09 Nach Norden II

Erster erwähnenswerter Ort unterwegs nach Norden hinter Boicucanga ist Maresias. Eine lange gerade Ortschaft (Erholung für den gebeutelten Kurvenlehrling), die an einem ebenso langen geraden Strand liegt. Der ist der Grund dafür, dass hier immer schöne  langezogene Traumwellen an den Strand rollen und Maresias daher ein weithin bekanntes Surferparadies ist. Entspechend viele sonnengrbräunte, muskulöse Surferboys sieht man hier mit ihren fliegenden Untertassen umherstreifen. Die entsprechenden Girls nicht zu vergessen.

Es folgen einige Traumstrände in kleineren und größeren Buchten, meist mit einer entsprechenden Siedlung. Die Namen sind fast alle indianischer Herkunft und klingen für uns sehr exotisch: Barequecaba, Guaeca und Toque-Toque –wobei vorallem letzter (es gibt eine kleine und eine große Variante) mein Lieblingsstrand ist.

Dann schiebt sich plötzlich eine gigantische grüne Insel mit 1300m Meter hohen Bergen ins Bild: Ilha Bella, die Schöne Insel, wie sie zurecht heißt. Eine über 300qkm große Vulkaninsel, die im 16. Jh einem englischen Piraten Unterschlupf bot, nachdem er die Stadt Santos ausgeraubt hatte…

Nur der dem Festland zugewandte Teil ist mit dem Auto (nach einer Überfahrt mit der Fähre) zugänglich, der westliche Teil ist nur per Boot erreichbar und kaum besiedelt aber wohl paradiesisch schön mit Wasserfällen im tropischen Regenwald, kristallkaren Bächen und fast unberührten Stränden – heute zum Glück zu 80 Prozent unter Naturschutz stehend. Aber auch der zugängliche strandnahe Ost-Teil ist wirklich hübsch und entsprechend beliebt für Touristen, Tagesausflügler und wohlhabende Menschen aus Sao Paulo, die hier ihre Sommerhäuser haben. Überall blühen üppige Bougainvillea in lila, rosa und rot, Hibiskus, hawaianische Orchideenbäume, zweifarbige Manacabäume, Orchideen und noch wer weiß was alles, das ich nicht mal nach Befragung schlauer Bücher benennen kann.

Allerdings hat die Insel ein Problem: sie ist mit Urwald und den Wasserfällen, vorallem bei bestimmten Wetterlagen, eine Mosquito-Hölle! Uahhh! Vor einigen Jahren war es noch viel schlimmer, kaum auszuhalten. Inzwischen werden wohl den Wasserfällen Insektenschutzmittel zugesetzt, damit die Brut nicht in voller Stärke überlebt und man kann es aushalten. Ohne Insektenspray ist hier an der Regenwaldküste sowieso niemand unterwegs.

Es gibt offiziell nur einen richtigen Ort, die Vila. Im Mittelpunkt: eine hübsche alte blau-weisse Kirche „Ingrexa da Nossa Senhora da Ajuda“, die die portugiesischen Seefahrer nach ihrer Überfahrt aus Dank für Leib und Leben erbaut haben, mit einem sehr modernen Gekreuzigten von einem zeitgenössischen Künstler davor. Und natürlich ein Kirchplatz, der mit hübschen Blumen unter alten Riesenbäumen bepflanzt ist und dessen Attraktion nachts bunt illuminuierte Wasserspiele sind. In den alten Häuschen tummeln sich völlig überteuerte Geschäfte mit Kunsthandwerk und teurer Garderobe. Ansonsten reihen sich entlang der ca 3km-langen Strasse Privathäuser, Pousadas. Hotels und Restaurants aneinander, die andere Strassenseite besteht überwiegend aus Stränden. 25 Strände gibt es allein auf dieser Seite. Es ist wirklich schön hier für einen Ausflug, länger bleiben möchte ich nicht unbedingt. Die westliche Inselseite anzuschauen bleibt uns für ein anderes Mal.

Auf dem Festland, gegenüber von Ilha Bella liegt Sao Sebastiao. „die Stadt“ , „a cidade“, wie die Leute hier sagen. Sie ist sowas wie die Bezirksstadt in Deutschland. Allerdings werde ich sie an dieser Stelle übergehen, ich werde später davon erzählen, auf der Rückfahrt sozusagen.

Noch 30 km weiter, also ca 70 km oder knapp 2 Autostunden von unsrem Ausgangsort entfernt, liegt Caraguatatuba, noch eine größere Stadt – mit Abstand die allerhässlichste!!! Endlos zieht sie sich an zwei Strassen parallel zur Küste hin, planlos hingebaute lieblose, teilweise rotte Gebäude, die unzählige Werkstätten, Tankstellen, Supermärkte, Möbelläden u.ä. beherrbergen. Die trostlosen Querstrassen mit meist schwarz verschimmelten Wohnhäusern erzeugen Fluchteffekt. Der Stadtkern besteht überwiegend aus Geschäftsstrassen – das ist das Bedeutende an dieser zauberhaften Stadt: hierher fährt man für größere Anschaffungen und Einkäufe, wenn´s nicht für Sao Paulo reicht. Größte Attraktion ist ein schickes Shopping-Center mit einem Kino. Gruselig! Schnell weiter!.

Weiter geht´s im alten Indianergebiet der Tupi-Stämme. Etliche davon waren Kannibalen und haben im 16. Jh den deutschen Landsknecht Hans Staden gefangen, den sie auch verspeisen wollten, der aber gerettet wurde. Auch hier wieder ist die indianische Geschichte deutlich am Namen abzulesen, diesmal heißt die Stadt Ubatuba. Sie ist auch alles andere als aufregend, dafür aber endlos lang und hat 72 Strände und 10 Inseln! Das ist doch mal ´ne Statistik! Und mit Ubatuba endet dann auch der Staat Sao Paulo und es beginnt der Staat Rio de Janeiro. Unser Ziel. Nicht Rio selbst, sondern die alte Stadt Parati.

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