4. Koh Lanta – die zweite Chance

Nachdem ich gestern schon beschlossen hatte, dass ich die Insel nicht mag, gebe ich ihr heute noch eine Chance. Nach einem letzten Besuch im Gruselkabinett mit Duschfunktion verhandle ich mit dem Hostelbesitzer Jojo über einen vorzeitigen Abbruch unserer Geschäftsbeziehungen. Wir kommen zu einer friedlichen Übereinkunft mit einem kleinen Bonus für ihn und ich bin frei!

Aber wohin? Ohne Roller, ohne Ortskenntnisse…. und die Orientierung ist hier nicht so einfach. Ich laufe einfach mal Richtung Strandende nach Norden. Da sind teure Resorts, bei den Preisen wird mir schwindlig. Schließlich entdecke ich hinter einem der vielen Restaurants Hütten. Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwas zieht mich hierhin. Langer Rede – kurzer Sinn: Kurz darauf bin ich Mieterin einer einfachen, etwas betagten, aber sehr sauberen Hütte mit eigener Dusche! Und bei dem Namen muss es ja klappen: The Thai Cat.

Nach einen Nickerchen und einem Imbiss bin ich wieder guter Dinge und finde auf einmal alles ganz schön: Der endlose Strand ist tagsüber gar nicht so voll, wie befürchtet, die Urlauberschar eher nord- und mitteleuropäisch und ziemlich entspannt. Über andere Strände weiß ich nichts – ist mir auch egal. Und endlich bin ich auch in der Stimmung für ein genüssliches Bad im hellblauen, warmen Meer – mein Lebenselixier.

Am Nachmittag mache ich mich zu Fuß auf den Weg zu der von Berlin aus angepeilten Tauchschule mit dem krytischen Namen „Apo Dhatu Divers„. Es gibt nur zwei große Straßen auf der Westlichen Insel – eine im Osten, die andere im Westen. Ich bin hier in Lanta Yai (das Große Lanta), die belebte Insel, während ihre durch eine große Brücke mit ihr verbundene kleinere, tief bewaldete Zwilligsschwester Lanta Noi (Klein Lanta) ein eher unscheinbares Leben führt. Kleine Geschäfte, Imbisse und Restaurants reihen sich locker am Straßenrand auf. Immer wieder ein freundliches Lächeln von fremden Menschen – Thailand! Straßen wie diese sind ganz typisch für die Inseln hier.

Schweissüberströmt, aber geläutert, finde ich alles auf Anhieb. Die Besitzer der Tauchschule, ein Schweizer Paar aus Genf, kommen auch gerade zurück. Wir sind uns symphatisch und stellen schon mal die für mich passende Ausrüstung zusammen – prophylaktisch, denn morgen will ich mich erst noch aklimatisieren. Das Tauchen ist hier unten ziemlich teuer, soll aber in den Nationalparks hier in der Andamanensee sehr schön sein. Und so muss ich es natürlich ausprobieren.

Mit dem eher dezenten Gesang eines Muezzin im Rücken laufe ich über den Strand zurück – einem abendlichen Bad und dem Sonnenuntergang entgegen. Bei einem frischen Kokos-Shake ordne ich meine Gedanken, bevor ich mir in meinem Hausrestaurant frischen White Snapper vom Grill schmecken lasse. Lanta ist eigentlich ganz schön……

3. Wer sagt, dass es im Paradies immer schön ist?

Der Tag beginnt nach einem Blick auf die Uhr mit der Erkenntnis, dass es wieder ein Morgen ohne das versprochene Gepäck ist. Aber am Mittag geht die letzte Fähre nach Koh Lanta und die will ich unbedingt erwischen. Also ein mittelschwerer hysterischer Ausraster per Telefon (es ist mein 6. Anruf). Aber wirklich Erfolg hat nur der wiederholte Anruf meiner smarten Hostelmanagerin Fai, die thaistyle böse schimpft und droht, dass der Airport meine doppelten Hotelkosten für Phuket und Lanta bezahlen muss, wenn das Gepäck nicht bis 12 Uhr da ist. Und siehe da – plötzlich sind alle ganz sicher, dass es kommt.

Frohen Mutes mache ich mich auf die Suchee nach einem Frühstück und Aloe Vera, um meine total verbrannten Arme zu verarzten. Die haben beim Tag auf dem Bike wie auf dem Grill gelegen und irgendwie habe ich das ausgeblendet…. Noch ein Abschiedsbummel durch das Viertel um die Yaowarat Road und dann heißt es: gespannt warten. Fai hat den allerletzten Platz auf der Fähre nach Koh Phi Phi gebucht, von da aus muss ich dann mit einer kleinen Fähre zurück nach Lanta fahren, um heute noch anzukommen.

12:01 Uhr: Mein Gepäck kommt! Der Bote zeigt mir seine Lieferliste, bei der mein Name, rot unterstrichen, auf Platz 1 steht… Geht doch. Kurz darauf kommt mein Shuttle zum Pier Rassada, wo meine kleine Seereise beginnt.

Zwei Stunden später taucht eine beeindruckende Silhouette vor uns auf: Koh Phi Phi, die wunderschöne Felsen-Urwald-weiße Buchten-Insel, die Leonardo di Caprio und Tilda Swinton mit dem Hollywood-Film „The Beach“ berühmt gemacht haben. Im vergangenen Jahr hat man die Strände für 6 Monate geschlossen, weil sie von den Touristenmassen fast zerstört waren… Leider bleibt keine Zeit für einen kleinen Erkundungsspaziergang, denn wir sind zu spät und der letzte Lumpensammler nach Koh Lanta wartet schon.

Es ist wirklich ein Lumpensammler, keine Ahnung, wie alt der Kahn ist, ich glaube kaum, dass der in Europa noch Passagiere befördern dürfte. Aber die fröhlichen, korpulenten „Schaffnerinnen“ verbreiten gute Laune. Alle tragen Hijab, was daran liegt, dass Lanta eine mehrheitliche muslimische Insel ist. Aber alles sehr moderat und wenig dogmatisch.

Das einzige Pier in Koh Lanta ist winzig, vorallem angesichts der vielen Schiffe, die hier anlegen. Wir koppeln längsseits an ein anderes Schiff an und müssen samt Gepäck über ziemlich wackelige Bohlen und provisorische Bretter über vier andere Schiffe stolpern, um an Land zu gehen. Nach dem Entrichten der sehr moderaten Inselsteuer dürfen wir dann die Insel betreten.

Nach hartem, aber fröhlichem Preis-Feilschen finde ich eine TukTuk-Fahrerin, die bereit ist, mich zu meinem vorgebuchten Guesthouse zu fahren. Sie sieht richtig verwegen aus, mit langer muslimischer Kleidung, Kopftuch und scharfer Ray Ban- Sonnenbrille,wenn sie über den Lenker gebeugt über die Inselstraße fegt. Eine energische und selbstbewusste Frau, wir haben viel Spaß unterwegs. Ich bin bestens gelaunt, auch wenn ich durch die Bäume sehe, dass ich den berühmten Sonnenuntergang verpasse.

