10. So long, Koh Kood!

In der vorletzten Nacht ist es etwas stürmisch, das Meer rauscht so laut, dass ich das Gefühl habe, mein Bambushüttchen wird gleich aufś Meer hinausgetragen.  Die Nachttemperatur ist abgestürzt und ich muss mir eine zweite Decke organisieren, schließlich schlafe ich quasi draußen. Am Morgen hat es das ca 80 Meter lange Pier des Hotels zerlegt, die Planken schwimmen in der gesamten Bucht verteilt.

Aber die frische Brise im Bett hat meine in hellblauer Tropen-Meeres-Seeligkeit eingelullten Gedanken wieder aufgeweckt und mir ist klar geworden, dass ich mich entscheiden muss, was ich noch machen möchte, da meine Zeit nun schneller abläuft als gedacht, zieht man die ungeplanten Reha-Gammeltage ab. Mir ist schmerzlich klar, dass Tauchen für diesen Urlaub nicht mehr im Bereich des Möglichen ist, momentan nicht mal richtig baden, da mein aufgeschrappter Arm noch nicht wasserfest ist. Also vergesse ich den Plan, gen Süden zu fahren.

Plan B: Ab in die Berge! Ich will zunächst über Bangkok nach Chiang Mai. Aber mein geliebter Nachtzug ab Bangkok (in Muss in Thailand, wie in Blog Thailand 2015 nachzulesen) ist leider restlos ausverkauft…Also Billigflieger, die sind hier wirklich billig, aber gut. Ich buche einen der wenigen freien Plätze, doch als ich bezahlen soll, stürzt mein Handy ab und geht nicht mehr an. Nichts mit TAN, nichts mit Kreditkarte.

Na  toll, dann ist ja wohl der Flug auch noch weg…. Aber nein, wir sind nicht in Europa, sondern in Asien! Keine zehn Minuten später schreibt mir Bangkok Airways, es habe wohl ein Problem mit meiner Bezahlung gegeben, aber man halte mir den Flug noch 24 Stunden frei, ich muss nur bis dahin per Telefonhotline bezahlen. Das ist doch mal Service!

An meinem letzten faulen Tag am Meer sehe ich plötzlich das Boot der Paradise Divers, die einfach ohne mich tauchen und finde es noch besser, dass ich jetzt endlich meinen unversehrten Hintern aus der Hängematte und von der Insel schiebe.

Meinen  Abschiedsabend möchte ich da verbringen, wo ich mich „zu Hause“ gefühlt habe, im Eveˋs. Per Anhalter schaffe ich das auch und alle, die mich noch kennen, freuen sich über das blaukarierte Hausmonster. Ich schlage mir den Bauch mit dem besten grünen Curry der Insel und gegrilltem Kürbis voll und habe einen richtig schönen Abend.

Als der Andrang vorbei ist und Am nicht mehr am Grill steht, bringt er mich sogar noch nach Hause. Ich sitze noch ein Weilchen am nächtlichen Meer und verabschiede mich von der Insel, die mir wirklich lieb geworden ist, trotz oder obwohl hier soviel  Gutes und nicht so Gutes passiert ist. Ein scheues Äffchen hüpft in der Palme über mir herum. Ein schöner Abschied!

Meine komplette Reise nach Bangkok hat innerhalb von drei Minuten meine Rezeption organisiert: Sammeltaxi, Boot, Zubringer, Bus. 21 Euro. Ich liebe diese perfekte und unbürokratische Organisation! Das Sammeltaxi ist ein Deja Vu rückwärts, der Weg über die Insel zum Hafen ist derselbe und doch diesmal ein ganz anderer, denn jetzt kenne ich das alles und habe es ins Herz geschlossen.

Am Hafen dann noch eine Demonstration effektiver und perfekter Organisation ohne Aufwand: Anstellen, zwei Frauen fragen jedem nach seinem Endziel und teilen entsprechende kleine Aufkleber für Mensch und Gepäck aus : nach Bangkok, Pattaya oder Trat. In dem Moment ist alles weitere geregelt: welcher Zubringer lädt wen am Pier von Laem Sok auf dem Festland ein, um ihn zum richtigen Bus an der ein paar Kilometer entfernten Haltestelle zu bringen.

Zwei Stunden später sitze ich im Doppelstockbus nach Bangkok – diesmal mit goldenen Raffgardinen und orange-blauem Innendekor. Nun fliegt die Landschaft, die ich auf dem Weg zur Insel nur nächtlich erahnen konnte, noch mal bei hellem Tageslicht an mir vorüber. Weite Ebenen, ein paar Berge am Horizont, viel Grün. Plantagen aller Art von Zuckerrohr bis Mango, Avocado und allem möglichen anderen Obst. An der Straße viele Gewerbegebäude, Fabriken, Werkstätten, Läden und ein paar Dörfer und Kleinstädte. Aber die meisten Gebäude sehen, zumindest hier an der Straße, ziemlich heruntergekommen aus mit blätterndem Putz und schwarzem Schimmel.

Kurz vor Bangkok dann einige Vorstädte mit den in aller Welt beliebten Neubausiedlungen aus dem Legoland mit sinnigen Namen aus Marketingehirnen.  Eine heißt sogar NIRWANA…. Etwas irritierend. Welcher frischgebackene Mittelständler möchte schon im Jenseits WOHNEN?

Der Stau sagt ALLES: Welcome to Bangkok ! Der Bus hat verschiedene Halts und die smarten Mitarbeiterinnen an Busbahnhof haben jeden Passagier beim Einstieg nach seiner Endadresse gefragt und sogleich mitgeteilt, welcher Halt dem am nächsten liegt. Service.

Ich steige am Skytrain-Bahnhof Lat Krabang aus, da sind es nur noch sieben Minuten bis ins Untergeschoss des Flughafens. Gepäck einchecken, fast vier Stunden bis zum Abflug. Zurück zum Sky Train, denn ich brauche eine Apotheke und will zu Abend essen, denn ich komme erst gegen Mitternacht in Chang Mai an.

Der Sky Train ist eine tolle Einrichtung, nicht nur weil er mich vor einem erneuten Taxifahrer-Stress bewahrt, sondern überhaupt. Auf hohen Betonstelzen schwingt er sich über den Dächern durch die Stadt. Die Stationen sind etwas länger, denn der Sky Train ist eher ein übergeordnetes Verkehrsmittel, dass zum Überwinden etwas längerer Strecken gedacht ist. Eine Fahrt kostet 40 Baht, einen Euro. Scharzfahrer gibt es nicht, alles funktioniert über einen Chip, der erst die Schranke öffnet und am Ende wiedereingeworfen werden muss. Dazu steht an jedem Bahnhof ein Schrankenwärter und ein Security Mann, denn man muss durch einen Metalldetektor. Geht aber sehr schnell und locker. Wirklich clever und kundenfreundlich ist die Idee, wegen der komplizierten Namen und sicher auch wegen der Touristen, alle Stationen einer Linie zu nummerieren, z.B. A1 BIS A8.

Das Einsteigen ist sehr …asiatisch. Pfeile zeigen an, wo die Türen und die jeweiligen ordentlichen Schlangen stehen müssen, ein Uniformierter an der Bahnsteigkante gibt ein Pfeif- und Handzeichen, wann man einsteigen darf. Nicht eher!

Der ganz normale Wahnsinn von Bangkok ist ein Schock, wenn man von so einem friedlichen, grünen Insel welchem kommt wie ich. Smok, Hitze, Lärm, ein Wahnsinnsverkehr und hektisch herumrennende Menschen. Und dazwischen fallen viele richtig unangenehme laute Touristen auf, die sich laut brüllend über diese Asiaten und so… unterhalten und dabei noch ein Bier in der Hand halten.

