12. Die letzte Etappe

Bangkok, Flughafen Don Muaeng. Mein Gepäck ist wieder nicht da, ich erspare euch meinen Anfall beim Thai Lion Air Schalter…. Aber mit Erfolg: man hat noch mal gesucht und es ganz wo anders gefunden.


Mit dem Linienbus fahre ich downtown bis zur Party Meile Khaosan Road. Laut Google fehlen noch anderthalb Kilometer zu meinem Hotel. Die ersten TukTukfahrer wollen mich dreist abzocken sie verlangen das Vierfache des angemessenen Preises. Dann fährt mich doch ein netter älterer Mensch für einen fairen Preis. Ich habe das Boonsiri Place Hotel gebucht, in der irrigen Annahme, dass dort morgen früh auch die Busse des gleichnamigen Transport-Unternehmens abfahren. Falsch gedacht, aber es ist zumindest nicht weit.


Bangkok, mitten in der Nacht, irgendwie immer wieder ein kleiner Schock, diese heiße, stickige, schmutzige, aber faszinierende Stadt. Moloch trifft es ganz gut. Allerdings sind in dem Viertel vom Stadtteil Pranakorn, in dem das große, total sterile Hotel steht, schon alle Schotten dicht – zumindest alle die, die für einen Durchschnittsfremden interessant wären. Es ist so ziemlich stockdunkel und der Concierge erklärt mir, dass alle Restaurants hier bereits geschlossen haben. Er empfiehlt mir ernsthaft den 7/11-Markt an der Ecke.
Ich habe Hunger, also was sollś. Vor dem 7/11-Markt lungern allerdings seltsame Gestalten herum, Obdachlose, Junkies, Babyprostituierte. Also weiter – an der nächsten Ecke hat noch eine kleine Suppenküche offen. Wieder umlagert von der untersten Schicht der Gesellschaft. Etwas erstaunte, aber nicht unfreundliche Blicke auf mich Fremdling. Skeptisch.

Und genauso sehe ich das Speisen-Angebot an: Nein, das möchte ich nicht essen. Aber einmal unterwegs marschiere ich weiter. Ich habe eigentlich nie Angst hier, aber diesmal stecke ich meinen Geldvorrat von der Umhängetasche doch in die Unterwäsche. Aber die Obdachlosen schauen nur bierverhangen und mäßig interessiert diese komische Farang an, die hier langspaziert.


Fünf Minuten später habe ich eine geöffnete Eckkneipe entdeckt, Marke Szenekneipe mit Billiard. Ein paar junge Franzosen grölen hier herum, der langhaarige Wirt winkt mir aufmunternd zu. Am Bordstein steht eine mobile Suppenküche, die gut aussieht. Ich bestelle mir eine Suppe und aus der Kneipe ein Bier. Alles gut, ich bin satt und um halb eins endlich im Hotel. Ich muss halb sechs aufstehen, dann beginnt mein Trip auf meine Lieblingsinsel Koh Kood – mit Bus und Fähre.


Am Morgen sitzt der Obdachlose in dem alten Sessel, der gestern links von der Tür saß, rechts, sonst hat sich nichts verändert. Es ist noch dunkel. Ein Tuktuk wartet, der Concierge hat den Preis schon ausgehandelt.

Bangkok wacht gerade erst auf, die meisten Straßenstände, die tagsüber in diesen Innenstadtvierteln fast alle Bürgersteige belegen, sind noch verhangen, erste Händler tauchen mit Warennachschub auf. So halb leer im Morgengrauen sieht die Stadt schon ziemlich schmutzig und etwas trostlos aus, mit all dem Schimmel, den kaputten Fassaden und dem Müll. Später werden sich die Straßen aber mit so viel Leben füllen, dass es nicht mehr auffällt.