Als wir endlich das Aule Guesthouse gefunden haben, sieht sie mich ebenso schräg an, wie ich das Objekt. Es sieht eher nach einem Sperrmüll- Objekt aus. Naja, vielleicht eine schlechte Ansicht, so in der Dämmerung. Ein freundlicher halbnackter Thai-Party-Typ kommt freundlich auf mich zu – der Besitzer. Ich frage mich flüchtig, wer die Fotos für die Website frisiert hat. Mein private room entpuppt sich als mit Bambus und einem Laken von einem Schlafsaal abgetrenntes Kabuff. Bett, Bettvorleger, Moskitonetz, Glühbirne, klappernder Ventilator. Kein Fenster, aber das macht nichts, die Wände bestehen nur aus löchrigem Bambusgeflecht, da kommt genug Licht rein…

Nachdem ich das fleckige Bett neu beziehen lassen habe, setze ich mich erstmal auf selbiges, um mir einzureden, dass alles cool ist. Wie von der Tarantel gestochen fahre ich hoch, weil ich glaube, dass einer hinter mir sitzt, der Raucherhusten hat. Nein, hinter der Wand ist nur die Raucherecke. (Und da wusste ich noch nicht, dass der Typ an Schlafstörungen leidet und bis 4 Uhr morgens da sitzt und hustet, bevor er auf der anderen Seite im Schlafsaal anfängt zu schnarchen.)

Der nächste Schock ist die Gemeinschaftsdusche. Ein dreckiges, schimmliges Verließ, in dem das Duschwasser aus einem aufgeschlitzen siffigen Fussball kommt, den jemand an das Wasserrohr montiert hat. Von der Wand ringelt sich ein fetter, haariger Wurm auf mich zu.

Ich bin nicht übermäßig pingelig und versuche, auf meinen Reisen wirklich zu einem reduzierten Standard zurückzufinden. Aber das ist dann doch zuviel. Und es war gar nicht mal so billig… Aber es ist stockdunkel, ich kenne mich nicht aus, habe keine Vorstellung von der Insel…. für heute Nacht bleibt mir nichts anderen übrig. Morgen werde ich weitersehen und über vorzeitige Vertragsauflösung bitten.

Dermaßen angefressen mache ich mich auf zum 100 Meter entfernten Long Beach, um etwas spazieren zu gehen und zu Abend zu essen. Und schon folgt der nächste Schlag: Dröhnende Bässe künden davon, dass hier The Zone ist, Die Partyzone an diesem 3 km langen Strand. Ich wandere zwanzig Minuten am wunderschönen, dunklen, warmen Meer entlang, um endlich ein nicht Elektro Pop oder Fusion- beschalltes Abendessen zu mir zu nehmen. Und nein, es ist nicht gelogen: Das ist das erste richtig miese Essen, dass ich je in Thailand gegessen habe.

An dieser Stelle beende ich meine Gruselgeschichte mit zwei Nachsätzen: In dieser Nacht ist mir bis sechs Uhr morgens nicht der geringste Schlaf vergönnt. Was bleibt, ist die Hoffnung, das ich mit diesem wundersamen Start auf Koh Lanta garantiert den Tiefpunkt meines Urlaubs erreicht und hoffentlich überstanden habe. Dieses Quartier ist das, was wir Berliner kurz und treffend den Griff ins Klo nennen. Und morgen beginnt der Rest meines Urlaubs.

2. One day in Phuket

Der Jetlag hat mich noch voll im Griff. Erst nicht einschlafen, dann nicht aufwachen…Egal, mein erster richtiger Ferientag ohne Flug. Für den einen Tag, den ich diesem Ort komplett eingeräumt habe musste ich mich entscheiden – es gibt viele verschiedene Stände, vor allem im Westen, einen kleinen Nationalpark mit Wasserfall, einen hohen Aussichtspunt und als neuere Sehenswürdigkeit das große Buddha-Monument auf einem Berg südwestlich von der Stadt. Dafür habe ich mich entschieden, gefolgt von zwei, drei Stränden, die nicht den Ruf von Patong Beach haben – sozusagen „Malle“ in Thailand…Und ich habe mir vorgenommen, ganz vernünftig und entspannt zu sein- zumindest heute noch – und mich – wie auch immer – fahren zu lassen.

Das allerdings erweißt sich als sehr schwierig, schon ganz und gar in Kombination. Es gibt einige Busse, die stündlich in die Nähe des Buddhas fahren, aber dann muss man bei der Hitze noch einige Kilometer den Berg hochlaufen. Und danach kommt man kaum weiter. TukTuk und Motorradtaxis fahren nur eine Strecke und warten nicht, es sei denn, man zahlt fürstlich. Ganz zu schweigen von Taxis, das ist mit Wartezeit richtig teuer. Guter Rat auch…

Im Hotel rät man mir, ein Motorbike zu nehmen, so nennen sie hier auch die Roller. Das warś dann mit der Vernunft. Sie organisieren alles, das Gefährt wird frei Haus geliefert und – ist ganz schön groß… Eine 125erHonda. Gut, dass ich inzwischen echte Berliner Fahrpraxis habe. Also Helm auf, Gehirn auf Linkssverkehr trimmen, Navi einschalten und los.

Ich fädle mich aus der Altstadt, wobei es lästig ist, immer wieder anhalten zu müssen, um auf das Handy-Navi zu sehen, denn hier ist nichts vernünftig ausgeschildert, und wenn, dann zu 95 Prozent auf Thai. Und es gibt viel mehr Möglichkeiten falsch zu fahren, als der Plan zeigt.

Nachdem ich dann auch prompt auf der sechsspurigen Straße zu weit gefahren bin, finde ich irgendwann die Anfahrt zum Berg. Immer schön steil hoch in Serpentinen durch den Wald. Und zu allem Übel auch noch Quadfahrer-Rudel quer über die Straße…. Aber alles geht vorbei, ich komme heil an.

Ein paar Stunden zu spät um in Ruhe schauen zu können, es wimmelt nur so von Touristen Gruppen. Egal, die Aussicht ist wunderbar: Phuket Town und Umgebung liegen vor mir ausgebreitet, genauso wie Strand und Meer. Und als ob das noch nicht genug wäre: Draußen im Meer setzen mehrere Inseln, leicht in Nebel gehüllt , noch ein paar besonders schöne Akzente. Allein dafür hat es sich gelohnt.

Nun aber zur eigentlichen Attraktion: Big Buddha. Er wurde 2008 fertiggestellt. Aber bis heute wird drumherum und am Sockel noch gebaut. Woran erinnert mich das bloß…. Der Riese ist 45 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 25 Metern. Ganz schön protzig. Aber trotzdem schön anzusehen. Aber ehrlich gesagt, gefällt mir der viel kleinere, alte goldene Buddha, der ganz berschät daneeben sitzt und den keiner mehr beachtet, eigentlich besser.

Ich verzichte darauf, mich gelangweilt und lustlos von einigen Mönchen segnen zu lassen, die gar nicht schnell genug auf den geforderten Geldeinwurf hinweisen können. Berühren dürfen sie den schnöden Mammon ja nicht. Ungesegnet, aber erleuchtet, schreite ich von dannen.

Auf dem Rückweg fällt es mir schwer, mich auf die wirklich gefährlich stelie Straße in Haarnadelkurven zu konzentrieren, so schön sind die Ausblicke, die von Zeit zu Zeit durch die Bäume zu sehen sind. Und ich fürchte, die Bremsen werden zu heiß…und mache eine wunderbare Pause in einem kleinen Restaurant mit phantastischem Blick über die Buchten. Ein mit Orchideen verzierter Eiskaffee hebt meine Laune noch mehr!

Wieder auf der Hauptstraße angekommen, versuche ich zu den Stränden, die ich mir herausgesucht hatte, zu finden, was sich wiederum als wesentlich schwieriger erweist, als gedacht. Und der Verkehr auf der Insel ist wirklich nervend.

Aber irgendwann habe ich es doch noch geschafft. Kata Noi Beach. Ein großer, schöner Strand in einer langen Buch mit hellbauem Meer. Ich bin total geschafft von der ewigen Fahrt und kann es kaum erwarten, mich in mein geliebtes Meer zu stürzen. Ich spare mir mal die Beschreibung meines zusammengestückelten Aufzuges (Danke SwissAir). Das Wasser war wunderbar!