Aber nicht alles ist an Bangkok so schrecklich. Denn ich bin zwar in einem sehr geschäftigen, aber nicht besonders schönen Viertel an der Ratchaprarop  (A7) ausgestiegen, es gibt bessere Ecken.  Es war nur das für meine Zwecke geeignete und schnellstmöglich zu erreichende Viertel. Ich staune kurz über den tobenden Wahnsinn, tue dann, was getan werden muss, und schon bin ich wieder auf dem Weg zum Flieger. Chiang Mai  wartet!

 

 

 

 

 

 

9. Lazy days on ice

Wenn man bedenkt, dass man mich hier vor den herabfallenden Kokosnüssen auf der Straße gewarnt hat, lebe ich so kurz nach dem Unfall schon wieder ganz schön gefährlich: Ich liege den halben Tag in einer Hängematte, die ich zwischen zweien der Dutzenden riesigen Kokospalmen des Hotel-Strandgeländes aufgehängt habe. Es hat etwas Philosophisches, so dazuliegen, aus dem einen Auge, das nur halb zugeschwollen ist, auf die Kokosnüsse zu starren und zu überlegen, wie groß die Chance ist, dass eine davon jetzt auf meinen Kopf fällt.

Das Meer neben mir ist so unnatürlich hellblau und klar, dass ich aus der Ferne sogar noch Steine auf seinem Grund erkennen kann. Es ist so paradiesisch hier, dass es mir manchmal gar nicht mehr real erscheint. Aber es gibt auch Gründe, die mich mit dem Umstand versöhnen, dass ich wegen des ewigen Eisbeutels auf dem Gesicht oft nichts von dem um mich herum sehe. Zum Beipiel, wenn die hässlichen Sugar Daddies, die hier wohnen, mit ihren jungen Thaigespielinnen über den Strand schlurfen oder sich ihre Speckringe von den Mädels massieren lassen. Echt abstoßend.  Diese Klientel gab es zum Glück im Eve nicht.

Aber das schöne Hotel am Strand hat, ehrlich gesagt , noch mehr Publikum, was mich … bestenfalls tödlich langweilt. Saturierte Mittelklassepaare, die schon beim Frühstück vor Langeweile Löcher in die Luft starren und den Anlass nutzen, sich notfalls am Toaster mit jemanden wegen einer Scheibe Brot zu zanken, damit wenigstens irgendjemand ihren Frust abkriegt.

Und so kommt es, dass ich nun zwar das Privileg eines wunderbaren Strohhüttchens am Traumstrand genieße, mich aber in meine alte Hütte fernab des besseren Lebens ein paar Kilometer weiter zurücksehne, wo es lebendige Menschen gab, und man sich gern mal mit dem einen oder anderen unterhalten hat, weil er einen interessiert oder angelächelt hat. Tja Geld allein macht eben doch nicht glücklich  – Quot era demonstrandum.

Um nicht ganz beim Nichtstun unter m Eisbeutel Gehirnfrost zu kriegen, spaziere ich am Nachmittag immer einen Kilometer nordwärts die Landstraße entlang zum Ort meines Rodeoversuches und schlürfe genüsslich einen Eiskaffee im Restaurant meiner Retterin. Hier gibt es wie fast überall auch ein paar nette Katzen, natürlich wie die meisten mit Halsband, denn Thailänder lieben diese Tiere.

Auch die Tauchschule ist zu erwandern, da trifft man am späten Nachmittag die Crew beim Feierabend -Bier oder Wasser. Angesichts meiner Lädierungen fangen alle an, ihre Unfallgeschichten auf der Insel zu erzählen, denn Roller muss ja hier jeder fahren. Es sind eine Menge Geschichten, darunter einige, die böser ausgegangen sind als meine. Hunde spielen darin eine Rolle oder andere vertrottelte Fahrer. Und habe ich mich anfangs noch ein bisschen für meinen Fehler geschämt, sehe ich mich jetzt eher als Marginalie im Kreise der Verunfallten.

Am Abend mag ich nicht mit den langweiligen Leuten im a-na-lay essen. Aber in der Nähe gibt es eins DER angesagten Restaurants mit lokaler Küche, das Chayo. Man hat mir dringend geraten, früh hinzugehen, weil man sonst mindestens anderthalb Stunden auf einen der wenigen Tische warten muss, denn der Andrang ist immer groß und auch die Zubereitungszeiten sind sehr lang. Also spaziere ich frühzeitig zum Nachtmahl und bin erstmal irritiert, weil das Lokal aussieht wie eine Wellblechhütte im Slum. Scheint den Betreibern völlig egal zu sein, das Lokal ist rott und so gar nicht gemütlich – aber das Essen ist göttlich!

Am nächsten Tag erfahre ich von den Hotelangestellten, dass gerade das dreitägige Tempelfest auf der Insel begonnenen hat – das einzige Fest im Jahr. Da muss man hin.  Fragt sich nur wie. Mit nur einem Auge nachts Roller über die steilen Straßen an den Hunden vorbei zu fahren, ist keine Variante…

Schließlich habe ich dann oft genug an der Rezeption gefragt und es findet sich ein Angestellter, der mal eben seine Schicht abkürzt oder umdeutet und mich auf den Rücksitz lädt. Wir sausen durch die Inselnacht, immer vorsichtig auf Schneckengang abbremsend, wenn Hunde auftauchen.

An der Zufahrtstraße zum Tempel stehen schwerbewaffnete Militärs, die auch später überall auf dem Fest patrouillieren. Auch in Thailand gibt es Anschläge.

Pa, mein Chauffeur gibt mir eine Stunde. Der reich rot-gold-weiß verzierte Tempel ist angestrahlt und sieht sehr schön aus. Ein Stück weiter gibt es eine Art offener Kapelle, in der gleich drei Gottheiten nebeneinander stehen. Sie alle werden von schlangestehenden Besuchern geehrt, mit Blumen, Früchten und Räucherstäbchen unter der Aufsicht einiger Mönche, die an einem langen Tisch draussen sitzen und Geschenke entgegennehmen. Die Präsentkörbe, die vor allem Essen enthalten, kann man an einem Extrastand erweben. Die Mönche hier leben von Spenden, dürfen aber kein Geld anfassen.

Neben und hinter dem Tempel ist alles hell erleuchtet von hunderten Ständen und Lichterketten in alle Farben. Hier werden alle möglichen Dinge angeboten, von Hausrat bis Kleidung. Aber die allermeisten Stände bieten Essen an. Alles, was man sich vorstellen kann bzw. in meinem Falle eigentlich auch nicht. Vieles kenne oder erkenne ich, aber bei manchen Speisen kann ich mir nicht mal vorstellen, was es ein könnte und -bei ganz wenigen- möchte ich es mir auch nicht vorstellen. Die Auswahl ist so gigantisch und meine Neugier soviel größer als mein Magen,  dass ich erst zweimal alles ablaufe, bevor ich mir verschiedene kleinere Leckereien kaufe, weil mit einer ordentlichen Portion das wunderbare Probieren zu schnell vorbei wäre. Teilweise scheinen hier ganze Familien zu kochen. Und darüber, wie viel die Thai essen können, habe ich mich ja schon bei meiner letzten Reise gewundert.

Leider ist meine Zeit schon am verrinnen und so flitze ich eben noch zu zwei Wiesen mit Bühnen. Auf der einen läuft ein Showtanzwettbewerb von Laientanzgruppen, das ist  ziemlich lustig. Da hüpfen etwas ungelenke Bauernmädels in etwas lächerlichen Taftkleidchen mit angestrengten Blick über die Bühne und unten sitzt die Jury mit strengem Blick.  Alles eine ernste Angelegenheit !!

