiederwillig vor uns her über die Reling geschoben. Ein bisschen Urzeitwesen…
Und meinen ersten Rettungsakt – nicht für Menschen, aber für das Meer habe ich hinter mir: Vor Soneva , einer vorgelagerten Mini-Insel bei Koh Kood habe ich mit Vit, meinem tollen koreanisch-thailändischen Guide, ein hässliches großes altes Netz geborgen. Es hatte sich in den Korallen total verheddert und war zur tödlichen Falle für Krabben geworden, ein paar davon schwimmen nun wieder. Es war gar nicht so einfach, das Netz abzulösen, ohne sich dabei selbst zu verletzen oder sich versehentlich dabei in einen der großen Seeigel am Grund abzustützen. Die Viecher verursachen fiese Wunden. Ich war sehr stolz auf meinen ersten Einsatz für mein Lieblingselement!
Auf den langen Bootsfahrten habe ich mich meist an die einheimische Crew gehalten, statt mit den anderen hinten zu palavern, so erfährt man doch immer noch ein bisschen mehr über Land und Leute. Und: während die anderen sich hinten auf harten Bänken herumdrücken mussten, habe ich schön beim Käptn im Schatten gesessen und durfte sogar in der Liegefläche hinter ihm ein Nickerchen machen! Hat eben seine Vorteile, sich mit den locals gutzustellen…
Die Tage sind wie im Flug vergangen, ich habe mich wunderbar erholt, des Nachts immer von einem ganz alten und einem ganz jungen Hund vor meiner Hütte und einer schwarzen Katze neben meiner Hütte bewacht. Und abends im Kreise netter Menschen oder auch allein vor mich hinträumend und abwechselnd Kokosnuss-Shake oder Chang trinkend. Einfach mal machen, was einem gerade im Moment einfällt – und das in so paradiesischer Umgebung. Besser geht nicht!