Trotzdem habe ich so gar keine Lust auf längeres Verweilen, vor allem auch, weil es mir vorkommt wie auf dem in einen Strand verzauberten Moskauer Hauptbahnhof. Zumindest die Geräuschkulisse ist so.

Ich finde noch zwei weitere Strände, Kata und Karon Beach, an denen ich eigentlich etwas zum Sonnenunergang trinken wollte. Aber wenn ich schon die lauten Massen am ersten Strand zu viel fand, wird es nun nur noch schlimmer. Ja, vielleicht bin ich arrogant, aber ich möchte so keinen Urlaub machen, da lobe ich mir meine kleinen Inseln und den Urwald!

Ich lande mit einem eisigen Watermelon Shake neben meinem Roller auf der Straße hockend und staune teilweise sprachlos über das an mir vorbeieilende und-schlendernde Urlaubsvolk. Alle Kabarettisten der Welt könnten hier Quellenstudium betreiben! Kann sich wirklich keiner ausdenken….

Es ist spät, ich muss ja noch zurück und will unbedingt noch auf dem Sunday Night Market in der Altstadt essen. Ich düse durch den abendlichen Stoßverkehr und… verfahre mich doch wieder. Tausende von Schildern mit allen mögichen Informationen säumen unübersichtlich die Straßen, aber eben in Thai. Und dann kommt mal ein lesbarer Hinweis, aber dem folgt dann lange kein weiterer. Zu allem Übel ist mein Akku alle und ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Auf diese Weise habe ich auf jeden Fall viele Ecken von Phuket Town kennengelernt…

Wohbehalten, frisch geduscht und hungrig stürze ich mich ins Getümmel, gleich um die Ecke in der Thalang Road. Es ist so unglaublich voll, das man kaum durchkommt. Aber die Straßenköche brutzeln, kochen und mischen so unglaublich leckere Sachen, dass sich wirklich niemand, der nach Thailand kommt, diesen Genuss versagen sollte. Auch wenn sich Genuss wirklich nur auf das Essen selbst bezieht, denn man muss alles aus der Hand, ergo Plastikbox oder -tüte …genießen. Oft sogar, wie hier, ohne Sitzmöglichkeit.

Aber hier wird nicht nur gegessen und Kunsthandwerk neben Kitsch angeboten, hier gibt’s auch überall Entertainment – was übrigens dank der leistungsstarken Lautsprecher als ohrenbetäubende Kakophonie noch auf die Essenden eindröhnt. Hier treten Laien oder Laienbands auf. Eine Blues – Brassband ist richtig gut, aber alles andere eher etwas anstregend. Aber die Thais lieben es. Und das Schrägste überhaupt sind die Karaoke-Sänger, die ganze Konzerte geben, während ihre Groupies von Oma bis zur beleibten Nachbarin dazu die GoGo Girls geben. Das kann man nicht beschreiben, dass muss man sehen.

Derart herumgekommen, gefüttert und unterhalten kann ich eigentlich nur noch ins Bett gehen…und von minem Gepäck träumen.

1. Thailand – diesmal von Süden nach Norden

Einmal Phuket…oder doch lieber nicht? Ohne das verlockende Gabelflugangebot wäre ich vielleicht doch lieber wieder in Bangkok gestartet. Irgendwie klingt Phuket für mich immer zu sehr nach Rummeltouristen und Sugardaddies. so wie Pataya. Aber – der Süden und die Inseln sollen sehr schön sein… Also los!

Oh nein ! Im rammelvollen Flieger sitzt ein kleiner bodygebildeter, schmuckbehangener, glatzköpfiger Typ aus dem Alpenland neben mir. Phuket ruft…. Aber über die Stunden erweist er sich dann als redseelig, freundlich und ziemlich schräg. Er ist Tätowierer, hält sich für einen Künstler, ist Buddhist, erzählt im gleichen Atemzug von heißen Besäufnissen, tollen Reisen und Drecksländern, in die er lieber nicht will….etc pp.

Der Landeanflug ist sehr vielversprechend: strahlend hellblaues Meer, grüne Inseln, lange Strände und – tatsächlich so viele Delfine, wie ich noch nie gesehen habe. Die Maschine ist bereits so tief, dass kein Irrtum möglich ist, man sieht die munteren Gesellen tauchen und springen, als gäbe es kein Morgen. Unglaublich!

Die Landebahn beginnt nur ein paar Meter hinter dem Strand, das sieht alles sehr vielversprechend aus. Der Flughafen ist eher klein – zu klein, für so viele Touristen, wie sich gleich zeigt. Zu wenig Parkpositionen, zu wenig Gangways, zu wenig Busse. Doch der Gau kommt für mich erst, das liegt aber an der Lufthansa: Nach anderthalb Stunden Gesuche ist klar: Mein Gepäck ist weg. Egal, ich versuche, mich nicht zu ärgern. Vielleicht übermorgen, heißt es nach einigermaßen chaotischer Suchmeldung.

Nach dem Stress habe ich keine Lust auf langwierige Busabenteuer und Gesuche. Ich nehme ein Taxi. Die erste thailändische TaxifahrerIN! Und die fährt sogar ordentlich mit Taxameter. Meine Laune wird gleich besser, auch wenn mir ihre muntere Unterhaltung in Thai-Englisch bei meiner Müdigkeit eher schwerfällt. Eine alleinerziehende Mutter, die immer wieder von Oma und Sohn angerufen wird, und dabei auf Lautsprecher in ihr Handy brüllt – und das bei dem Verkehr!

Ich bin erstaunt, wie weit es in die Altstadt von Phuket Town ist, ich hatte mir die Halbinsel Phuket kleiner vorgestellt! Eine endlose, fast lückenlos bebaute Straße, ein paar kleine Kautschuk- Plantagen, alles eine wenig attraktive Mischung aus Geschäften, Autowerkstätten, undefinierbaren Gewerbehäusern und dazwischengequetschten kleinen Wohnhäuschen. Viel Schimmel, viel Bauschutt, viel Chaos. Und natürlich hin-und wieder das königliche Konterfei und Buddha. Für 10 Minuten laden wir plötzlich noch spontan einen russischen Opa ein, der nichts versteht, aber wohl irgendwie in sein Hotel will. 100 Baht vom Opa, 50 davon bekomme ich später abgezogen.

Endlich sieht die Bebauung mehr nach Stadt aus: Phuket Town. Eine große lange und breite Hauptstraße mit großen, ebenso undefinierbaren Geschäften, Banken und anderen offizielleren Gebäuden, noch mehr Verkehrschaos. Doch dann wird alles enger und netter. Old Town.

Schon besser. Auch viel Chaos und Schimmel, aber wenigstens alt. Viel kleinere, manchmal ganz originelle Häuschen, kleine Läden, Restaurants, schlendernde Touristen, wieselnde Thais, Straßenhändler mit allerlei leckerem Obst und anderen ess-und trinkbaren Snacks. Und die ewigen Motorroller, die sich überall durchschlängeln.

Mein Stoßgebet wird erhört und das blind gebuchte, preiswerte Chino Town Gallery Hostel sieht ganz nett aus. Zimmer sauber, mit Pseudofensterchen zum Flur, breites Bett, Gemeinschaftsbad. Chinese owned, aber arbeiten dürfen Thais.

Nach einem kleinen Nickerchen mache ich mich auf Entdeckungsreise durch die alten Straßen. Alles wuselt, aber trozdem ist es ganz gemütlich, auch die Touristen sind hier gemäßigt – kein Strand in der Nähe. Ein paar größere alte Gebäude stechen hervor: ein altes Bankhaus, ein altes Polizeihauptquartier, ein Museum usw. Und natürlich ein riesiger pompöser Tempel, den ich alerdings nur von außen bewundern darf, denn meine momentan sehr reduzierte Kleiderauswahl beinhaltet nichts „Angemessenes“ .