Aber richtig schräg wird es auf dem zweiten, abgetrennten, großen Gelände, hier steht eine Profiebühne mit Riesenlichtshow,  denn ein mir natürlich völlig unbekannter junger Popstar schmettert hier mit heißem Hüftschwung in knallroterm Seidenbluson und enger Glänzhose ins Mikro, wild umtanzt von strassgeschmückten leichtbekleideten Gogos. Und das Publikum ist hingerissen. Schon sind die ersten aufgesprungen und tanzen vor der Bühne. Stimmung! Einmal im Jahr richtig feiern und Party machen! Wie ich später gehört habe, wurde hier jede Nacht noch lange getanzt und auch getrunken. Immer gut bewacht von den omnipräsenten Militärs.

Doch leider ist meine Zeit abgelaufen, mein Begleiter erwartet mich schon auf dem Parkplatz und schon fliegen wir wieder durch die Nacht. Wieder angekommen, drücke ich ihm natürlich einen kleinen Fahrerlohn in die Hand. Um meine ehrliche Dankbarkeit auszudrücken nicht ohne die übliche Thaigeste mit zusammengelegten Händen vor dem Gesicht und tiefer Vorbeugung und dem schön lang gesungenen „Kop kuun Kah!“ (je länger das Finale A, desto herzlicher der Dank). Woraufhin er sich wieder vor mir verbeugt und dankt. Als wir damit fertig sind, müssen wir uns natürlich zum Gute-Nacht-Sagen wieder genug verbeugen. War sicher ein lustiger Anblick für eher höflich unterkühlte Durchschnittsdeutsche. Aber ich gestehe, auch wenn es ein bisschen seltsam ist, der Respekt im gegenseitigen Umgang miteinander im Alltag beeindruckt mich immer wieder.

 

 

8. Am Ende eines schönen Tages

… ist nicht immer alles gut. So auch am Ende des Inseltages. Als ich fast wieder an meinem Ausgangspunkt angekommen war, fiel mir ein, dass ich noch eine Verabredung in der Tauchschule hatte, um die Papiere für den neuen Tauchschein auszufüllen. Ich war dafür schon ein paar schöne Kurven zu weit gefahren. Ich wollte nicht über die Straße wenden, also bin ich in eine Nebenstraße abgebogen, abgestiegen und wollte den Roller „rumschieben“. Da die Dinger so schwer sind, habe ich dabei diesmal die Zündung nicht ausgemacht, weil er sich dann etwas leichter bewegen läßt. Leider.

Plötzlich habe ich beim Schieben mit der rechten Hand leicht das Gas angetippt, der Roller macht einen Rodeostart und in der Schrecksekunde habe ich mich auch noch beidhändig an dem Geschoss festgeklemmert, statt einfach loszulassen. Ich bin samt Scooter im hohen Bogen über die Straße geschossen und am gegenüberliegenden Straßenrand samt Roller gestürzt, leider mit dem Kopf auf den Roller und die Straße….

Ich dachte nur noch: So eine Scheisse, das passiert jetzt wirklich!  Im Ernst. Aus dem gegenüberliegenden Far East – Restaurant kamen sofort die Besitzerin und ein paar andere Leute gerast und haben mich und den zerschroteten Honda von der Straße gesammelt. Die waren so großartig! Sie haben sich gekümmert, mich in den Arm genommen, Eis zum Kühlen geholt, denn aus meiner Stirn wuchs ein riesiges Hämatom.

Dann kam auch schon der Krankenwagen und ich durfte die Inselklinik von innen kennenlernen. Das Hämatom war in zwischen zum Auge gewandert, die Nase, die Lippe und die Ellenbogen lädiert, aber der Arzt, der keinen Tag älter als 16 aussah, meinte, Auge ok, wird wieder. Sie haben mich noch verbunden und dann war ich entlassen, mit der Auflage, Eis zum kühlen zu kaufen. Kompressen gibts hier nicht, Verbandszeug wurde mir in der Krankenhausapotheke auch nicht verkauft. Doof auf einer Insel, wo es keine Drugstores gibt und die einzige Apotheke gerade zu hat…

Da ich keine Ahnung hatte, wen ich anrufen soll, hatte ich das Eve-Guesthouse angegeben, da kannte man mich, da gab es auch das Bochumer Paar. Mein „Fahrlehrer“ Am und Patricia haben mich dann abgeholt und alle waren unglaublich nett zu mir, ich bin jetzt noch gerührt. Es war klar, dass ich nach diesem Sturz auf den Kopf in meinem einsamen Verbannungsort am Ende der Insel nicht allein bleiben sollte, also hat Am kurzentschlossen meine Sachen wieder abgeholt und ich durfte sogar im Zimmer der Bochumer schlafen, die dafür in dieser Nacht in den Gemeinschaftsschlafssaal umgezogen sind, da nichts anderes mehr frei war. Ich war ganz schön daneben.

Auch die Leute vom Eve s waren sehr aufmerksam und Victor, ein französischer Boxer und dort Stammgast, hat sich um mich gekümmert, da er sich ja mit solchen Verletzungen auskennt. Der Schock war zwar noch da, aber eigentlich war ich nur noch froh, dass nichts Schlimmeres passiert war, denn letztendlich hatte ich ein Riesenschwein.

Am nächsten Tag sah ich noch viel schlimmer aus, der Glöckner von Notredame ist dagegen ein Schönling. Victor lud mich sofort ohne Frühstück noch mal auf den Rücksitz und bestand auf einem zweiten Arztbesuch, sicherheitshalber. Er half mir auch gleich, ein neues Zimmer in einer Anlage am Strand zu finden, da klar war, dass ich die folgenden Tage rekonvaleszent und nicht mobil sein würde. Dann wenigstens am Meer. Im  Guesthouse A-na-lay habe ich eine hübsche Bambushütte unter Kokospalmen am Meer gefunden, wo ich die nächsten drei Tage überwiegend in meiner wunderbaren Reisehängematte mit Eis auf dem Gesicht verbracht habe.

Klar, ist richtig blöd gelaufen, aber eigentlich war es auch mit ein paar erstaunlichen Erfahrungen verbunden: obwohl allein unterwegs am anderen Ende der Welt, habe ich im entscheidenden Moment Leute getroffen , die sich alle einfach großartig verhalten und mir ganz viel Hilfe und Zuneigung entgegengebracht haben. Falls sie das hier jemals lesen: Danke an Euch alle!!

Übrigens, die Rechnung für den kaputten Roller kam prompt und ich habe bereits mehrere Stoßgebete gen Himmel gesandt, dass das hier passiert ist: kaputte Stoßdämpfer, einseitig neue Verkleidung, neuer Hitzeschutz, neuer Sitzbezug: keine 100 Euro…

Trotzdem habe ich mich natürlich gegrämt, dass für den Rest des Urlaubs der Traum vom Tauchen ausgeträumt ist, ich nicht mal mehr richtig baden kann usw usw. Aber eins muss ich jetzt noch mal ausdrücklich für mich selbst festhalten: Gefahren bin ich gut und unfallfrei…ich habe nur einen ganz dämlichen Fehler beim Rangieren gemacht, der mir ganz bestimmt nie wieder passiert! ( Und ja, ich weiß, der letzte Satz ist albern und kindisch, der musste aber trotzdem sein.)

Und wer jetzt glaubt, ich hätte nun nichts mehr zu erzählen, der irrt und wird sicher in den nächsten Tagen noch eines besseren belehrt werden. Aber Fotos vom Glöckner gibtś keine…

7. Inseltag

Der Tag danach… Tag Eins ohne tauchen. Ganz neues Gefühl. Heute ist Zeit, sich endlich mal noch ein bisschen die Insel anzuschauen. Ich muss aber zu meinem größten Leidwesen erst umziehen ans Ende der Welt bzw der Insel. Kong Klao Beach , Koh Kood Yet House. Ich werde chauffiert. Am lädt meine Sachen auf den Pickup und  los geht es. Zumindest sehen die Fotos von den kleinen Bungalows ganz nett aus und es ist Meerblick versprochen.