In der Lobby des Boonsiri Hostels ist der Check in, das heißt, ein mürrischer Kerl macht einen Bleistifthaken auf der entsprechenden Busliste. Die Busse stehen schon da, es ist aber noch kein Einstieg, bis zur Abfahrt fehlt eine Dreiviertelstunde. Ich überlasse mein Gepäck der Obhut eines wartenden englischen Alt-Hippiepaares, das macht hier jeder. Ich durchstreife zwei Querstraßen auf der Suche nach Kaffee und etwas Essbarem vor der fünfstündigen Busfahrt. Gar nicht so leicht, obwohl hier garantiert eine knappe Stunde später ein Stand am anderen alles Essbare anbietet, was man sich denken kann. Ich ergattere einen miesen Kaffee und muss tatsächlich einen abgepackten Fertigtoast aus dem 7/11 essen, der aber zumindest noch mal aufgewämt wird.


Endlich geht es los, der große Reisebus ist ausgebucht, die Leute wollen alle auf eine der Inseln im nördlichen Golf von Thailand. Der Bus schiebt sich durch den nervtötenden Berufsverkehr, vorbei an einigen der imposanten goldenen Tempeln und kitschigen überlebensgroßen Bildern des Rama. Nach über anderthalb Stunden haben wir es endlich aus der Stadt herausgeschafft und preschen durch die grüne, aber etwas eintönige Landschaft und etliche gesichtslose Ortschaften Richtung Trat – der Provinzhauptstadt an der Küste.


Der Umstieg klappt wie am Schnürchen, an der Station können wir endlich etwas Richtiges essen, dann sind alle Reisenden sortiert, etikettiert und abgefertigt. Ab auf den Highspeed Catamaran. Es gibt auch ein langsameres Schiff, aber wer will das schon, die Anreise auf die Inseln dauert so schon lange genug, wir werden frühestens gegen vier auf der Insel sein.


Mir geht das Herz auf, als ich die grüne Insel mit ihren Urwaldbergen und dem großen goldenen Buddha sehe, der auf dem Hügel über dem Pier über Insel und Meer wacht. Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen nach meiner Kreuz-und Quer-Reise. Die Pickups verteilen die Ankommenden gratis auf ihr Unterkünfte – das ist Inselservice, denn sonst gibt es hier keine Autos oder Taxen.


Die Begrüßung ist herzlich und fröhlich, ich habe Stammgaststatus. Irgendwie ist das einfache, aber begehrte Eve Guesthouse auf der südlichen Inselhälfte ein Ort, an dem die meisten Gäste Wiederkehrende sind. Das liegt an der netten Atmosphäre. Jeder hat sein winziges, einfaches Hüttchen, einige schlafen auch im Dorm, dem Schlafsaal, und alle begegnen sich im Restaurant, das keine Wände hat, aber von vielen Pflanzen umwachsen ist. Die besondere, sehr entspannte Athmosphäre zieht überwiegend eine bestimmte international gut gemischte Klientel an, die gut zusammenpasst. So kann man hier für sich bleiben oder auch andere kennenlernen, je nach Stimmung.


Koh Kood ist noch immer DIE Insel, auf der man abhängen, chillen oder tauchen kann. Parties sind hier eher selten. Aber genau deshalb lieben alle diese Insel. Kaum Autos, verrückte gewundene und steile Straßen, die bei mir auf dem Motorroller immer noch ein Prickeln auf der Kopfhaut auslösen, alles in dichtem Grün, mit schönen, weißen Stränden. Hunde, Affen, Katzen, Geckos in allen Größen.


Die nächsten Tage vergehen wie im Flug. Ich gehe tauchen mit meiner „Tauchfamilie“, den Paradiese Divers. Ein Nachtauchgang ist besonders toll. Aber zu Thailands größtem Wrack der HTMS Chang, der allerbeste Tauchspot hier, schaffen wir es leider nicht – zu wenig Teilnehmer, es ist gerade etwas ruhig nach dem Boom zu Weihnachten/Neujahr. Und das Wrack mit seinen Millionen Fischen ist zu weit, als dass man mit einer Handvoll Leuten dahin fahren kann, das wäre weder ökonomisch , noch ökologisch vertretbar. Egal – es ist auch so schön.


Die Inseltage vergehen wie im Flug. Die Schreiberin sitzt gerade beim Sonnenuntergang am etwas abgelegenen Neverland Beach und wird ein wenig wehmütig, aber auch dankbar für diese spannende und entspannende Zeit in Thailand. Immer wieder schön. Gerne wieder! Ich kannś schon jetzt kaum erwarten.