Manchmal denke ich, dass in den Räumen Sperrmüll wild gelagert wird und bin dann immer wieder erstaunt, wenn es beim zweiten Hinschauen irgendwelche Geschäfte sind. Das extremste ist ein Raum, den ich für eine zugerümpelte ehemalige Werkstatt halte, der sich aber schließlich als Vintage-Bar outet. Uff….

Die Bevölkerung hier ist ein bisschen anders gemischt als im zentraleren oder nördlichen Thailand: Es gibt mehr Muslime und Inder neben den Thais und Chinesen. Und dadurch im Stadtbild deutlicher weniger Tempel, ich habe noch keinen einzigen Buddha-Schrein gesehen.

Nach einer ersten Thaimassage für umgerechnet 8 Euro als Belohnung nach Flug, Stress und fast drei Stunden Stadtspaziergang, suche ich mir ein kleines Restaurant und genieße mein erstes Thai-Abendessen: Hühnchen mit Gemüse und Cashew-Nüssen. Lecker! Der erste Tag ist geschafft. Irgendwie ein bisschen wie in Trance: Müdigkeit, Hitze, alles plözlich eine andere Welt….

12 – Kurz und Intensiv: Bangkok

Schluss mit relax und little paradise, Bangkok wartet. Noch einmal den Sonnenaufgang bei Kaffee vor der Hütte in der Gesellschaft von Hund, Katze und den allgegenwärtigen kleinen Eidechsen, dann wieder Abschiede und eine letzte Sammeltaxifahrt zum Hafen. Eigentlich bieten die Bänke acht Leuten Platz, wie fahren zu zwölft. Menschliche Nähe mal anders.
Das übliche Chaos am Hafen, das keines ist, weil natürlich wieder alles klappt und diesmal mit einem schicken neuen Highspeed-Catamaran von Boonsiri auf s Festland. Die Fahrt ist durchgebucht bis Bangkok, alles kein Problem, außer dass die angekündigte vierstündige Busfahrt fast sechs Stunden dauert und hinter mir ein Baby zweieinhalb Stunden durchkreischt, so dass alle am Limit sind.
Wir kommen mitten in der Rushhour im Stadtzentrum von Bangkok an und steigen einfach mal vorher aus, weil wir sonst noch ewig im Stau gestanden hätten.

Der Schockeffekt des Wechsels von verschlafener Insel in den Moloch Bangkok ist ziemlich brutal. Kurz vor Sonnenuntergang bin ich dann in meinem Poshtel – was immer das heißen soll. Das Bangkok Saran ist neu, clean, aber ruhig und in einem sehr schönen ruhigen Viertel, 15 Minuten Fußweg vom rummeligen Backpacker – Viertel Banglamphu, wo ich sonst meist gewohnt habe.
Ich habe mich schon das letzte Mal in den westlich des Chao Phraya River gelegenen Teil des Viertels Phra Nakon verliebt, der von der Rama VIII. Bridge von der Altstadt abgetrennt wird. Viel ruhiger, viel authentischer, auch wenn es hier etliche Guesthouses gibt. Aber Welten vom Rummel auf der berüchtigten Partymeile Khaosan Road auf der anderen Flußseite entfernt.
Die Garküchen hier haben, im Gegensatz zu den kleinen Restaurants, meist kaum englische Karten, denn hier essen vor allem Einheimische und Reisende, die genau das mögen. Abends fahren einige dieser Garküchen-Wagen an der Sam Sen Road auf. Sie drängeln sich auf den ohnehin engen Bürgersteig, wenn es Tische gibt, stehen die auf der Fahrbahn zwischen parkenden Autos. Aber das Essen ist frisch und lecker – und billig. Um die Ecke gibt es auch eine Gasse mit einigen kleinen Restaurants, wo die meisten Touristen essen, die hier im Viertel wohnen.
Hier ist auch mein Lieblingsmassageladen. Gar nicht chic, aber immer gut, egal an welche der Damen ich dort geraten bin. Für sechs Euro eine Stunde Thaimassage. Die ist übrigens hier in Bangkok wesentlich besser als auf den Inseln, wo es viele Angebote, aber kaum Qualifikation dazu gibt. Perfekt nach einem Tag im Bus.
Danach bin ich zwar eigentlich totmüde, kann mir aber nicht verkneifen, noch nach meiner Vorjahresentdeckung zu schauen, dem kleinen Bluesclub in der Sam Sen Road, kurz vor der Brücke. Und natürlich gibt es live Musik. Zuerst singt eine kugelrunde junge Thai mit einer engelsgleichen, aber voluminösen Stimme zur Gitarre einige der großen Hits aus der Geschichte des Blues und der Singer/Songwriter-Ära. Danach tritt die Band WooBoo an. Vier junge Thais, die den Blues eigentlich wohl kaum mit der Muttermilch aufgesogen haben können – trotzdem haben sie ihn. Toll. Und die Atmosphäre in den winzigen Laden kann es mit jeder Blueskneipe in New Orleans aufnehmen.
Am nächsten Tag fahre ich mit dem orange flag boat, einem langen Motorboot, auf das viele Menschen passen, und das hier zu den öffentlichen Verkehrsmitteln gehört. Es geht von der Phra Arthid Pier den Chao Phraya Fluss nach Süden, vorbei an den berühmtesten Tempeln: dem, mit dem liegenden Buddha, dem Königspalast- und einigen anderen mehr, vorbei einer Universität, etlichen Regierungsbehörden, dem glitzernden neusten Mega-Shoppingzentrum Siamicon, vorbei an Chinatown bis Sathorn. Am Horizont immer neue verrückte Skyscraper von Bangkok, von denen jedes origineller sein möchte als die anderen: rund, spitz, eckig, gebogen…
In Sathorn kann man in den Skytrain umsteigen, auf den die Bangkoker so stolz sind. Hoch über den Dächern geht es eisgekühlt durch die Stadt – ganz ohne Stau. Vierzig Baht, als gut einen Euro, kostet die Fahrt. Am Nationalstadion steige ich aus– Bangkoks Shoppingparadies mit gleich mehreren Malls. Hier ist auch das berühmte MBK. Auf sechs Etagen hat es die Ausdehnung eines kleinen Viertels.

Ich will eigentlich nur ein paar Kleinigkeiten und etwas Bestimmtes kaufen, aber das dauert ewig, einfach, weil man total überfordert ist. Egal, ob man Uhren, Smartphones, Klamotten oder was auch immer sucht – es gibt nicht zehn oder zwanzig Läden, sondern hunderte. Ich breche ab – es ist mir echt zu viel. Immerhin hat das MBK im sechsten Stock einen phantastischen Food Court, da wird Essen aus aller Welt in erstklassiger Qualität serviert. Noch schnell ein paar Sushi für mich und dann Rückzug.
Ich weiß, dass es unvernünftig, weil immer zu teuer und atemwegsfeindlich, ist – aber einmal muss ich einfach immer TukTuk fahren. Diese knallbunten, oft noch mit blinkenden Lichtern geschmückten Motorrad-Rikschas, die wie die Wahnsinnigen durch den Bangkoker Verkehr rasen. Oft erwartet man, dass sie zwischen Bussen und Autos hängenbleiben, so eng wie die Zwischenräume sind, durch die sie sich quetschen. Ich muss meine Sachen festhalten, denn bei dem Tempo fliegt sonst alles weg. Gehört irgendwie für mich dazu.
Ich entspanne mich von dem Stress im Vespa-Café in einer kleinen Nebenstraße der Sam Sen Road in Phra Nakon. Hier huldigt die gesamte Einrichtung dem kleinen italienischen Motorroller, es stehen sogar zwei davor, die die Tische einfassen. Einfach nur herumlaufen oder sitzen und schauen. Auch das gehört für mich zu Bangkok.
Diese laute, schmutzige Stadt, in der der Smog Alltag ist und viele Menschen mit Mundschutz herumlaufen, ist wirklich so ganz anders, als der Rest von Thailand. Und für die Bangkoker ist dieser Rest auch einfach nur Provinz, etwas wo man vielleicht mal zum Wochenende oder im Orlaub hinfährt. Sonst nicht der Rede wert. Die Menschen hier kleiden sich anders, leben anders, finden ganz andere Dinge wichtig, das bemerkt man sogar, ohne Thai zu verstehen.
Die meisten Menschen in Bangkok sind eher korrekt gekleidet, schlampige Kleidung gilt als respektlos. Viele sind ausgesprochen chic und vor allem junge Leute extrem markenbewusst. Aber allgemein achtet man hier eben auf sein Auftreten.

