15 – Noch mehr Wasser …und jede Menge Wildnis

Munduk liegt inmitten der Dschungelbewachsenen Berge und ist umringt von Wasserfällen. Also auf zum Wandern!

Unser kleines Hotel ist ein Familienunternehmen, jeder macht etwas -oder alles- und wenn noch was fehlt, findet sich immer jemand in der Nachbarschaft. Man muss nur sagen, was man braucht. Heute finden sich sofort zwei nette Jungs, die uns auf Motorrädern zum Ausgangspunkt für unsere geplante Tour bringen. Wenn wir aus dem Dschungel zurück sind, werden sie uns wieder einsammeln.

Der Weg führt uns gleich steil bergab ins tiefe Grün. Zur Motivation rauscht ein kleiner Bach und bald hören wir das Klick-Klack von Wasserwippen, die jemand in den Bach gebaut hat. Wir haben den Zugang zum ersten Red Corral Waterfall erreicht. Aber vorher müssen wir bei einem Wächter erstmal Eintritt zahlen.

Damit -und mit dem Verkauf von Wasser, Früchten und Gewürzen, die hier angebaut werden, und Souvenirs, verdienen die Menschen, die hier – ziemlich abgeschieden mitten im Wald leben – ein bisschen Geld und kümmern sich auch um die Wege. Sie haben auch die Stufen in den Berg gebaut, über die die Täler zu erreichen sind. Anstrengend genug, da hoch und oft bröckelig, aber ohne sie wäre es ziemlich schwierig auf dem lehmigen Boden voller nasser Blätter.

Schön ist er, der Red Corral Waterfall (Air Terjun Munduk), auch wenn ich nicht weiß, wie er zu diesem Namen kommt. Aus rund 15 m Höhe rauscht er in ein idyllisches Tal- alle tief Grün, hier und da rote, gelbe und weiße Blüten und natürlich Eidechsen ohne Zahl.

Unterwegs auf einem schmalen, lehmigen und streckenweise steilen Pfad zum nächsten Wasserfall kommt und doch tatsächlich ein Motorrad entgegen – die Bewohner des Waldes fahren sogar hier mit diesem unverzichtbaren Transportmittel. Ich kriege schon Schweissausbrüche bei der Vorstellung.

Wasserfall Nummer 2, Labuhan Kebo: Nochmal Eintritt mitten im Wald und ein besorgter Hinweis, wir sollen vorsichtig sein und uns nicht verletzen. Diesmal führen die wirklich anstrengenden hohen Stufen tief ins Tal. Wasserfall Nummer 2 lässt sich nicht lumpen und ist um einige höher als der erste, ein Brückchen führt über den Fluss, die Aussicht auf die in der Sonne schillernde Gischt des in die Talsohle stürzenden Wassers, ist wunderschön. Wir klettern über rutschiges Gestein bis ans Becken – und man sollte es kaum glauben bei dieser Hitze: durch die Gischt und den vom Wasserfall erzeugten Wind ist uns nach kurzer Zeit richtig kalt.

Gute Voraussetzung für den schweisstreibenden Aufstieg zurück und das Weiterwandern zu Wasserfall Nr. 3 , Melanting: Diesmal müssen wir ein bisschen weiter wandern. Wieder ein paar Häuser, Hühner, Hunde und Katzen mitten im Wald und ein paar freundlich grüßende Menschen. Und dann gehts ins Tal. Aber richtig. Gefühlt endlos. Meine Knie fühlen sich an wie Gummi und ich muss mich gelegentlich in die Hocke begeben, um von einer Stufe auf die nächste zu kommen. Es gibt keinen trockenen Faden mehr an uns. Der Schweiss läuft in Strömen.

Das Gemeine ist, dass man immer meint, die Talsohle zu sehen, und wenn man da ist, gehts um die nächste Kurve der nächsten vermeintlichen Talsohle entgegen. Aber die Ausblicke auf die Urwaldhänge und Berge mit all diesen wunderschönen Bäumen entschädigen für viele. Und: nichts da mit Ruhe! Hier ist es richtig laut! Die Grillen und und andere Insekten veranstalten ein richtig lautes Konzert!

Endlich unten. Den beunruhigenden Gedanken, da wieder hoch zu müssen bei der schwülen Hitze, vergesse ich schnell, angesichts dieses wirklich hohen, wunderbaren Wasserfalls. Unwillkürlich kommt einem das Wort Urgewalt in den Kopf. Unablässig, unbeirrbar, zeitlos rauscht das Wasser aus dem grünen Berg in die Tiefe, wo es in einem eher erstaunlich kleinen Flüsschen weiterfließt. Angesichts dessen wird der Begriff „zeitlos“etwas konkreter… Andächtige 20 Minuten später machen wir uns auf den Rückweg. Uff….

