Auch das Leben in einer so beschaulichen und ausgesprochen entspannten Kleinstadt wie Chapada kann anstrengend werden. In den drei Tagen hier habe ich zumindest zwei Gründe dafür ausgemacht. Zumindest gelten sie für Nicht-Brasilianer.
Der erste Grund ist ein rein bürokratischer. Die brasilianischen Banken haben im vergangenen Jahr offensichtlich beschlossen, es Touristen möglichst schwer zu machen, ihr Geld auszugeben. Schon im reichen Staate Sao Paulo gab es dieses Mal ungekannte Probleme mit dem Geldabheben bei einigen Bankautomaten.
Aber hier in Mato Grosso erreicht das Problem existenzielle Ausmaße, wenn man ohne allzu viel Bargeld, mit ausländischen Kreditkarten ausgerüstet anreist: Viele Kartenleser akzeptieren die Karten nicht und sogar die zwei ortsansässigen großen Banken Bradesco und Banco do Brasil rücken nicht einen Real für notleidende Touristen heraus. Nix. Null. Nada.
Da ist Einfallsreichtum und Vertrauen der Menschen aus spätere Überweisungen gefragt. Eine unserer Führerinnen hat und im tiefen Vertrauen auf unsere Ehrlichkeit auf Vorkasse gearbeitet und uns die nicht eben geringen Eintrittsgelder in die oft auf Privatland liegenden Naturattraktionen bezahlt. Ein anderer erfolgreicher Coup ist beim Tanken gelungen. Die Tankstelle, die erstaunlicherweise noch ein Ausländer nicht ablehnendes Kartenlesegerät hatte, hat uns für die Tankfüllung fast den doppelten Preis abgebucht und den Rest in echten Real ausgezahlt. Juhu! Wirklich lästig, das Problem. Und der viel bejammerten brasilianischen Krise dürfte es auch nicht eben zuträglich sein, wenn die Touristen daran gehindert werden, Geld auszugeben.
Der zweite Stressfaktor ist eher ein Mentalitätsproblem: schön Feiern ist hier gaaanz laut Feiern. So wurde mein Blogschreiben am Samstagabend zur Nervenprobe. Da unser Zimmer wenig anheimelnd und mehr oder weniger möbelfrei ist, haben wir uns in ein Restaurant am Platz vertagt. Sah alles ganz nett aus: Caiprinha, warme Nacht, flanierende Menschen. Es war aber Samstagabend…. Das heißt hier: Ausgehzeit für alle, das große Aufrüsten setzte just eine halbe Stunde nach unserer Ankunft ein.
Überall wurden plötzlich Mikrofone und Lautsprecher aufgebaut. Dazu muss man wissen: am Platz sind viele Restaurants direkt nebeneinander. Aber jedes einzelne hat seine eigene Live-Musik, natürlich draußen. Und die ist nur dann gut, wenn sie laut ist. Die Kakophonie von allen Seite ist wirklich beeindruckend. Aber – die Leute hier finden das total in Ordnung.
Ich doofes Weichei dagegen habe die letzten Zeilen mit dröhnendem Schädel geschrieben. Hätte gern noch was getrunken und einfach dagesessen, aber die Kopfschmerzen hatte ich schon ohne Alkohol. Also Flucht in unsere außerhalb der Stadt in der Pampa liegende Pousada.
Endlich Ruhe, bitte! Ich war kurz davor Amok zu laufen, als wir dort ankamen und auf dem einzig bebauten Nachbargelände, was es dort in hundert Meter Entfernung von unserem Bungalow gibt, eine Hochzeit gefeiert wurde! Mit Live-Band! Und einer riesigen Soundanlage! Die Bässe allein haben unser Bett in Schwingungen versetzt. Sogar die Hunde hatten sich verkrochen.
Aber erstens kann man sich bei so einem großen Fest nun wirklich schlecht beschweren und zweitens ist das mit dem Beschweren in Brasilien auch noch so ein Problem, dass ich schwer erklären kann. Erstens kommt Beschweren gleich nach Beleidigen und man tut es fast nie und zweitens kann es bei den falschen Leuten mit entsprechend hitziger Mentalität auch sehr handgreiflich ausgehen. Irgendwann bin ich dann ins Lärmkoma gefallen.
Aber mit aufgehender Sonne und Papageiengeschnatter hatte ich Brasilien dann auch wieder lieb…Und nächstes Mal gibt es auch wieder schöne Geschichten.
Und wenn dann auch noch das Internet mal nicht auf Sparflamme läuft, sogar Fotos….