Nur, dass das die Touristen mit ihren Muskelshirts, freischwebenden Speckringen und sonstiger Strandbekleidung meistens nicht mal bemerken. Ich finde ja nicht, dass sie sich der Bangkoker Etikette anpassen müssen, ich finde es nur traurig, dass sie vieles, was hier zum guten Ton gehört oder sogar ein No Go im Umgang ist, gar nicht bemerken. Ich habe sogar schon Szenen gesehen, wo Touristen laut geworden sind, weil sie nicht mit kurzen Hosen und Tanktops in die Tempel durften….
Hier leben, entprechend der Infrastruktur und der angesiedelten Unternehmen, viele Menschen mit Bildung und guten Jobs. Aber die Masse arbeitet auch hier eher hart in weniger attraktiven Jobs und verdient schlecht. Es gibt viel Arme und Slums, es gibt viele Kreative – und es gibt Junkies und viele Obdachlose, die nachts an Ecken und Hauseingängen schlafen. Und natürlich die allgegenwärtigen buddhistischen Mönche. Doch es gibt auch Christen und Muslims – gleich hinter meinem Hotel hat der Muezzin gerade vom Minarett der Moschee gerufen.
Bangkok ist ein heißer Schmelztiegel und es gibt noch viel zu entdecken. Aber diesmal habe ich mich eben eher für Provinz und Entspannung entschieden. Thailand hat so viele Gesichter! Ein paar davon habe ich diesmal wieder kennenlernen dürfen. Das Problem ist nur – irgendwie ist es immer noch nicht genug. Thailand calling! Auf bald….

