17 – Ab auf die Insel

Das Staatsgebiet von Malaysia ist so groß und noch dazu im Meer verteilt, dass man hier von einem Landesteil zum anderen einfach fliegen muss, es sei denn, man hat die Zeit und Geduld, tagelang in Bussen und oft wenig Vertrauen erweckenden Schiffen unterwegs zu sein. Entsprechend preiswert ist hier ein Inlandsflug. Nun also steht auch uns wieder ein solcher bevor. Von Georgetown vor der Westküste nach Borneo, das zwischen der Javasee und dem Südchinesischen Meer liegt.

Pünktlich 4:45 steht ein freundlicher Grab-Fahrer vor der Tür und bringt uns zum Flughafen. Egal wo ich in den letzten Jahren hingekommen bis: Jeder Flughafen ist schicker und funktionaler als der große internationale BER… So auch hier. Alles klappt wie am Schnürchen. Der Flug ist pünktlich, wir müssen in Kuala Lumpur umsteigen. Übrigens gibt es hier selbst bei Billigfluggesellschaften immer etwas zu trinken und zu knabbern, ab 2 Stunden aufwärts ein warmes Essen….

Pünktlich gegen halb zwei landen wir in Sandakan, in der Provinz Sabah. Aber genaugenommen wollen wir nach Sepilok in den Dschungel, oder vielleicht sollte man sagen, einem der wenigen Regenwaldgebiete, die hier noch nicht abgeholzt wurden, um Palmölplantagen anzulegen. Kein Problem, wir finden sofort einen Fahrer, der uns dort hinfährt.

Wir haben kurzfristig eine Unterkunft in einem Backpacker Hotel gebucht und hoffen, dass wir halbwegs die richtige Gegend und ein passables Zimmer erwischt haben. Hoch erfreut stellen wir fest, dass das Grab-Taxi die letzte Wegstrecke durch den Dschungel rumpelt. Mittendrin werden wir abgeladen. Eine offene hölzerne Lobby samt Restaurant klebt auf dem Berg, rundum Wildnis. Sieht genauso aus , wie ich mir eine Dschungel Lodge vorstelle: das Paganakan Dii Tropical Retreat.

Ein paar Stufen führen zu Rezeption. Eine sehr freundliche junge Frau begrüßt uns schon oben am Eingang. Beim obligatorischen Schuhe ausziehen haben wir erstaunt die in Schönschrift an einer Kreidetafel aufgelisteten Namen der aktuellen Gäste entdeckt. Es ist verrückt: Hier steht sogar „innen“ mitten im Urwald, Fenster und Türen gibt es keine, drei Katzen und zwei Hunde räkeln sich unter den Tischen ohne aufdringlich zu werden.

Leider hat es zu regnen angefangen und der Marsch zu den auf einer tiefrünen Lichtung stehenden Unterkünften wird teilweise zum Schlammtreten. Nur nicht hinfallen. Einziges Zugeständnis, was wir an Luxus gemacht haben: Nein, kein Bettt in einem in ganz Asien verbreiteten Schlafsaal, sondern ein Privat-Bungalow.

Ein hölzernes Haus auf Backsteinstelzen mit einer kleinen Terrasse. Ein Raum, Betten mit dichten Mosquitonetzen, eine hölzerne Schiebetür an der Rückwand führt auf einen schmalen Minibalkon. Wenn man Tageslicht haben möchte, muss man eine Tür aufmachen. Auch eine Dusche gibt es. Ein Blechdach schützt vor Regen, nach drei Seiten eine Steinmare, die aber nicht bis oben reicht, die Wand neben der Dusche ist bis auf ein grobes Drahtgeflecht und eine Matte ganz offen. Man duscht also quasi im Dschungel. Uns gefällt´s. Mehr Urwaldfeeling geht nicht.

Die Lodge organisiert hier auch alle Aktivitäten, die in der Umgebung angeboten werden und selbstverständlich wird man vom hauseigenen Fahrer immer hingebracht und wieder abgeholt, erstklassig organisiert! Wir buchen gleich für den nächsten Tag das Orang Utan Rehabilitation Center, der Hauptgrund, warum wir gekommen sind. Seit wir die Orang Utan in Indonesien im Dschungel gesehen haben, lassen uns diese Tiere nicht mehr los.