Der Schreck folgt auf dem Fuße. Nicht nur, dass die Anlage hier anders heißt , nein das sei egal, warum auch immer, doch auch die netten Fotos müssen wohl woanders her sein. Erstens wird hier offenbar noch gebaut, zweitens ist das ganze Gelände ungepflegt und wenig einladend, drittens liegt das Meer 700 Meter entfernt und ist nicht zu sehen und viertens und letztens liegt neben meinem Eingang ein Müllhaufen und um mein Bungalow verteilt Baumüll von kaputten Klos, Rohren, zersplitterten Brettern bis Plastikverpackungen. Ich bin geschockt und selbst der zurückhaltende Am schüttelt nur den Kopf.
Aber ich konnte so schnell nichts freies finden und laut Booking com kann ich nicht mehr zurücktreten. Auf langwierigen Krieg habe ich keine Lust, also handle ich aus, dass man mir wenigstens nur eine Nacht berechnet und ich morgen wieder ausziehe, in der Hoffnung, heute auf dem Weg über die Insel etwas anderes zu finden.
Was solls. Ich miete einen Roller und los geht es. Es gibt keine Helme, brauche man ja nicht. Ich fahre im Eve vorbei, meinem alten „Zuhause“, und lasse mir einen geben. Finde ich besser, auch wenn die Dinger echt sch… aussehen.
Mein Weg führt mich zuerst zu einem der drei Wasserfälle der Insel, dem Khlong Chao. Unterwegs schaue ich gleich freie Zimmer an und finde auch einen netten Bungalow in der Nähe des Wasserfalls. Nicht gerade zentral, aber mit Scooter machbar. Alles besser als das, was ich habe.
Irgendwann hört die Straße mitten im Wald auf, von hier aus geht es zu Fuß einen steinigen, steilen Pfad weiter, die Moskitos begleiten mich. Nach einem Kilometer bin ich da. Mitten im Wald steht ein großer Buddha-Altar, daneben liegen Schwimmwesten, die man nicht nehmen kann, sondern muss, und der knurrige Parkwächter wacht strikt darüber, dass man die freiwillige Spende dafür auch vor Buddhas Augen einwirft.
Nach einer kleinen Klettertour über große Festplatten und Brocken tut sich der Blick auf auf einen sehr schönen, wenn auch nicht allzu hohen Wasserfall, der sich in ein Fels-und Waldgerahmtes Becken ergießt. Das Ganze ist nicht allzu groß und ich bin froh, dass außer mir nur noch ca zehn Leute da sind. So ist es wirklich eine schöne Idylle. Das Wasser rauscht, die Vögel zwitschern, kleine gelbe Schmetterlinge spielen Ringelrein, drumherum die riesigen Bäume, das Dickicht….Nach einem kühlen Bad lasse ich mir, auf einem flachen Stein sitzend, von den Putzerfischen noch eine kleine Fussmaniküre angedeihen, dafür zahlt man in Berlin gutes Geld.
Weiter führt mich mein Weg kreuz und quer über die Insel auf der Suche nach den beiden anderen Wasserfällen, wovon ich aber nur den kleinen finde. Irgendwie fahre ich gefühlte 1000 Berge und Täler weiter durch dichtes Grün, vorbei an kleinen Ansiedlungen oder einzelnen Häusern, Lädchen mitten im Nirgendwo und golden schimmernden Altären, an Spielautomaten, die an der Straße montiert sind wie Zapfsäulen, damit man nicht erst absteigen muss, um eine Runde zu zocken. Und immer schön an den Linksverkehr denken!
Aber ohne richtige Karte schaffe ich es, mich irgendwie zu verfahren, der Wald nimmt kein Ende, aber die betonierte Straße und der Schotterweg macht mir Angst, ich kehre um. Wo bin ich? Wohin muss ich? Das GPS findet offensichtlich auch nur Grün, sprich: hilft auch nicht weiter. Egal, am Ende finde ich doch noch den dritten, eher kleinen und unspektakulären Wasserfall und lande per Zufall am Hafen bei der großen goldenen Buddha-Statue. Auch gut.
Das Leben auf Koh Kood ist trotz Neuzeit und Tourismus noch immer eher ruhig und entspannt. Es fahren nur wenige Autos herum, die alle Pickups für den Transport von Menschen zum Hafen oder zum Hotel sind, oder einfach dem Transport von Waren dienen. Keine privaten Limousinen, keine Busse, keine Taxis, außer ein paar ganz wenigen, sündhaft teuren, die man sich kaum leisten kann. Alles geht hier seinen ruhigen, entspannten Gang, es gibt nicht mal die üblichen Souvenirläden oder etwa Einkaufszentren für die Touristen. Keine Klamottenläden, keine Tankstellen. Benzin kauft man in alte Flaschen abgefüllt in Läden und Restaurants, da steht gleich der Trichter zum Einfüllen daneben. Anfangs dachte ich immer, das orange Zeugs sei eine örtliche Spezialität zum Trinken. Öffentliche Gebäude sind, außer am protzigem Prunk, vorallem an den vielen Fähnchen zu erkennen, die in kleinen Abständen jeweils am Straßenrand aufgestellt sind.
Ein bisschen nervös machen mich manchmal die vielen freilebenden Hunde, die zu 99 Prozent alle zur selben Familie zu gehören scheinen, halbhoch, mit kurzem hellbraunen Fell. Sie sitzen und liegen überall am Straßenrand, toben oder schlafen gleich auf der Fahrbahn. Aber friedlich. Ein bisschen stressig, wenn man so um die Kurve kommt und vor einem liegt direkt so ein Tier.
Weit beunruhigender aber ist ihr Verhalten in der Nacht. Nicht, weil man sie dann noch viel später sieht, sondern weil sie sich nach Einbruch der Dunkelheit in wilde Raubtiere verwandeln, die auf die Roller zu- und hinterherrennen und versuchen, die Fahrer ins Bein zu beißen, was ihnen nicht selten gelingt. Hunde in der Nacht sind hier der Alptraum aller Fahrer und liegen ganz vorn in der Unfallstatistik. Beste Abwehrmethode soll es sein, sofort abzubremsen oder gar anzuhalten und sie anzuschreien, das irritiert sie wohl. Wissen aber die meisten nicht und geben Gas, was dann schnell ein ganzes Jagdrudel losrennen lässt. Tja, andere Länder, andere Sitten, gilt sogar für den besten Freund des Menschen….
Auf dem Rückweg schlürfe ich noch einen Eiskaffee an einem Strand, nehme ein kühles Bad und begebe mich auf den Heimweg. Ein schöner Tag, alles gut gegangen…. Und damit beginnt ein neues Kapitel, das wenig rühmlich, aber dramatisch ist und leider aus Gründen der Chronistenpflicht nicht verschwiegen werden darf. Fortsetzung in Post 7.

6. Immer, wenn es am schönsten ist…

Noch einmal den Rausch der Tiefe erleben… ganz ohne Aufgaben, einfach nur genießen. Für heute steht noch ein besonderer Leckerbissen auf dem Programm, es ist ein Tauchgang am geschützten marine park vor Ranong geplant. Auch eine längere Fahrt  und extra Eintrittgebühren in den Nationalpark, die von uniformierten Militärs, die extra an Bord kommen, kassiert werden.

Der erste Tauchgang enttäuscht nicht, ein sehr belebtes und schönes Riff mit vielen Fischen, die Sicht ist gut. Nur bin ich das erste mal einer anderen, jungen Dive Masterin zugeteilt, die mir ein bisschen auf die Nerven geht, weil sie so nervös ist, dass sie ständig nur alle zurechtweist, an ihrer Seite zu bleiben, obwohl wir schon im Haufen an ihr kleben.