11 – Die Insel und das Meer

Die nächsten Tage verschmelzen alle zu einem wunderbaren entspannten Gesamtpaket, als was ich sie hier auch zusammenfassen möchte, denn wer möchte schon so viel tauchen, Boot fahren und Müßiggang im Einzelnen aufgelistet haben…
Trotzdem ist das Eine oder Andere vielleicht doch erzählenswert. Zwei meiner fünfeinhalb Tage hier habe ich der Insel selbst gewidmet und sie nochmal in Ruhe per Roller erkundet – unfallfrei im beruhigenden Gegensatz zum Vorjahr. Immerhin 25 Kilometer Länge und 12 Kilometer Breite misst diese Insel, die ganz nah an der kambodschanischen Grenze liegt. Der höchste Berg bringt es auf 315 Meter.
Und das ist gar nicht so einfach, denn die wenigen befestigten Straßen, die es auf der Insel gibt, sind der Lebenstraum jeden Achterbahnbauers. So jedenfalls kommen fühle ich mich des Öfteren, wenn ich steil bergauf gefahren bin, möglichst noch im Bogen, und oben plötzlich der Blick in den S-Kurvenförmigen Abgrund das Herz erstmal zwei schnelle Schläge machen lässt, bevor man sich auf alles konzentriert, was helfen könnte, gut unten anzukommen.
Aber die (nicht ganz) kleine Urwaldinsel ist es wert. Es gibt kaum ein richtiges größeres Dorf hier, eher ein paar Stellen, wo sich einige Häuser angesammelt haben, etwas kompakter als die sonst eher locker gelegentlich am Straßenrand auftauchenden Gebäude, wobei einige davon auch nur eher hüttenartige Restaurants sind. In Strandnähe, von der Straße kaum zu sehen, sind einige Ressorts versteckt, aber auch das hält sich noch in Grenzen. Größte Sehenswürdigkeiten sind ein schöner Tempel und, am Pier auf dem Berg thronend, ein riesiger goldener Buddha, der über die Insel wacht. Ansonsten eben – grüne Achterbahn mit Hunden, Hühnern und Affen als Begleitpersonal.
Der Urwald ist da, wo es keine Häuser gibt, so dicht, dass nur ganz wenige, eher versteckte Wege hineinführen, sonst kann man oft nicht mal hineinsehen. Ein paar wenige Schotterstraßen führen auch noch hinein.
Zum Beispiel zu den beiden berühmtesten Bäumen der Insel: der berühmteste ist der Makayuk Saiyai. Der über 500 Jahre alte Gigant versteckt sich tiefen Wald im Norden der Insel. Eigentlich erscheint er fast wie ein riesiges Gebäude, das so weit in den Himmel ragt, dass man das Ende von unten gar nicht sehen kann, zumal mit all den anderen Bäumen rundherum. Ein riesiger glatter Stamm, der sich mit zum Teil meterhohen, verschlungenen Wurzeln im Boden hält, bildet den Mittelpunkt und rund herum wachsen wie kleine Stützpfeiler Nebenstämme aus dem Boden, die dann wieder mit dem Hauptstamm verschmelzen. In der Baumkrone oben hat sich nochmal ein ganzer eigener Ökotop gebildet aus Farnen, Schlingpflanzen und wer weiß, was noch alles für Pflanzen. Einfach unglaublich.
Und dies wäre nicht Thailand, wenn der Baum nicht auch einen eigenen kleinen Altar hätte, an dem irgendwelchen Geistern und Gottheiten gehuldigt wird. Auf einer Wurzelmulde liegen Geldstücke und andere Mitbringsel. Blumenketten, Seidenschleifen und andere Geschenke liegen dem großen Waldgeist zu Füßen.
Bei meinem letzten Besuch habe ich auf den Besuch hier schweren Herzens verzichtet, denn meine damaligen Fahrkünste ließen die letzten Kilometer Schotterweg durch den bergigen Wald eher als grob fahrlässig erscheinen.
Diesmal reicht es sogar noch für den nur wenige Kilometer entfernten großen Tschai-Baum. Auch der ist ähnlich beeindruckend und schlägt zumindest in Sachen Altar den Konkurrenten. Der Altar besteht hier aus einer kopflosen Kleiderpuppe, die in einer Mulde an ihn gelehnt ist, angetan mit einem rotgoldenen Kleid, behängt mit glänzenden Schals und Blumenketten. Ihr zu Füßen Blumen und Münzen.
Der Ausflug führt mich auch zu einem der drei Wasserfälle der Insel, dem Klong Chao, der einzige, der auch jetzt in der Trockenzeit Wasser führt. Mitten im Wald in einem felsigen Fluss gelegen, bildet er einen kleinen Pool, in dem man sich vom kurzen, aber steilen Abstieg wunderbar abkühlen kann. Im Idealfalle erwischt man eine besucherarme oder gar -freie Zeit. Dann kann man dem Bad auch noch eine Runde Wellness hinzufügen und seine Füße den kleinen Fischen zur Verfügung stellen, die genüsslich alle alten Hautteilchen abknabbern. In Deutschland zahlt man viel Geld für so eine halbe Stunde Fisch-Spa!
Strände hat Koh Kood einige, man findet sie aber nicht immer ohne weiteres, denn einige sind nur über sandige Wege zu erreichen, andere beanspruchen Ressorts für sich. Aber wenn man sie erst mal geortet hat, sind die meisten wunderschön! Die Strände selbst sind eigentlich auch sauber. Nur dahinter liegt oft der Müll in den Bäumen und Sträuchern, einmal, weil es keine Container dafür gibt, zum anderen, weil die Flut oft den Plastikmüll – hauptsächlich Flaschen- aus dem Meer anschwemmt. Dabei ist das Wasser selbst von einer wunderbaren Klarheit und Transparenz.
Es gibt hier in Thailand eine neue Umwelt- Bewegung: Die Trash Heroes sind Freiwillige, die auch hier immer wieder Müllsammelaktionen machen. Und sie stellen in allen Hotels Wasserspender auf und verkaufen dazu wiederverwendbare Metall-Flaschen, damit die Leute keine Plastikflaschen mehr kaufen.
Ein anderer Ausflug führt mich noch mal ganz in den Südosten zum schwimmenden Fischerdorf Ao Yai. Die Menschen leben hier tatsächlich schon immer auf ihren Pfahlhäusern, teilweise ziemlich ärmlich und bestreiten ihren Lebensunterhalt vom Fischfang, einem der drei Erwerbszweige auf der Insel, neben Kokosnussanbau (und Kokosöl-Herstellung), Ananasanbau und seit einigen Jahren eben dem Tourismus. Und aus letzterem Grund gibt es jetzt auf den wackeligen Stegen auch ein paar Restaurants, die hervorragenden Fisch und Meeresfrüchte servieren. Muss man unbedingt gegessen haben. Und außerdem sieht es verrückt aus, so ein Dorf auf dem Wasser.
Und eine Neuentdeckung habe ich auch gemacht, die ich zu meinem Wohlgefühl hier noch dazuzählen kann: das Viewpoint café,ein paar Kilometer nördlich von meinem Ausgangspunkt. Auf einen Steg gebaut, mit einer hölzernen Terrasse bietet es nicht nur leckere Dinge zum Essen und Naschen, sondern auch echten Kaffee. Und das alles kann man markisenbeschattet an der Balustrade sitzend genießen, während man auf einen kleinen Salzsee schaut, an den sich ein schmaler Palmen bewachsener Strand anschließt, hinter dem das Meer wie eine Vision glitzert. Leider für mich nur an Roller-Tagen erreichbar….
Und natürlich habe ich auch noch ein paar wunderbare Tauchtage erlebt, direkt um Koh Kood, aber auch weitere Ausflüge. Einer davon ging in den Marin Park vor Koh Rang, einem Naturschutzgebiet, in dem es vor allem viele Schwarmfische und Korallen zu sehen gibt, aber auch unzählige andere Schuppenträger. Aber auch vom Boot aus ist die Gegend ein Erlebnis. Durch den hellen Sand, der um die Inseln herum zum Teil den Meeresboden bildet, strahlt das Meer in verschiedenen Farben von grell türkis bis dunkelblau.
Der weiteste Ausflug dauert allein drei Stunden Hinfahrt: Das Schiffswrack der HTMS Chang. Es ist ein amerikanisches Kriegsschiff, dass Thailand nach dem Ende des Krieges dort sinken lassen hat – eine Art künstliches Riff. Mittlerweile nicht nur von Rost, sondern auch Korallen und Algen überzogen, ist es Lebensraum für tausende Fische. Ein Paradies für Fische und ein Traum für Taucher!
Ich habe das Glück, dass im Moment nicht so viele Taucher da sind, und habe dadurch meistens meinen eigenen Guide, nur am Wrack sind wir zu dritt. Die anderen Taucher sind eher unerfahren und tauchen extra. Auch, weil wie am Wrack tiefer gehen, einmal auch durch seinen Bauch schwimmen und auch entlang der Reling, wo man schon aufpassen muss, um sich nicht zu verletzten. Ich kann gar nicht alle Fischarten aufzählen, die hier in gigantischen Schwärmen als Ballett um uns herumtanzen, von Barracudas bis zu Papageienfischen – aber ein Exemplar ist mir in Erinnerung geblieben: Ein gigantischer alter Schwarz-Braun-Grau gefleckter Grouper! Mindestens anderthalb Meter lang und entsprechend dick hat er sich wiederwillig vor uns her über die Reling geschoben. Ein bisschen Urzeitwesen…
Und meinen ersten Rettungsakt – nicht für Menschen, aber für das Meer habe ich hinter mir: Vor Soneva , einer vorgelagerten Mini-Insel bei Koh Kood habe ich mit Vit, meinem tollen koreanisch-thailändischen Guide, ein hässliches großes altes Netz geborgen. Es hatte sich in den Korallen total verheddert und war zur tödlichen Falle für Krabben geworden, ein paar davon schwimmen nun wieder. Es war gar nicht so einfach, das Netz abzulösen, ohne sich dabei selbst zu verletzen oder sich versehentlich dabei in einen der großen Seeigel am Grund abzustützen. Die Viecher verursachen fiese Wunden. Ich war sehr stolz auf meinen ersten Einsatz für mein Lieblingselement!
Auf den langen Bootsfahrten habe ich mich meist an die einheimische Crew gehalten, statt mit den anderen hinten zu palavern, so erfährt man doch immer noch ein bisschen mehr über Land und Leute. Und: während die anderen sich hinten auf harten Bänken herumdrücken mussten, habe ich schön beim Käptn im Schatten gesessen und durfte sogar in der Liegefläche hinter ihm ein Nickerchen machen! Hat eben seine Vorteile, sich mit den locals gutzustellen…
Die Tage sind wie im Flug vergangen, ich habe mich wunderbar erholt, des Nachts immer von einem ganz alten und einem ganz jungen Hund vor meiner Hütte und einer schwarzen Katze neben meiner Hütte bewacht. Und abends im Kreise netter Menschen oder auch allein vor mich hinträumend und abwechselnd Kokosnuss-Shake oder Chang trinkend. Einfach mal machen, was einem gerade im Moment einfällt – und das in so paradiesischer Umgebung. Besser geht nicht!