Hier nun ist es zwar nicht ganz frei, eine eigenständige Wanderung verboten und es sind auch viel mehr Menschen hier, aber trotzdem ist es alles andere als ein Zoo. Auf 43 Quadratkilometern ursprünglichem Urwald können die Tiere frei leben, aber vorallem kümmert man sich um Jungtiere, die aus verschiedenen Gründen gerettet werden mussten. In 6-8 Jahren werden sie hier auf ihr Leben in der Wildnis vorbereitet.

Die Besucher können nur auf einem sehr begrenzten Gebiet auf Holzstegen durch den Dschungel laufen. Highlights sind die Fütterungen 2 mal täglich, zu denen – immer unterschiedlich- meist Mütter mit Jungen kommen, die schon wieder frei leben. Nach den frischen Leckerlis verschwinden sie wieder im Wald.
Wir hatten Glück! Vier Damen mit ihrem unglaublich süßen Nachwuchs, der absolut an kleine Kinder erinnert (nur das die hier schon verdammt gut klettern können), kommen zum Dinner an diesem Tag aus dem umliegenden Urwald. Danach entschwinden sie wieder. Zweimal pro Tag gibt es das Schauspiel, das man von einem Podest und den hölzernen Stegen aus ca 20-50 m Entfernung beobachten kann. Nachmittags um drei müssen alle Besucher das Gelände verlassen, damit die Tiere ihre Ruhe haben.

Und wieder sind wir fasziniert von diesen unseren nächsten Verwandten. Über 97 Prozent ihres Erbgutes stimmt mit unsrerem überein! Vor allem ihre Gesichter, ihre Mimik…. keine Worte! Man darf gar nicht daran denken, wie wenige es noch sind, auch weil der Dschungel verschwindet. 2021 waren es noch 120.000 Tiere auf der ganzen Welt. In den letzten zwei Jahrzehnten sind allein auf Borneo mehr als 100.000 veschwunden….

Außer bei den Fütterungen kann man die geretteten Jungtiere noch in ihrem Outdoor-Kindergarten beobachten – aus einem Haus heraus durch gläserne Wände. Hier spielen sie und lernen aber auch von den älteren wichtige Dinge für das spätere Leben in der Wildnis. Acht Jahre wird ein Junges von der Mutter normalerweise darauf vorbereitet – genausolange dauert es hier meistens.

Das ganze Programm für die Besucher wird auch veranstaltet, um das Ganze zu bezahlen zu können. Diese Station in Sepilok wird in Kooperation mit einer englischen Stiftung zusammen finanziert. Für rund 80 Euro im Jahr kann man die Patenschaft für eins der Orang-Kinder übernehmen. Ich habe eine… als Geburtstagsgeschenk…

Nach unserem Besuch bei den Orangs ist noch viel Nachmittag übrig und wir fahren noch zur „Rainforst Expierience“, einem geschützten Regenwaldgebiet, eine Art Park insofern, weil es mit Wegen und Ausschilderungen für Besucher ausgebaut wurde. Hier kann man nicht nur herumspazieren und Urwald in geschützter Umgebung erleben, sondern es gibt noch eine ganz besondere Attraktion: den 350 m langen und 25 Meter hohen Skywalk , ein Metallsteg auf hohen Stelzen, auf dem man durch das Herz des Parks spazieren – und zu entsprechenden Zeiten die Vögel und anderen Tiere betrachten kann. Ein Paradies für Birdwatcher und Botaniker.

Das imposante Bauwerk -zu dem auch noch 3 Aussichtstürme gehören, ist wirklich beeindruckend. Die Besucher können so den Urwand bewundern ohne ihn zu zertrampeln. Beeindruckend aber auch durch das Erlebnis, weit über dem Boden zu laufen und trotzdem noch ein Ameise im Vergleich mit den meisten Bäumen zu sein: Die sind doppelt und dreifach so hoch! Der höchste Baum, der Sepilok Giant, ist um die 1000 Jahre alt und 63 Meter hoch. Leider können wir den nicht besuchen, ein Unwetter hat den Weg zu ihm unpassierbar gemacht.

Nachdem wir in der brütenden Hitze noch ausgiebig herumspaziert sind, steht uns der Sinn nach diesem Tag nur noch nach faulenzen in der Lodge und erstmal alles sacken lassen….mit Blick auf den umliegenden Urwald. Ganz ohne Regen….