Ganz versunken in die Fischschau stelle ich plötzlich fest, dass ich mich versehentlich der anderen Gruppe angeschlossen habe, ich war, wie gewohnt, Vlads Glatze gefolgt. Ich korrigiere schnell meinen Irrtum, aber die junge Dame ist pikiert und für den zweitem Tauchgang werde ich gleich Vlad zugeteilt. Finde ich gut. Wir haben das selbe Tauchtempo und er ist immer entspannt. We ŕe just a winning team…

Aber sonst ist alles schön, ein paar fette Brocken sind hier unterwegs und offenbar ist das Riff auch ein Fischkindergarten, denn hier kreisen riesige Schwärme von ganz kleinen Fischlein.

Zur Mittagpause legt der Käptn vor einem besonders schönen Strand an, der irgendwie an Robinson Crusoe denken lässt: Urwald fast bis ans Meer, ein schmaler Streifen strahlend weißen Sandes und glitzerndes hell türkises, kristallklares Wasser. Da schmeckt das Essen gleich noch besser. Danach ist noch Zeit zum Schwimmen und Muscheln sammeln. Und schon geht es weiter zum Drei-Finger-Riff, so genannt wegen seiner Form. Es soll ein ganz besonders schönes Riff sein.

Und wenn ich gerade noch gedacht habe, dass heute alles super easy ohne jede besondere Aufgabe abläuft, werde ich vor Ort sofort eines besseren belehrt: Das Meer ist unruhig geworde, es gibt Wellen und starke Strömung, ganz besonders an der Oberfläche. Es gibt eine extra Vergatterung, Anweisungen, um überhaupt ins Wasser reinzukommen, ohne gleich zweihundert Meter abgetrieben zu werden, bevor man auch nur die Maske geputzt hat.

Wie sind gehalten, uns sofort zur Ankerleine durchzukämpfen und die auf keinen Fall loszulassen. Aber die paar Meter dahinzuschwimmen wird schon zum Konditionstraining. Als ich an der Leine um die Boje greifen will, werde ich sofort weggerissen und klammere mich an irgendeinen Kerl, der gerade greifbar ist. Vlad holt mich an die Leine zurück und verdonnert mich noch mal, nicht loszulassen.

Abstieg an der Leine, unten wird es besser. Und – was für wunderbare Korallen. Sie sehen aus wie ein gigantischer Garten voller Salatköpfe, dazwischen flache Teller und dann wieder ein paar bizarre Skulpturen. Und über, unter und auf den Korallen tobt das Leben. Wir finden sogar zwei Nudibranches, wunderschöne, bunte Meeres-Nacktschnecken, die nicht leicht zu entdecken sind. Ein paar große Muränen drängeln sich unter einem Stein, herrliche buntgestreifte Butterfly Fische kreisen, und dicke gepunktete rabbit Fische. Ein Drückerfisch überlegt, ob er uns attackieren soll, aber wir sind ihm dann die Mühe nicht wert. Ein Glück, denn die können ganz schön frech werden. Natürlich gibt es noch so vieles mehr, was ich gar nicht alles einzeln erfassen kann und es würde die Geduld meiner Leser auch wahrlich überstrapazieren….

Man spürt immer noch etwas Strömung hier unten, will sagen, es schwimmt sich etwas schneller als beabsichtigt, aber die Umkehrung folgt, als wir um eine Biegung des Riffs kommen, wo man an einer Steilwand entlangschwimmt. Uff, da geht es gegen die Strömung. Das ist ziemlich anstrengend und man sollte trotzdem nicht die Ruhe verlieren, schon wegen der Luft und der Tarierung. Aber es geht vorbei und ist wieder ein Spezialtraining mehr. Am Ende winkt uns noch ein blau gepunkteter Rochen Good Bye. 

Was für ein schöner Abschlusstag! Ich muss an die Reisekasse denken, das warś erst mal mit Tauchen. Aber ich bin unglaublich zufrieden mit allem Erlebten, viele großartige Erlebnisse und Erfahrungen und: Ich bin  Advanced Open Water Diver! Hallelujah!

Zurück in Eveś Guesthouse feiere ich mich mit einem leckeren Essen und sitze noch ein bisschen bei all dem bunten Völkchen herum. Dann kommt die böse Nachricht, dass es ein Missverständnis gab und ich ab morgen kein Zimmer mehr habe… hektische Suche im Netz und per Telefon: Alles Bezahlbare ist ausgebucht, außer einem Guesthouse am Ende der Insel, j.w.d. Zerknirscht buche ich es, aber es passt mir so gar nicht, so weit draußen zu wohnen und hier weg zu müssen.

Als ich gerade in mein Hüttchen abtauchen will, ergibt es sich, dass das deutsche Päärchen von einer Party erfährt, als der tagsüber eher seriös wirkende ältere Geschäftsführer de Nachbarhotels plötzlich in schönster Ladyboy-Aufmachung erscheint und alle einlädt, doch auch hinzugehen. Ein barbetreibender Künstler hat Geburtstag und feiert öffentlich.

Schließlich lassen ich mich hinreißen, mit den beiden Deutschen und O, dem Chef, der seiner schlafenden Frau entwischt, mitzufahren. Thai-Party – sollte ich mir nicht entgehen lassen.

Die Openairbar Bartist (hier ist übrigens alles draußen, geschlossene Räume gibt es nicht) ist krachvoll mit Thais und ein paar Touristen. Es wird viel getrunken, viel getanzt und es gibt ein kleines Buffet. Die Thais sind offensichtlich ein begeistertes Partyvolk, sie lassen die Kuh fliegen. Es gibt einen über und über tätowierten DJ und von Zeit zu Zeit wird ein nach Zitrone, Ananas und Anis schmeckender Schnaps herumgereicht und zu diesem Anlass immer wieder aufś Neue Happy Birthday gesungen. Die Musik reicht von Thai-Pop bis zu 90er Oldies, deutschsprachigen Rocksongs und brasilianischer oder kubanischer Musik. Alles, was groovt, ist gut.

Wenn ich all das Bier getrunken hätte, das O mir immer wieder bringt, hätte ich einen veritablen Zweitageskater mitgenommen. Ich halte mich dann doch lieber zurück und lasse mich von einem Deutschen, der aus Kreuzberg kommt, aber schon seit 3 Jahren nicht mehr zu Hause war und der momentan für Kost, Logie und  Trinkgelder an einer Rezeption arbeitet, wieder mit nach Hause nehmen. Hier kann man nicht einfach ein Taxi nehmen…. Good Night, little island.

5. Floating

Ein Tag zum Ausruhen nach dem anstrengenden Tieftauchtag gestern. Den werde ich brauchen, hat man mir gesagt und ja, es stimmt. Ich habe wunderbar geschlafen, frühsstücke in Ruhe mit einigen netten Unterhaltungen.

Ist spannend, was man für Leute trifft, bei dieser Art zu reisen. Zwei nette junge Franzosen aus Toulouse, die zwei Monate Thailand entdecken, ein paar Finnen und Dänen auf der Flucht vor der Dunkelheit, ein deutsches fast-Hippie-Paar mit zwei kleinen Kindern und Eigenheim in Ingelsheim, ein freundlicher Berliner Music-Biz-Unternehmer mit Allergien gegen alles außer das Leben und so weiter und so weiter. Und ein frisches Ehepaar aus Bochum auf Honeymoon- Trip mit kleinstem Budget, die das Angebot angenommen haben, hier für eine kleine Weile früh und abends mitzuarbeiten gegen freie Kost und Logie. Dazu die immer gut gelaunte Crew mit dem Unikum O – alles in allem ein netter Haufen.