Wir begegnen ein paarmal anderen Wanderern, die schwitzend fragen, ob sie gleich unten sind, und mit einem diabolischen Grinsen nehme ich ihnen die Illusion… Manchmal tut ein bisschen gemein sein gut…

Fehlt noch Wasserfall Nr 4 auf unserer Route: der Golden Valley Waterfall. Dazu müssen wir fast zu unserem Ausgangspunkt zurück, auf dem Weg kommen wir an einem winzigen Resturant vorbei, dass mitten in den Urwald gebaut ist, in der Hoffnung, erschöpfte Wanderer glücklich zu machen und mit ihrer Freude etwas Geld zu verdienen. Auch Tütchen mit lokal angebauten Gewürzen, geflochtene Körbe und Taschen und etliche Schnitzereien buhlen um die Gunst der Touristen, von denen in dieser Zeit nur sehr wenige hierherkommen. Ich frage verschämt nach einem iced cappucino und bekomme kurz darauf ein großes Glas mit Eis und einer weißen Flüssigkeit . Oh, wohl ein Missvers….. – nein, nein „Iced Cappucino!“ ??… Kosten, staunen – es schmeckt tatsächlich genauso. Keine Ahnung, was es wirklich ist, es schmeckt einfach.

Auf zum letzten Ziel unserer Dschungelwanderung. Kaum sind wir in den Pfad eingebogen, fängt es an zu regnen. Erst moderat, aber ausdauertnd, dann – als eine Umkehr nicht mehr lohnt steigert sich das Ganze zum Wolkenbruch, gerade als der Pfad zum Fluss hin steiler wird und bergauf führt. So langsam wird es eine Herausforderung. Der Regen auf den Blättern des Urwalds macht einen ungeheuren Krach. Am liebsten wäre ich umgekehrt, nur macht das überhaupt keinen Sinn.

Ich fluche laut in den noch lauteren Regen, rutsche ständig aus, da es nun einen Lehmpfad bergauf geht – da erscheint eine Fatarmorgana: Oben auf dem Berg, der vom Wasserfall ausgeht tront ein offenes, aber mit einem Blechdach geschützes Restaurant! Auf den letzten 200 Metern dahin ist der Tropenguss so extrem, dass man gar nichts mehr sieht und hört – außer dem Wasser. Endlich oben! Wir ziehen aus, was die Schicklichkeit erlaubt und bekommen von den jungen engagierten Besitzern leckere grüne Crepe und ….Luwak-Coffee…ja, der aus…geschiedene! Und – echt lecker! Keine Säure, angenehmer kräftiger Kaffeegeschmack.

Der Regen hat aufgehört und wir klettern einen lehmigen Pfad inmitten von Kokos- und Nelkenplantagen zur Straße hoch. Wir schicken unserem Moto-Taxifahrern unsren Stadtort zu schicken, damit sie uns abholen. Es fängt schon wieder an zu regnen. Die einzige Chance uns unterzustellen ist ein recht ärmliches Haus am Straßenrand.

Wir dürfen uns auf die Holzbank unter dem Vordach setzen. Hier wohnt ein altes Ehepaar. Ein heimlicher Blick ins Innere des Hauses ist ziemlich desillusionierend. Ein deutscher Schuppen ist eine Luxusvilla dagegen. Keine Farbe, alles dunkel bis auf ein kleines Fensterchen in der Rückwand. Ein paar wenige Möbelstücke, die gerade eben noch so ihre Funktion erfüllen. Ein paar verrostete Haushaltgegenstände.

Wir bieten dem Opa einen fürstlichen Preis für zwei Avocados an – vielmehr haben sie nicht zu verkaufen. Opa strahlt und lässt die Scheinchenin den Falten des Sarong verschwinden. Inzwischen ist noch ein junger Motorradfahrer hier untergekrochen. Er erzählt, dass er auf ein Visum für Neuseeland hofft, damit er dort viel Geld verdienen kann. Der Mindestlohn liegt hier (etwas unterschiedlich nach Provinzen) bei knapp 100 Euro , das reicht gerade zum Essen und Wohnen, aber kaum etwas darüberhinaus. Gute Jobs sind auch gerade für Uni- Abgänger nur sehr schwer zu finden.

Schließlich haben uns unsere Moto-Boys gefunden und im sröhmenden Regen geht es die gefühlten tausend Kurven zurück ins Bali Rahayu. Hier gönnen wir uns noch eine Stunde Massage für 8 Euro -und einen ruhigen Abend nach soviel Narturschönheit und Urgewalten.