10 – Wiedersehensfreuden

Noch einmal die gewundene, oft steile Inselstraße im vollgestopften Sammeltaxi entlang, diesmal bis zum Bang Bao Pier am Südende. Und diesmal plagt mich kein Abschiedsschmerz…
Am Pier angekommen, werden wir eilig an etlichen Buden und Restaurants vorbeigescheucht, trotzdem ergattere ich noch einen Eiscappuccino. Am Anleger warten bereits zwei Motorboote, die Speedboats. Auf meinem Boot ist jedes Stückchen Bank eng besetzt, ob am offenen Bug, oder im überdachten Raum hinten, der ohne echtes Geländer am Heck endet. Unter den Bänken und zwischen uns türmt sich das Gepäck. Ich sitze ganz hinten und hoffe, dass ich nicht irgendwann im Wasser lande.
Kaum gibt der Käptn Gas, geht der Bug hoch und die bewegliche Gepäckmasse bewegt sich in die Gegenrichtung, das heißt auf meine Beine und die meines Nachbarn. Das Wegschieben und Zurückrutschen bleibt die nächsten drei Stunden das angesagte Spiel. Fast alle Passagiere an Bord sprechen Tschechisch oder Russisch.
Nach gut anderthalb Stunden und einigen kleineren und wohl unbewohnten Inseln, die vorbeigezogen sind, erreichen wir Koh Mak, die kleinere Nachbarinsel von Koh Kood. Die Viertelstunde Pause nutzen wir zu einem kleinen Landgang, bei dem sich die Insel als ausgesprochen lauschig präsentiert. Ein herrlicher Palmenstrand, ein paar Bungalows, aber trotzdem alles entspannt, ruhig und fast malerisch. So ganz anders als Koh Chang. Koh Mak ist außerdem ganz flach. Hier könnte ich mir auch ein paar faule Tage vorstellen. Ich merke, wie ich anfange mich langsam zu entspannen.
Aber erstmal geht es noch eine gute Stunde weiter über den Golf Richtung Osten, bevor die nebelblaue bergige Silhouette am Horizont näherkommt und mir ganz warm ums Herz wird: Koh Kood, my little island in the sun... Anders als die großen Fährschiffe hält das Speedboat an verschiedenen Ressorts, bevor der Rest der Fahrgäste am letzten hölzernen Anleger in einer sehr wackeligen Turnübung aus dem Boot steigt. Eine ältere Dame mit Stock wird von vier Leuten an Land gehoben und gezogen. Nicht wirklich seniorenfrundlich, diese Reiseart.
Anders als auf Koh Chang kosten hier die Sammeltaxis vom Boot zur entsprechenden Unterkunft nichts. Wie immer und überall sind es auch hier offene Pickups, das Gepäck kommt aufs Dach. Ich wundere mich immer wieder, dass trotz der ewigen Auf-und Abs nichts von den lose gestapelten Gepäckmassen herunterfällt.
Jeder wird der Reihe nach abgesetzt, daher dauert die Fahrt etwas länger, denn viele Ziele liegen nicht direkt an der Straße. Eine knappe halbe Stunde später zerre ich meine Tasche vom Auto und stehe vor Eve´s House. Die Unterkunft meiner Wahl – hier habe ich mich im vergangenen Jahr sauwohl gefühlt. Eher schlicht und nicht am Strand, aber dafür herrlich ruhig und ein Ort zum Wohlfühlen. Erstaunt bemerke ich, wie mir ganz warm ums Herz wird – es ist fast ein bisschen wie nach Hause kommen…. .
Kaum kurve ich auf die Rezeption zu, die aus einem Papierüberhäuften Tisch am Eingang zum offenen Restaurant besteht, stürzt auch schon die Besitzerin auf mich zu und umarmt mich überschwänglich. Was für ein Empfang!
Ich bin total überrascht, wirkte sie auf mich immer eher etwas kühl, neben ihrem Gatten, der ein echtes Original ist. Langer Zopf, freier Oberkörper, immer nur mit halblanger Hose und einem Schal um den Hosenbund bekleidet, immer ein Schmunzeln im Gesicht. Ein Künstler, wohl auch Ex-Musiker, brillianter Koch – aber leider auch Alkoholiker. Nach 21 Uhr ist er meist mehr oder weniger betrunken und vor halb neun morgens nicht zu sehen. Aber eine Seele von Mensch. Alle lieben ihn.
Es gibt ein bisschen Verwirrung, meine e-mail ist untergegangen, aber die beiden erinnern sich daran. Ich bekomme einen Mandarinensaft aufś Haus und muss ein Weilchen warten, während die beiden aufgeregt am Computer Reservierungen hin und herschieben und ich am Ende sogar einen Bungalow bekomme, obwohl ich nur mit einem Zimmer gerechnet hatte.
Großartig! Ich liebe diese winzigen Holzhäuschen, mit angemauertem Duschklo, die auf einem leicht hügeligen Gelände zwischen Palmen und Grünzeug verteilt liegen. Ganz schlicht, aber sauber und mit einer guten Matratze und einem Bänkchen vor der Tür. Ich bin wirklich glücklich!
Auf einen Anruf hin werde ich noch per Roller von der Tauchbasis Paradise Divers, bei der ich im vergangenen Jahr meinen Advanced Open Water Diver gemacht habe, zu einem ersten Plausch abgeholt. Auch hier freue ich mich, bekannte Gesichter wiederzusehen, wenngleich ich auch meinen Tauchlehrer und Lieblingsbuddy sehr vermisse – er ist weggezogen. Mike, der Besitzer, ist ein ausgewanderter Bayer, manchmal brummig, aber eigentlich sehr nett. Er führt den Laden auf deutsche Art – was ausnahmsweise in Verbindung mit der chaotischen thailändischen Mentalität eine gute Mischung ergibt. Ja, auch wir Deutschen haben auch einige schätzenswerte Qualitäten, ich gebe es ja zu….
Zurück im Eve´s verbringe ich den Rest des Abends mit einem chronischen Grinsen im Gesicht mit Fisch vom Grill, gekühltem Chang und meinem Blog. Ländlich sittlich liege ich halb elf im Bett und höre den Nachtvögeln und dem Gegnäcker der Geckos zu, die einzigen Geräusche, die es hier gibt.