Heute möchte ich mehr sehen als immer nur den Weg zum Dive Shop und zum Boot. Ich miete einen Roller und ab gehtś Richtung Süden. Heftig auf und ab durch tiefes Grün, nur gelegentlich ein Haus oder ein Laden am Straßenrand, dafür ein paar furchteinflößende steil abfallende, langgeszogene Haarnadelkurven. Aber alles bestens. Ich erreiche das Ende der betonierten Straße, lasse mein Gefährt lieber stehen und wandere durch Dünensand und lehmige Kuhlen die letzten 700 Meter zum Strand Ao Phrao. Mein erster Strand-Besuch!

Der Strand zieht sich an einer langgestreckten Bucht entlang, schmal, mit feinem weißen Sand und dem immer türkisfarbenen Meer vor Koh Kood. Gesäumt wird der Strand von Grün und hohen Palmen. Der Strand selbst ist sauber, aber an den bewachsenen Rändern und an beiden Enden: Plastikmüll. Was für ein trauriger Anblick. Aber hier leider überall – eins der großen Mankos der sonst noch so weitgehend ursprünglichen Insel.

Zwei Ressorts liegen direkt am Strand, sie haben Liegen für ihre Gäste aufgestellt und ein paar Hängematten zwischen die Palmen gehängt. Das zweite Ressort ist nicht bewacht, also „leihe“ ich mir eine Matte. Das Wasser ist klar und flach – und wunderbar warm. Ich schwimme eine große Runde, bis plötzlich etwas an meinem Arm leicht brennt, der Quallenalarm in meinem Kopf springt an und ich begebe mich schnellstens wieder ins flachere Terrain. Überall am Strand liegen Korallenteile, aber seltsamerweise kaum Muscheln.

Ich  noch eine Weile das schattige Faulsein mit Blick aufś Meer, und dann gehe ich zum Roller zurück, denn ich habe noch ein Ziel: das schwimmende Fischerdorf Ban Ao Yai. Es liegt an der südlichen Ostküste. Auf dem Weg dorthin turnen einige kleine Affen am Straßenrand herum, die hier aber eher scheu sind. Plötzlich tut sich auf einem Berg ein wunderbarer Ausblick auf eine große Bucht mit dem schwimmenden Dorf auf. Es wirkt so idyllisch, das man meinen möchte, es wurde nur zu diesem Zweck gebaut.

Das ist aber mitnichten so,  es ist eins der drei ursprünglichen Fischerdörfer der Insel, alles auf Stelzen und Stegen ins Meer gebaut. Wirkt es am Anfang durch seine auf Touristen lauernden Restaurants noch eher künstlich, muss man nur etwas weiter laufen um festzustellen, dass das hier tatsächlich der normale Lebensraum von Menschen ist. Ein Dorf mit z.T. etwas ärmlichen Wohnhütten, Lädchen, einer Werkstatt für Motorroller und mehr. Zum größten Teil sind die Häuser nach vorn zumindest halboffen und man erahnt das alltägliche Leben darin. In einem Haus liegen zwei in Tücher eingerollte buddhistischen Mönche und halten Mittagsschlaf. Überhaupt wird hier viel und durchaus öffentlich geschlafen. Das ist überhaupt nicht negativ.

Auf der meerzugewandten Seite ankern etliche bunt angestrichene Fischkutter, die Fischer bereiten den nächsten Fischzug vor. Ein paar eher spärlich bestückte Läden bieten unter anderem vor dem Laden getrocknete Krabben, Fischsoße oder alles mögliche andere aus Fisch Hergestellte an. Und natürlich echtes Kokos-Öl aus Koh Kood.

Ich kehre im allerletzten Restaurant am Ende ein, daneben sind einige ins Meer gebaute Becken, in denen Meerestiere auf den Verzehr warten. Unter dem Holzdach kann ich im Schatten gemütlich auf mein Essen warten, das hier zwar überall etwas teurer ist als sonst auf der Insel, aber dafür so frisch wie nirgends sonst. Ich habe gedämpften Fisch mit Ingwer, Koblauch und Limetten bestellt, dazu Wokgemüse. Ein Genuss!

Und schon muss ich mich auf dem Rückweg machen, denn heute ist noch mein letzter obligatorischer Tauchgang, dann fehlt nur noch der verbliebene Theorieteil für meinen Advanced Open Water Diver. Die heutige Disziplin ist mein ausdrücklicher Wunsch: Nachttauchen.

Eine Stunde vor Sonnenuntergang treffen wir uns, Briefing, Ausrüstung und schon gehtś los zum S-Beach, unserem Ausgangspunkt, denn wir gehen heute vom Ufer aus ins Wasser. Das anstrengende daran ich, man muß mit voller Montur, Gasflasche und Bleigurt zum Strand und – da Ebbe – auch weit ins Wasser laufen, ebenso nach dem Tauchgang, was irgendwie noch schwerer fällt.

Endlich können wir abtauchen. Anders als manch einer meint, finde ich es nicht im geringsten gruselig im dunklen Meer, wo man nur den Lichtkegel seiner Lampe hat. Es ist Magie. Eine andere Welt. Am Riff leuchten überall die Äuglein der Garnelen auf, Krabben huschen schnell davon. Zuerst begegnet uns ein Oktopus, der sich nicht sonderlich stören lässt, ebenso wie sein Kollege Sepia kurz darauf. Eine kleinere Fische sind immer unterwegs, rote, silberne, blaue.

Übrigens: Fische schlafen auch. Und so sollte man sie nie direkt anleuchten, denn sie erschrecken sich dann. Außerdem könnten schlaue Barracudas in der Nähe die Gelegenheit nutzen, ihr Nachtmahl auf diese Weise gut illuminiert serviert zu bekommen.

Wir schweben in Zeitlupe am Riff entlang. Ich entdecke einen gut getarnten Scorpionfisch, der etwas genervt ist, aber letztlich einfach, an einen Stein geschmiegt, sitzen bleibt. Besonders lustig ist ein dicker Kofferfisch mit einem Fahrgast auf dem Rücken, einem langen, schmalen silbernen Fisch, der sein Taxi auch nicht beim Schein unserer Lampen zu verlassen gedenkt.

Etwas besonderes ist auch das leuchtende Plankton, dass man nur sieht, wenn man das Licht unterdrückt. Glitzernde kleine Teilchen im schwarzen Meer. Als wir nach fast einer Stunde auftauchen, verabschiedet uns noch ein kleiner Rochen und entlässt uns zufrieden und fröhlich in die Welt oberhalb des Meeresspiegels.

Bleibt nur noch ein leckeres Abendessen vom Grill und ein bisschen Taucherlatein und schon ist der nächste ereignisreiche Tag zu Ende.

4. The Deep Blue

Viel geschlafen habe ich nicht. Vor meinem ersten Tieftauchgang vor einem Jahr in Südafrika war ich nicht halb so aufgeregt wie heute, denn diesmal kommt es darauf an. Außerdem weiß ich schon, dass man seinen Kopf im Griff haben muss, wenn man das macht, und das ist durchaus manchmal einfacher gesagt als getan, lehrt mich meine erste Erfahrung, die gut, aber auch schwierig war. Panik da unten kommt gar nicht gut. Schaffe ich das wieder? Außerdem haben im Nachhinein einige meiner Lieben mir eher Angst gemacht, wie gefährlich das sei… Sei s drum…ich pack das, yes, I can! (Lektion Deepdive aus meinem Leerbuch: „positive visualising in advance is very helpful“)

Die Gute-Laune-Einlage zum Tagesbeginn lässt nicht lange auf sich warten. In dem angebauten kleinen Beton-Kabuff, das als Duschklo dient, ist das Spitzdach an den Seiten offen. Seit ich angekommen bin, versucht eine kleine rote Katze in meine Hütte einzuziehen. Jetzt hat sie einen Weg gefunden. Glaubt sie. Sie sitzt triumphierend auf dem Mäuerchen, was ich just in dem Moment entdecke, als sie zu mir herunterspringt und ich im selben Moment die Dusche aufdrehe……Das wäre meine Gelegenheit gewesen, zum YouTube-Star zu avancieren: Eine kreischende Derwisch-Katze! Ich habe mich nicht mehr halten können vor lachen, auch wenn mir selbstverständlich mein Katzen-Mama-Herz anderes befohlen hat!

Und das um halb sechs in der Frühe. Aber die Einlage hat meinen Zeitplan durcheinandergebracht, ich haste ins Restaurant und hole mir schnell meinen Sticky Rice with Mango ab, den ich mir als Taucherfrühstück bestellt habe. Da der Dive Point für die nötige Tiefe weit entfernt liegt, geht es extrem früh los. Zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt zum Wrack der HTMS Chang. Nu wartete schon im Auto auf mich, los gehtś.

Wir holen noch ein paar andere Mittaucher ab, darunter einen riesigen Amerikaner, der aussieht wie ein Kampftaucher. Heute sind wie zehn Taucher, zwei Dive-Instructors und eine kleine Horde Schnorchler. Und Mike, der Chef persönlich, der sich diesen besonderen Tauchgang nicht entgehen lassen will und dafür den Shop für einen Tag geschlossen hat. Ich habe Glück, weil ich den Kurs mache, muss ich nichts extra bezahlen, den heute müssen alle anderen ziemlich tief in die Tasche fassen.

Auf der langen Hinfahrt besprechen Vlad und ich noch das entsprechende Kapitel samt obligatorischem Wissenstest. Viel wichtiger aber wieder ist das lange Briefing, bei dem auch der Ami und eine nette junge deutsche Travellerin dabei sind, da wir zu viert tauchen werden. Die beiden haben ihren entsprechenden Tauchschein schon. Außerdem werden außerhalb des offiziellen Programms noch zwei junge Deutsche mit uns abtauchen, die gerade ihre Dive Master Ausbildung machen.

Eins kann ich mir jetzt an dieser Stelle nicht verkneifen, auch wenn es ziemlich eitel ist: Ich werde der Gruppe vorgestellt als: Bea, she is e very good and relaxed diver! Yeah!

Das Wetter ist super, die Stimmung entspannt, auch bei mir, wie immer, wenn es ernst wird. Ich freue mich jetzt auf den Tag, an dem ich in zwei tiefen Tauchgängen meinen obligatorischen Deep Dive-Part und meinen gewählten Wrack-Dive-Part absolvieren soll. Ehrlich gesagt, bin ich aber nicht so euphorisiert wie die anderen von der Aussicht auf das Wrack. Naja,  ein rostiger oller Pott eben…

Die HTMS Chang, lerne ich, ist ein großes amerikanische Kriegsschiff aus dem Koreakrieg, das die USA Thailand geschenkt hat. Und die thailändische Marine hat das gute Stück dann 25 Jahre später vor Koh Chang versenkt, um ein Taucherparadies daraus zu machen. Juter Verwendungszweck!

Ausrüstung anlegen, Buddy-Check, ab! Zuerst wollen wir ganz nach unten und uns dann spiralförmig, zum Teil durch das Wrack, wieder hocharbeiten. Wir tauchen ab und ich warte auf dem kritischen Moment, wenn es wirklich tief wird.  Meinem Gefühl nach sind wir auf etwa 18 Meter als Vlad anhält, hier unten verschlechtert sich die Sicht plötzlich rapide. Ich dachte schon, er bricht ab, als er mir seinen Tauchcomputer zeigt: 28, 5 Meter! Ich bin irritiert. Was …schon? Auf das Aufsetzen auf den Grund bei 30 Metern verzichtet er wegen der schlechten Sicht und der Verletzungsgefahr. Alles, ab 21 Metern ist als Tieftauchgang gültig, also kein Problem.

Ich bin total glücklich, wie gut alles läuft. Luftvergleich. Trotz Tiefe habe ich noch 150 bar, die zweite Deutsche auch, der Amerikaner und die angehenden Dive Master werden auf der Stelle hochgeschickt, sie haben viel zu viel Luft verbraucht und sind bereits auf 70 bar, was nicht viel ist für den langen langsamen Aufstieg.

Jetzt beginnt der richtige Genuss. Die Sicht wird besser und ich bin überwältigt. Millionen von Fischen kreisen in Schwärmen um das Wrack und umeinander. In Schichten und perfekten Choreographien. Blau, gelb, silber, gepunktet, gestreift, groß wie Tortenteller oder winzig wie ein Finger. Wir schwimmen mittendrin, manchmal lässt sich so ein Flossenträger sogar anfassen.

Da wir immer höher kommen, und ganz langsam nach oben schweben, verbrauchen wir extrem wenig Luft und können sogar 55 Minuten im Wasser bleiben. An Board begrüßt uns der amerikanische Superman etwas säuerlich mit: Youŕe marmaids! Tja….Gekonnt ist gekonnt.

Wir stürzen uns auf das warme Mittagessen, das es immer an Bord gibt: Reis mit irgendeiner Sorte Fleisch auf Thai-Art und Obst. Danach ein bisschen Müssiggang, denn eine Stunde Pause ist Pflicht bei der Tauchtiefe.

Für den zweiten Tauchgang  gibt es besonders viele Verhaltensregeln, denn diesmal geht es noch mehr an und in das Wrack, die Umgänge, die Brücke, Deck und mehrere Durchschwimmungen des Rumpfes. Das Schiff von 1944 hat drei Haupt- und sieben Zwischendecks. Ein seltsames Gefühl dort herumzuschwimmen, wo jahrelang Soldaten Krieg geführt haben. Am Mast weht sogar unter Wasser noch die Thailändische Fahne. Irgendwie waren die Geister noch dort und auch wieder nicht. Die Magie der Unterwasserwelt überlagert das Gruseln.

Bei diesem Tauchgang ist die Verletzungsgefahr groß, man muss höllisch aufpassen und genau tarieren, sonst knallt man ganz schnell irgendwo dagegen. Und meine neuen Flossentechniken sind Gold wert. Trotzdem gerate ich mit der Hand an der Reling an eine rostige Stelle und hole mir einen kleinen Schnitt.

Aaaaahh – was ist das? Ich blute grün! Ach ja, da war doch was…ab 10 Meter Tiefe fehlen die Rot-Töne. Das ist schon ziemlich irritierend. Der Schnitt ist harmlos, aber dass grüne Brühe aus mir läuft, ist sehr schräg.

Egal. Genießen!!!! Wieder dieses imposante Ballett der Fische auf x Ebenen. Phantastisch – etwas anderes fällt mir dazu nicht ein. Einfach wunderbar. Und im dunklen Bauch des Wracks und etwas weiter draußen, außerhalb der Schwärme, schwimmen ein paar ansehnliche Brocken herum: Zackenbarsche, Drückerfische, riesige Barracudas.

Diesmal sind wir marmaids mit Vlad und einem anderen guten Taucher allein im Team, weil wir, aller Voraussicht nach, länger tauchen als der Rest. Nach 59 Minuten ist der maritime Traum vorbei und wir ziehen uns erschöpft und tief zufrieden an Bord. Was für ein aufregender und gelungener Tauchtag!

Am Abend schlage ich mir bei Eve den Bauch am Grill voll und will mir ein Bier genehmigen. Nach zwei Schlucken stelle ich fest, dass die Welt zu schwanken beginnt. Ich habe wohl doch noch ein bisschen zuviel Stickstoff im Blut…

Vor meiner Hütte wacht mein Freund, der blinde Hund und auch die rote Mieze hat mir verziehen. Zufrieden und womöglich breit grinsend falle ich in mein Bett und schlafe das erste Mal richtig gut! Ich bin eben doch ein Fisch und Yemanja, die Schutzheilige aller Seeleute, Mutter der Menschheit und meine Lieblingsgöttin ist mir zugetan!