9 – Stippvisite auf Koh Chang


Es ist noch stockdunkel, als wir durch Bangkoks Vororte und Slums fahren, die sich direkt an die Schienen heranschieben. Dann endlich Bahnhof Hua Lamphong, mitten in Chinatown. Altehrwürdig, aber großzügig gebaut. Und betriebsam auch um diese frühe Stunde, es ist halb sechs.
Fest entschlossen, den Taxifahrern keine Chance zu geben und auch nicht willens gleich als Tagesauftakt ewig mit einem TukTuk-Fahrer zu feilschen, habe ich vor, mit der Metro und dem Bus zum Busbahnhof Ekkamai (der östliche) zu fahren. Auch wenn dies eine unangenehme Schlepperei bedeutet, denn die Metro fährt hoch oben und ist nur über steile Treppen zu erreichen. Leider ist meine Reisetasche immer noch entschieden zu schwer, obwohl ich mich schon gebessert habe. Und nette Männer, die mal mit anfassen, sollte man in Thailand besser nicht erwarten…
Aber meine guten Vorsätze werden zunichte, als mich ein aufdringlicher Taxivermittler bestürmt. Er nennt mir einen Preis und ich lache nur. Er fragt, was ich zahlen will, ich sage 150 (obwohl das immer noch zu viel ist). Er grummelt vor sich hin, da ich aber einfach weitergehe, schiebt er mich plötzlich vor ein Taxi, wo noch zwei Frauen stehen, die fast in dieselbe Richtung wollen. Wir teilen das Taxi, jeder zahlt seinen ausgehandelten Preis.
Das Taxi ist eiskalt, der Fahrer versteht plötzlich nichts, als wir uns beschweren. Kurz darauf setzt ein schrilles Piepsen ein, das bis zum Ende nicht mehr aufhört. Ich halte mir die Ohren zu, um nicht durchzudrehen. Die Frauen wollen in ein Krankenhaus, die eine ist auf einer Insel von einem wilden Hund gebissen worden und braucht eine zweite Tollwutspritze.
Ankunft mit dem Morgengrauen am Busbahnhof Ekkamai. Hier haben die verschiedenen Gesellschaften ihre Schalter. Ich nehme den Government Bus, die bieten eine komplette Route bis zum Pier Laem Sok außerhalb der Stadt Trat und gleich noch die Überfahrt zur Insel mit der Fähre.
Aber bis zur Abfahrt sind es noch anderthalb Stunden. Gegenüber der großen Straße, die auch noch durch die Hochbahntrasse geteilt ist, sehe ich ein geöffnetes schickes Neuzeitcafé. Nur heißt das, man muss hundert Meter weiter über eine hohe Fußgängerbrücke – natürlich ohne Fahrstuhl und Rolltreppe – auf die andere Seite und dann zurücklaufen. Aber ich kann die Ticketverkäuferin überreden, auf meine Reisetasche aufzupassen. Preis: ein Café Latte aus dem Yuppie Café. Lässt sich machen.
Ich bin der einzige Gast und lasse mir ein total überteuertes, aber leckeres Frühstück schmecken, dass es in allen Großstädten der Welt gibt: Toast mit Poached Egg und Avocado. Der Laden ist groß, modern und betont cool und gar nicht thailändisch. Als ich auf die Toilette will, bekomme ich einen Schlüssel und muss draußen drei Häuser weiter in den Eingang eines Parkhauses, dann mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock und am Ende des Ganges ist dann das Klo. Also doch Thailand…
Endlich ist es soweit und der ausverkaufte Bus setzt sich in Bewegung. Inzwischen ist Berufsverkehr und der Bus braucht ewig, um aus Bangkok herauszukommen. Ich falle in einen seltsamen Halbschlaf, der irgendwann unsanft unterbrochen wird, weil mir der Schaffner unbedingt eine Flasche Wasser und eine Schachtel mit einem pappigen Croissant geben will. Aber wenigstens sind die Sitze ganz bequem und die Temperatur ist außerhalb der Kühlfach-Kategorie, was will man mehr.
Fünfeinhalb Stunden später sind wir endlich am Ziel. Raus aus dem Bus, dann steht da schon ein Kerlchen, das uns resolut zu einer muslimischen Mama schickt, die mit zweieinhalb Brocken Englisch, die man erst nach einigem Hinhören als solches identifiziert, effizient handschriftlich die entsprechenden Tickets für die Fähre ausschreibt.
Von einem vergammelten Parkplatz holt uns ein noch total verrosteter kleiner Bus mit fehlenden Fenstern, Rostlöchern und kaputten Bänken ab, um uns zum Pier zu bringen. Dort besteigen wir eine Autofähre, die nicht viel besser aussieht. Rost überall. Und Löcher. Aber die Auswahl an Überfahrtmöglichkeiten ist nicht sehr groß – keine Ahnung, wo und wann die nächste Möglichkeit besteht.
Mein Ziel ist Thailands zweitgrößte Insel Koh Chang, an der nördlichen Küste des Golf von Thailand, nicht zu verwechseln mit seiner kleinen Schwester Ko Chang vor Ranong in der Andamanensee. Seit einigen Jahren ist diese Insel , nicht weit von der Grenze zu Kambodscha, zu einem neuen Urlauberparadies gediehen. Ich verbinde das Kurz-Kennenlern-Rendezvous mit der Insel aber eigentlich vor allem mit einer sehr persönlichen Angelegenheit, über die ich hier hier nicht schreiben werde. Ein Freund und Kollege ist hier vor ein paar Wochen gestorben.
Am Rande dessen aber habe ich einen kleinen Eindruck von dieser Insel bekommen, der leider in meinem Falle so gar nicht gut ist. In Unkenntnis der Örtlichkeiten habe ich zuerst ein Guesthouse in Lonely Beach gebucht, einem von rund einem Dutzend Stränden der Insel. Die Insel besteht aus mehr oder weniger hohen Bergen. Mit dem Sammeltaxi, das unverschämt teuer ist, komme ich, teilweise über halsbrecherische Serpentinen, ans Ziel. Ein Alptraum: Tür an Tür stehen hier in mehreren Reihen überwiegend billige Gästehäuser, in den zahlreichen Bars dudelt schon jetzt, am Nachmittag, laute Musik.
Mein Zimmer ist klein, aber sauber, ich schaue dem nächsten Gästehaus auf Armlänge ins Fenster, die Wände sind sehr dünn. Nach einer Stunde taucht die deutsche Besitzerin auf, und verkündet, als sie mich einmal skeptisch angeschaut hat: „Aber eins müssen Sie wissen: Schlafen können sie hier nicht. Hier ist Party bis morgens. Überall. Wollte Sie nur drauf hinweisen.“ Und das nach einer achtzehnstündigen Reise!
Ich habe auf der Stelle ausgecheckt, auch wenn ich mein Geld nicht wiederbekommen sollte. Auf der Straße stehend habe ich kurz vor Sonnenuntergang per Handy versucht, ein bezahlbares Zimmer an einem anderen Ende der Insel zu finden. Schließlich habe ich gebucht und bin mit dem nächsten Taxi den ganzen Weg zurückgefahren, fast die gesamte Strecke führt durch zugebautes Gebiet, das nur aus Urlauberhochburgen besteht.
Um es kurz zu machen, ich habe ein halbwegs ruhiges und sauberes Zimmer für zuviel Geld in einem hässlichen Neubau am Rande von White Sands Beach gefunden. Mit einem sehr freundlichen thailändischen Besitzer.
Aber bereits mein abendlicher Spaziergang durch den Ort hat Fluchtgedanken ausgelöst. Eine Bar an der anderen, manchmal mehrere hintereinander, laute Kakophonie, die Läden heißen: Sweet love, cheeky bar, nice nice….. Zu essen gibt´s homemade Schnitzel, „deutsche Wurst, Butter, Käse“, Kebap, Burger, danish food, english porridge….und ein bisschen Thaifood. Der Ballermann in Thailand!
Ich setze mich in ein kleines Minirestaurant am Ende des Ortes. Thailändisch ist hier nur die hübsche Bedienung, Freundin des jungen bayrischen Besitzers. Nach zehn Minuten platzen fünf alte, lautbrüllende Kerle herein: die lieben Freunde aus dem Freistaat. Und die Herren sind, man verzeihe mir meine Abfälligkeit, dümmste alte Dorfdepps, die in ihrer Strandverkleidung wie ihre eigenen Karikaturen wirken. Mir reichtś, ich geh ins Bett.
Am nächsten Tag bleibt mir nur der Nachmittag, nachdem ich vorher getan habe, weshalb ich gekommen bin. Ich gehe zum Strand und muss fast drei Kilometer wandern, bis nur noch erträglich viele Menschen um mich herum liegen. Der Strand ist lang und weiß, aber einfach viel zu voll. Am Abend verwandelt er sich in eine von tausend Lichtern hübsch beleuchtete lange Restaurant Meile, wenn alle angrenzenden Gastronomen ihre Tische, Teppiche, Matten und Sitzkissen inklusive Lampions und Kerzen herausgeräumt haben. Das sieht sogar richtig hübsch aus, ist aber Business pur.
Auf dem Heimweg muss ich aufpassen, hier sind Taxen, SongTaews, Autos und jede Menge Roller unterwegs, viele davon mit alkoholisierten Fahrern. Ich weiß wohl, dass es sicher auch ein paar schöne Plätze hier gibt und auch der Dschungel im Inneren der Insel Spannendes zu bieten hat, aber der größte Teil der besiedelten Ostküste ist einfach hoffnungslos zugebaut und verschandelt.
Ich habe nach meinem schlechten Start und dem ebenso unschönen zweiten Eindruck aber weder Lust und Geduld, nach dem verborgenen Schönen der Insel zu suchen, zumal sie sehr weitläufig ist und ohne Gefährt schlecht zu erkunden. Und einen Roller würde ich hier auf keinen Fall fahren: zu schwierige Straßen, zuviel Verkehr, zuviele Verrückte und Betrunkene auf Rollern und in Autos.
Ich bin sehr zufrieden, dass ich hier das tun konnte, was ich mir vorgenommen habe. Aber darüber hinaus habe ich keine Lust mehr, länger hier zu bleiben und sehne mich nach meiner kleinen verschlafenen Insel Koh Kood, gut zwei Stunden von hier! Das Bootsticket ist gekauft!