3. Abtauchen

Da ich nun dank der modernen und praxisfernen Technik mehrere Tage lahmgelegt war, nehme ich mir die Freiheit, hier meine Tauch-Erlebnisse etwas zusammenzufassen – Unterwasser-Muffeln sei es freigestellt, dies zu überspringen…

Am Tag Eins werde ich meinem Dive Instruktor, sprich: meinem Ausbilder zugeteilt. Ein drahtiger Franzose, kahlköpfig, tätowiert, der schon über 20 Jahre im Geschäft ist. Das ist mir mehr als angenehm, vor nichts gruselt mir mehr als vor jungen, unerfahrenen Tauchern an meiner Seite und diesmal steht auch noch 30m-Tauchen auf dem Plan! Vlad spricht ein grauenhaftes französisches Englisch, aber ich bin ja gut im Erlernen von Fremdsprachen und nach zwei Stunden verstehe ich ihn, ohne zweimal nachzufragen. Er ist ein ernsthafter, aber entspannter und geduldiger Lehrer. Nach einigen Trockenübungen mit dem Kompass in Tauchhaltung – sehr zur Freude der Gäste des benachbarten Restaurants –  geht es auf’s Boot. Shallow Water,  heißt 8-12 Meter – gut für mich nach der Pause. Mit uns gehen noch 14 weitere Taucher an und von Bord, aber die tauchen zumVergnügen, wir bleiben ein Extra-Team.

Da ich noch keine Gelegenheit hatte, mich nach neunmonatiger Abstinenz warmzutauchen, bin ich etwas nervös, versuche, mir alles auf einmal zu merken und mich nicht allzu sehr zu blamieren. Ich weiß wohl, dass ich das Durchschnittsalter der Tauchgemeinde etwas überbiete und dementsprechend skeptisch belauert werde. Ich bin zappelig im Kopf, aber nicht ängstlich und einfach etwas überkonzentriert. Ausrüstung zusammenbauen, nichts vergessen, Vlads Argusaugen sehen alles. Und dann auch noch an die Haltung denken, schließlich will man neben diesen durchtrainierten Menschen nicht wie die dicke Oma vom Dienst aussehen….

Der erste Sprung ins Wasser vor der kleinen Insel Soneva ist für mich bereits einer der fünf Prüfdisziplinen zugeteilt. Es geht um Tarierung und Balance in Perfektion – ein sehr sinnvoller Part, aber nicht immer leicht. Aber eigentlich gehört das Körpergefühl zu meinen starken Seiten im Reiche der kleinen Seejungfrauen. Die meisten Aufgaben bekomme ich hin, zwei muss ich ein paar mal wiederholen, zu ich lerne auch viel sinnvolles, Neues wie bestimmte Flossenschwimmstile. Mein neuer Liebing ist der Frogstyle.

Der zweite Tauchgang ist Navigation, das ist auch nicht allzu schwer, es sei denn, man ist sehr schwach im Kopfrechnen.  Ich muss zum Abschluss ein Quadrat schwimmen, klappt, hat nur ein kleines bisschen Schlagseite. Zur Belohnung darf ich den Rest der Zeit das hübsche Riff und die Fischlein genießen. So langsam kommt mit der Entspannung auch das alte gute Feeling zurück. Ich bin schließlich Fisch!

Beiden Tauchgängen ging ein endloses Briefing voraus mit vielen unangenehmen Wissensfragen aus der ersten Ausbildung. Wieviel bar herrschen auf 20 m Tiefe? Wie verändert sich die Luftdichte in 10 Meter Tiefe? Wie in 30? Wieviel Liter Luft enthält mein 12 Liter Tank? (nee, nicht 12 Liter, 1500 Liter) Wie bestimmte ich das perfekte Gewicht meines Bleigürtels? Oh oh… Aber wirklich gut und wichtig. Und mein Instructor hält sich nicht lange mit gelegentlich etwas albernen Fragen der PADI-Ausbildung auf, um umso länger bei den wichtigen Fragen zu bleiben.

Der erste Tag ist geschafft, am Nachmittag bringt mich Nu, der nette Fahrer und Mädchen für alles, nach Hause. Unterwegs kaufen wir noch Obst für mich, denn, wie gesagt, hier ist alles sehr weitläufig . Und auch, wenn Koh Kood im Kommen ist (eigentlich irgenwie schade), ist die Infrastruktur noch recht dürftig und vor allem gibt es kein funktionierendes Transportsystem. Die wenigen Taxis müssen extra bestellt werden und sind wirklich teuer. Es gibt noch nicht mal die sonst so verbreiteten Linientaxis, geschweige denn Busse.

So kommt es auch, dass die Hotels und Bungalowanlagen, die am Meer liegen, zum Teil für Thailnad geradezu astronomische Preise verlangen können. Wenn man in einem einfachen Guesthouse wohnt , wie ich, dann ist der nächste Strand schon mal drei , vier Kilometer weg. Und der nächste Laden vielleicht sogar noch mehr.

So kommt es, dass ich mich entschließe, die Flucht nach vorn anzutreten. Ich werde Roller fahren. Aber nicht einfach so, nachdem meine Fahrprüfung in der grauen Vorzeit stattfand und ich seitdem nur einmal gefahren bin. Ich engagiere Am, den Bruder von O aus dem Eve s House als Fahrlehrer. Bei unserer Abfahrt haben alle viel Spaß, die Thais können wunderbar kichern! Wie Kinder.

Jedes Guesthouse vermietet hier Scooter und aus besagten Gründen ist die Nachfrage sehr groß. Eine Stunde lang sausen wir die Straße auf und ab, was weit fordernder ist, als es klingt, denn hier geht es ununterbrochen steil bergauf und bergab und das auch noch mit unendlichen vielen Kurven. Aber nach und nach entkrampfen sich meine schweißfeuchten Hände und auch mein Fahrlehrer entspannt sich, alles läuft gut. Ich werde in die wilde Welt der Scooter-Fahrer entlassen. Nicht ohne den Hinweis auf eine allgemeine Gefahrenstelle: Eine große, scharfe S-Kurve, bei der man möglichst in der Mitte fahren soll. Grund für diese aberwitzige Anweisung sind die hohen Kokospalmen links und rechts: Da fallen ständig Kokosnüsse aus großer Höhe auf die Straßenränder….

Ich düse zu Übungszwecken noch eine gute Stunde durch die Botanik, dann genehmige ich mir ein Essen auswärts, das kann ich ja jetzt! Das Restaurant Chiang Mai hat mir Nu empfohlen. Ich bestelle einen grünen Papayasalat mit Shrimp und Nüssen und als Hauptgang eine typisch nordthailändische Hühnersuppe mit knusprigen Nudeln. So gut beides auch schmeckt und so gierig ich das Essen in mich hineinstopfe – die Portionen sind gerademal gut halb zu schaffen. Und das für 150 Baht (keine 4 Euro).

Zurück bei Eveś genehmige ich mir einen Kokos-Shake und will eigentlich Blog schreiben. Nur mein schönes neues Tablet nicht. Zuerst steigt die Tastatur total aus, später fängt auch der Rest an, Faxen zu machen. Die feuchte Salzluft der Jahrtausende ist stärker als die schöne neue Technik. Morgen wird der Tauchschul-Chef dazu sagen: „Smartphones sind hier nicht smart. Willkommen im Paradies!“ Na dann: Nsoch einen Melonenshake und ab ins Bett. Morgen ist: TIEFTAUCHEN.